ADB:Bayer, August von (1. Artikel)

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Artikel „Bayer, August von“ von Friedrich Pecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 186–187, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bayer,_August_von_(1._Artikel)&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 04:57 Uhr UTC)
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Band 2 (1875), S. 186–187 (Quelle).
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Bayer: August v. B.[WS 1], Architekturmaler, ward am 3. Mai 1803 als der Sohn einer alten katholischen Patricierfamilie in Rorschach am Bodensee geboren. Derselbe widmete sich zuerst dem Baufach und kam zu diesem Behufe um die Mitte der zwanziger Jahre nach München, um seine Studien unter Gärtner fortzusetzen. Dort erwarb er denn auch jenes genaue Verständniß, besonders der byzantinischen und gothischen Architektur, das ihn später befähigte, die verwickeltsten Constructionen auf seinen Bildern stilgemäß zu erfinden. Unterstützte ihn diese gründliche architektonische Fachkenntniß als Maler ganz außerordentlich, so war das vielleicht für seine spezifische Richtung noch bestimmender der Fall mit einer sehr bedeutenden allgemeinen, besonders litterarischen und historischen Bildung, die sich der eben so lebhafte als strebsame junge Mann früh erwarb. Der Zeit- und Standesgenosse der Haller und Hurter, der Chateaubriant und Genz war fast mit Nothwendigkeit durchaus katholischer Romantiker, schwärmte für das Mittelalter und das Ritterthum. Aus dieser Mischung ganz moderner und längsterstorbener Ideen, durch eine geistreiche und poetische Denkungsart, mit deren Romantik sich dann der nüchterne Realismus des schweizerischen Naturells höchst wunderlich mischte, ging bald seine ganze Kunstrichtung hervor. Denn die Architektur mit ihren sehr positiven Forderungen konnte ein so phantasievolles Gemüth nicht lange befriedigen und so wendete er sich denn schon zu Ende der zwanziger Jahre der Architekturmalerei mit großem Erfolg zu, um sich sein eigenes Genre, romantisch stimmungsvoller Bilder, zu schaffen. Von ungewöhnlichem Farbensinn, technischem Geschick und malerischem Talent unterstützt, brachte er es in demselben sehr bald zu Leistungen von bleibendem Werthe, sowol durch die geistreich poetische Auffassung als durch eine bis dahin fast unbekannte Meisterschaft in Beherrschung der Technik und besonders feiner Beobachtungen der Wirkungen des Lichts. Der Kreuzgang in Berchtesgaden war eine seiner frühesten Arbeiten, der er eine ganze Reihe Klosterhöfe, Kreuzgänge und Gärten folgen ließ, die dies Thema des Klosterlebens auf die mannigfachste Weise variirten. Er hat es dann lebenslang festgehalten. Der Münchner neuen Pinakothek sind drei Musterbilder dieser Gattung einverleibt, das Innere einer Kirche in Salzburg als bedeutendstes, alle auf die coloristische Wirkung farbiger Figuren bei einer weißen oder sonst hellen Umgebung gebaut, was sein Lieblingsthema war. Sie bestehen denn auch heute noch vollkommen, und glänzen durch ihre meisterhaft breite und kühne Technik unter allen Productionen jener Zeit vortheilhaft hervor. Die beiden Hauptbestandtheile seines malerischen Charakters, die Romantik und der schweizerische gesunde Natursinn sind hier durchaus wohlthuend und ächt künstlerisch gemischt, leider hat später die erstere viel zu sehr die Oberhand bekommen, als er etwa um 1836 München verließ und sich nach Baden wandte. Dort entwickelte er nun immer mehr jene spezifische Richtung, die Wirkung der fortan meistens [187] von ihm selbst componirten Architektur durch ganz besonders pikant erfundene Staffage von Figuren zu erhöhen. Wenn er dieselben auch jetzt meist dem klösterlichen Leben entnahm, so faßte er sie aber selten mehr humoristisch wie früher, sondern nur sentimental idealisirend auf, suchte die Stimmung durch die Belebung mit den mannigfaltigsten Lichteffecten zu steigern. Ein Refectorium alter Mönche beim Mittagsmahl, Ritter Toggenburg in der Einsamkeit nach dem Kloster hinüberschmachtend, nächtliche Vigilien, Mondschein in zerfallenen Schlössern beschäftigten ihn. Am besten war der sagenhafte Tod des heiligen Benno, dessen Körper nach dem Verscheiden eigenthümlich von Licht umflossen erschien, während die frommen Brüder, welche herzueilen, um das Wunder zu schauen, theils von Lampen, theils vom Mondlicht beleuchtet werden. Zu erwähnen sind dann noch die Geschichte des Toggenburgers zu einem ganzen Cyclus von Bildern ausgeweitet, das Innere des Straßburger Münsters, endlich als Hauptbilder die Vorderansichten der Münster in Straßburg und Freiburg, wiederum mit reicher mittelalterlicher Staffage, die er immer mit großer Meisterhaftigkeit zeichnete, beide sind jetzt in der Galerie zu Carlsruhe. Der Meister hatte sich selber schon in den vierziger Jahren dort niedergelassen, wo er bald eine Stelle als Conservator der badischen Alterthümer so wie des dortigen Museums erhielt. Werden seine späteren Arbeiten unläugbar manierirt und verlieren besonders durch Uebertreibung der Reflexe das Körperhafte, so kann das doch das große Verdienst sowol poetisch-stimmungsvoller Auffassung als ächt malerischer und durchaus origineller Ausführung bei allen früheren so wenig vermindern, daß wir ihn immer zu den bedeutendsten Künstlern seines Faches zu rechnen haben. – B. hat bis in die letzte Zeit mit seltener Energie fortproducirt. Er starb 2. Febr. 1875.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 46 ein weiterer Artikel.