ADB:Abschatz, Hans Aßmann Freiherr von

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Artikel „Abschatz, Hans Erasmus (Aßmann) Frhr. v.“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 22–24, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Abschatz,_Hans_A%C3%9Fmann_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 23:03 Uhr UTC)
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Abschatz: Hans Erasmus (Aßmann) Frhr. v. A., Dichter aus der zweiten schlesischen Schule, geb. zu Würbitz, einem Abschatzischen Familiengut in Schlesien, 4. Febr. 1646, † 22. April 1699 zu Liegnitz. Früh verwaist, aber sorgfältig erzogen, studirte er, nachdem er das Liegnitzer Gymnasium besucht [23] hatte, zu Straßburg und Leiden die Rechte und machte darauf eine dreijährige Reise durch Belgien, Frankreich und Italien. Im Alter von 23 Jahren heimgekehrt, übernahm er die Bewirthschaftung seiner Güter und verheirathete sich 1669 mit Anna v. Hund. Seine Vermögensumstände, wenn auch mitunter durch die Zeitläufte gedrückt, waren im Ganzen günstig; sein Familienleben, nur durch den Tod lieber Verwandter mehrfach getrübt, im Uebrigen sehr glücklich. Das Verwaltungstalent, welches er in eigenen und fremden Angelegenheiten bekundete, gab den Anlaß, daß er, als 1675 nach dem Tode des letzten Piasten, Herzog Georg Wilhelms, Schlesien ganz an Oesterreich kam, in die öffentlichen Geschäfte gezogen ward. Zweimal ging er, erst als Syndicus des Liegnitzischen Fürstenthums, dann als Gesandter der gesammten schlesischen Stände, an den kaiserlichen Hof, wurde von Kaiser Leopold baronisirt und 1679 zum Landesbestallten im genannten Fürstenthume und zum ständigen Deputirten bei den schlesischen Fürstentagen zu Breslau gewählt. Durch seine in diesen und anderen öffentlichen Aemtern entfaltete Thätigkeit erwarb er sich die dankbarste Achtung seiner Landsleute, in der ihm zu Theil ward, was er sich in einem seinen 50jährigen Lebenslauf überschauenden Gedichte als schönsten Lohn wünscht: „Das ist der beste Ruhm, auf einer Grabschrift lesen: der ist im Vaterland ein ehrlich Mann gewesen.“ – Als Dichter schließt er sich zunächst an Lohenstein an, mit dem er persönlich befreundet war. Obwol er selbst von seinen Arbeiten nur die Uebersetzung des Guarini’schen „Pastor fido“ in wenig Exemplaren für Freunde drucken ließ, so genoß er doch schon bei Lebzeiten als Dichter einen großen Ruf. Vor Allem priesen seine Zeitgenossen ihn für seine Uebersetzungen, und in dem Umstande, daß ein Adliger eine solche Stellung zur Poesie einnahm, sahen sie einen günstigen Umschwung der Litteraturverhältnisse, durch den nun Deutschland dem Auslande, vor Allem Frankreich und England, nacheifern werde. Auch er selbst deutet wiederholt an, daß er in diesem Sinne auf seine Standesgenossen einwirken möchte: der Adel ohne persönliches Verdienst sei ein leeres Haus auf fremden Grund gebaut, und wenn auch Staatsdienst und Waffenhandwerk ihm zunächst als sein Theil zufalle, so sei es doch nur seine Blüthe des Geistes, durch die er sich den höchsten eigenen Ruhm erwerben könne. In der That ist A. selbst ein schönes Beispiel hierfür, denn was ihn kennzeichnet, ist die Verbindung eines achtungswerthen Talentes, welches sich schon sehr früh kundgab, mit dem ehrbaren Sinn des patriotischen Geschäftsmannes und dem feinen Maaß des Weltmannes. Beides bewahrte ihn im Ganzen vor dem Schwulst und der Ueberschwenglichkeit, denen gerade die reicheren Geister seiner Zeit verfallen sind. In der Jugend zeigt er einen fröhlichen Lebensmuth, ohne sich irgendwo der damals modischen Schlüpfrigkeit schuldig zu machen; im Mannesalter einen reinen, kräftigen, mit ernster Gedankenarbeit beschäftigten Geist; nur zuletzt klingt uns unter dem Drucke körperlicher Leiden und öffentlicher, durch den Türken- und Franzosenkrieg veranlaßter Sorgen aus seinen Gedichten ein wehmüthiger Ton von Müdigkeit und Sterbesehnsucht entgegen. Doch fügt er, wenn er in einem, vielleicht an seinem letzten Geburtstage gedichteten, Gebet um den Tod bittet, wackeren Sinnes hinzu: „Wofern noch Kind und Land mein Leben nützen kann, So friste dies und laß mich’s nützlich legen an.“ Seine schlichte Frömmigkeit ruht auf kindlichem Bibelglauben, gleich fern von Engherzigkeit und Ueberspanntheit. Eine Gesammtausgabe seiner Gedichte, wol von Christian Gryphius besorgt, erschien erst 1704: „Herrn Hannß Aßmanns Freyherrn von Abschatz … Poetische Uebersetzungen und Gedichte.“ Sie enthält den „Teutsch-redenden treuen Schäffer“ des Guarini, eine Sammlung Adimarischer „Scherzsonnette“ (z. Th. in Terzinen; auch Sextinen und andere italienische Formen wendet A. an), „Anemo’s und Adonis’ „Blumen“ [24] (Liebesgedichte), „Himmelsschlüssel“ (d. i. primulae veris: geistl. Gedichte,) „Gelegenheitsdichtungen“ und „Vermischte Gedichte“, unter denen sich die körnigen Epigramme auszeichnen. Eine Auswahl gab Müller im 6. Bande der Bibl. deutscher Dichter des 17. Jahrh. Zahlreiche poetische und prosaische Nachrufe seiner Freunde dienen theils als Zeugnisse für die Bedeutung des Dichters unter seinen Zeitgenossen, theils als Quellen für seine Biographie. Dahin gehören Chr. Gryphius (im 2. Theil von dessen Gedichten S. 99), Martin Hanke (Monumentum biographicum), Thebesius u. A.