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Artikel „Berger, Matthias“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 370–372, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Berger,_Matthias&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 21:34 Uhr UTC)
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Berger: Matthias B., Architekt, wurde am 24. April 1825 in der jetzt zu München gehörigen Vorstadt an als der Sohn eines Maurerpoliers geboren, erhielt in der Volksschule trefflichen Unterricht durch den wackeren Lehrer Georg Reis († am 12. März 1872), welcher dem aufgeweckten Knaben auch die Rudimente der Zeichnungskunst beibrachte. B. diente dann als Mörtelträger beim Bau der kgl. Hof- und Staatsbibliothek und erregte durch seine schöne Handschrift die Aufmerksamkeit des Directors Fr. v. Gärtner, welcher den intelligenten Jungen schon 1838 in sein Bureau nahm und ihn nicht allein zum Planzeichnen, sondern auch bei Anfertigung von Ueberschlägen und Berechnungen verwendete. Damit ergab sich die neidenswerthe Gelegenheit, nicht allein bei den vielen Projecten seines Meisters, sondern auch bei Ausführung der Bauten, des „Wittelsbacher Palais“, der kgl. Villa an der Schwabinger Landstraße (deren späterer Umbau zum Palais des Prinzen Leopold Berger’s Werk war), dem „Siegesthor“ in der Ludwigsstraße verwendet zu werden. B., welcher sich eine Fülle von theoretischen und praktischen Kenntnissen erworben hatte, bestand 1847 mit glänzendem Erfolg die Prüfung als Civilarchitekt und trat nach dem am [371] 21. April 1847 erfolgten Tode Gärtner’s in selbständiger Weise auf. Er entwarf den Plan zur ersten Vergrößerung des Friedhofes in der Au, auch lieferte er die stilgerechten Zeichnungen zu den Gedenktafeln in der Auerkirche für König Ludwig I. und den früh verstorbenen Baumeister Daniel Ohlmüller; 1852 veröffentlichte B. ein Werk mit den Ansichten der merkwürdigsten „Grabmonumente des Münchener Gottesackers“ und bethätigte sich mit einer Ansicht des „Siegesthors“ als Kupferstecher. Gleichzeitig veröffentlichte B. das damals leider nicht beachtete erste Project zur heutigen „Maximiliansstraße“: Er dachte dieselbe in directer Verbindung mit einer später von ihm wirklich erbauten Pfarrkirche zu Haidhausen, welche mit ihrem hochragenden Façadenthurm den imposanten Abschluß bilden sollte; die Achse dieser Prachtstraße hätte sich etwas nach Süden geneigt, während sie später nach Bürklein’s Plänen parallel der Mittellinie des Hof- und Nationaltheaters hergestellt wurde und als Schluß die lange Fronte des Maximilianeums erhielt. – Der Grundstein zur Haidhauserkirche wurde nach langen Unterhandlungen am 17. October 1852 gelegt; da die Mittel dazu nur durch freiwillige Beiträge aufgebracht werden konnten, war die Bauperiode eine langgedehnte; 1863 im Aeußern und 1874 auch im Innern vollendet, konnte die Kirche erst 1879 dem Cultus übergeben werden. Sie ist, völlig aus Backstein und Terracotta, im reinen Spitzbogenstile erbaut, ein höchst achtenswerthes Werk, mit einem schlanken Façadenthurme und zwei sehr wirksamen kleineren Chorthürmen, welche auf besonderen Wunsch König Max II. eingefügt wurden. In dem einschiffigen Langbau, welchem sich ein schmälerer Chor gegen Osten anschließt, sind die Strebepfeiler aus klimatischen Utilitätsgründen nach innen gezogen, aber von einem fortlaufenden Umgang durchbrochen. Die Lichtweite von 18 Meter bleibt nur um 4 Meter hinter der berühmten Spannweite der Münchener Michaelskirche zurück. Zu den drei in weißem Carrara-Marmor weniger wirksamen Altären stiftete ein Haidhauser Bürger das kostbare Material; sie wurden von Jos. Knabl ausgeführt, ebenso die vielen, die Außenseite zierenden Statuen, deren Herstellungskosten der Magistrat übernahm. Trotz der gebieterischen Sparsamkeit erzielte der Baumeister eine treffliche Wirkung, insbesondere durch die originelle Arkatur unter dem Dachaufsatz. – Ebenso brachte B. den Spitzbogenstil bei der 1854 begonnenen Pfarrkirche zu Gaimersheim (nächst Ingolstadt) und mit der 1867–1871 erbauten dreischiffigen Hallenkirche zu Partenkirchen in Anwendung. Im J. 1858 wurde ihm die Restauration der Münchener Frauenkirche übertragen; B. war darauf bedacht, einerseits Alles zu beseitigen, was im Laufe von vier Jahrhunderten in unbefugter Weise das altehrwürdige Bauwerk, wenn auch häufig in sehr wohlwollender Weise, mißstaltet hatte, dann aber die störenden Zuthaten möglichst stilgerecht zu ergänzen und unmittelbar aus dem Charakter des Ganzen mit pietätvollster Treue nachzuschaffen. Vieles dabei gelang ihm in erfreulichster Weise. An die Stelle eines barocken, hölzernen Orgelchores setzte er eine Steinconstruction mit feuersicherer Einwölbung und zwar in so sachgemäßer Uebereinstimmung mit dem älteren Theile der Musiktribüne, daß heute Niemand den Unterschied der Entstehungszeit wahrnehmen dürfte. So erhielt das durch neuere Ansprüche bedeutend erweiterte Instrumental-Orchester den längst nöthig gewordenen Raum. B. befreite die durch brutale Holzeinbauten verdeckten Rückwände der Chorstühle mit ihren köstlichen Holzsculpturen; in Uebereinstimmung damit componirte er den mit Flügelthüren ausgestatteten Hochaltar (wozu Moriz v. Schwind und Jos. Knabl möglichst stilgerechte Bildwerke lieferten) und die beiden Seitenaltäre, ebenso die erzbischöfliche Kathedra und die kunstvolle Kanzel, erstere von Wirth, letztere von Sickinger mit bewunderungswürdiger Technik in Eichenholz ausgeführt. Allerlei trübe Erfahrungen mit dem vielköpfigen Restaurations-Comité und mit wohlmeinenden Stiftern, [372] bewogen den Künstler seine Thätigkeit niederzulegen, worauf Ludwig Foltz, nicht zum Besten der einheitlichen Wirkung, das Ganze vollendete. – Ohne Schwierigkeiten erfolgte die Restauration der Herzogspitalkirche. Nach Berger’s Plänen entstanden in und außer der Stadt eine große Anzahl von Profanbauten, das spitzbogige burgartige Haus des Prof. Dr. Sepp in der Schönfeldstraße (vgl. L. Förster’s Allg. Bauzeitung, XXIII, 153 ff. und im Abendblatt Nr. 227 der Neuen Münch. Ztg. vom 22. Sept. 1858), das heitere Bijou der Hofschauspielerin Clara Ziegler-Christen (Königinstraße), das Café Danner, wobei B. seine Vorliebe für die Formen des Spitzbogens mit großem Geschick bewies. Als Maurermeister hatte B. den früheren Ostbahnhof hergestellt, später folgte der Bau der neuen Maximilianscaserne auf Oberwiesenfeld und das erzbischöfliche Knabenseminar auf dem Domberge zu Freising. Drei große, bis ins kleinste Detail ausgearbeitete monumentale Projecte für eine neue Synagoge, ein prachtvolles Künstlerhaus und einen Justizpalast scheiterten, weil der Künstler an dem dazu als passend erkannten Terrain unerschütterlich festhielt; sie würden der nach allen Seiten rasch sich ausbreitenden Stadt zur bleibenden Ehre gereicht haben. König Maximilian II. verlieh dem Künstler das Ritterkreuz erster Klasse vom heil. Michael. Berger’s unverwüstliche Natur erlag am 30. April 1897 den Folgen der Influenza. Sein gesammter artistischer Nachlaß mit allen Zeichnungen, Skizzen, Entwürfen und Plänen wurde am 28. März 1898 durch Georg Mößel versteigert.

Vgl. Franz v. Reber, Bautechnischer Führer durch München, 1876, S. 123. – Hans Moninger, Fr. v. Gärtner, 1882, S. 105. – Julius Meyer, Künstlerlexikon, 1885. III, 605. – Franz Jakob Schmitt in Nr. 102 d. Augsburger Postztg. vom 7. Mai 1897. – Rechenschaftsbericht des Vereins für christl. Kunst f. 1897, S. 12 ff. – Bettelheim’s Biogr. Jahrbuch 1898, S. 164.