Zwei Frauen (Ringelnatz)
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Zwei Frauen
Es sitzen im schwülen Dämmerlicht
Zwei blühende Frauen
Und regen sich nicht.
Sie schauen sich an und schauen
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Und schauen mit sengender AugenglutIn sengende, glühende Augen,
So tief, so wild, als gälte es Blut
Mit Blicken aus Blicken zu saugen.
Da ringt unter wogenden Brüsten
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Ein irres, fremdes GelüstenMit bangem, ruhlosen Leiden. – – – –
Ein schillerndes, schuppiges Schlangengetier
Kriecht aus dem Dunkel in hastiger Gier,
Schlingt seinen Leib um die Beiden
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Und dehnt sich schleimig, duckt sich und spucktUnd bäumt sich lautlos und züngelt und zuckt.
Das ist die Schlange, vor der uns graut,
Wenn uns ihr bannendes Auge trifft.
Sie trägt ein langsam tötendes Gift,
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Aus unergründlichen Rätseln gebraut.