ADB:Braun, Samuel
[205] kehrte dann nach einem Gefecht mit spanischen Schiffen nach Holland zurück. Nachdem sich B. in Amsterdam von den Beschwerden dieser Reise hinlänglich erholt hatte, trat er im März 1614 eine zweite Fahrt als Schiffsarzt an. Sein Ziel war wiederum Westafrika. Er segelte an der Sierra Leone-, Pfeffer-, Elfenbein-, Gold- und Sklavenküste hin und hielt sich längere Zeit in dem Hafenplatz Benin nördlich von der Nigermündung auf. Nachdem sein Schiff mehrere Kämpfe mit Spaniern und Portugiesen bestanden hatte, begab es sich nach den Inseln Principe und S. Thomé, besuchte dann verschiedene holländische Niederlassungen an der Küste von Oberguinea und kam hierauf im Mai 1616 wohlbehalten wieder in Amsterdam an. Im Hafen traf B. ein anderes Schiff, das soeben nach Afrika abreisen, aber zuvor noch einen Arzt aufnehmen wollte. Ohne sich lange zu besinnen, meldete er sich für diese Stellung und fuhr ab, jedoch verlief die Reise unglücklich. Das Schiff strandete an der portugiesischen Küste, B. rettete mit Mühe sein Leben und wurde von den Eingeborenen freundlich aufgenommen und verpflegt. Nachdem er sich von dem Unfall erholt hatte, begab er sich nach Lissabon und fand hier Unterkunft bei einem deutschen Collegen. Da ihm aber das Leben in Portugal nicht gefiel, fuhr er auf einem holländischen Schiffe zunächst nach Venedig, bestand im Mittelmeere schwere Kämpfe mit türkischen, spanischen und französischen Seeräubern und kehrte dann nach Amsterdam zurück, wo er im August 1617 eintraf. Indeß ließ er sich durch die schlimmen Erfahrungen dieser 3. Reise von weiteren Fahrten nicht abhalten. Bereits im Herbst desselben Jahres erhielt er eine Anstellung als Regierungsarzt in dem holländischen Castell Nassau an der Goldküste. Nach stürmischer und gefährlicher Fahrt traf er hier ein, fand aber von der gesammten Besatzung nur noch 20 Mann am Leben, alle übrigen hatte das Fieber dahingerafft. Er hatte nun viele und beschwerliche Arbeit, da die mit ihm eingetroffenen frischen Truppen bereits nach kurzer Zeit vom Fieber ergriffen wurden. Er selbst litt heftig daran, ebenso an einer in der dortigen Gegend sehr verbreiteten Wurmkrankheit. Nachdem er fast drei Jahre gedient und sich eine genaue Kenntniß des Landes und seiner Bewohner verschafft hatte, kehrte er aus Gesundheitsrücksichten im August 1620 nach Amsterdam zurück. Er wollte sich nun nach Deutschland begeben, doch schreckte ihn die Kunde von den Wirren des deutschen Krieges ab, und er nahm wiederum Dienste auf einer holländisch-englischen Flotte von 44 Kriegsschiffen, welche gegen die Barbaresken und die französisch-spanischen Seeräuber im Mittelmeer kämpfen sollte, die in der letzten Zeit über 90 holländische Schiffe gekapert und ausgeplündert und gegen 6000 Holländer in die Sklaverei nach Algier und Tunis verkauft hatten. Die Flotte fuhr im October 1620 von Amsterdam ab, wurde jedoch bereits im Kanal durch einen Sturm zerstreut. Das Schiff, auf dem sich B. befand, begab sich trotzdem nach dem Mittelmeer, kreuzte hier längere Zeit, zerstörte mehrere Seeräuberschiffe und landete in verschiedenen Hafenorten. Im August 1621 geleitete es eine holländische Handelsflotte nach Amsterdam zurück. B. war nun nach zehnjähriger Dienstzeit des Reisens überdrüssig. Als er hörte, daß der Religionskrieg in Deutschland sich nicht bis in seine Schweizer Heimath ausgebreitet hätte, kehrte er nach Basel zurück, ließ sich hier als Wundarzt nieder, erwarb das Bürgerrecht und begann eine Beschreibung seiner fünf Seereisen auszuarbeiten. Als das Werk vollendet war, ließ er es 1624 in Basel erscheinen. Es erregte Aufsehen und wurde deshalb 1625 zu Frankfurt im Anhange zum 1. Bande der bekannten de Bry’schen Reisesammlung India orientalis (Kleine Reisen) in deutscher und lateinischer Ausgabe, sowie 1626 zu Nürnberg als 19. der berühmten 26 Schifffahrten des Verlegers [206] Levinus Hulsius nachgedruckt. Es gibt in ansprechender naiver, gelegentlich etwas übertreibender Darstellungsweise gute, wenn auch zuweilen durch den Aberglauben und die Leichtgläubigkeit des Verfassers getrübte Schilderungen der westafrikanischen Eingebornen, ihrer Nahrung, Kleidung, Wohnung und Beschäftigung, ihrer Sitten und Lebensweise, ihres Handels, ihrer Kriegführung und ihrer religiösen Vorstellungen, sowie der Thier- und Pflanzenwelt der Guineaküste und verdient als die älteste selbständige und auf eigener Kenntniß beruhende deutsche Schrift über jene Gegenden immer noch Beachtung. Nach der Veröffentlichung dieses Werkes widmete sich B. ganz seiner Praxis. Er ließ sich in die Innung zum goldenen Stern aufnehmen, in der die Chirurgen zünftig waren, und erwarb sich durch seine Geschicklichkeit und Erfahrung bald allgemeine Achtung, sodaß er zum Mitglied des Zunftvorstandes und Vertreter der Zunft im Großen Rath, später auch zum Säckelmeister und endlich zum Obermeister der Zunft erwählt wurde. Auch die städtischen Behörden schätzten seine Tüchtigkeit. Sie ernannten ihn zum Spitalchirurgen, zum Hebammenherrn und zum Vermögensverwalter des aufgehobenen Klosters Gnadenthal. Am 31. Juli 1668 beschloß B. in hohem Alter sein inhaltreiches Leben.
Braun: Samuel B., der erste wissenschaftliche deutsche Reisende, welcher größere Theile Afrikas, insbesondere Westafrika besuchte, ist am 19. März 1580 in Basel geboren. Er erlernte die Chirurgie und ließ sich nach vollendetem Studium in seiner Vaterstadt als Wundarzt nieder. Im Frühjahr 1611 begab er sich nach Amsterdam und erhielt dort bei einem Meister seiner Kunst Beschäftigung. Als er hier die großen Kauffahrer im Hafen liegen und täglich ein- und ausfahren sah, bekam er Lust zu reisen und nahm deshalb eine Stelle als Arzt auf einem mit Tauschwaaren beladenen Handelsschiffe an. Dasselbe fuhr zunächst nach der Loangoküste und dann nach der Kongomündung, betrieb einen gewinnreichen Tauschhandel mit den Eingeborenen, blieb solange in den verschiedenen Küstenhäfen, bis es eine volle Ladung eingenommen hatte, und- Camus, Mémoire sur la collection des Grands et Petits Voyages, S. 186–89. – Asher, Bibliographical Essay on the collection of voyages and travels, edited and published by Levinus Hulsius, S. 88–90. – Tiele, Bibliographische Adversaria 1, 47. – Henning, Samuel Braun. Basel 1900.