Zur Sprachreinigung
[459] Zur Sprachreinigung. Diese Angelegenheit scheint immer mehr in ein gutes und richtiges Fahrwasser zu kommen. Von der von Hermann Riegel herausgegebenen „Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins“ (der hoffentlich eine noch immer weitere Ausdehnung gewinnen wird) sind die ersten Nummern erschienen, und in vielen Zeitschriften macht sich offenbar das Bestreben geltend, entbehrliche Fremdwörter durch rein deutsche Ausdrücke zu ersetzen. So findet sich z. B in der von J. Neumann in Berlin herausgegebenen „Zeitschrift für Versicherungswesen“ vom 31. Mai ein Aufsatz von Dr. H. Zimmermann über „Verdeutschung der Fachausdrücke in der mathematischen Statistik", worin z. B. für die hier noch viel gebrauchten Fremdwörter aktiv nebst Aktivität im Gegensatz zu invalide mit Invalidität die deutschen Bezeichnungen: arbeits- oder dienstfähig, –tauglich, –unfähig, —untauglich nebst den Fortbildungen auf –keit empfohlen werden, ferner für Morbidität (falsch Morbilität) als „vorübergehende Arbeitsunfähigkeit“ auch Krankfälligkeit und Krankheit. Für weitere Anführungen aus dem sehr anregenden Aufsatz reicht der mir zugemessene Raum nicht aus; denn ich muß hier noch ein kleines eben erschienenes Heft (von 24 Seiten) erwähnen, das den Titel führt: „Verdeutschung der Speise-Karte so wie der hauptsächlichsten in der Küche und im Gastwirths-Gewerbe vorkommenden entbehrlichen Fremdwörter. Bearbeitet von dem Dresdener Zweigverein des allg. deutschen Sprachvereins in Verbindung mit dem Verein Dresdener Gastwirthe und dem Verein Dresdener Köche.“ Es ist gerade dies ein Gebiet, auf welchem die Sprachreinigung noch sehr viel zu schaffen hat. Das Heftchen ist jedenfalls als ein sehr erfreulicher Anfang zu begrüßen, wenn es auch (wie die Verfasser nach dem Vorwort sich selbst nicht verhehlen) noch in mancher Beziehung verbesserungsbedürftig ist.
Altstrelitz, den 10. Juni 1886. Daniel Sanders.