ADB:Bülow, Gottfried Philipp von

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bülow, Gottfried Philipp von“ von Ferdinand Spehr in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 527–529, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%BClow,_Gottfried_Philipp_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:14 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 3 (1876), S. 527–529 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Gottfried Philipp von Bülow in der Wikipedia
Gottfried Philipp von Bülow in Wikidata
GND-Nummer 117066583
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|3|527|529|Bülow, Gottfried Philipp von|Ferdinand Spehr|ADB:Bülow, Gottfried Philipp von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117066583}}    

Bülow: Gottfried Philipp v. B., geb. zu Braunschweig 29. Sept. 1770 als das älteste von elf Kindern seiner Eltern, † 1850. Sein Vater, Besitzer des an der braunschweigischen Grenze im Amte Fallersleben im Hannoverschen belegenen Gutes Beinrode, wurde im J. 1777 gemeinschaftlicher Oberforstmeister des damals zwischen Hannover und Braunschweig getheilten Communion Harzes und nahm bis zum J. 1788 seinen Wohnsitz zu Zellerfeld, worauf er bis zum J. 1794 nach Beinrode zog. Hier wie zu Zellerfeld erhielt v. B. den ersten Unterricht durch Hauslehrer, trat dann im J. 1783 als Page bei dem herzoglichen Hofe in Braunschweig ein, wurde Leibpage des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand, besuchte im J. 1787 das Collegium Carolinum zu Braunschweig und bezog im J. 1789 die Universität zu Helmstädt zum Studium der Jurisprudenz. Im Frühjahr 1793 trat er als Assessor bei der Justizcanzlei in Wolfenbüttel ein und wurde im J. 1799 zum Hof- und Canzleirathe bei derselben ernannt. Neben der durch das Amt in Anspruch genommenen vielseitigen Thätigkeit fühlte er einen so starken Beruf für die Praxis in sich, daß er die Processe seiner Familie selbst führte, processualische Arbeiten für auswärtige Sachwalter unternahm und als gesuchter Rathgeber galt. Einer Aufforderung, sich als Rath bei der adlichen Bank des Oberappellationsgerichts zu Celle zu melden, ließ er unberücksichtigt. Nach Errichtung des Königreichs Westfalen wurde v. B. Mitglied des zu Wolfenbüttel errichteten Criminal-Gerichtshofes, im J. 1812 aber als Präsident des Civiltribunals nach Blankenburg versetzt. Seine amtlichen Arbeiten ließen ihm Muße genug, um der im Königreiche Westfalen eingeführten neuen Gesetzgebung ein ernstliches Studium widmen und als Bearbeiter derselben auftreten zu können. Seine „Erläuternden Bemerkungen über das Verfahren in Strafsachen nach westfälischen Gesetzen. Ein Commentar über die drei Strafproceßordnungen des Königreichs Westfalen.“ 3 Bde., Braunschw. 1811. 8., fanden den Beifall des Justizministers Simeon und wurden den im Straffache arbeitenden Richtern als Handbuch empfohlen. Von dem Werke: „Französisches Civilrecht in Rechtssprüchen zur Erläuterung des Gesetzbuchs Napoleon’s nach der Reihefolge der Artikel“, erschien nur der erste Theil, Braunschw. 1813, 8, da die veränderten Zeitumstände die Beendigung des Werkes unnöthig machten. – Nach Wiederherstellung der braunschweigischen Regierung wurde v. B. im Februar 1814 Vicepräsident des an Stelle des Hofgerichts und der Justizcanzlei errichteten Landesgerichts zu Wolfenbüttel, nahm später Theil an den Arbeiten der Appellationscommission und wurde im J. 1817 als Oberappellationtsrath Mitglied des für das Herzogthum Braunschweig und die Fürstenthümer Lippe-Detmold, Waldeck und Schaumburg-Lippe errichteten gemeinschaftlichen Oberappellationsgerichts und zugleich Mitglied der Lehns- und Grenzbehörde zu Wolfenbüttel. In diese Zeit fällt einestheils die Herausgabe der: „Abhandlungen über einzelne Materien des römisch-bürgerlichen Rechts mit Entscheidungen des gemeinschaftlichen Oberappellationsgerichts in Wolfenbüttel“. Braunschw. 1817 u. 1819, 2 Thle., theils die Ausführung der ihm in Gemeinschaft mit einem hannoverschen Commissar zugetheilten Commission der Feststellung und Bemarkung der zwischen dem Königreiche Hannover und dem Herzogthum Braunschweig streitigen Hoheitsgrenze. – Im Frühjahr 1819 wurde v. B. aus der juristischen Laufbahn in die Administration versetzt, indem ihm die Stelle eines zweiten Directors des herzogl. Kammercollegiums zu Braunschweig übertragen und er zugleich zum Propste des Klosters St. Lorenz bei Schöningen ernannt und dadurch Mitglied der Landschaft wurde. Das Kammercollegium [528] als oberste Behörde für alle Domänen-, Forst-, Steuer-, Polizei-, Land- und Rechnungssachen neu gebildet und daher noch in manchen Schwankungen begriffen, eröffnete v. Bülow’s unermüdlicher Thätigkeit und Arbeitskraft ein weites lohnendes Feld. Durch Wahl der Stände wurde v. B. Mitglied der Commission, welche im J. 1819–20 mit der Regierung über zeitgemäße Umbildung der landschaftlichen Verhältnisse unterhandelte. Zugleich wurde er Präsident der zweiten Abtheilung der Landschaft und ständischer Steuerrath, sowie Mitglied des engeren ständischen Ausschusses. Seine hohe geistige Bildung, seine große Geschäftskenntniß erwarben ihm allgemeine Achtung der Behörden und Verehrung der Bewohner des Herzogthums. Vom Könige von England erhielt er das Commandeurkreuz des Guelphenordens. Nach dem Austritte des Geheimraths v. Schmidt-Phiseldeck aus dem braunschweigischen Ministerium, am 17. Oct. 1826, vom Herzoge Karl unter Beibehaltung seines Amtes als Kammerdirector zum stimmführenden Mitgliede der höchsten Landesbehörde berufen und, ohne zum Minister ernannt zu sein, provisorisch mit dem Vorsitze beauftragt, sah sich v. B. bald in eine schiefe Lage gedrängt. Er sah, von Anfang seiner Stellung bei seiner Ueberlegenheit des Geistes und der Ehrenhaftigkeit der Gesinnung bei der Launenhaftigkeit des Herzogs das Vertrauen desselben nicht genießend, sich bald mehr und mehr aus dessen Nähe verbannt und von dem persönlichen Vortrage ausgeschlossen und seine Thätigkeit schließlich im Allgemeinen auf die Leitung des Geschäftsganges beim Ministerium in den der Entscheidung desselben überlassenen minder wichtigen Angelegenheiten und auf formelle Beglaubigung der Cabinetsverfügungen beschränkt. Daß v. B., dessen hellem Geiste die Zweideutigkeit einer solchen Stellung und der unausbleiblich unheilvolle Ausgang der beschrittenen Bahn nicht verborgen bleiben konnte, nicht den sittlichen Muth hatte, den männlichen Entschluß zu fassen, um jeden Preis von dieser Stellung zurück zu treten, daß er vielmehr mancher vom Herzoge Karl getroffenen verwerflichen Maßregel, wenn auch nicht ohne vorhergängigen Widerspruch, den Stempel der Gesetzmäßigkeit aufdrückte, das ist ein Vorwurf, der ihm beim Sturze der Regierung des Herzogs mit Recht gemacht wurde. – Nach der Katastrophe vom 7. Sept. 1830 wurde v. B. auf sein Ansuchen von den Geschäften im Ministerium entbunden und reichte seine Entlassung als ständischer Rath im Steuercollegium ein. Von Seiten des engeren Ausschusses der Landschaft wurde die Einleitung einer Untersuchung wider ihn wegen der ihm zur Last fallenden Pflichtwidrigkeiten beantragt, da aber v. B. mit Belassung eines anständigen Ruhegehaltes auch als Kammerdirector aus dem Staatsdienste getreten war, so wurde auf Wunsch der damaligen Landesregierung die Anklage nicht weiter verfolgt. Daß v. Bülow’s anerkannte staatliche Wirksamkeit auf diese Weise ein vorzeitiges Ende nehmen mußte, wurde allgemein bedauert. Der Ruf eines rechtlichen gelehrten und geistvollen Staatsbeamten ist bis an sein Ende ungeschmälert geblieben. Er begab sich auf sein vom Bruder erkauftes Gut Rhode bei Königslutter, wo er in ländlicher Zurückgezogenheit bis zum J. 1848 lebte, dann aber, nachdem er das Gut verkauft, wieder nach Braunschweig zog, wo er am 26. Decbr. 1850 gestorben ist. Von seinen Schriften nennen wir, abgesehen von einigen bei seinem Amtsantritte erschienenen Streit- und Vertheidigungsschriften, noch: „Beiträge zur Geschichte der braunschweig-lüneburgischen Lande, ihrer Verfassung und Verwaltung“, Braunschw. 1829. 8. – „Beiträge zur neueren braunschweigischen Geschichte und Erinnerungen aus meinem Leben“, Braunschw. 1833. 8. – „Mittheilungen zur Erläuterung der braunschweigischen Geschichte und Gesetzgebung“, Braunschw. 1839. 8. – „Rückblicke auf mein Leben“, Helmstädt 1844. 8. – Von seinen jüngeren Brüdern trat Julius v. B., geb. 13. Aug. 1773, als Lieutenant in die kurhannoversche [529] Armee ein, nahm aber seinen Abschied, stand später bei dem englischen Husarenregimente York und trat dann in die englisch-deutsche Legion ein. Er nahm Theil an den verunglückten Expeditionen nach Hannover im J. 1805, nach der Schelde im J. 1809, kämpfte in den J. 1812 und 1813 in Spanien und dem südlichen Frankreich, 1814 und 1815 in den Niederlanden, wo er als Commandeur des ersten leichten Dragonerregiments am 18. Juni 1815 in der Schlacht bei Waterloo schwer verwundet wurde. Er lebte nach dem Frieden als pensionirter hannoverscher Obrist in Braunschweig und starb bei seinem älteren Bruder in Rhode am 29. Juli 1846. – Der zweite Bruder, Karl v. B., geb. 27. März 1776, war Page in Braunschweig, trat in österreichische Dienste als Lieutenant in das ungarische Husarenregiment von Sztaray ein, verließ denselben und übernahm das väterliche Gut Rhode. Im J. 1814 trat er in das hannoversche Heer und wurde als Führer eines Bataillons in der Schlacht bei Waterloo ebenfalls mehrmals verwundet. Er starb als Obristlieutenant in Pension zu Hannover am 10. Oct. 1841. – Der dritte Bruder, Ludwig v. B., geb. 6. Sept. 1782, blieb am 30. April 1799 als Lieutenant in der österreichischen Armee bei Erstürmung einer französischen Batterie in den Engpässen des Engadin. – Der jüngste Bruder, Friedrich v. B., geb. 24. April 1785, trat im J. 1805 in die englisch-deutsche Legion ein, nahm an den Feldzügen gegen Frankreich in Spanien, dem südlichen Frankreich Theil und blieb als Rittmeister im zweiten leichten Dragonerregiment in der Schlacht bei Waterloo an der Spitze seiner Schwadron.