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Artikel „Bradke, Peter von“ von Hermann Hirt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 171–172, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bradke,_Peter_von&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 05:55 Uhr UTC)
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Bradke: Peter von B., Sanskritist und Sprachforscher, wurde am 27. Juni 1853 zu St. Petersburg geboren, als Sohn des Senateurs Georg v. B., der bald nach der Geburt seines Sohnes zum Curator des Dorpater Lehrbezirks ernannt wurde und in dieser Stellung eine bedeutende und segensreiche Thätigkeit ausübte. In Dorpat verlebte B. seine Jugendjahre, studirte 1871–75 an der dortigen Universität classische und germanische Philologie und vergleichende Sprachwissenschaft, in die er von Leo Meyer eingeführt wurde. Im J. 1876 erwarb er sich den Candidatengrad, wandte sich dann nach Deutschland und hörte vier Semester hindurch 1876–78 die Vorlesungen Rudolf Roth’s in Tübingen, dessen Persönlichkeit einen großen Einfluß auf ihn gewann. In den Jahren von 1878–1884 lebte er zumeist in Jena, vor allem mit dem Studium der indischen Philologie beschäftigt; leider aber wurde er in dieser Zeit durch verschiedene Leiden heimgesucht, die auch psychisch tief auf ihn einwirkten. Neue Frische und Anregung suchte er durch das Studium der Kunstgeschichte in München zu gewinnen (1879–80). Nach Jena dann zurückgekehrt, mußte er dies wieder auf ein Jahr verlassen, um in Italien Erholung und Genesung zu finden. Im J. 1882 promovirte er in Jena mit einer Arbeit: „Ueber das Mānava-Grhya-Sūtra“. Seine Vorarbeiten zur Ausgabe dieses noch nicht veröffentlichten Textes überließ er aber später, als seine Studien eine andere Richtung genommen hatten, seinem Freunde Friedrich Knauer. Im J. 1884 habilitirte er sich an der Universität Gießen für Sanskrit und vergleichende Sprachforschung. 1886 wurde er dort zum außerordentlichen, 1893 zum ordentlichen Professor für diese Lehrfächer ernannt, und bekleidete diese Stelle bis zu seinem Tode, den ein schweres, inneres Leiden am 7. März 1897 herbeiführte. Während er sich anfangs mit rein philologischen Arbeiten auf dem Gebiete der vedischen Philologie beschäftigt hatte, traten mehr und mehr allgemeine Fragen, die Cultur der Indogermanen betreffend, in seinen Gesichtskreis, wobei sich die Frage nach den religiösen Anschauungen unserer Vorfahren in den Vordergrund schob. Seine erste größere Arbeit war ein Buch über: „Dyâus Asura, Ahura Mazdâ und die Asuras“ (Halle 1885). Sie galt dem Nachweis, daß wie bei den classischen [172] Völkern der Himmelsgott Ζεὺς πατήρ, Juppiter, so auch bei den Vorfahren der Inder und Iranier, Dyâus pitar asura der höchste Gott und Herr gewesen sei. Diese Forschungen hat er nicht wieder aufgegeben. Dem Genius seines Landsmannes Victor Hehn folgend, suchte er dessen Arbeiten über die Cultur der Indogermanen von seinem Standpunkt aus weiter zu führen. Derartige Arbeiten erforderten aber eine so breite und ausgedehnte Grundlage, daß B. nicht dazu gekommen ist, ein größeres Werk mit dem Inhalte seiner Forschungen zu veröffentlichen. Es liegen uns nur kleinere Gelegenheitsschriften vor, so die „Beiträge zur Kenntniß der vorhistorischen Entwicklung unseres Sprachstammes“ und „Ueber die arische Alterthumswissenschaft und die Eigenart unseres Sprachstammes“ (beide Gießen 1888). Sein umfangreichstes Werk auf diesem Gebiet „Ueber Methode und Ergebnisse der arischen Alterthumswissenschaft“ (Gießen 1890) ist im wesentlichen eine einzige, umfangreiche Kritik des Buches von O. Schrader: „Sprachvergleichung und Urgeschichte“, das 1883 erschienen und mit lebhaftem Beifall aufgenommen war. Dem gegenüber vertrat B. die Ansicht, daß dieses Buch methodisch an großen Mängeln litte und mit seinen hauptsächlichsten Anschauungen auf einem Standpunkt stehe, der durch B. Hehn längst beseitigt sein sollte. Wenn auch die Form der Kritik manches Unerfreuliche bietet, so ist sie jedoch an sich im wesentlichen berechtigt, und Bradke’s methodische Ausführungen sind von bleibendem Werth. In den letzten Jahren hat er auch die indogermanische Sprachwissenschaft durch kleine, aber werthvolle Untersuchungen bereichert.

L. v. Schroeder, Nordlivländische Zeitung, 8./20. März 1897. – H. Hirt, Beilage. z. Münch. Allgem. Zeitung, 30. März 1897. – Streitberg, Indogermanische Forschungen, Anzeiger VIII, 369. – H. Haupt, Biograph. Jahrbuch und deutscher Nekrolog II, 177. – R. Thurneysen, Jahresbericht über die Fortschritte d. clas. Alterthumswissenschaft 1899, CIII, 54 ff.