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Artikel „Damerow, Heinrich Philipp August“ von Melchior Josef Bandorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 716–717, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Damerow,_Heinrich&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 01:25 Uhr UTC)
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Damerow: Heinrich Philipp August D., Irrenarzt, Sohn eines Geistlichen zu Stettin, geb. daselbst am 28. Decbr. 1798, † 22. Sept. 1866; bezog nach Absolvirung des Stettiner Gymnasiums zu Ostern 1817 die Universität Berlin, um sich dem Studium der Medicin zu widmen. Schon hier bewies er große Vorliebe für Psychiatrie und besuchte mit Eifer die Vorträge Neumann’s in der Charité. Nach seiner Promovirung im Frühjahre 1821 suchte er für diese Neigung auf einer Reise durch Deutschland und Frankreich weitere Nahrung, welche er denn auch besonders zu Paris bei Esquirol fand, der damals in der Salpêtrière lehrte. Im folgenden Jahre (1822) habilitirte er sich sodann zu Berlin als Privatdocent; von da 1830 als außerordentlicher Professor der Medicin nach Greifswald versetzt, stellte ihn endlich einige Jahre später die Reformirung des Irrenwesens in der preußischen Provinz Sachsen auf [717] seinen richtigen Posten, indem er berufen wurde, an die Spitze der neuzugründenden Provincialanstalt zu treten. Zunächst (1836) zum Leiter des provisorischen Irrenheilinstitutes zu Halle ernannt, fiel ihm zugleich die Aufgabe zu, die neue relativ-verbundene Irrenheil- und -pflegeanstalt dortselbst zu erbauen, welche er auch 1844 eröffnete und bis zu seinem Tode dirigirte. Er starb 1866 an der in der Anstalt herrschenden Cholera, welche er, da wegen des Krieges zwei seiner Assistenten als Militärärzte eingezogen waren, mit verdoppelten Anstrengungen zu bekämpfen suchte. Seine litterarische Thätigkeit eröffnete D., abgesehen von seiner ganz tüchtigen Dissertation („Quomodo et quanto medicinae theoria vera“, Berol. 1821), mit: „Die Elemente der nächsten Zukunft der Medicin, entwickelt aus der Vergangenheit und Gegenwart“, 1829, einer allgemeinen Entwicklungsgeschichte der Medicin mit besonderer Würdigung der Psychiatrie. Diesem Erstlingsproducte folgte nach verschiedenen Journalartikeln in den Jahrgängen 1833-38 der „Medicinischen Vereinszeitung“ sein Hauptwerk: „Ueber die relative Verbindung der Irrenheil- und -pflegeanstalten in historisch-kritischer, sowie in moralischer, wissenschaftlicher und administrativer Beziehung“, 1840, in welchem er gegenüber dem damals allgemein angestrebten Ziele, die Institute für die heilbaren Kranken von den Pflegeanstalten vollständig zu trennen, für die relative Verbindung beider plaidirte. Reich an Erfahrungssätzen, wenn auch zuweilen von philosophischer Phraseologie überwuchert, war diese Arbeit, obwol die hier verlangte Form des Anstaltswesens nur an einzelnen Orten zur wirklichen Ausführung kam, dennoch von weittragender Bedeutung. Noch größere Verdienste erwarb sich D. durch die in Verbindung mit Flemming und Roller 1844 gegründete „Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie“, welche als Sammelpunkt für die deutsche Psychiatrie sehr fördernd auf die Entwicklung dieser Specialität einwirkte. Dieselbe enthält fast in jedem Bande treffliche Arbeiten von D., insbesondere behandelte er hierin in so ausgezeichneter Weise die praktischen Fragen der Psychiatrie, daß er bei seinen Fachgenossen eine fast unbestrittene Autorität genoß und auf die Entwicklung des deutschen Irrenwesens einen maßgebenden Einfluß gewann. Unter seinen übrigen Schriften verdient noch Erwähnung die durch das bekannte Attentat Sefeloge’s gegen Friedrich Wilhelm IV. veranlaßte Wahnsinnsstudie „Sefeloge“, 1853.

Callisen, Med. Schriftstellerlexikon, Bd. IV, S. 501.