ADB:Clodius, Christian August Heinrich
Christ. Aug. C. (s. d.), erhielt nach dem frühen Tode des Vaters durch seine sehr begabte Mutter (s. o.) eine treffliche Erziehung, so wie in dem Böttcher’schen Institute eine allseitige Vorbildung und bezog 1787 als frühreifes Genie geltend die Universität Leipzig, wo er Philologie und Jurisprudenz studirte und sich zugleich [335] eifrig mit Kant beschäftigte. Nachdem er bereits 1794 ein Bändchen „Gedichte“ veröffentlicht hatte, habilitirte er sich 1795 als Docent durch eine Abhandlung „De poëseos generibus“ und wurde 1800 außerordentlicher und 1811 ordentlicher Professor der praktischen Philosophie, welch letztere Stelle er mit einer Dissertation „Apologia Ulpiani“ und einer Rede „Apologia Hobbesii“ antrat. Auf eine Uebersetzung der Fabeln Lafontaine’s (1803, 2 Bde.) folgte „Entwurf einer systematischen Poetik“[WS 1] (1804, 2 Bde.), hierauf ein philosophischer mehrfach an Rousseau anknüpfender Roman „Fedor, der Mensch unter Bürgern“ (1805, 2 Bde.), sodann „Grundriß der allgemeinen Religionslehre“ (1808). Während er durch die Professur und als Decan der Facultät zur Abfassung mehrerer Programme veranlaßt war („De iure naturali in artem redigendo“, 1817, – dieses in deutscher Bearbeitung von Hohenthal, 1833; „De philosophiae conceptu, quem Kantius cosmicum appellat“, 1826; „De philosophia morum“, 1835; „De virtutibus, quas cardinales appellant“, in sieben verschiedene Programme, 1818–1836, vertheilt, deren letztes nach dem Tode des Verfassers Drobisch veröffentlichte) und gleichzeitig sich für die deutsche Litteratur das Verdienst erwarb, daß er Seume’s „Spaziergang nach Syrakus“ in neuen Auflagen (1815–19) und desselben Gedichte (1815) nebst dessen zu Ende geführter Selbstbiographie (1813), sowie auch „Klopstock’s Nachlaß“ (1821, 2 Bde.) herausgab, arbeitete er in denselben Jahren sein philosophisches Hauptwerk aus „Gott in der Natur, in der Menschengeschichte und im Bewußtsein“ (1818–22[WS 2], 5 Bde.). Ein Gedicht „Eros und Psyche“, welches er schon in den Jugendjahren begonnen hatte, gab nach seinem Tode Crusius heraus (1839). S. N. Nekrolog d. Deutschen, 14. Jahrg. 1836, S. 281. C., welcher in seinen Schriften eine ausgedehnte Litteratur-Kenntniß und eine zuweilen unangenehme Breite der Darstellung zeigt, hatte noch in seiner „Poetik“ den Kantischen Kategorien wenigstens einigen Einfluß gestattet, aber sowie er bereits in der „Religionslehre“ den ihm eigenen Standpunkt gewonnen hatte, übte er in den erwähnten Programmen eine stets sich steigernde, ja heftige Polemik gegen Kant und den Formalismus der Kantianer. Seine positive Auffassung erinnert vielfach an Jacobi und könnte, wenn es zulässig wäre, dergleichen neue Terminologie zu schaffen, füglich und richtigst als ein durchgeführter Religionismus bezeichnet werden. Er nimmt von vorneherein Bewußtsein als identisch mit Religion, und während er sich gegen Indifferentismus, gegen Materialismus, gegen todten Supranaturalismus und gegen Rationalismus wendet, sucht er (in seinem Hauptwerke) aus der Tiefe des religiösen Gefühles eine Physikotheologie und hierauf dieser entsprechend eine Historikotheologie zum Behufe eines in religiöser Ethik liegenden Abschlusses zu entwickeln.
Clodius: Christian August Heinrich C., geb. 21. Sept. 1772 in Altenburg, † 30. März 1836 in Leipzig, Sohn des Leipziger Professors