ADB:Dietrich III. (Bischof von Naumburg)

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Artikel „Bocksdorf, Dietrich von“ von Theodor Muther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 789–790, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dietrich_III._(Bischof_von_Naumburg)&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 07:33 Uhr UTC)
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Bocksdorf: Dietrich oder Theodorich v. B. (Boxdorf, Bogsdorf, Buxtorff, Bucksdorff, Buchesdorf, Buckenstorff, Buckinsdorff) aus Zeunitz bei Buckau in der Niederlausitz, Sprößling einer zahlreichen Familie, von welcher die Brüder Dietrichs: Gebhard, Peter (beide vor 1460 verstorben) und Tammo bekannt sind. 1425 bezog Dietrich die Universität Leipzig, 1426 wurde er Baccalaureus artium. Von da verlieren wir seine Spur, bis wir ihn im Sommersemester 1439 als Doctor beider Rechte und Rector der Universität Leipzig (der Meißener Nation angehörig) erblicken. Wahrscheinlich hat er unterdessen auswärtige, vielleicht italienische Universitäten besucht, schwerlich ist er lange vor der angegebenen Zeit unter die Leipziger Rechtslehrer getreten. Bald erlangte er die erste Lectura, das Ordinariat des canonischen Rechtes in der Leipziger Juristenfacultät: schon 1443 (28. Jan.) erscheint er urkundlich als „Ordinarius facultatis iuridicae“. Wir begegnen ihm nunmehr häufig in einflußreicher Thätigkeit, theils eines bedeutenden Universitätsmitgliedes (er spielte z. B. bei der Statutenreformation 1443–45 eine Rolle und war es, welcher am 11. Jan. 1445 die neuen Statuten bei der Universität proclamirte), theils eines angesehenen und geschätzten praktischen Juristen, der als commissarischer Richter (iudex delegatus) der kirchlichen Obrigkeiten, als Schiedsrichter, als Advocat und Consulent etc. gebraucht und zu vielen wichtigen Verhandlungen und Angelegenheiten zugezogen wurde. 1448 kaufte er in der Burgstraße zu Leipzig ein Haus, welches er 1454 durch Ankauf eines Nachbargrundstückes und Errichtung eines neuen Gebäudes auf demselben vergrößerte. Der Leipziger Stadtrath räumte ihm für diesen Besitz Befreiung von Wachen und Diensten ein. Vom Kurfürsten erhielt Dietrich für sich und seine Brüder, bezw. deren Söhne, die Gesammtbelehnung. 1449 wurde Dietrich auch das mit dem Ordinariat an der Juristenfacultät verbundene Altarlehn in der Peterskirche übertragen, welches bis dahin der frühere Ordinarius Konrad Donekorp stiftungsgemäß inne gehabt hatte. Aus besonderer Gnade bestimmte Kurfürst Friedrich II., daß auch B. dasselbe zeitlebens behalten [790] solle, selbst wenn er das Ordinariat aufgeben würde. Von 1462 an erscheint D. v. B. als Mitglied des großen Fürstencollegiums. Unter dem 14. März 1463 stellte derselbe eine Urkunde aus über eine errichtete Stipendienstiftung. Er bestimmte für Studierende zunächst seines Geschlechts 40 Goldgulden jährliche Zinsen, die er vom Stadtrath erkauft hatte, und die Benutzung seiner für die damalige Zeit sehr ansehnlichen Bibliothek. Die Manuscripte derselben befinden sich zum großen Theil noch jetzt in der Leipziger Rathsbibliothek. Es mag hier bemerkt werden, daß er auch der Stadt Guben eine Handschrift des Sachsenspiegels und ein Manuscript mit seinem Remissorium und Schöffenurtheilen geschenkt hat, doch ist dies schwerlich, wie angegeben wird, im J. 1423 geschehen. Dürfen wir der Angabe einer Quedlinburger Handschrift aus dem J. 1452 trauen, so hatte D. v. B. damals außer seiner Leipziger Stelle auch die custodia der ecclesia major zu Glogau und Canonicate in den Capiteln zu Magdeburg und Naumburg inne. Am 11. Oct. 1463 wurde er zum Bischof von Naumburg erwählt, und nachdem seine Bestätigung durch den Papst auf Empfehlung des Kurfürsten Friedrich II. erfolgt war, am 26. Aug. des folgenden Jahres feierlich consecrirt. Er regierte als Dietrich III. seine Diöcese bis 1466, in welchem Jahre 9. März er starb. Auf seinem Grabstein steht: Speculum iuris persolvit debita carnis. – Bezüglich der schriftstellerischen Thätigkeit D. v. Bocksdorf’s liegt noch manches unklar. Von ihm selbst wissen wir, daß er ein „Großes Remissorium in deutscher Sprache über den Sachsenspiegel und über die anderen deutschen Rechtsbücher“ (d. i. Weichbild- und Lehnrecht) angefertig hat (über die Drucke im 15. und 16. Jahrhundert s. Haubold, Sächs. Privat-Recht S. 37). Wenn er daneben in der obenerwähnten Stiftungsurkunde bei dem Verzeichniß seiner Bibliothek noch ein anderes Remissorium erwähnt, welches er „schulmäßig eigenhändig von kleinen Blättern abgeschrieben“ und zusammenbinden habe lassen „mit den übrigen recollecta über das 4. Buch der Decretalen“, so ist damit wol ein Remissorium, d. i. Inhaltsverzeichniß zu den canonischen Rechtsbüchern gemeint. Auch den Text des Sachsenspiegels soll D. v. B. „überarbeitet“, d. h. in den Meißen’schen Dialekt übertragen haben. Endlich werden ihm Zusätze (Additiones) zur Sachsenspiegelglosse zugeschrieben. Es dürfte jedoch zweifelhaft erscheinen, wie viel davon ihm, wie viel seinem Bruder Tammo angehört. Eben dasselbe ist der Fall mit den Anmerkungen (notata) zu den Sippzahlregeln und den Erbschaftsregeln nach sächsischem Recht, von denen unter Tammo v. B. zu handeln ist. – D. v. Bocksdorf’s „Klag- und Antwortformulare in deutscher Sprache mit theoretischen Erörterungen in lateinischer Sprache“ sind neuerdings von Böhlau (Zeitschr. für Rechtsgeschichte I. S. 415 ff.) herausgegeben. Außerdem werden erwähnt: „Consilia“, „Lectura super Decretalibus“; eine Schrift „In iura municipalia“, „Orationes scholasticae“ (zu Hommel’s Zeiten noch in der Pauliner Bibliothek befindlich) etc.

Ueber die Schriften Bocksdorf’s s. Muther in der Zeitschr. f. Rechtsgesch. III. S. 389 ff. Im Allgem. zu vgl. Stobbe, Gesch. d. deutschen Rechtsquell. I. S. 384 und (v. Gerber) Die Ordinarien der Juristenfacultät Leipzig (Leipz. 1869) S. 19. 20.