ADB:Biedermann, Johann Gottlieb

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Biedermann, Johann Gottlieb“ von Arrey von Dommer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 618–619, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Biedermann,_Johann_Gottlieb&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 10:19 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 2 (1875), S. 618–619 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juli 2013, suchen)
Johann Gottlieb Biedermann in Wikidata
GND-Nummer 116163585
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|618|619|Biedermann, Johann Gottlieb|Arrey von Dommer|ADB:Biedermann, Johann Gottlieb}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116163585}}    

Biedermann: Mag. Johann Gottlieb B., antimusikalischer Schriftsteller, geb. zu Naumburg 5. April 1705, studirte zu Wittenberg, wurde 1732 Schulrector in seiner Vaterstadt und 1747 zu Freiberg, wo er 13. Aug. 1772 gestorben ist. In einem Programm: „De vita Musica ex Plaut. Mostellar. Act. III. Sc. II. 40“, Freib. 1749, setzte er auseinander, daß der im Hausgespenst des Plautus a. a. O. vorkommende Ausdruck musice vivere oder musice agere vitam, so viel wie ein liederliches Leben führen, zu bedeuten habe. Die Musiker ließen sich diese Beschimpfung ihrer Kunst und Kunstgenossen nicht ruhig gefallen, und es erhob sich ein Streit, der eine gewisse Berühmtheit erlangt und auch in neuester Zeit noch einmal die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat (vgl. Blätter für litterarische Unterhaltung 1836, Nr. 159 S. 679 „Der Krieg über eine lateinische Redensart“). Daß B. aus diesem Kampfe mit Ehren hervorgegangen sei, läßt sich nicht gerade behaupten, er kam vielmehr nach Verdienst recht schlecht dabei weg. Insbesondere Mattheson nahm sich der beleidigten Kunst auf das wirksamste an und noch vor December desselben Jahres 1749 erschien zu Hamburg im Selbstverlage sein „Mithridat wider den Gift einer welschen Satyre, genannt: La Musica“. Zwar ist die Schrift unmittelbar nur gegen ein Schmähgedicht des Malers Salvator Rosa „La Musica“ gerichtet und B. wird in Mattheson’s weitläufigen Anmerkungen dazu nicht einmal erwähnt, gleichwol aber gut getroffen, und Mattheson fand überall Zustimmung (vgl. u. a. Marpurg, Krit. Mus. an der Spree 321). Noch mehr Nachdruck gab er dieser Schrift durch seine „Bewährte Panacea, überaus heilsam wider die leidige Kachexie irriger Lehrer, schwermüthiger Verächter und gottloser Schänder der Tonkunst“, Hamburg, erste und zweite Dosis 1750, dritte Dosis 1751. Seb. [619] Bach in Leipzig war nicht minder aufgebracht und antwortete B. zwar nicht selbst, schickte dessen Programm aber an den gelehrten Organisten Schröter in Nordhausen und veranlaßte ihn zu einer Entgegnung, welche er (Bach) zum Druck zu befördern versprach. Er fand Schröter’s bald darauf an ihn gesandte Recension „zwar wohl abgefaßt und nach seinem gout, sie werde auch nächstens gedruckt zum Vorschein kommen“, wie er an den Frankenhausener Cantor Georg Friedr. Einicke schrieb; doch erschien sie in dem durch Bach besorgten Abdrucke nicht nur unter einem so ungehörigen Titel („Christliche Beurtheilung des von Herrn M. B. edirten Programms de vita Musica“, 1749), sondern auch im Uebrigen so entstellt und verändert, daß Schröter mit Recht höchst ungehalten darüber war und Uneinigekeit im eigenen Lager entstand. Bach entschuldigte sich zwar damit, daß die Veränderungen „einzig demjenigen, der den Druck besorget hat, zu imputiren seien“; aber Schröter antwortete, „der Herr Capellmeister Bach bleibet in culpa, er mag sich itzt krümmen und künstig drehen, wie er will“ etc., und forderte Bach auf, sich öffentlich zu erklären. Dieser starb jedoch inzwischen, ohne sein befremdliches Verfahren in dieser Angelegenheit gerechtfertigt zu haben. Genauer darüber unterrichten kann man sich aus Einicke’s Brief an Mattheson, in dessen dritter Panacea, zweite Beilage S. 181–192, wo auch S. 184 Schröter’s Erwiderung an B. in ihrer Originalgestalt abgedruckt ist. Noch mehrere Schriften über jenes Programm erschienen von beiden Seiten, im Ganzen acht, deren Titel man auch bei Becker, Litt. 529 findet. Uebrigens ist der ganze Handel dargestellt bei Adlung, Musikal. Gelahrtheit von 1758, S. 70–75.