ADB:Diez, Karl Freiherr von
Maximilian Joseph noch möglich war. 1789 durch Tausch mit seinem Bruder zur Reiterei versetzt, verblieb er fortan bei dieser Waffe und führte in der Folge in 17 Feldzügen von 1790–1815 baierische Reiter gegen den Feind. Nachdem er sich in niederen Graden bei verschiedenen Gelegenheiten als tüchtiger Reiterofficier bewährt hatte, wurde er in dem der Schlacht von Austerlitz 1805 vorausgehenden Gefecht bei Stecken als Major Max-Joseph-Ordens-Ritter und im nächsten Kriege 1809 erscheint er als Oberst des 4. Chevauxlegers-Regiments bei der Division Kronprinz in Tirol. In den Kämpfen dieses Jahres hatte die baierische Reiterei sich bei Napoleon großes Ansehen erworben. Diesem Umstande, sowie dem guten Zustande dieser Truppe ist es wol zuzuschreiben, daß Napoleon 1812 nach der großen Heerschau bei Wilna die gesammte baierische Reiterei vom baierischen Heere trennte und dieselbe an die Colonnenspitzen des Haupttheiles der „Großen Armee“ stellte, welcher den Stoß gegen Moskau zu führen hatte. Die Divisionen Wrede und Deroy, welche an der Düna zurückzubleiben hatten, erhielten dafür französische und polnische Regimenter zugetheilt. D. war damals Oberst des 6. Chevauxlegers-Regiments, eingetheilt bei der Reiterdivision Preysing, welche unter dem Vicekönig von Italien (4. Armeecorps) stand. Ständig in der Vorhut, zu Streifzügen und Kundschaftsritten verwendet, hatten die baierischen Reiter fortwährende Gefechte mit den Kosaken; auf ihre Kosten wurde die übrige, namentlich die zum leichten Dienst weniger brauchbare französische Cavallerie geschont. Erklärlich ist es daher, daß bis zur Schlacht an der Moskwa die [218] Pferde zu sehr herabgekommen waren, um geschlossen im Trabe zu attaquiren; stehenden Fußes mit Karabinersalven mußten die am linken Flügel der Schlachtlinie befindlichen baierischen Regimenter den Stoß der überlegenen russischen Reiterei erwarten. Von entscheidenden Erfolgen konnte daher nicht die Rede sein. Nachdem D. für sein Verhalten in dieser Schlacht das Kreuz der Ehrenlegion erhalten, nahm er auch an den weiteren Gefechten, namentlich auf dem Rückzuge und beim Beresina-Uebergang rühmlichen Antheil; zur Sicherung des Rückzuges vorausgeschickt, bahnte er sich mit seinem Regimente bei Malojaroslawez den Weg durch die Kosaken und besetzte rechtzeitig diesen Punkt. Mehr und mehr schmolz die Zahl der streitbaren Reiter, und als die Reste der einst so schönen Regimenter bei Wrede eintrafen, war kein Mann mehr beritten. – In den Feldzügen 1813 und 1814 führte D. unter Wrede die 3. leichte Reiterbrigade. Bei Hanau sicherte er den Rückzug der Artillerie durch diese Stadt durch einen mit Umsicht und Kühnheit ausgeführten Angriff auf französische Cürassiere und betheiligte sich im weiteren Verlaufe der Schlacht an dem hin- und herwogenden großartigen Reiterkampfe, den die ganze zur Deckung des Rückzuges eingesetzte Cavallerie, etwa 50 Schwadronen, gegen die überlegenen französischen Reiterdivisionen Nansouty und Sebastiani erfolgreich durchführte. Zu seiner schönsten That ward D. Gelegenheit in der Schlacht bei La Rothière am 1. Febr. 1814: hier zwang er die von Napoleon zur Deckung des Rückzuges auf der Straße nach Brienne aufgestellte Batterie von 16 Geschützen durch ein mit großer Umsicht und Kaltblütigkeit ausgeführtes Manöver gegen deren Rücken und rechte Flanke zum Verlassen ihrer Stellung, warf dann durch einen umfassenden Angriff die außer Fassung gebrachte Infanterie- und Cavalleriebedeckung zurück und nahm sämmtliche Geschütze. Bei Bar sur Aube fiel D. die Verfolgung des Feindes zu; im Gefecht von Troyes am 4. März kam er der feindlichen Reiterei unter Kellermann in den Rücken und trieb sie in die Flucht. An den weiteren Gefechten dieses, sowie des Feldzuges 1815 betheiligte sich die Brigade Diez’ nur mehr in untergeordneter Weise. Die nun folgende Friedenszeit gab D., als Ritter des Maria-Theresia-Ordens 1817 in den Freiherrnstand erhoben, keine weitere Gelegenheit zu hervorragender Thätigkeit. Im J. 1848 trat er in den Ruhestand und zwei Jahre darauf starb er, kurz nachdem der Ausmarsch der baierischen Truppen nach Hessen ihn von seinem bei der Cavallerie stehenden Sohne getrennt hatte. – D. war im vollen Sinne des Wortes Soldat. Hingebung für die Sache des Vaterlandes und den Ruhm des baierischen Namens, mehr noch vielleicht ein glühendes Streben nach Ehre und Auszeichnung ließen ihn die schönsten Reiterthaten vollbringen. Wie er als verwegener Reiter kein Hinderniß kannte, so war ihm auch kein Unternehmen im Felde zu schwierig, und siegesmuthig ritten die Schwadronen in den Feind, wenn D. an ihrer Spitze war. Sein Selbstgefühl verlangte aber auch nach Anerkennung seiner Leistungen, selbst in Bezug auf Aeußerlichkeiten; bitter mochte es ihn daher berühren, zu erfahren, wie der andauernde Friede die Bedeutung eines tüchtigen Heeres für den Staat und die Werthschätzung kriegerischer Verdienste allmählich in den Hintergrund treten ließ.
Diez: Karl Freiherr v. D., ein baierischer Reiterführer aus der Zeit Napoleon’s I., geb. den 29. Septbr. 1769 zu Heidelberg als Sohn eines kurpfälzischen Raths, † den 8. März 1850 zu München als General der Cavallerie a. D. – Mit 17 Jahren verließ D. das Gymnasium, um als Cadett bei der pfalzbaierischen Infanterie einzutreten und wurde nach einjähriger Dienstzeit Lieutenant durch Kauf, wie dies vor der Neubildung des Heeres durch Kurfürst- Völderndorff, Kriegsgesch. von Baiern, 1826. Archiv für Officiere aller Waffen, 1850. Regimentsgeschichten (Handschriften).