Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Gregor von Brück

Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Gregor von Brück
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 39–40
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Gregor von Brück.
Geb. 1483, gest. 15. Febr. 1557.


Eine stillwirkende Kraft im Reformationswerk, bedeutend durch Gelehrsamkeit, geehrt durch hohes Vertrauen, als Diener ein Muster von Treue, als Staatsmann voll Würde, von Luther innig geschätzt und ihm und seinem Werke mit voller Liebe zugethan; ganz wie die Alten unter sein Bild schrieben: »Nicht vom Beruf aus Theolog, sondern durch seine Verdienste.«

Gregor Heinse oder Heinz, dieß war der Vatername, wurde im Städtchen Brück bei Wittenberg geboren. Sein Vater, der im Rathe des Städtleins saß, hatte der Söhne drei, und bestimmte den ältesten derselben für das Studium der Gottesgelahrtheit, den zweiten für die Rechtswissenschaft und den dritten für die Arzneikunde, und dieser Vorsatz bewog ihn, den Heimathort zu verlassen und mit den Söhnen selbst nach Wittenberg zu ziehen, zumal ihn verlangte, noch ein Zuhörer Luther’s zu werden. Der Tod raubte dem braven Manne den ältesten und jüngsten der Söhne, und es blieb nur der mittelste, Gregor, der Jurist, übrig. Dieser begann seine Studien in Frankfurt a. O., kam dann 1509 nach Wittenberg, hörte Henning von Korden und Schurf, promovirte und wurde wegen seiner vorzüglichen Kenntnisse 1520 Kanzler Kurfürst Friedrich III., des Weisen, zu Sachsen, dem er ein treuer Diener blieb, nächstdem daß er sich neben seiner juristischen Wissenschaft auch von der theologischen so viel aneignete, daß er klar sah in der Sache Luther’s und seiner Freunde, und den kirchlichen wie den rechtlichen Standpunkt der Verhältnisse mit dem Blick des Staatsmannes überschaute. Als Gelehrter nahm Brück die Benennung seines heimathlichen Städtchens an und gab den Vaternamen auf, aber auch das genügte noch nicht; er nannte sich lateinisch – Pontanus. Im Jahre 1520, also bald nach seiner Ernennung zum Kanzler, begleitete Brück seinen Fürsten und Herrn nach Cöln und war Zeuge einer Unterredung Friedrich des Weisen mit dem gelehrten Erasmus über die Angelegenheiten der neuen kirchlichen Bewegung. Im darauf folgenden Jahre war er unter den Abgeordneten mit in Worms. Brück war es, der seinen Einfluß auf den Kurfürsten zu dieser Zeit zum Schutze Luther’s geltend machte.

[Ξ] Das Ableben Kurfürst Friedrich des Weisen änderte nichts in der Stellung Brück’s zu seinem Fürstenhofe; der Erbe und Nachfolger in der Kur bestätigte den höchst brauchbaren Mann willig in seinem Amte und erhob ihn zum Rath und ersten Beisitzer des Hofgerichts zu Wittenberg.

Eine welthistorische Stellung gleichsam gewann Kanzler Brück am Reichstag zu Augsburg 1530. Er war es, der am 25. Juni d. J. die unter dem Namen der augsburgischen Konfession bekannte Bekenntnißschrift der protestantisch gesinnten Reichsstände, neben seinem Kollegen Kanzler Baier, der hohen Reichsversammlung vorlas, und das so laut und vernehmlich, daß auch die unten im Hofe der Bischofresidenz und vor den Thüren sich drängende Volksmenge jedes Wort verstand, und das in Händen haltende lateinische Exemplar dem Kaiser zu überreichen gewürdigt ward; er wurde mit in den engern Ausschuß gewählt, der eine Einigung in der streitigen Glaubenssache anbahnen sollte, und ebenso war es Gregor Brück, der in diesen bedeutungsvollen Tagen einigemale in kräftiger Rede vor dem Kaiser und den versammelten Reichsständen beider Glaubensparteien sprach und die protestantische Lehre mit Klarheit und Wärme vertheidigte. Selbst Eck bewunderte Brück’s Beredsamkeit und man nannte ihn »den Mund der protestirenden Stände.« Es unterstützte ihn eine wohllautende männliche Stimme und glanzvolle Mächtigkeit der Gedanken, wie des Ausdrucks. Brück übergab auch die Apologie der Augsburgischen Konfession und protestirte gegen den die Anhänger der Lehre Luther’s bedrückenden Reichstagsbeschluß.

Neben der gründlichsten Kenntniß des Rechts, wie auch der biblischen Schriften war Brück in den alten Classikern wohlbelesen; viele Zeitgenossen waren seines Lobes voll, auch Luther, der ihn als trefflichen Juristen pries, aber auch, daß Brück Gottes Wort hoch achte, fleißig darin lese und forsche, »um der Lehre gewiß zu sein.«

Ausgebreitet waren Brück’s gelehrte und staatsmännische Verbindungen im Kreise der Reformatoren, der Fürsten und hochstehender Zeitgenossen, und ob ihn auch das Alter beschlich und die Sehkraft merklich abnahm, so diente er doch noch eine Zeitlang dem dritten Herrn, dem Kurfürsten Johann Friedrich dem Großmüthigen, bis die Schlacht bei Mühlberg diesen in Bande schlug und Brück’s Hofdienst endigte. Dennoch wollte der rüstige, obschon halbblinde Mann nicht müssig sein; er nahm bei dem vorzüglich auf seine Anregung neu begründeten akademischen Gymnasium zu Jena 1548 eine Professur der Rechte an, behielt den Titel eines emeritirten Kanzlers bei und starb in demselben Jahre, in welchem das genannte Gymnasium zur Hochschule erhoben wurde.

Es wird nicht ungeeignet sein, anzuführen, daß ein in den von R. Z. Becker herausgegebenen »Bildnissen der Urheber und Beförderer der Kirchenreformation, Gotha 1817, Fol.« befindliches Bild in Holzschnitt: Gregorius von Brück unterschrieben, mit Lucas Cranach’s Zeichen und der Jahrzahl 1549 nicht Gregor, sondern dessen Sohn Christian darstellt, welcher Kanzler des Herzog Johann Friedrich II. war und, in die Grumbach’schen Händel mit verwickelt, zu Gotha lebendig geviertelt wurde. Für einen 66jährigen Mann erscheint jenes Cranachbild viel zu jung, nächstem, daß authentische Bildnisse Gregor’s vorhanden sind.