ADB:Brüll, Jakob ben Michael

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Artikel „Brüll, Jakob“ von Adolf Brüll in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 295–296, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Br%C3%BCll,_Jakob_ben_Michael&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:58 Uhr UTC)
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Brüll: Jakob B., geboren am 16. Januar 1812 in Neu-Raußnitz, † am 29. November 1889 in Kojetein, bedeutender Talmudist und Geschichtsforscher. Den ersten Unterricht genoß er in seiner durch Bildung und Intelligenz ausgezeichneten Heimathsgemeinde, einer der wenigen, in der es kein Ghetto gab. Er wurde von seinem Vater, der dem Kaufmannstande angehörte, für den Rabbinerberuf bestimmt und besuchte zu diesem Zwecke die talmudischen Hochschulen in Ungarn, besonders die in Preßburg mit großem Erfolge. Zum Rabbiner durch seinen nachmaligen Schwiegervater, den Landrabbiner Nehemias Trebitsch, den Verfasser von „Studien über den jerusalemischen Talmud“ approbirt, war er erst Rabbinatsvicar in seinem Geburtsorte, wo er mit dem gelehrten Hebraisten Joseph Flesch verkehrte, der einige Schriften Philo’s ins Hebräische übersetzte, und wurde 1844 als Rabbiner nach Kojetein berufen, woselbst er bis an sein Lebensende neben seinem Amte ganz seinen Studien und Forschungen hingegeben war. Von ihm sind erschienen 1852: „Forschungen über Targumim und Midraschim“ (im Verein mit H. Chajes), 1864: „Die Mnemonik des Talmud“. 1876 erschien in Frankfurt a. M. seine „Einleitung in die Mischnah“, 1. Theil, enthaltend das Leben und die Lehrmethode der Gesetzeslehrer von Esra bis zur Mischnah, der 1885 der 2. Theil: „Plan und System der Mischnah“ folgte. Eine Woche vor seinem Tode erschienen von ihm „Talmudische Forschungen“ unter dem Titel „Ben Sekunim“, interessante, lehrreiche Aufsätze enthaltend, welche von seiner Gelehrsamkeit, seinem aufgeklärten Geiste und seinem toleranten Sinn Zeugniß gaben. Nebstdem unterhielt B. einen regen litterarischen Briefwechsel besonders mit Jakob Reifmann und wurde vielfach um Gutachten angegangen, die er mit großer Gründlichkeit ausarbeitete. An Löw’s „Ben Chananja“ und Weiß’ „Beth Talmud“ und an den „Jahrbüchern für jüdische Geschichte [296] und Litteratur“ war er Mitarbeiter. Er hatte stets einen kleinen Kreis von auserlesenen Schülern um sich und zählen zu denselben auch sein Sohn Nehemias Brüll, weiland Rabbiner zu Frankfurt a. M. und David Kaufmann, weiland Professor an der Landesrabbinerschule in Budapest. Ein Theil seiner Bibliothek und seines handschriftlichen Nachlasses befindet sich in der Bibliothek seines Sohnes in der Frankfurter Stadtbibliothek. Wir lassen hier zu seiner Charakteristik folgen, was Adolf Jellinek (Neuzeit 1879, Nr. 49) über ihn schrieb: „Er war ein durch Gelehrsamkeit und Forschergeist ausgezeichneter Rabbiner. – Seine Vertrautheit mit dem ganzen Talmud und der gesammten talmudisch-rabbinischen Litteratur verwerthete er nicht zu dialektischen und scholastischen Abhandlungen, sondern im Sinne der Wissenschaft und zu methodischen Forschungen. Sein in zwei Theilen erschienenes Werk: ,Einleitung in die Mischnah‘ zeigt, daß er den ganzen Talmud beherrschte und ein Mann von historisch-kritischer Schulung war“.

Quellen: Seine Schriften und sein handschriftlicher Nachlaß.