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Artikel „Chryseus, Johannes“ von Wilhelm Scherer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 253–254, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Chryseus,_Johannes&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 12:40 Uhr UTC)
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Chryseus: Johannes Ch., deutscher Tendenzdramatiker der Reformationszeit, der zu Allendorf in Hessen lebte. Er steht, was die Form anlangt, unter dem Einflusse von Paul Rebhun; dem Gehalte nach übertrifft er ihn bei weitem und ist entschieden als ein Schüler des Naogeorg zu bezeichnen, dessen „Haman“ er 1546 übersetzt hat. Sein „Hofteufel“ (1545, Vorrede vom 24. Juni 1544) steht an der Spitze der gesammten ausgebreiteten Teufelslitteratur des 16. Jahrhunderts, er ist der Ahnherr des Hosenteufels, Fluchteufels, Eheteufels, Saufteufels und anderer Specialteufel. Das Stück behandelt Daniel in der Löwengrube; der Hofteufel ist von Beelzebub abgesandt um den Gottesmann zu verderben. Er erscheint als ehrwürdiger Pater im Mönchsgewande. Die hohen Herren am Hofe, seine Verbündeten, sind zum Theil Cardinäle und Bischöfe. Die Beziehungen auf die Gegenwart treten überhaupt durchweg deutlich hervor, und das historische Costüm wird zu Gunsten der confessionellen Satire höchst unbefangen verletzt. Die Götzendiener sind „gut römisch“, der Papst heißt wie bei Naogeorg Pammachius. Daniel, der beim Könige Darius hoch in Ehren steht und die segensreichste Wirksamkeit entfaltet, die Klöster verbessert und die Parteilichkeit des Kammergerichtes bekämpft, wird von seinen Feinden für einen großen Ketzer erklärt und ist vom höchsten Bischof verbannt. Als Gegenbild aller Achselträger, die ihren Glauben nicht offen bekennen wollen, verrichtet er sein Gebet bei offenem Fenster, trotz dem königlichen Decret, das an alle Kurfürsten, [254] Fürsten etc. erging. Daniel ist als das Ideal eines protestantischen Geistlichen gedacht: darum sind ihm auch Frau und Kinder beigegeben, für deren Einmischung die Familienscenen bei Sixt Birk und Paul Rebhun das Muster gewährten. – Daniel und der König Darius, um welche das ganze Interesse des Stücks sich dreht, erscheinen erst im vierten Act auf der Scene, so viel auch vorher von ihnen die Rede ist. Der Hofteufel hat den Glanzpunkt seiner Rolle in dem Monolog des fünften Acts: er schildert mit völlig ungeschminkten Ausdrücken das Bacchanal, durch welches Daniels Gegner ihren Sieg am Abend vorher feierten: er hat daran theilgenommen und sich nun verschlafen. Ein Blick auf die Löwengrube und den unverletzten Daniel stört sein Frohlocken; er sieht das Spiel verloren, fürchtet sich vor Beelzebub, flucht auf die „Pfaffen, Papisten, das Schandgesind“; er möchte sich ersäufen, kann aber nicht und beschließt endlich, in eine Wüste zu fahren. Seine Genossen werden ergriffen und getödtet, obgleich sie mit dem Kirchenbanne drohen. Damit ja kein Zweifel über den Sinn des Dramas obwalten könne, vergleicht der Verfasser in der Widmung an die sächsischen Herzöge die protestantischen Fürsten, speciel Johann Friedrich mit Daniel: sie werden um ihres Gottesdienstes willen von den Hofteufeln bei dem Kaiser angeklagt. Aber „der, der Daniel errettete, lebt noch und wird den heutigen Hofteufeln gewiß auch die Backenzähne ausreißen und sie den rechten Löwen, dem Teufel, vorwerfen“.

Vgl. Goedeke S. 297. 309. 333. 380; Palm, Rebhun S. 188.