ADB:Dohna, Fabian Burggraf von (Diplomat)

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Artikel „Dohna, Fabian Burggraf von“ von Jakob Caro in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 304–306, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dohna,_Fabian_Burggraf_von_(Diplomat)&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 14:00 Uhr UTC)
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Dohna: Fabian Burggraf v. D., kurbrandenburgischer Staatsmann, geb. am 8. Octbr. 1617, † 1668, gehörte der preußischen Linie an, welche bekanntlich mit Stanislaus v. D., der die Herrschaft Deutschendorf im Mohrunger Kreise erhalten hatte, ihren Anfang nahm. Dessen Sohn Peter, geb. 1483, Hauptmann zu Braunsberg und Mohrungen, der zu Deutschendorf noch Carwinden erwarb, war in erster (unfruchtbarer) Ehe mit Elisabeth v. Eilenburg, nach deren Tode aber mit Katharina v. Zehmen, der Tochter des Wojewoden von Marienburg, verheirathet, welche ihm neun Söhne gebar. Unter diesen hat der Feldobrist Fabian v. D. als Führer der von den protestantischen Fürsten Deutschlands dem König Heinrich von Navarra im J. 1587 zum Kriege wider die Liga zu Hülfe gesandten deutschen Truppen die meiste geschichtliche Bedeutung gewonnen. Zum Unterschiede von gleichnamigen Verwandten wurde dieser Söldnerführer später Fabian I. genannt. Er selbst starb unverehelicht, aber sein Bruder Achatius, der vierte Sohn Peters v. D., der als herzoglich preußischer Rath und Amtshauptmann zu Tapiau am 18. Octbr. 1619 starb, hinterließ aus seiner Ehe mit Barbara v. Wernsdorf nicht weniger als elf Söhne, von denen wir an dieser Stelle wiederum den vierten Sohn, Namens Fabian (Fabian II.) hervorzuheben haben, welcher Director des preußischen Landraths und Hauptmann von Brandenburg in Preußen war und im J. 1631 mit Hinterlassung zweier Söhne aus seiner Ehe mit Esther v. Heydeck verstorben ist. Der jüngere dieser Söhne, Friedrich, wurde am 26. April 1619 geboren und lebte in kinderloser Ehe mit Maria Ludovica v. Kreutzen; der ältere aber, der den Namen des Vaters erhielt und zur Unterscheidung von ihm als Fabian III. bezeichnet wird, ist der in kurbrandenburgischen Diensten stehende Politiker, von dem wir hier zu reden haben. Welche Vorbildung er genossen hat, wann er in den Dienst des Kurfürsten getreten, sowie überhaupt alle näheren Umstände aus seinem Lebens- und Entwicklungsgang bleiben uns so lange verborgen, als nicht das „gräflich Dohna’sche Familienarchiv zu Schlobitten“, von dem Leopold v. Orlich in seiner Geschichte des preußischen Staates im 17. Jahrhundert wiederholentlich (z. B. I. 441) spricht, mehr als einige genealogische Aufschlüsse gegeben haben wird. Wir wissen nur, daß er „kurbrandenburgischer Geheimrath und Gesandter“ war, welches letztere aber nicht in dem jetzt üblichen Sinne zu verstehen ist, denn beständige Gesandte an fremden Höfen als Vertreter seines Staates unterhielt der große Kurfürst nicht, sondern wählte unter seinen Räthen für eine bestimmte Negotiation den geeigneten Mann aus. Unter solchen Umständen mußte jeder Auftrag nach Maßgabe seiner Wichtigkeit den Grad von Talent und Geschicklichkeit des betreffenden Bevollmächtigten und das Maß von Vertrauen seitens des Kurfürsten zu demselben beleuchten, und unter dieser Erwägung muß unsere Meinung von der Bedeutung und dem Gewicht der Persönlichkeit Fabians v. D. sehr erhöht werden. Denn die Sendung, von welcher wir nähere Kenntniß haben, und in welcher die geschichtliche Bedeutung Fabians v. D. gipfelt, bezeichnet einen der hervortretendsten Punkte in der Politik des großen Kurfürsten. Gleich von Anfang seiner Regierung an hatte er bekanntlich gesucht, ebenso wie mit Schweden, auch mit Frankreich in ein freundschaftliches Einvernehmen zu gelangen, was jedoch durch die nothwendige Rücksicht auf den Kaiser nur mit äußerster Vorsicht betrieben werden konnte. Seitdem Frankreich 1635 in den deutschen Krieg thätig einzugreifen begonnen hatte, war die Stärke des Gegensatzes der kaiserlichen Politik mit größerer Wucht gegen Frankreich als gegen Schweden gerichtet, das man durch Zugeständnisse, bei denen Niemand mehr als der Kurfürst zu verlieren hatte, von der Verbindung mit Frankreich zu lösen bestrebt war. Bevor noch von Schweden mit voller Unzweideutigkeit der definitive Besitz der pommerschen Küstenlande als Preis [305] seiner Frontveränderung bezeichnet worden war, hatte der Kurfürst schon (im Herbst 1643) einen geheimen Gesandten nach Paris geschickt, nicht sowol um schon in die Materie seiner Absichten verhandelnd einzutreten, als vielmehr behufs Orientirung über die seit dem Tode Ludwigs XIII. (14. Mai 1643) und durch denselben am französischen Hofe eingetretenen Wandlungen in Rücksicht des maßgebenden Einflusses und der Stimmungen zu den schwebenden Fragen. So sehr man aber auch von französischer Seite der vom Kurfürsten leise angedeuteten Perspective entgegenkam, so war man doch genöthigt, einstweilen auf die Verhandlungen zu Münster zu verweisen. Hier aber nahmen die Dinge einen für Brandenburg nicht günstigen Verlauf; denn Schweden trat im Bewußtsein, daß die Politik des Kaisers eine ihm nachgiebige Richtung genommen, offen und entschieden mit dem Anspruch auf Pommern hervor und setzte sich dem Kurfürsten gegenüber in eine immer kühlere Haltung. Schon auf dem Congreß zu Münster zeigten die französischen Unterhändler ein Verständniß für die Bedeutung dieser schwedischen Forderung, welche, erfüllt, dem nordischen Staate einen Frankreichs Einfluß in Deutschland völlig paralysirende Stellung gewährleistete, und der Kurfürst rechnete mit gutem Grunde darauf, daß man in Paris den europäischen Charakter dieser Frage um Pommern noch eindringender erfassen werde. Er beschloß daher von neuem einen Gesandten dorthin zu schicken, und hierzu wählte er unsern Burggrafen Fabian v. D. Die Instruction für ihn (wahrscheinlich vom 1. Sept. 1645 datirend) ist nicht mehr vorhanden, aber man erkennt den Inhalt seiner Mission aus der großen Schlußrelation vom 9. Sept. 1646, welche er selbst im Rathe des Kurfürsten verlesen, und welche seine früheren Berichte zusammenfaßt. Mit Recht vergleicht Droysen diesen Bericht „mit den damals schon berühmten venetianischen Relationen“, denn er verbreitet sich mit großer Sachlichkeit über den Zustand Frankreichs, des Hofes, der Verfassung und zeigt ein ebenso eindringliches, als tapferes Urtheil. Den Grafen von Brienne nennt er frischweg „den einfältigsten und unwissendsten Minister, so er jemals gesehen“, und vom Cardinal Mazarin hebt er „die angeborene Furchtsamkeit“ hervor, vermöge welcher „er immer besorget, sich in Etwas zu übereilen, und auf künftige Dinge wartet“. Nächst dieser allgemeinen Darstellung aber tritt die Darlegung der französischen Politik in Bezug auf die schwebenden Fragen bedeutsam hervor, und der Verfasser bemüht sich insbesondere, den eigennützigen Charakter derselben im Gegensatz zu den idealen Vorwänden, mit denen das Eingreifen Frankreichs in den deutschen Krieg beschönigt worden war, ans Licht zu bringen. In allen diesen Dingen kam er aber nur seinem Auftrage nach, der ihn offenbar warnte, auf irgend welche zu weit führende Engagements sich einzulassen und seine Eröffnungen vorsichtig innerhalb der Schranke des lediglich Allgemeinen und Vorläufigen zu halten. In Paris ließ man den Burggrafen fühlen, daß man positivere Anerbietungen erwartet hatte. Aus der pommerschen Sache hatte man einen directeren Anschluß Brandenburgs an Frankreich erhofft; in der Verwickelung mit dem Pfalzgrafen von Neuburg, in welcher Angelegenheit Fabian v. D. bei seiner Durchreise in Holland einen „statum caussae“ in französischer Sprache hatte drucken und veröffentlichen lassen, drängte man dem Kurfürsten das Erbieten einer fast zu umfänglichen Hülfe förmlich auf, und nach Analogie des zwischen Brandenburg und Schweden lange schwebenden Heirathsplans, meinte man, müsse D. einen Heirathsantrag des Kurfürsten etwa für eine Prinzessin von Orléans oder von Longueville vorzubereiten haben. In alle diese Stoffe ging der Gesandte nicht ein und erfuhr dann auch als Entgelt seiner Zurückhaltung eine beträchtliche Sprödigkeit der französischen Staatsmänner in der Frage um die Titulatur, in welcher er seinerseits seinem Auftrage [306] gemäß ein lebhaftes Entgegenkommen bezeugte. So ging die Mission ohne positive Erfolge aus, aber der eigentliche Zweck, eine Sondirung der französischen Politik in ihrem gesammten Zusammenhang wie in den vorliegenden Einzelfragen wurde vollkommen erreicht, und die gewonnene Einsicht bildete die Grundlage der weiteren Entschließungen des großen Kurfürsten. Von der Ueberzeugung aber geleitet, daß für dieselben eine dauernde Instruction des brandenburgischen Hofes über die Wandlungen in Paris nothwendig sei, engagirte D. während seiner Anwesenheit in Frankreich den bekannten Publicisten Abraham Wicqueford als „brandenburgischen Residenten am französischen Hofe“, welcher, die enge Alliance zwischen den beiden Staaten befürwortend, den Versuch einer solchen zu behandeln hatte. D. selbst kehrte über Münster und Osnabrück zurück (Aug. 1646), um „den Gevollmächtigten daselbst seine Verrichtung zu communiciren“. – Nach den bekannten „Mémoires et négociations secrètes touchant la paix de Munster et d’Osnabruck“ (II, 230) soll D. dafür, daß er neben Baiern allein die französischen Forderungen einer „Satisfaction“ nicht übermäßig fand und vielmehr unterstützte, von den Franzosen 2000 Thaler erhalten haben. Die Nachricht steht aber ohne weitere Belege da. – Daß der Burggraf noch andere Gesandtschaften auszuführen hatte, ist sicher. So finden wir ihn 1655 mit Friedrich v. Jena in Marienburg bei Verhandlungen mit Polen. Aber da in den weiteren Actenstücken zur Geschichte des Kurfürsten zwar öfter Grafen v. D. genannt werden, aber nicht immer zu bestimmen ist, welcher von denselben aus dem damals sehr verzweigten Geschlechte gemeint sei, ist es schwer, die einzelnen Fälle, in denen Fabian hervorgetreten, aufzuführen. Er starb im J. 1668. Verheirathet war er mit Henrica Amalia, der Tochter seines Oheims, des Burggrafen Christoph v. D., und hinterließ aus dieser Ehe einen Sohn, Christoph Friedrich, geb. 19. Oct. 1652, der das Amt eines Erbfähndrichs von Preußen bekleidete und ein besonderer Freund theologischer Studien war. Fabian gehörte der sogenannten Reichertswalder Linie der D. an, deren Stifter sein Vater, Fabian II., gewesen war.

A. v. Witzleben, Artikel Dohna in Ersch und Gruber’s Encyklopädie Sect. I. Bd. XXVI. S. 306. – Urkunden und Actenstücke zur Geschichte d. Kurfürsten Friedrich Wilhelm Von Brandenburg (polit. Verhandlungen) I. 610 ff. – Droysen, Geschichte der preußischen Politik III. 1. 302.