Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Conrad Peutinger

Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Conrad Peutinger
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 293–294
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
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Conrad Peutinger.
Geb. d. 13. Oct. 1465, gest. d. 28. Dez. 1547.


Dieser große Gelehrte gründete seinen wohlverdienten Ruhm durch eine höchst vielseitige Thätigkeit und ein umfassendes gründliches Wissen. Er glänzte als Philolog und Archäolog, als Geschichtforscher und als Staatsmann, und gründete sich nicht nur durch seine Gelehrsamkeit, sondern auch durch besondere Verdienste um seine Vaterstadt das ehrenvollste Andenken.

Peutinger wurde zu Augsburg geboren, war Abkömmling eines alten Geschlechts dieser Reichsstadt, studirte in Deutschland und Italien die Rechtswissenschaft, besuchte die Hochschulen zu Padua und Rom, und kehrte dann in die Heimath zurück, wo er 1490 zunächst die bescheidene, doch in jener Zeit ungleich wichtiger als jetzt erscheinende Stelle eines »Dieners der Stadt« auf vier Jahre annahm. Aber Talent und Fleiß, diese großen Sterne, ohne deren belebenden Einfluß nie ein strebender höher klimmt, ließen ihn nach und nach dennoch empor gelangen. Erst 1497 wurde Peutinger als »Stadtschreiber« auf Lebenszeit angenommen. Als solcher und als ein wissenschaftlich gebildeter, höchst fähiger und brauchbarer Mann wurde er nun dem Kaiser Maximilian I. bekannt, dem Mäcen aller Künste und neu im deutschen Vaterlande aufblühenden Wissenschaften; in Angelegenheiten und Klagen der Stadt Augsburg gegen den schwäbischen Bund begleitete Peutinger den Ritter Langemantel u. A. auf einer Gesandtschaft zum Kaiser, der ihn bald seiner besondern Gunst und Auszeichnung werth hielt, ihn zu wichtigen Botschaften benutzte, und ihn bei dem neu errichteten Reichskammergericht als Fiskal anstellte. Im bayrischen Kriege wurde Peutinger vom Kaiser mit der Führung höchstwichtiger Correspondenzen an auswärtige Staaten und an den Erzbischof Berthold von Mainz, einen der erleuchtetsten Kirchenfürsten, betraut. Peutinger verheiratete sich mit einer gelehrten Jungfrau aus dem Hause der Welser. Als dieses augsburger Handelshaus die ersten Schiffe von Portugal aus zur Fahrt nach Indien rüstete, richtete Peutinger’s kluger Sinn den Inhalt der Geleitsbriefe des römischen Königs also ein, als sende der Kaiser selbst diese Schiffe, und hob des Kaisers Ruhm und die Ehre der Vaterstadt zugleich hervor. Dafür gewann Maximilian Augsburg und [Ξ] Peutinger lieb, kaufte dort ein Haus, richtete sich Wohnungen ein, und ließ sich’s gefallen, daß bei seinem Einzug 1504 Peutinger’s vierjährige frühreife Tochter Juliana ihn mit lateinischer Rede begrüßte.

Es fand ein immer engeres anschließen beider hochbegabter Männer, des Kaisers und Peutinger’s, an einander statt; Peutinger mußte den Kaiser nach Cöln begleiten, wurde von ersterem nach Burgund entsendet als dessen »Secretar«, und erwirkte seiner Vaterstadt einen Jagdbrief in einigen benachbarten Gebieten, nicht minder bald darauf andere wesentlich wichtige Gerechtsame, darunter das jus de non appellando. Auch nach Wien folgte Peutinger dem Kaiser, und wurde neben andern Männern mit einer Sendung an die Ungarn beauftragt. Nach Augsburg zurückgekehrt, mußte Peutinger zur Aufbringung der Reichshülfe und zu Anleihen bei den Reichsständen die helfende Hand bieten, ebenso Forderungen der Gläubiger tilgen und für diese selbst beim Kaiser häufig bittend einkommen. Später nahmen wieder mancherlei Sendungen Peutinger’s Zeit und Thätigkeit in Anspruch, wie nicht minder außerdem ein ununterbrochener lebhafter Briefwechsel nach allen Seiten hin, so daß kaum zu begreifen ist, wie bei dieser staatsmännischen Thätigkeit der geniale Mann doch auch jene auf dem Gebiete der Wissenschaften und Künste nicht außer Acht ließ. Daher auch die Freundschaft und Vorliebe für Ulrich von Hütten bis zum Antrag der Verschwägerung.

Das berühmte Grabmal des Kaisers zu Insbruck mit seinen metallenen Statuen wurde unter Peutinger’s Leitung in Augsburg begonnen; eine Gießstätte wurde erbaut, Maler, Modellirer, Bildhauer, Gold- und Silberschmiede, kunstvolle Harnischmacher wurden vollauf beschäftigt, neue Druckerpressen eingerichtet, der von Lucas Kranach erfundene Helldunkel- und Farbendruck der Holzschnitte geübt, und Peutinger war es, der den Druck der Lieblingsschöpfung Kaiser Maximilian’s, des Theuerdank, in Augsburg besorgte, und durch die augsburger Künstler Burgkmeier und Schäufelin Holzschnitte zu demselben und dem erst 1775 gedruckten Weißkunig fertigen ließ, nicht minder noch für andere Werke, zu denen der Peutinger befreundete Albrecht Dürer mitwirken mußte. Außerdem wurden noch eine Menge in Holz schneidender Künstler als Gehülfen bei diesen Werken beschäftigt, so daß Augsburg förmlich eine Schule für den damals in höchster Blüthe stehenden deutschen Holzschnitt wurde. Nur der Umstand, daß der Buchdrucker Schönsberger von Augsburg nach Nürnberg übersiedelte, und die Theuerdanklettern, so wie was vom Werke bereits fertig war, mitnahm, gewann Nürnberg die Ehre, Druck- und Verlagsort dieses schönen Buches zu werden.

Hochachtbar erscheint Peutinger’s Thätigkeit als Forscher auf dem Felde der Geschichte. Der klassische Boden Italiens hatte ihm früh die Neigung für letztere erschlossen. Peutinger war der erste Sammler der zu Augsburg befindlichen zahlreichen Römerinschriften; er begann eine Sammlung antiker Münzen, legte eine umfassende Kaiserregestensammlung an, die unvollendet blieb und umgab sich mit einer Welt voll Alterthümer der Kunst und Literatur, an Büchern, Bildern, Karten, Geräthen u. s. w. Peutinger’s Fleiße danken wir die ersten Ausgaben des Abbas Urspergensis, des Paulus Diaconus Longobardenhistorie, des Jornandes Geschichte der Gothen, außerdem schrieb er noch manches andere. Die nach ihm genannten »Peutingerischen Tafeln«, welche Conrad Celtes im Kloster Tegernsee im Manuskript gefunden und Peutinger vermacht hatte, zeigen die unter Kaiser Theodosius ausgezeichneten Militärstraßen des größten Theils vom abendländischen Kaiserthum; sie wurden nach Peutinger’s Tode theilweise, und vollständig erst 1753 herausgegeben.

Nach Kaiser Maximilian’s, 1519 erfolgten, Peutinger tief niederbeugendem Tode, häuften sich des letzteren Geschäfte immer mehr; im Rathe der Reichsstadt thätig wirksam, trug er mit der Würde redlich die Bürde öffentlicher Berufsthätigkeit, bald als Gesandter an den Kaiser, bald als Richter wie als Lenker der öffentlichen Angelegenheiten. Der kirchlichen Reform war Peutinger nicht abhold. Luther war schon 1518 auf dem Reichstage zu Augsburg sein Gast; freundlich hatte er mit ihm in Worms verkehrt. Aber der Spaltung in der Kirche war er entschieden abhold; er fürchtete nicht ohne Grund die drohenden Kämpfe, widerrieth daher der Stadt in redlicher Ueberzeugung die Religionsänderung. Dieß machte ihn mißliebig, denn schon hatte die protestantische Partei den Sieg der öffentlichen Meinung in Augsburg errungen. Peutinger schied 1534 ehrenvoll entlassen aus seinem Amte, doch wurde noch oft hernach sein treuer und einsichtvoller Rath begehrt, auch ehrte die Stadt 1558 seine Verdienste durch Verleihung des Patriciats. Er lebte fortan nur der Wissenschaft und seiner Familie, und beschloß in Ruhe seine ruhmreich thätige irdische Wanderung.