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Artikel „Bär, Leopold Joseph“ von Otto Mühlbrecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 763–764, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%A4r,_Leopold_Joseph&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 17:56 Uhr UTC)
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Baer: Leop. Joseph, nahmhafter Buchhändler, geb. 2. Oct. 1804 in Bockenheim von jüdischen Eltern, † 31. Dec. 1861 in Frankfurt a. M. Sein Vater[1], welcher nach damaligen Frankfurter Gesetzen das Bürgerrecht dieser Stadt nicht erlangen konnte und deshalb ein offenes Geschäft nicht betreiben durfte, gründete 1785 in einem kleinen Locale einer abgelegenen engen Gasse in Frankfurt ein buchhändlerisches Antiquargeschäft, hatte aber seinen Wohnsitz in Bockenheim bei Frankfurt. Sein Geschäft nahm trotz der ungünstigen Lage (im Dominicaner-Kloster) in Folge des ehrenhaften und umsichtigen Betriebes des Besitzers einen raschen Aufschwung und gewann bald einflußreiche Gönner, die es dem alten B. ermöglichten, die ihm entgegenstehenden gesetzlichen Schwierigkeiten zu überwinden, als Bürger nach Frankfurt überzusiedeln, und das erweiterte Geschäft nach der Steingasse zu verlegen. Sein Sohn, unser Joseph B.[2], besuchte in den Jahren 1815–20 das Frankfurter Gymnasium und trat dann in das väterliche Geschäft ein, welches zu jener Zeit bereits große Ausdehnung gewonnen hatte; mit ihm verband sich 1824 sein Bruder Hermann B.[3] zur Uebernahme des väterlichen Geschäftes und Beide waren nun in rastloser Thätigkeit und mit bestem Erfolge bemüht, dem Hause eine fortwährende Ausdehnung und Bedeutung zu geben. Während der jüngere Bruder Hermann sich meistens auf Reisen befand, um in England, Holland, Frankreich und Italien Ankäufe zu machen, leitete Joseph das Haus in Frankfurt und hat sich im Laufe der Jahre große Verdienste erworben durch die Bereicherung der öffentlichen Bibliotheken mit den litterarischen Schätzen des Auslandes, die er mit ungewöhnlichen bibliographischen Kenntnissen ausgerüstet, in fachkundigster Weise an sich zu bringen und zu verwerthen verstand, so daß das Baer’sche Geschäft sich einen guten Ruf in der europäischen Gelehrtenwelt, und besonders intime Beziehungen zu den öffentlichen Bibliotheken in Rußland erwarb. Zur Zeit des Parlamentes im J. 1848 war die Baer’sche Buchhandlung ein Sammelplatz hervorragender Männer; von Radowitz, Döllinger, Jacob Grimm u. A. verkehrten häufig und gern mit den beiden Brüdern und schätzten dieselben wegen ihrer gediegenen Kenntnisse und anerkannten Biederkeit. Dem Bedürfnisse nach größerer Ausdehnung nachgebend, verlegte Joseph B. im J. 1850[4] das Geschäft in das am Roßmarkt gelegene Casino, und 1860 in das von den Brüdern eigen[5] erworbene, ebenfalls am Roßmarkt dem Gutenberg-Denkmal gegenüber gelegene, große Gebäude, wo sich die Buchhandlung heute noch befindet, und in dessen eleganten Räumen ein antiquarisches Bücherlager von über 200,000 Bänden aufgestellt ist. Joseph B.[6] konnte sich des neuen Besitzthums nicht lange erfreuen, ein Herzleiden machte seiner Wirksamkeit schon im folgenden Jahre ein Ende. Bezeichnend für seine Tüchtigkeit ist es, daß er vom Kaiser von Rußland im J. 1853 zum Hauptcommissionär der kaiserl. öffentl. Bibliothek in Petersburg und des öffentlichen Museums in Moskau ernannt, sowie mit der russischen goldenen Verdienst-Medaille [764] ausgezeichnet wurde.[7] Der größtentheils streng wissenschaftliche Verlag des Baer’schen Geschäftes enthält Namen wie Fichte, Dieffenbach, Ranke u. A., deren Werke meistens durch Ankauf aus dem Weidmann’schen, Cotta’schen und anderem Verlage erworben sind. Das Geschäft wird heute noch von dem überlebenden Bruder Hermann B. geleitet, dem die beiden Söhne des Verstorbenen, die Herren Julius und Simon B. dabei zur Seite stehen. Schließlich sei noch erwähnt, daß das Haus Baer im J. 1871 eine bedeutende Erweiterung durch die Gründung von Zweiggeschäften in Paris und London erfahren hat, zu welchem Behufe die Herren H. Sotheran in London, und Dr. H. Derenbourg in Paris in die, jetzt „Joseph Baer, Sotheran u. Co. in Frankfurt, London und Paris“ lautende Firma aufgenommen sind.[8]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 763. Z. 15 v. o. l.: Vater Joseph B. ward. [Bd. 2, S. 798]
  2. Z. 24 v. o. l.: unser Leopold Joseph B. [Bd. 2, S. 798]
  3. Z. 27 v. o. l.: Hermann Joseph B. [Bd. 2, S. 798]
  4. Z. 10 v. u. l.: verlegten die Brüder i. J. 1850. [Bd. 2, S. 798]
  5. Z. 9 v. u. l.: in das von ihnen eigen. [Bd. 2, S. 798]
  6. Z. 5 v. u. l.: Leopold Joseph B. [Bd. 2, S. 798]
  7. Z. 3 ff. v. u. l.: die Tüchtigkeit der Brüder i. e. d. sie … zu Hauptcommissionären … sowie beide mit … ausgezeichnet wurden. [Bd. 2, S. 798]
  8. S. 764. Z. 4 v. o. Der Schluß des Artikels muß lauten: Das Geschäft, welches im J. 1871 eine bedeutende Erweiterung durch die Gründung eines Zweiggeschäftes in Paris und einer Agentur in London erfahren hat, wird nach dem 1872 erfolgten Austritte H. J. Baer’s von seinem Schwiegersohne Dr. Derenbourg und dem Neffen Simon Leop. B., dem Sohne des verstorbenen Leop. Jos. Baer, geleitet. [Bd. 2, S. 798]