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Artikel „Dahn, Friedrich“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 612, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dahn,_Friedrich&oldid=- (Version vom 3. November 2024, 12:05 Uhr UTC)
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Dahn: Friedrich D., königlich bairischer Hofschauspieler und Regisseur. Mein Vater, am 18. April 1810 zu Berlin als Sohn kleiner Geschäftsleute geboren, ward zum Handelsstand bestimmt. Aber schon in dem Knaben zeigte sich eine außergewöhnliche Begabung und Begeisterung für Declamation jeder Art, auch für Vorträge in Prosa, so von Predigten: seine Neigung schwankte zwischen der Bühne und der (protestantischen) Kanzel. Nicht ohne Widerstreben der Familie setzte zuletzt der noch sehr Jugendliche den Weg zu der Bühne durch, nachdem er anfangs auf Liebhabertheatern, zuletzt (1829) kaum 19 Jahre alt, auf dem Königstädtischen Theater in Berlin mit reichem Erfolge aufgetreten war. Weder sein Lehrer ist bekannt noch die Vermittlung, die ihn im J. 1830 an die Bühne zu Breslau führte, wo damals das alte Stadttheater (an der Ecke der Taschenstraße) von den Directoren Piehl und Biedenfeld geleitet wurde; seit 1825 gehörte ihm Theodor Döring an, mit dem dauernde Freundschaft geschlossen ward. Im J. 1831 ging er an das von dem „alten Schmidt“ vortrefflich geführte Hamburger Stadttheater. Aber schon 1834 ward er Mitglied des Münchener Hof- und National-Theaters (Intendant v. Küstner) als Nachfolger Eßlair’s, dem er von da ab als Mitglied, seit 1878 als Ehrenmitglied bis an seinen Tod (9. December 1889) angehörte; viele Jahre führte er auch die Regie des Schauspiels daselbst (unter den Intendanten v. Frays, Dingelstedt, Schmidt und v. Perfall). Seine Begabung, von glänzenden Mitteln der Erscheinung und der Stimme getragen, ward bis in sein höchstes Alter durch einen Fleiß gepflegt, der sich niemals selbst genug that; damit hängt es zusammen, daß er fast mehr noch denn als jugendlicher Held und Liebhaber als gereifter Held („Heldenvater“) und zuletzt in älteren Rollen so große Erfolge feierte; allerdings hat er in den jugendlichen Helden Schiller’s (Karl Moor, Fiesco, Don Carlos, Lionel, Max Piccolomini, Mortimer, Melchthal, Don Cesar), Goethe’s (Egmont, Tasso, Orest, Clavigo), Shakespeare’s (Romeo, Hamlet) durch die Poesie seiner Auffassung und das Feuer seiner Darstellung allgemein hingerissen, aber vielleicht noch höhere Kränze künstlerischer Vollendung hat der Gereifte errungen als Posa, König Philipp, Dunois, Wallenstein, Tell, Alfonso von Este, Beaumarchais, Götz, Lear, Macbeth, Richard II., Coriolan, Julius Caesar, Othello, Richter von Zalamea, Erbförster, Tischler in Maria Magdalena, auch im Lustspiel sowol im neuzeitlichen als im shakespearischen (Benedict in „Viel Lärm um nichts) leistete er Vorzügliches. Bis in hohes Alter dauerte ihm die Frische des Geistes und die rüstige Kraft: schon war er als Ehrenmitglied seit mehreren Jahren in Ruhestand getreten, als er bei plötzlicher Erkrankung eines Kunstgenossen am Tage der Aufführung selbst die Rolle des Tell übernahm, älter als 68 Jahre, und sie vollendet durchführte.

Er erfreute sich unter den doch leicht reizbaren und auf den Erfolg leicht eifersüchtigen Genossen, auch in der nicht dankbaren Stellung als Regisseur, der allgemeinen Verehrung, ja der Herzensneigung: denn sie hatten wie „seiner Sitten Freundlichkeit“ so die Güte seines Herzens und die Lauterkeit seines Charakters oft erfahren.