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Artikel „Dorow, Wilhelm“ von Karl Ludwig Urlichs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 359–360, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dorow,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 06:07 Uhr UTC)
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Dorow: Wilhelm D., geb. in Königsberg am 22. Mai 1790, gest. in Halle am 16. Decbr. 1846. Nach dem frühen Tode seines Vaters wurde er im Hause eines von dessen Freunden, v. Auerswald, erzogen. Da er keine Lust zum Handelsstande hatte, verließ er am 11. Aug. 1811 seine Heimath und reiste, durch das Ansehen seines Stiefvaters Bock und seiner Mutter, einer Schwester des Componisten Reichard, empfohlen durch Deutschland nach Paris, wo er am 21. Novbr. eintraf. Der dortige Aufenthalt begründete sein Glück. Der preußische Gesandte General v. Krusemark schickte ihn am 12. Decbr. mit Depeschen an Hardenberg, dessen bleibende Gunst er gewann. Am 2. Febr. 1812 wurde er als Attaché nach Paris gesandt, aber am 28. Nov. von dem Minister Grafen Goltz, der mit seiner Ernennung unzufrieden war, zurückgerufen. Im Februar 1813 trat er als Freiwilliger in das Heer, wurde dem russischen Hauptquartier beigeordnet, nach dem Waffenstillstande mit einem Auftrage in Polen betraut und am 28. März 1814 bei der Centralhospitalverwaltung in Frankfurt angestellt. Am 25. Nov. 1815 zurückgekehrt, wurde er am 13. Febr. 1816 als Legationssecretär nach Dresden, am 16. Mai 1817 nach Kopenhagen gesandt. Hier erkrankte er, reiste am 26. Juli nach Wiesbaden und machte im Interesse des Staatskanzlers in Publicistik. Da er als dessen vermeintliche Creatur vielfache Hemmnisse und Anfeindungen erfuhr, warf er sich auf die Archäologie und erzielte, obgleich es ihm an gründlichen Kenntnissen fehlte, durch außerordentliche Rührigkeit objectiv bedeutende Erfolge. Nachdem er in Wiesbaden ergiebige Ausgrabungen geleitet und viele Alterthümer gesammelt hatte, entwickelte er im Mai 1818 seinem Gönner den Plan zu einer Centralleitung der antiquarischen Bestrebungen in den neuen Provinzen, welcher die volle Billigung des Kanzlers erlangte. Am 11. Jan. 1819 durch den Titel Hofrath ausgezeichnet, am 11. Oct. 1819 von der philosophischen Facultät in Marburg zum Doctor ernannt, wurde er am 4. Jan. 1820 als Director der Verwaltung für Alterthumskunde im Rheinlande und in Westfalen angestellt. Im October 1820 ließ er sich nunmehr in Bonn nieder, gerieth aber dort in langwierige Competenzstreitigkeiten mit der Universität, deren einflußreichste Professoren gegen ihn eingenommen waren. Er wünschte seine Sammlung, durch die in der Provinz zerstreuten Denkmäler vermehrt, in Köln aufzustellen, aber das Unterrichtsministerium wollte sie der Universität unterordnen. Eine Commission von Professoren urtheilte ungünstig über seine Befähigung, und am 29. Juli 1822 wurde er seiner Stellung enthoben und dem auswärtigen Ministerium zugewiesen. Das Museum rheinisch-westfälischer Alterthümer in Bonn ist im wesentlichen seine Schöpfung; er hat sich dadurch ein wirkliches Verdienst erworben, wenn auch zu dessen wissenschaftlicher Ausnutzung seine Kräfte nicht ausreichten. Auch in Berlin fand er keine günstige Aufnahme. Im Ministerium ließ man ihn aus Mißtrauen unbeschäftigt; am 19. Decbr. 1824 wurde er pensionirt, und seine Bemühungen, bei der Redaction der Staatszeitung angestellt zu werden, hatten keinen Erfolg. Nun begab er sich nach Neuwied, wo er wieder fruchtbare Ausgrabungen machte, und im J. 1827 nach Rom. Dort hat er den Anstoß zu hochwichtigen Entdeckungen in Etrurien gegeben. Nachdem im J. 1825 Lord Kinnaird eine Zahl Vasen in Corneto, dem alten Tarquinii, gefunden hatte, die [360] dort blieben, erwarb D. die später von Vittorio Mussi ausgegrabenen Stücke, kaufte 1827 eine bei Ponte Badia (dem alten Vulci) entdeckte Schale, die von dem Geschäftsführer Lucian Bonaparte’s einem Kunsthändler in Rom überlassen worden war, reiste im April 1828 nach Canino (ebenfalls in der Nähe von Vulci) und ließ dort und in der Umgegend bis zum Juni Ausgrabungen anstellen, auch in Chiusi (dem alten Clusium) sammelte er. Gegen 600 etruskische Vasen brachte er zusammen, der Besitz wurde ihm streitig gemacht, aber der Cardinal Galeffi entschied für ihn. Nach vielen Streitigkeiten, deren Berechtigung sich schwer ausmachen läßt, wurde die ganze Masse nebst den Bartoldi’schen Antiken, über deren Fundorte er an Ort und Stelle Erkundigungen angestellt haben will, vom preußischen Staate für das Museum erworben. Im J. 1829 kehrte D. nach Berlin zurück und verbrachte den Rest seines Lebens in Halle mit der Verarbeitung seiner Beobachtungen und Entdeckungen, mit der Ordnung einer Menge von Materialien und Briefen über bedeutende und unbedeutende Persönlichkeiten, deren Bekanntschaft er gemacht hatte, sowie mit einer schonungslosen Vertheidigung seiner Person gegen seine Widersacher. Seine zahlreichen Schriften zerfallen in zwei Abtheilungen: 1) die Beiträge zur Geschichte der modernen Politik und Litteratur und 2) zur archäologischen Denkmälerkunde. Zu 1) gehören: „Denkschriften und Briefe“, 4 Bde. 1838–41. „Reminiscenzen“, 1842. „Job v. Witzleben“, 1842. „Oelsner’s Briefe an Stägemann“, 1843. „Erlebtes, 4 Bde. 1843–45. „Krieg, Litteratur und Theater“, 1845. „Fürst Kosloffsky“, 1846. Zu 2) die älteren Werke: „Opferstätte und Grabhügel der Germanen und Römer am Rhein“, 2 Hefte 1819–21. „Morgenländische Alterthümer“, 2 Hefte 1820–21. „Denkmäler alter Sprache und Kunst“, 2 Bde. 1823–27. „Die Denkmale germanischer und römischer Zeit in den rheinisch-westfälischen Provinzen“, 2 Bde. 1823–26. „Notizie intorno alcuni Vasi Etruschi del Dr. Dorow“, Pesaro 1828. „Voyage archéologique dans l’ancienne Étrurie“, Paris 1829. „Etrurien und der Orient“, 1829. „Altes Grab eines Heerführers unter Attila“, 1832. „Zwei Sendschreiben vom Ritter v. Palin in Rom und Bernardo Quaranta in Neapel“, 1832. „Einführung in eine Abtheilung der Vasensammlung des königl. Museums zu Berlin“, 1833 u. a. m.