Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Anton Rafael Mengs

Textdaten
<<< >>>
Autor: Ludwig Bechstein
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Anton Rafael Mengs
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 259–260
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[Ξ]


Anton Rafael Mengs.
Geb. d. 12. März 1728, gest. d. 29. Juni 1779.


Einer der berühmtesten Maler unter denen, welche eine Wiederverjüngung ihrer Kunst in der neueren Zeit bewirkten. Die Epoche der sogenannten altdeutschen Schule, in welcher ein Albrecht Dürer, ein Hans Holbein, ein Lucas Cranach glänzten, war längst vorüber, und der durch unselige Kriege und durch Beispiele wälscher Geschmacksverirrung herbeigeführte Verfall der Künste im deutschen Vaterlande war im Bunde mit Schnirkelwerk und Ueberladung, namentlich in Malerei und Bildnerei, zur Unnatur geworden, so daß eine Läuterung des Geschmacks in diesen Künsten dringend noth that. Zu dieser Läuterung half Mengs vorzugsweise die Bahn brechen. Rafael Mengs wurde zu Aussig in Böhmen geboren, und zwar auf einer Reise. Der Vater, königlicher Hofmaler in Dresden, wählte sinnreich und beziehungsreich zwei Vornamen für seinen Knaben, welche einst zwei der berühmtesten Maler führten: Anton von Correggio und Rafael von Urbino, und gab ihm später eine äußerst strenge Erziehung, welche nur darauf hinzielte, daß der junge Rafael einst auch ein bedeutender Maler werden sollte. Als ersterer sein dreizehntes Jahr erreicht hatte, nahm ihn der Vater mit auf eine Reise nach Rom, um auch dort mit gleicher Härte und Strenge ihn zum zeichnen anzuhalten, und der zarte Jüngling mußte vom frühen Morgen bis zum späten Abend theils nach Antiken zeichnen, theils die Meisterwerke der großen Italiener copiren. Diese harte Schule bildete Rafael Mengs zum Künstler aus, und trotz der Strenge, mit der er sich behandelt sah, gewann er nicht nur die Kunst, sondern auch das Leben in Rom lieb, welche Stadt er wie seine zweite Heimath betrachtete. Daher sehnte er sich selbst da nach Rom zurück, als er nach der Heimkehr vom König von Sachsen, dessen Bild er auf das befriedigendste gemalt und getroffen hatte, ein Jahrgehalt von 600 Thalern ausgesetzt erhielt – und wandte sich abermals, wieder vom Vater und von zwei Schwestern begleitet, nach der ewigen Stadt. Dort führte die Künstlerfamile Mengs ein sehr eingezogenes, nur der Kunst, deren Ausübung und deren Studium gewidmetes Leben. Ein schönes Bauernmädchen, Margarethe Quazzo, das Mengs als Modell zu einer [Ξ] Madonna saß, gewann seine Liebe, welche sich so sehr steigerte, daß er, um die Geliebte heirathen zu können, zur katholischen Religion übertrat.

Im Jahre 1749 reiste Rafael Mengs nach Dresden zurück und wurde mit einem bedeutenden Gehalt dort zum Hofmaler ernannt, ging aber bald darauf abermals nach Rom, um für die Dresdner Hofkapelle ein Altargemälde zu beginnen. Der siebenjährige Krieg wurde Anlaß, daß Rafael’s Gehalt ausblieb, und er sich genöthigt sah, auf selbstständigen Erwerb durch seine Kunst zu denken, und es fehlte ihm nie an wichtigen Aufträgen. Als erstes seiner bewunderten Frescogemälde wird die Decke im Coelestinerkloster St. Eusebio genannt, andere Kunstwerke folgten in rascher Vollendung; eine Reise nach Neapel gab dem Künstler nicht die gehoffte Befriedigung und nach nur kurzem Aufenthalt kehrte derselbe nach Rom zurück, wo er die Leitung einer neuerrichteten Malerakademie annahm, mit Ernst und Eifer seine Kunststudien im Verein mit dem ihm befreundeten Winckelmann theilte und auf diesen wesentlich bildenden Einfluß übte.

Im Jahre 1761 traf ein Ruf König Karl’s III. von Spanien nach Madrid den Künstler; er reiste nach Spaniens Hauptstadt und empfing die Anstellung als Hofmaler des Königs mit 2000 Dublonen Gehalt, sah sich vom Hofe, wie von den Künstlern Madrids mit den größten Ehren empfangen, und malte einige seiner vorzüglichsten Bilder, litt aber unter dem Einfluß des spanischen Klimas, und benutzte dieß Wanken seiner Gesundheit, um einen Urlaub auf mehrere Jahre zu erbitten, nach dessen Erlangung er wieder nach seinem geliebten Rom zurückkehrte und dort abermals drei Jahre in rastloser Thätigkeit zubrachte. Nach Ablauf dieser drei Jahre ging Rafael Mengs wieder nach Madrid zurück und malte dort die Apotheose Trajans, das bedeutendste seiner zahlreichen Bilder, den Tempel des Ruhmes, und den Theaterplufond zu Arranjuez innerhalb zweier Jahre – Arbeiten, deren Umfang und die Anstrengung, welche sie erforderten, dazu beitrugen, die ohnehin schwankende Gesundheit des rastlos thätigen Künstlers vollends ganz und gar zu untergraben. Mengs sah sich dadurch genöthigt um seine Entlassung nachzusuchen, die ihm auf das ehrenvollste, und mit lebenslänglichem Gehalt, zu Theil wurde.

Im Jahre 1776 begab sich Rafael Mengs nach Rom zurück und sah sich noch einige Zeit glücklich im Schooße seiner Familie; es waren ihm zwanzig Kinder geboren worden, davon noch sieben lebten, denen aber nach zwei Jahren der Tod die Mutter raubte. Noch ein Jahr, und Mengs selbst folgte seiner geliebten und vortrefflichen Frau, ohne den seinigen an Vermögen viel zu hinterlassen, denn er besaß die Künstlertugend der Freigebigkeit, unterstützte reichlich junge Talente, spendete Wohlthaten an Bedürftige, und obschon er viel zu fleißig gewesen war, um in flüchtigen Zerstreuungen Geld zu zersplittern, so hatte er doch trotz der großen Summen, welche er einnahm, nichts erspart, und seine Angehörigen bedurften sogar der Unterstützung seiner Freunde. Als Mensch war Rafael Mengs schüchtern und ohne gesellige Talente, wenig entschieden und wenig anderen sich annähernd. Seine Gemälde beurkunden das stete Bestreben, die Kunst der Malerei wieder auf eine höhere und edlere Stufe zu heben, was er auch durch mehrere kunstgeschichtliche und kunstphilosophische Schriftwerke an Tag legte. Er schrieb über die drei größten Meister Italiens: Rafael, Tizian und Correggio, über die Werke Rafael’s in Spanien, verfaßte einen praktischen Unterricht in der Malerei, und mehreres andere. Sein Begräbniß war ein höchst ehrenvolles, die Akademiker und Künstler Roms folgten seinem Sarge und gaben ihm feierliches Geleit zur Gruft in San Michaele grande. Ritter Otto d’Azara ehrte den deutschen Künstler durch ein Denkmal, und gab dessen Werke in italienischer Sprache 1783 heraus.