ADB:Agricola, Rudolf (humanistischer Drucker)

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Artikel „Agricola, Rudolf“ von Gustav Bauch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 709–710, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Agricola,_Rudolf_(humanistischer_Drucker)&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 11:21 Uhr UTC)
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Agricola: Rudolf A. (Baumann), junior, Wasserburgensis oder Hydropurgius Rhaetus. Geboren im Anfange des letzten Jahrzehnts des XV. Jahrhunderts zu Wasserburg am Bodensee, erreichte er seine litterarische Bedeutung fern der Heimath im deutsch-polnischen-ungarischen Osten. Unter Heimio Virotus aus Burgund in Rottweil vorgebildet, bezog er nach flüchtigem Aufenthalt in Leipzig, wahrscheinlich durch Laurentius Corvinus in Breslau angeregt, im Sommersemester 1510 die Universität Krakau. Michael von Breslau war dort [710] sein Hauptlehrer in den artistischen Fächern. Nach Erwerbung des Baccalaureats im Herbst 1511 wandte er sich unter der Leitung Paul’s von Krosna ganz den humanistischen Studien zu. Griechisch lernte er von Joannes Silvius Amatus Siculus und Constantius Clariti de Cancellariis Bononiensis (aus Pistoja). 1511 noch veröffentlichte er sein erstes Gedicht, eine Elegie auf den im Rufe der Heiligkeit 1484 gestorbenen Prinzen Kasimir von Polen. In demselben Jahre druckte er die erste von seinen zahlreichen Ausgaben, das Büchlein (Catalogus) des Octavius Cleophilus Phanensis De poetarum coetu, und den Philalethes von Maffeo Veggio, der aber erst 1512 erschien. Er las damals schon und weiterhin privatim über humanistische Litteratur, ohne durch die Universität daran gehindert zu werden. 1514 war er Leiter der Schule bei der Cathedralkirche in Gran und bewegte sich zugleich am Hofe des Cardinals Thomas Bakacs; der Aufstand der Cruciati veranlaßte ihn jedoch, im Winter desselben Jahres nach Wien überzusiedeln. Hier schloß er sich der Sodalitas Collimitiana an und pflog näheren Umgang besonders mit Joachimus Vadianus und Caspar Ursinus Velius. Auch hier lehrte er an der Universität privatim Humaniora und begrüßte im Anfang des Jahres 1515 im Auftrage der Universität den zur Fürstenversammlung in Presburg reisenden Cardinal Matthäus Lang mit einem Gedicht wie im Juni bei dem Fürstencongreß in Wien den polnischen Vicekanzler Bischof Petrus Tomicki von Przemysl mit einer Rede. Um diese Zeit wurde er vom Kaiser Maximilian I. als Dichter gekrönt. Zahlreich sind auch in Wien seine Ausgaben für Vorlesungszwecke, 1517 veröffentlichte er die erste Sammlung von Gedichten seines Freundes Caspar Ursinus. Im Herbst 1517 kehrte er wieder nach Krakau zurück, 1518 erschienen von ihm Gedichte zur Verherrlichung des aus Rußland zurückgekehrten Sigismund von Herberstein und der zweiten Gemahlin Sigismund’s I. von Polen Bona Sforza. Die polnischen Bischöfe Johann Konarski von Krakau, Johann Lubranski von Posen, Mathias Drzewicki von Leslau und Petrus Tomicki von Przemysl gewährten ihm von Ostern 1518 an gemeinsam ein Stipendium, vermittelst dessen er nun unter Connivenz der Universität als erster Lector ordinarius der Poetik und Rhetorik an der Hochschule wirken konnte. Kränklichkeit, unregelmäßige Zahlungen der Bischöfe und die infolge der Kämpfe mit dem deutschen Orden den Deutschen in Krakau unfreundliche Stimmung legten ihm aber ziemlich bald den Wunsch nahe, seine Stellung wieder aufzugeben und nach der Heimath zurückzukehren, wo er durch Vadian’s Vermittlung ein Unterkommen zu finden hoffte, er starb jedoch, ehe er seinen Vorsatz ausführen konnte, wahrscheinlich am Flecktyphus am 4. März 1521. Die Bedeutung Agricola’s geht aus der großen Menge seiner von Janocki erwähnten dankbaren Schüler und den zahlreichen classischen und humanistischen Publicationen hervor.

Osterprogr. d. ev. Realschule II, Breslau 1892.