Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Ludwig van Beethoven

Textdaten
<<< >>>
Autor: Ludwig Bechstein
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ludwig van Beethoven
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 17–18
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[Ξ]


Ludwig van Beethoven.
Geb. d. 16. Dez. 1770, gest. d. 26. März 1827.

In Beethoven besaß und verlor Deutschland einen musikalischen Genius voll Herrlichkeit und schöpferischer Tiefe, der eben so erfüllt von unerreichter Größe und Hoheit in seinen Tondichtungen, wie liebenswürdig und edel als Mensch war. Beethoven wurde zu Bonn geboren; sein Vater, Anton, war Tenorist in der Hofkapelle des Kurfürsten Maximilian Friedrich von Cöln. In zarter Jugend schon erwachte in des Knaben, ja des Kindes Seele das Töneleben; schon in seinem 5. Jahre konnte er Musikunterricht empfangen, welcher ihn so ganz hinnahm, daß des Vaters Unterricht bald nicht mehr ausreichte; bessere und treffliche Lehrer leiteten nun den jungen Tonkünstler von Stufe zu Stufe höher, unter ihnen besonders van der Eden, und später, nach dessen 1782 erfolgtem Tode, der wackere Hoforganist Neefe, der gefühlvolle Komponist des Liedes: »Wie sie so sanft ruhn«, welcher auf Kosten des Kurfürsten mit Sorgsamkeit und Liebe sich dem Unterricht des viel verheißenden Knaben hingab, der ihm dafür mit voller Liebe lohnte. Während Beethoven bald schwierige Meisterwerke, wie die Sebastian Bach’s, mit Virtuosität und bewunderungswerther Fingerfertigkeit spielen lernte, erwachte auch ih ihm der selbstschaffende Gedanke, und so erschien es als eine Wunderthat, daß der 11jährige Knabe im Jahre 1781 neun Variationen über einen Marsch, drei Claviersonaten und einige Lieder im Stich und Druck herausgab. Der gediegene Lehrer leitete seinen genialen Schüler auch zur Orgel; Beethoven wurde mit 14 Jahren Cembalist bei der kurfürstlichen Hofkapelle und im Jahre 1791 schon Hoforganist, weil sein treuer Lehrer 1790 seine Stelle in Bonn mit einer ähnlichen in Dessau vertauscht hatte, und auch auf der Orgel, diesem großartigen und schwierigen Instrumente zeichnete sich der junge Künstler auf das rühmlichste aus. Da sandte ihn sein Fürst nach Wien, damit er unter Haydn sich vollends in der Komposition ausbilde und unter diesem trefflichen Lehrer begann nun für den aufstrebenden Künstler ein Leben voll Glück und freudigen Weitergelangens, je mehr er sich vertraut machte mit den großen Meisterwerken seines Lehrers, und jener Werke Mozart’s, Händel’s, Bach’s, wie aller damals gefeierten Heroen der Tonkunst. Es [Ξ] konnte nicht fehlen, daß des Lehrers, daß Haydn’s Geist in den veröffentlichten Tonschöpfungen des Schülers hindurchklang; aber bald entfaltete Beethoven’s Genius voll ureigener Kraft selbständig seine Töneschwingen, so in seinem gewaltigen Spiel am Pianoforte, wie in den Compositionen voll Meisterschaft und hoher Weihe. Er ahmte nicht mehr Haydn nach, nicht Mozart, groß und frei wandelte er die von ihm selbst sich gebrochene Bahn zu den höchsten Höhen des in seiner Kunst erreichbaren. Fast jede Gattung der Komposition versuchte er, Sonaten und andere Clavierarbeiten, Messen und Oratorien, Opern und Symphonien. Seine Oper Fidelio ist ein wahrer Schatzbehalter musikalischen Ideenreichtums, und in seinen Symphonien steht Beethoven noch heute unübertroffen herrlich da. Aber auch dem reinen Kunsthimmel, in welchem Beethoven mit den Himmlischen verkehrte, trat irdisches Leid nah, und die irdische Sorge umwölkte ihn. Eine hoffnungslose, getäuschte Liebe, Neider und Anfeinder in Menge, und dazu die musenfeindlichen Unruhen des Krieges erregten allzumal den Wunsch in Beethoven, Wien zu verlassen. Es winkte sogar ein Ruf des damaligen Königs von Westphalen zur Capellmeisterstelle an den glänzenden Hof von Kassel; allein drei Kunstmäcene, der Erzherzog und Cardinal Rudolph, der Fürst Lobkowitz und Fürst Kinsky vereinten sich, Beethoven für immer an Oesterreich zu fesseln; sie gaben dem großen Künstler eine sorgenfreie Lebensstellung. Geld und Gaben strömten ihm noch außerdem in Fülle zu, theils als Lohn seines rühmlichen Fleißes, theils als Geschenke von Fürsten und Gesellschaften; er ward mit Ehren überhäuft. Aber alles Glück, welches das Leben ihm bot, ward getrübt durch das Unglück, taub zu werden, taub zu bleiben. Und dann – war Beethoven ein Musiker und kein Rechnenkünstler – er achtete das Geld nicht, sparte nicht, sammelte nicht; so wurden auch durch manche Verlegenheiten die hellen Sonnentage seines Künstlerlebens verdüstert, und Mißmuth, Menschenscheu, wie die Neigung zum Bizarren erfaßten ihn. Etwas von diesen Stimmungen ging denn auch in seine letzten Werke über; auch äußerlich vernachlässigte er sich, doch blieb seine Natur stets rein und edel, wohlwollend und menschenfreundlich, er blieb bis zum letzten Hauch ein Hohepriester seiner Kunst. Groß war die Klage und die Trauer um den geschiedenen; die geistvollsten Schriftsteller und die gründlichsten Kenner haben seine zahlreichen musikalischen Schöpfungen nach Verdienst gewürdigt, und sein Ruhm ist noch ganz derselbe, der er vor einem Vierteljahrhundert war, als Ludwig van Beethoven’s Lebensstern erlosch.