ADB:Criginger, Johannes (1. Artikel)

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Artikel „Krüginger, Johann“ von Wilhelm Scherer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 236–237, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Criginger,_Johannes_(1._Artikel)&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 01:04 Uhr UTC)
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Krüginger: Johann K. (Crigingerus)[WS 1], Dramatiker aus Joachimsthal, im J. 1543 Schulmeister zu Crimmitzschau, im J. 1555 Diakonus zu Marienberg bei Chemnitz. Seine „Comödia von dem reichen Mann und armen Lazaro“ erschien in drei Ausgaben, wovon die zweite bis jetzt nicht wiedergefunden wurde. Die erste (Zwickau 1543) ist mit einem Lobgedichte von Alexius Bresnicer (s. Allg. d. Biogr. Bd. III. S. 317) versehen und dem Rathe der freien Bergstadt Joachimsthal gewidmet: auch ward das Stück daselbst aufgeführt. Die dritte (Dresden 1555) beginnt mit einer langen Vorrede des Superintendenten Pfentner zu Annaberg und stellt sich als eine gründliche Umarbeitung der ersten Fassung dar. Das typische Motiv für die dramatische Gestaltung des Stoffes war ein Gastmahl des reichen Mannes, bei welchem Lazarus an der Thür bettelt und im Angesichte des üppigsten Genusses verhungert: der Contrast sollte unmittelbar in die Augen fallen. K. hat sich bemüht, ihn möglichst stark hervorzuheben. An dem Gastmahl läßt er die fünf Brüder des reichen Mannes, von denen die Bibel meldet, theilnehmen: sie kommen mit bösen Ahnungen, die sich bald erfüllen; denn auch der Reiche wird durch einen jähen Tod dahingerafft. Chrysophilus, wie er in der ersten Ausgabe, Nabal, wie er in der zweiten heißt, beutet die Noth seines Nebenmenschen aus und ist hartherzig bis zum Exceß; er gestattet nicht einmal seinen Knechten, dem Bettler etwas zu geben. Aber der Zug wird übertrieben, und in der letzten Fassung hat der Dichter Alles, was den Reichen hassenswürdig macht, noch um ein Bedeutendes verstärkt. Er hat die Farben greller aufgetragen und dadurch allerdings noch manche wirksame dramatische Situation hinzugewonnen. Lazarus wie der Reiche werden jetzt durch den Tod in Person abgeholt. Die genremäßige Ausmalung macht sich sehr breit: ein „Stocknarr“, den sich Nabal hält, parodirt das Tischgebet (es schließt: per Epicurum dominum nostrum, Amen), tritt nach dem Tode des Lazarus auf eine Bank „wie ein Lotterbub“ und trägt einen Spruch wider die Armuth und zum Lobe des Reichthums vor. Die Tischgesellschaft redet dann in leichtem Tone über die Wunder Christi, die soeben stattgefunden haben; arme Schüler kommen und singen um Brot, werden aber mit Hunden weggehetzt; der Stadtkämmerer findet sich im Auftrage des Rathes ein und ersucht den Reichen, einen armen talentvollen Bürgerssohn studiren zu lassen, damit er der Stadt einst als Gelehrter nützlich sei: er schlägt es rund ab, will keinen solchen faulen Schlingel nähren. Als Contrastgestalt figurirt ein Schneider, der christliche Gesinnung darstellt und dessen Anwesenheit bei dem Gastmahle sorgfältig motivirt ist. Aber auch alle erbaulichen und lehrhaften Gespräche werden weit ausgedehnt. Gott spricht (nach Rebhun’s Beispiel) in sechsfüßigen Jamben. Der Vers ist nicht zu völliger Reinheit gebracht, obgleich Verletzungen des Worttones nicht häufig eintreten. Ueberall merkt man gute Absichten, aber eine ungeübte Hand. Und so zeigt auch das zweite Drama des Verfassers „Herodes und Johannes“ (Zwickau 1545) viel leere Redseligkeit; es steht entschieden zurück hinter Hans Sachsens Behandlung des Stoffes. Zur Charakteristik macht K. nur schwache Ansätze; aber nach drastischen Effecten strebt er auch hier. Die Hinrichtung des Johannes geschieht auf der Bühne: der Henker läßt ihn seinen Kopf auf die Schwelle der Gefängnißthüre legen, und so war es möglich, einen nachgemachten Kopf unterzuschieben: wie der Dichter auch in dem anderen Drama einen „gemachten“ reichen Mann verwendet, der in der Hölle brennt und von [237] den Teufeln mißhandelt wird. Der fünfte Act des „Herodes und Johannes“ ist todtentanzmäßig und erinnert dadurch wieder an die letzte Fassung des ersten Stückes: der Tod tritt zur Tochter der Herodias, die sich eben mit ihren Erfolgen brüstet, und erwürgt sie; Herodes selbst wird abgesetzt und tödtet sich mit eigener Hand; Herodias, die an seiner Leiche jammert, wird vom Tode mitgenommen.

Gottsched, Nöth. Vorrath, 2, 210–216. Palm, Beitr. z. Gesch. d. d. Litt., 98 f.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 47 ein weiterer Artikel.