„Schelm von Bergen“

Textdaten
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Autor: H. H.
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Titel: „Schelm von Bergen“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 388
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[388] „Schelm von Bergen.“ Die Sitte fürstlicher Häuser, den Taufnamen ihrer Sprossen häufig Benennungen hinzuzufügen, die, längst veraltet, an die Vorzeit mit ihren ritterlichen Erinnerungen mahnen, pflegt in den meisten Fällen die verschiedensten Deutungen über den Ursprung derselben zu veranlassen. Bei vielen freilich muß die Sage historische Quellen ersetzen, während bei andern Tauf- oder Geschlechtsbeinamen die Forschung in nüchterner Weise den Schleier der Romantik gelüftet hat, welchen Ueberlieferung darum gewoben. Einen der bekanntesten Fälle dieser Art weist das im Jahre 1799 mit dem letzten ledigen Mannessprossen erloschene Geschlecht der „Schelm von Bergen“ auf. Es galt lange als feststehende Thatsache, daß bei einem Mummenschanz, den Friedrich II. im Kaiserpalast zu Frankfurt veranstaltet, der Scharfrichter (auch Schelm genannt) des nahen Flecken Bergen, sich in die Säle gestohlen, mit der Kaiserin getanzt habe. Als er entlarvt wurde, soll man ihn, um die hohe Frau vom Schimpfe zu reinigen, ehrlich und adlig zugleich gemacht haben.

Weit berechtigter aber ist die Annahme, daß der sonderbare Beiname irgend einem höfischen Dienstverhältnisse entstammte, auch die im Mittelalter für einen Landpfleger (Voigt) gebräuchliche Bezeichnung „Faut“ würde heute wohl ohne genauere Kenntniß des Ursprungs anders gedeutet. Einen Beinamen, der vielleicht allein das Richtige bezeichnet, führte der im Jahre 1310 lebende Gilbrecht Schelm von Bergen: „dictus pesti“ (nach der „Pest“ genannt). Diese Geißel früherar Perioden ward im Volksmund auch häufig „Schelm“ genannt. Daß sich übrigens auch in der Familie Derer zu Bommersheim laut Urkunde A. d. 1308 ein „Theodoricus Schelmer de Bommersheim“ vorfindet, macht den romantischen Austrag eines Tanzes des Scharfrichters und der Kaiserin zu noch sagenhafterer Deutung. H. H.