ADB:Closen, Karl Freiherr von

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Closen, Karl Freiherr von“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 339–341, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Closen,_Karl_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 14:19 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Cloppenburg, Johann
Nächster>>>
Closener, Fritsche
Band 4 (1876), S. 339–341 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl von Closen in der Wikipedia
Karl von Closen in Wikidata
GND-Nummer 116547332
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|4|339|341|Closen, Karl Freiherr von|Karl Theodor von Heigel|ADB:Closen, Karl Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116547332}}    

Closen: Karl Freiherr v. C., geboren 1786 zu Zweibrücken, † 1850, stammt aus einem der ältesten altbaierischen Geschlechter, das nach Familientradition ursprünglich Mülberg hieß und angeblich um das Jahr 1230 den Namen Closner oder Klausner erhielt, welcher Beiname dann als Hauptname geblieben. Georg Ehrenreich v. C. wurde 1624 in den Reichsfreiherrnstand erhoben, [340] und 1738 und 1766 erhielten zwei Linien des Geschlechts den Grafenstand, erloschen jedoch schon im vorigen Jahrhundert. Der Vater Karls, Ludwig v. C., diente als Adjutant Rohambeau’s im amerikanischen Freiheitskriege, trat später in französischen Militärdienst, wo er bis zum Maréchal de camp vorrückte, und starb 1830 zu Mannheim. Karl v. C. studirte auf den Universitäten Wien und Landshut und trat 1805 als Accessist bei der kurfürstl. Landesdirection zu München in den baierischen Staatsdienst. 1814 stellte er sich als Freiwilliger, kehrte aber nach Beendigung des Feldzugs in seine Civilstellung zurück und wurde 1817 zum Regierungsrath ernannt. Als Abgeordneter der adelichen Gutsbesitzer saß er 1819, 1825 und 1828 im baierischen Landtag und vertheidigte mit Energie die ständischen Rechte. Als 1831 zwischen der Regierung und der fränkisch-pfälzischen Oppositionspartei der offene Kampf ausgebrochen war und die Regierung auf das Ergebniß der Ständewahlen, bei welchen ihre Gegner eine entschiedene Majorität gewannen, mit einer Urlaubsverweigerung für jene liberalen Abgeordneten, welche zugleich Staatsdiener waren, antwortete, befand sich auch C. in der Zahl der letzteren. Rasch entschlossen, leistete er Verzicht auf den Staatsdienst. Die Frage, ob ihm, der noch als Staatsdiener gewählt war, nunmehr der Eintritt in die Kammer freistehe, veranlaßte die erste stürmische Debatte in jener denkwürdigen Sitzungsperiode; der Kammerbeschluß, welcher, mit 115 gegen 5 Stimmen gefaßt, für sofortige Einberufung Closen’s in die Kammer sich aussprach, bedeutete eine entscheidende Niederlage der Regierungspolitik. Nach seinem Eintritt übergab C. einen Antrag, der im Hinblick auf das ungemein strenge und nicht gesetzlich begründete Vorgehen der Regierung nach dem bekannten Studententumult zu München in der Christnacht 1830 gesetzliche Sicherung der persönlichen Freiheit des Staatsbürgers beabsichtigte, bewies sich aber im Verlauf der Budgetberathung, als bei den Nachweisen über die Verwendung der Staatsgelder von der Opposition viele Ausgaben für Kunstzwecke etc. beanstandet wurden, als warmen Verehrer des Monarchen, für dessen Kunstbestrebungen er begeistert eintrat. Dies hinderte aber nicht, daß gegen ihn wegen angeblicher Verbreitung eines revolutionären Gedichtes, Grosse’s „Lebewohl, Abschied des kranken Dichters von Baiern“ Untersuchung wegen Majestätsbeleidigung eingeleitet wurde. Nach 4 Monaten erhielt er zwar seine Freiheit wieder, wurde aber aus Rücksicht auf die noch anhängige Generaluntersuchung bezüglich der revolutionären Umtriebe in Baiern unter polizeiliche Aufsicht gestellt und durfte seinen Wohnort Gern bei München[1] nicht ohne jedesmalige Genehmigung des Untersuchungsrichters verlassen. Weder durch einen Appell an die Kammer, noch durch Berufung auf die Adelsprivilegien konnte er Aufhebung dieser Maßnahmen erwirken; vergeblich richtete er auch 1835 ein Immediatgesuch an König Ludwig, worin er in bitteren Worten dem Unwillen Ausdruck gibt, daß er nach Verlauf von vier Jahren noch nicht zur Vertheidigung zugelassen worden, und dem Schmerze darüber, daß „die Geschichte einst bei einer Periode einer Regierung, wo so Vieles an die schönen, hellen, großartigen Momente der Mediceer und Friedrichs des Großen erinnert, wegen des Geistes einzelner Stellen in politischen Angelegenheiten an die düstern Zeiten eines Philipps II. von Spanien erinnere“. Erst am 30. Decbr. 1839 wurde vom Oberappellationsgericht zu Recht erkannt, daß der Angeschuldigte nicht als schuldig befunden worden, daher auch von aller Strafe freizusprechen sei. 1848 wurde er in das Frankfurter Parlament und zum Mitglied des Fünfziger-Ausschusses gewählt, bekleidete aber diese Stellung nur kurze Zeit, da er von König Max II. zum baierischen Bundestagsgesandten, dann zum Bevollmächtigten bei der Centralgewalt, nach Rücktritt des Märzministeriums aber zum Staatsrath in außerordentlichem Dienst ernannt wurde. Damit endete seine öffentliche [341] politische Thätigkeit und er widmete nun seine Muße theils der Landwirthschaft – er war einer der Stifter des landwirthschaftlichen Vereines für Baiern und errichtete zu Gern eine landwirthschaftliche Musterschule – theils litterarischen Arbeiten. Aus seiner Feder stammen: „Kritische Zusammenstellungen der baierischen Culturgesetze“ (1818); „Die landwirthschaftliche Erziehungsanstalt in Gern“ (1825); „Bemerkungen über die §§. 2 und 3 des Reichsverfassungsentwurfes mit besonderer Rücksicht auf das Verhältniß Oesterreichs zu Deutschland“ (1848); „Die Armee als militärische Bildungsanstalt der Nation“ (1850), mit einem Nachtrag (1851). C. starb kinderlos zu Gern am 19. Sept. 1856, mit ihm erlosch sein Geschlecht.

Didaskalia, Jhgg. 1856, Nr. 230. Heigel, Ludwig I., König von Baiern, S. 129 u. ff. Actenstücke in der gegen den k. Kämmerer Karl Freiherrn v. Closen wegen angeschuldeten Verbrechens der Majestätsbeleidigung anhängigen Untersuchung. Als Manuscript gedruckt 1836. Justizministerialact, Untersuchung gegen Karl Freiherrn v. Closen, k. Kämmerer, wegen Majestätsbeleidigung betr. Münchener Reichsarchiv.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 340. Z. 18 v. u. l.: Gern im Landgericht Eggenfelden (st. Gern bei München). [Bd. 5, S. 795]