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Artikel „Boltze, Johann Gottfried“ von Friedrich August Eckstein in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 114–116, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Boltze,_Johann_Gottfried&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:43 Uhr UTC)
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Boltze: Johann Gottfried B., geb. 14. Januar 1802 in Gödewitz (Grafschaf Mansfeld). Sein Vater, ein einfacher aber thätiger Mann, legte in dem kleinen Dörfchen Salzmünde an der Saale eine Schenke an, fing an Thon zu graben, der in der Porzellanmanufactur zu Berlin verwerthet wurde, und trieb [115] einen kleinen Handel. Sein Bestreben ging dahin, seinen zwei Söhnen eine bessere Erziehung zu geben und deshalb brachte er diesen ältesten schon im achten Lebensjahre auf die Realschule in Halle, wo dieser bis zum elften Jahre einen sehr mittelmäßigen Unterricht genoß. Bis zu Confirmation wurde er in dem Pfarrhause zu Fienstädt erzogen. Damit schließt seine Jugendgeschichte. Von da an trat er dem Vater zur Seite, und als dieser bereits 1818 gestorben war, theilte er alle Mühen mit der thätigen Mutter, ihm aber lag die Fortführung der Handelsgeschäfte ob. Zuerst wendete er allen Fleiß auf die Erweiterung derselben, indem er sie zunächst auf Braunkohlen, dann besonders auf Getreide ausdehnte und zu diesem Behufe allmählich mehr als 30 Kähne in der Schifffahrt beschäftigte. Erst bei der Erweiterung des Eisenbahnnetzes trat er hiervon zurück. 1832 legte er eine Ziegelei an, die sich so vergrößerte, dass sie jährlich über 6 Millionen Stück der verschiedensten Ziegelwaaren lieferte. Die Landwirthschaft, die er vom Vater übernommen hatte, war sehr klein, aber er erkannte mit sicherem Blick, daß darin das beste aller Erwerbsmittel liege. Mit seinen wachsenden Mitteln und dem unbedingten Vertrauen, dessen er sich erfreute, kaufte er zunächst einige 20 kleinere und größere Bauerngüter, später auch 3 Rittergüter, so daß die ursprünglichen 20 Morgen zu einem Areal von 12000 Morgen anwuchsen im eigenen Besitze und dazu noch 3000 Morgen erpachtetes Land in Betrieb waren. Damit verband er die landwirthschaftlichen Gewerbe; schon 1847 wurde die Zuckerfabrik erbaut, die bald als eine Musteranstalt betrachtet wurde. 1856 die Spiritusfabrik, endlich auch an die Stelle der alten Mühle ein neues Gebäude errichtet, das gleich benutzbar für Wasser- und für Dampfkraft Mehl, Graupen, Oel und andere Producte fertig in den Handel brachte. Stattliche Gebäude waren dazu erforderlich, Arbeiter mußten untergebracht, Handwerker aller Art herbeigezogen werden, und für alle Bedürfnisse waren Wohnungen zu errichten, so daß das ärmliche Dörfchen sich bald gar stattlich ausnahm. Grouven’s Schrift „Salzmünde, eine landwirthschaftliche Monographie“ (1866) gibt darüber genauere Auskunft. Dabei wurde auch die materielle Verbesserung und die sittliche Hebung der Arbeiter eifrigst gefördert, Kirche und Schule gebaut, Kranken- und Familienhäuser eingerichtet, Unterstützungscassen begonnen und durch weise Fürsorge eine treue Anhänglichkeit in der großen Menge geschaffen. So wurde der landwirthschaftliche Betrieb in Salzmünde Muster und Vorbild für Viele, zunächst in der Grafschaft Mansfeld, für welche B. 1841 den landwirthschaftlichen Bauernverein gründete, aber auch für die vielen Besucher, die aus allen Gegenden dorthin kamen, um zu sehen und zu lernen. Als der landwirthschaftliche Central-Verein der Provinz Sachen die Errichtung einer chemisch-physiologischen Station beschloß, und sich Niemand zu deren Aufnahme fand, war B. gerne bereit, und lange Jahre hat sie unter Grouven’s tüchtiger Leitung gute Resultate geliefert. Einem Industriellen von solcher Bedeutsamkeit fehlten natürlich Ehren und Auszeichnungen nicht. Mit dem Amte eines Dorfschulzen hat er begonnen, als geheimer Commerzienrath hat er aufgehört. Von Preußen und und Sachsen-Coburg erhielt er Orden, die Pariser Ausstellungs-Commission sprach seinen Verdiensten um die Verbesserung der Lage der arbeitenden Classen eine Anerkennung zu. Zweimal wählten ihn seine Mitbürger in das preußische Abgeordnetenhaus, ebenso für den ersten Reichstag des norddeutschen Bundes, doch entsprach diese Thätigkeit weniger der Neigung des rastlosen Geschäftsmannes, der lieber mitten in seinen Schöpfungen lebte als in dem Streite parlamentarischer Parteien. Neben im wirkten wackere Schwiegersöhne (nur Töchter waren ihm geboren), mit ihm auch ein jüngerer Bruder. In seinem gastfreien Hause fanden der Fürst wie der Bauer gleich freundliche Aufnahme. Eine unheilbare Krankheit trübte sein letztes Lebensjahr, ihr erlag [116] er am 30. Mai 1868, nachdem seine treue Gattin Bertha Kamprad ihm wenige Stunden vorher verstorben war. Beide nahm am 2. Juni Ein Grab auf.