Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Ernst I., Herzog zu Sachsen-Gotha

Textdaten
<<< >>>
Autor: Ludwig Bechstein
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ernst I., Herzog zu Sachsen-Gotha
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 95–96
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[Ξ]


Ernst I., Herzog zu Sachsen-Gotha.
Geb. d. 25. Dez. 1601, gest. d. 26. März 1675.


Ein Muster hoher Regententugenden, voll Gottesfurcht und Frommsinn, daher der Gottesfürchtige, der Fromme nicht aus Schmeichelei, sondern durch geschichtliche Wahrheit genannt, tapfer und menschlich als Kriegsmann und Feldherr, weise und umsichtig als Herrscher und ein würdiger Ahnherr und Stammvater zum Theil noch immer blühender sächsischer Fürstenhäuser, verdient dieser Fürst, daß sich die Nachwelt an seinem Bilde erfreue und zu ihm Hinblicke wie zu einem wandellosen Sterne.

Herzog Ernst I. wurde seinen Aeltern Johann Herzog zu Sachsen-Weimar und Anna Dorothea Maria, Prinzessin von Anhalt-Köthen, in der Landesresidenz geboren. Von 11 Söhnen, mit denen dieß Fürstenpaar sich gesegnet sah, war Ernst der neunte. Sein älterer Bruder Wilhelm wurde Stammvater des S. Weimarschen Hauses, und ein jüngerer war Bernhard, der hochgefeierte unsterbliche Held des dreißigjährigen Krieges. Die Erziehung der sächsischen Prinzen war stets eine wissenschaftliche und religiöse, nach der Väter Beispiel, die mit Treue und Aufopferungsfähigkeit die einmal erkannte und schwer errungene evangelische Wahrheit festhielten, doch fehlte dabei nicht der ritterliche Antheil am Erziehungsgeschäft, der die Prinzen zu befähigen suchte, auch im heiligen Kampfe für Vaterland und Glauben das Schwert zu ziehen und tapfer zu führen, so wenig wie die Anweisung zur Leitung der Geschäfte des Staates und der Regierung, denn damals waren die Regenten noch gewohnt, mit eigenen Augen hell und scharf zu blicken und ihre Scepter in eigenen Händen fest zu halten.

Des jungen Herzogs milder und frommer Sinn, der seinen ganzen Lebensweg begleitete, that sich im Jahre 1628 recht augenscheinlich kund; er machte zur Aufhülfe der Geistlichen und Schuldiener eine Stiftung von 27,000 Gulden, in welche seine Brüder willigten. Bald darauf zog er zu Felde, und als im Kampfe um Donauwörth das Heer der protestantischen Union über den Lech setzte, war Herzog Ernst der erste, dessen Roß die Hufe in das feindliche Land schlug. In der Schlacht von Lützen kämpfte Ernst gleich seinem Bruder Bernhard heldenmüthig; Ernst war es, der nach König [Ξ] Gustav Adolph’s Fall dem wilden Andrang Pappenheim’s und seiner Kürassire mannlich die Spitze bot, sie aufhielt und zurücktrieb, und wie dort am Lech an jenem Tage der gefeiertste Held der Liga – Zilly – mit zerschmettertem Schenkel das Schlachtfeld räumen mußte, so wurde hier am Tage von Lützen der schreckliche und gefürchtste Held Feldmarschall Graf von Pappenheim in gleicher Weise auf den Tod verwundet, den er am andern Tage zu Leipzig erlit. Als dem Herzog Bernhard von den conföderirten evangelischen Ständen die eroberten Bisthümer Bamberg und Würzburg übergeben wurden, bestellte dieser, da er an des gefallenen Königs Stelle das Oberkommando über das schwedische Heer zu führen hatte, seinen Bruder zum Regenten dieser Hochstifte, und Ernst verwaltete diese obschon kurze Zwischenregierung in Feindes Land mit Mäßigung und ohne Grausamkeit, wenn auch nicht alles nach Wunsch der katholischen Geistlichkeiten und Bürgerschaften in den eroberten Städten gehen konnte. Ernst war ein geborener Friedensfürst; so sehr er im Kriege des Kriegers Pflichten erfüllte, so wenig machte der Krieg ihm Freude. Sein kundiger Blick sah und sein weiches Herz fühlte, welche Wunden der Krieg dem durch denselben zertretenen deutschen Vaterlande schlug. Daher ward der prager Friedensschluß vom 20. Mai 1635 von ihm mit Freuden begrüßt, er widmete sich nun der Sorge für sein engeres Vater- und Heimathland mit ganzer Seele.

Herzog Ernst vermählte sich am 24. Oct. 1636 mit Elisabeth Sophia, Prinzessin zu Sachsen-Altenburg, und theilte 1640 mit seinen noch lebenden Brüdern Wilhelm und Albrecht wie mit Herzog Friedrich Wilhelm zu Altenburg die väterlichen und angefallenen Erblande, nahm die Portion Gotha nebst Zubehör auf seinen Antheil, schlug in dieser heiter gelegenen Stadt seine Residenz auf, begann auf dem Grund des in Folge der Grumbach’schen Händel zerstörten gewaltigen Festungsbaues des Grimmenstein den prangenden Friedenstein aufzuführen und setzte schon durch den Namen dieses herrlichen Schlosses seiner Gesinnung ein Denkmal.

Von nun an war Herzog Ernst’s Regentenleben eine ununterbrochene Reihe weiser Gesetzgebungen und trefflicher Einrichtungen; er wurde der Mann und im besten Sinne der Vater des Volkes. Was in Hinsicht auf scharfen Blick, Energie des Handelns, Kraft des Willens und treuer Beharrlichkeit, wie in typischer volksthümlicher Persönlichkeit dem Lande Preußen sein alter Fritz wurde, das war dem herzogl. Lande Sachsen sein Bet-Ernst; er war allgeliebt und allgesegnet. Nächst der tüchtigen Erziehung der eigenen Kinder war sein Augenmerk auf Schule und Kirche, deren Hebung und Verbesserung vor allem gerichtet; so ließ er eine glossirte Prachtbibel drucken und vertheilte sie in die Aemter und Pfarreien; dann auf Zucht und Sitte, Recht und Ordnung, Eintracht und Friede in Politik und Kirche. Er hob sein kleines Land wieder zur Blüthe nach den verheerenden Kriegen, die über dasselbe dahin gebraust waren, richtete gute Polizei ein, tilgte den Schlendrian der Behörden, verbesserte das Armenwesen, beförderte den Handel. Die größeren Flüsse, die das Land der Sachsen-Herzoge berührten, machte er schiffbar, ja er versuchte dieß, leider mit mißlichem Erfolg, selbst mit der Werra auf der Strecke von Themar an abwärts. Bis in das ferne Ausland, nach Rußland und nach Abessynien sogar, richtete sich Herzog Ernst’s frommer Blick zum Wohle und zur Ausbreitung der christlichen Religion und Kirche. Sein Haus war ein gesegnetes; von 18 Kindern blieben ihm 7 Söhne und 2 Töchter am Leben; nach des Vaters Tode theilten die 7 Söhne ihre Erblande und gründeten ebenso viele neue Dynastien, von denen jetzt nur noch die Herzoghäuser S. Meiningen, S. Altenburg (Hildburghausen) und S. Coburg-Gotha fortblühen, die in ihm ihren würdigen Ahnherrn verehren. Das ernestinische Zeitalter, das der im 74. Lebensjahre heimgegangene edle Fürst über seine Lande heraufführte, hatte nur Glück und Segen im Gefolge, und noch täglich erinnern an den unvergeßlichen Herrscher die ernestinischen Bibeln, die ernestinische Kirchenordnung, die nach ihm genannten Landes- und Proceßordnungen, welche noch immer Bedeutung, Wichtigkeit und Geltung haben. So auch war er Begründer und Mehrer der reichen Bibliotheken, Natur- und Kunstmuseen auf Schloß Friedenstein. – Das Gedächtniß des Gerechten bleibet im Segen.