Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Carnall, Rudolf von“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 4–5, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Carnall,_Rudolf_von&oldid=- (Version vom 23. April 2024, 13:21 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Carmon, Jakob
Nächster>>>
Caroc, Georg Adolf
Band 4 (1876), S. 4–5 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Rudolf von Carnall in der Wikipedia
Rudolf von Carnall in Wikidata
GND-Nummer 116456639
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|4|4|5|Carnall, Rudolf von|Wilhelm von Gümbel|ADB:Carnall, Rudolf von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116456639}}    

Carnall: Dr. Rudolf v. C., geb. 8. Febr. 1804 zu Glatz in Schlesien, † 17. Nov. 1874 zu Breslau, eine jener glücklich angelegten Naturen, welche bei einer entschiedenen Neigung zur praktischen Thätigkeit einen Sinn für wissenschaftliche Bestrebungen sich bewahren und durch das harmonische Zusammenwirken beider Richtungen auf die Entwicklung der Praxis wie Theorie ungemein förderlich einzuwirken vermögen. C. erhielt, nachdem er den gewöhnlichen Gang der Studien auf dem Gymnasium zu Glatz, die höheren Fachstudien in Berlin vollendet hatte und nach gut bestandenem Examen im Neuroder und waldenburgischen Bergrevier als Eleve in die bergmännische Praxis eingetreten war, schon 1830 seine erste Anstellung als Obereinfahrer zu Tarnowitz in Schlesien zur Leitung der ärarischen Blei-Bergwerke und der Galmeihütte. Schon jener Zeit entstammen die Erstlinge seiner wissenschaftlichen Thätigkeit als die Ergebnisse der während seiner Verwendung bei der topographisch-geognostischen Aufnahme des waldenburgischen Steinkohlengebiets gesammelten Beobachtungen. Es sind dies die in Karsten’s Archiv erschienenen zwei Abhandlungen: „Ueber Sprünge im Steinkohlengebirge“ und „Geognostische Beschreibung des Waldenburger Steinkohlenbeckens“. Diese Arbeiten bekunden bereits die ruhige und gründliche Art der Forschung, welche C. mit einer klaren Darstellung und mit steter Rücksicht auf die praktische Anwendung zu verbinden verstand. Seine bald erfolgte Beförderung zum Bergmeister gab ihm reichlich Gelegenheit, einerseits auf die Verbesserung der Aufbereitung der Erze und überhaupt auf die Hebung des schlesischen Bergbaus erfolgreich einzuwirken, andererseits sich durch Betheiligung an den Lehrvorträgen bei der Tarnowitzer Bergschule wissenschaftlich fortzubilden. Um unter den Freunden der Bergwerksindustrie einen innigeren Verkehr herzustellen und die harte Arbeit des Bergmanns durch geistigen Zuspruch zu erleichtern, gründete er 1843–1847 zuerst für sich allein, später in Verbindung mit dem ihm innigst befreundeten, damaligen Bergmeister Krug v. Nidda, dem gegenwärtigen Leiter des preußischen Bergwesens, das „Bergmännische Taschenbuch für Oberschlesien“. Seine Abberufung aus Schlesien als Oberbergamts-Assessor nach Bonn 1844 lenkte seine Thätigkeit nunmehr der höheren Verwaltung und der Hebung der Montanindustrie in der Rheinprovinz zu, welche sich durch seine weitere Beförderung zum geheimen Bergrath (1847) und geh. Oberbergrath (1854) in Berlin im Interesse dieses Industriezweiges auf den gesammten preußischen Staat ausdehnte. Während seines achtjährigen Aufenthaltes in Berlin wirkte er wesentlich ein auf eine zeitgemäße Umgestaltung des Bergwesens, namentlich in Bezug auf die Erweiterung der Selbstverwaltung, der Ermäßigung der Bergwerksabgaben und Verbesserung des Knappschaftswesens. Auch betheiligte er sich lebhaft an den Vorarbeiten zu einem neuen Bergwerkgesetze. In diese Zeitperiode fällt ferner seine halbjährige Leitung des technischen Gewerbeinstituts und die Gründung der deutschen geologischen Gesellschaft, zu deren erstem stellvertretenden Vorstand C. gewählt wurde. Für eine ruhige wissenschaftliche Arbeit ließ ihn die vielseitige dienstliche Beschäftigung, zu der noch Lehrvorträge über Bergbaukunde an der Berliner Universität (1849–55) und auch noch vielfache Reisen nach England, Belgien und Frankreich kamen, nicht die Muße gewinnen. [5] Doch ehrte ihn die Universität in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit (1855) im Allgemeinen durch die Ertheilung der Würde eines Doctors der Philosophie. Zur Unterstützung der reformatorischen Bestrebungen im Gebiete der Montanindustrie schuf er eine amtliche Zeitschrift, deren erste Lieferung unter seiner Redaction erschien und die bis heute vom Publicum hochgeschätzt in segensreicher Wirkung fortblüht. Erst als er 1855 zum Berghauptmann und Director des Oberbergamtes in Breslau berufen wurde, kam jener Hang zur wissenschaftlichen neben der praktischen Thätigkeit aufs neue zum Durchbruch. Zunächst veranlaßte er in seiner neuen Stellung die Gründung des schlesischen Vereins für Berg- und Hüttenwesen, dessen inhaltsreichem Jahrbuch seine vortreffliche Redaction ein rasches Gedeihen sicherte. Auch gewann er endlich die Muße, um die seit frühester Zeit gesammelten Materialien zu einer geognostischen Karte von Oberschlesien mit neueren Erfahrungen bereichert zu verarbeiten und 1857 zu veröffentlichen; damit schuf er ein Kartenwerk von hervorragender und allseitig anerkannt großer Bedeutung.

Nach 35jähriger Wirksamkeit im Staatsdienste sah sich C. aus persönlichen Gründen im Sommer 1861 veranlaßt, aus dem Staatsdienste auszutreten, nicht etwa um zu ruhen, sondern mit seiner ungeschwächten Arbeitskraft in neuen Gebieten erfolgreich thätig zu sein. Zunächst widmete er seine Kräfte den städtischen Angelegenheiten Breslau’s, als Rath der Verwaltung der Oberschlesischen Eisenbahn, als Vorsitzender des schlesischen Centralgewerbe-Verein’s und als Director der schlesischen Gesellschaft für Cultur zur Förderung der Industrie dieser Provinz mit dem besten Erfolge. Stets hielt er sich hiebei in voller Fühlung mit dem raschen Gang der Wissenschaft, wie seine rege Betheiligung an den Naturforscherversammlungen beweist, bei welchen er ein selten fehlendes, ungern vermißtes Mitglied war und namentlich durch unerschöpfliche Laune nebst großer Gabe der Geselligkeit nicht wenig dazu beitrug, der Section für Mineralogie und Geologie eine hervorragende gesellschaftliche Stellung bei diesen Versammlungen zu verschaffen.

Glück auf. Schlesische Zeitschr. 22. Nov. 1874, Nr. 47. – Zeitschrift f. d. B. H. u. S. in Preußen. Bd. XXII. 5. Lief.