<<< Kapitel 49 >>>
aus: Zimmerische Chronik
Seite: Band 1. S. 286–312
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* [1306] Ein besonders capitel, als graf Friderich von
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Zollern, der Ötinger, zu Montpelgart wider ledig worden.
Als nun diser unrüebig grave wider zu Montpelgart ußpurget und wider ledig worden (man hat in nun den Ötinger genannt, von wegen das in die grafen von Ötingen uferzogen, auch zu underscheid seins brueders, der auch graf
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Friderich hieß), do sein etlich seiner nechsten freundt und verwandten zu ime geen Montpelgart geritten, ine wider heim zu belaiten; dann dieweil er vormals so unrüebig und sovil nachpurn erzürnt, muesten sie besorgen, das sie in mit wenig pferdten nit wol sicher megten herauß pringen.
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Wie sie nun mit ainer anzall und wolgerust durch das Elsäs, Preisgew und über den Schwarzwaldt kommen und sich dem dorf Hochmessingen genehert, do haben die pauren geachtet, seitmals derweiln ganz irrige und unsichere zeiten schier in allen deutschen landen, es were ain reuterei
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verhanden, die uf den raub und nom umbher terminierten, sein übel erschrocken und haben sich zusamen rotirt und sturm geleut. Grafe Friderrich hört das und vername darbei der pauren forcht und schrecken. Dess mogt er wol lachen, sprach in schimpf: »Dank haben, ir liebe glöckli, das ir

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[287] mich noch kennen!«, dann er het sie in vil jaren nit hören megen. Damit zohe er durch Hochmessingen one allen nachtail der pauren, die auch sonderlichen erfrewt wurden, da sie ine kannten, und das er seiner langwürigen gefenknus
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erlediget. Er kam mit seinen reutern neben der statt Oberndorf hin in das Neckerthal, des willens, geen Hechingen noch selbigs tags zu raisen. Wie nun das geschrei geen Oberndorf kam, das der grafe wider bei landt, der dann der herrschaft Zimbern insonderhait mit freuntschaft und
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gueter nachpurschaft verwant war, do gieng im die priorin, sie war ain edle von Melchingen ab der Alb, sampt dem ganzen convent im closter mit groser ceremoni in ainer procession entgegen. Die wüntscht im von ir und des convents wegen vil glücks und lobet Got umb sein erledigung.
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Der grafe dankt ir und fragt mit großem gelechtert, ob sie auch noch so gern rücklingen im prett spilet und das flaisch zwischen den painen helf außwegen; schimpfet also mit ir; villeucht war er vorhin auch im garten gewesen. Die priorin lachet der red und sprach: »Ach, gnediger herr, wie
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seind ir noch so ain böser man?« Der graf antwurt: »Fürwar, mir ist nicht so laidt, als das ich so bös bin«, damit zoge er mit seinen reutern für und kam geen Haigerloch und Sulz[1]. Er war ain böser kindsvatter, dann bei seinen zeiten
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und von seiner unruw wegen ist die grafschaft Zollern in verderblichen schaden komen, das sich seine nachkommen in vil jaren nit wider haben megen erholen. Seins brueders sone, grafe Jos Niclas, hat das zerbrochen schloß Zollern mit steur der freundtschaft widerumb erbawen, und haben
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die baid geprüeder, herr Wernher und herr Gotfridt freiherren zu Zimbern hieran ainhundert guldin an irer gepurt geben, wiewol solche und andere freundtschaften bei unsern zeiten wenig von den grafen von Zollern erkennt oder bedacht werden. An solchem baw haben schier den
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merertail christliche potentaten ir steur und handtraichung gethon, die sein mehrtails hierum geschriftlich ersucht worden, darvon ich mertails copeien gesehen, insonderhait herzog Philipsen von Burgundt und dann dem könig von [1307] Poln. Es hat auch herzog Albrecht von Österreich etliche silberne

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[288] instrumenta dohin geben, als kübel, schaufel, kellen, hammer, senkel; damit hat er den ersten stain widerumb uf Zollern gelegt. In sollicher turba ist der alten und bösten zollnerischen brief vergessen worden, die hat man kurzlich,
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darvor und Zollern von den stetten belegert und zerbrochen worden, durch vertrawte leut geen . . . füeren und daselbs hünder lassen legen. Ist hernach angehenkt und verschwigen bliben, und zu verwundern, das grafe Itelfriderich der elter, der kaiser Maximilians hofmaister gewesen, auch in
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großem ansehen und befelch, sollichs verborgen, das er die nit wider erhept hat. Aber graf Friderrich von Zollern, der Ötinger, het noch ain brueder, hieß auch graf Friderrich, der überkam zu aim weib die erbtochter von Ratzüns, hieß Ursula, ein dochter
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herr Hainrichs freiherren von Ratzüns; so was ir muetter ein freiin von Stoffeln, genannt Verena, und dieweil kein freiherr von Ratzüns mer in leben, do sein alle ire güeter an die grafen von Zollern gefallen. Weil aber Ratzüns sampt der zugehördte hernach den grafen von Zollern auch ganz
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ungelegen, do hat grafe Eitelfriderrich von Zollern, kaiser Maximilians hofmaister, sovil bei seinem herren, dem kaiser, vermegt, das ain wechsel getroffen ward, und gab der kaiser die herrschaft Haigerloch[2], so von alter here zu der herrschaft Hochenberg gehört het, graf Eitelfriderrichen.
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Derselbig gab dargegen dem haus Österreich Ratzüns in Pünten sampt den zugehörigen storken- und hetzennester. War auch, wie man sprücht, Glauci und Diomedis[3] permutatio, ied est, ain ross umb ain sackpfeifen. Aber das ich widerumb kom uf graf Friderrichen von
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Zollern und sein hausfraw, die von Ratzüns, so hat die selbig, wie die gar alten in meiner jugendt noch wol haben künden darvon sagen, nit sonders vil frewd oder gueter zeit bei irem herren gehapt; schafft alles das groß eifern, dessen er sich nit enthalten kunt, sonder ain solche
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übermaß damit getriben, das in aller gegne ein groß sagen von im gewest. Man sprücht glaublichen, er hab ir sovil ge-

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[289] fürcht, das er sie wenig leut hab sehen lassen, und da gleich frembde herren oder andere zu im uf Zollern kommen, oder auch im sonst die mirmidones[4] in schedel kommen, so hab sie in ein kleins stüblin müeßen geen, darin sie biß
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zu seinem gefallen und vernüegen bleiben müßen. Vilmals, damit sie auch in kurzweil, oder doch was zu schaffen hab, hat er ir ain klaiderbürsten geben, mit bevelch, sie solle im die bürsten mit fleiß zellen und ime zu seiner widerkunft die zall der bürsten aigentlichen anzaigen. In ainer solchen
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strenge und herte hat er die guet grefin, sein weib, gleichwol irenthalb unbeschuldt, vil jar gehalten. Was er aber mit ainem sollichen unwesen ußgericht, oder bei ir für ain gueten willen erlangt und behalten, das ist fürnemlichen bei dem abzunemen. Als der graf hernach anno 14[39][5] zu
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Hechingen mit todt abgangen, und man den cörpel gen Stetten zu begrebt gefüert und man vermaint, sie wurde sich übel umb den herren gehaben und groß laid erzaigen, do hat sie die par belaitet biß für das stetlin Hechingen zu der linden, da ist sie widerumb zuruckgangen, sprechendt:
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»Wolhin mit im zur erden in aller teufel namen, er soll mich hinfür mit ruwen und zufriden lassen!« Kurzlichen darnach, dieweil ir der erst heirat mit Zollern nit war nach irem gefallen gerathen, do wagte sie's mit grafe Sigmundten von Hochenberg, mit dem vermehlt sie sich. Er, graf
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Sigmundt, saß dozumal zu Ebingen im stetlin und war der letzst seines stammens und nammens. Sie het nur ain dochter bei [1308] im, hieß Margret, ward hernach schenk Geörgen von Limpurg vermehelt. Aber ain gemahl het sie an im nach irem wunsch, und het sie Got wol nache ires
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leidens ergetzet, dann graf Sigmundt gar ain holselliger, sittiger und frommer graf war. Solch lob hat er mit ime under die erden gepracht, und dem nichs gemangelt, dann manlicher leibserben. Wer ist aber der, so waist des herren willen, oder seiner ordnung kan ain maß geben? Grave[6]
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Sigmund starb zu Ebingen anno 1486; sepelitur in monasterio monialium prope Nagolt[7]. Fraw Ursula starb anno 1476[8].

Bei wenig jaren haben wir auch ain sollichen unleiden- 1

[290] lichen und ungeheuren eiferer gehapt in unsern landen, das war herr Ulrich von der Hochen-Sax. Wiewol der sonst ain ehrlicher freiherr und ain berüempter kriegsman war, der auch bei seinen zeiten in kriegshandlungen vil gueter
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thaten het begangen, noch so war er mit dem laster des eiferns dermasen beladen und damit so gar unbeschaiden, das allenthalben von ime gesagt wardt, und sich damit höchlichen verklainert. Er war verheirat mit ainer freiin von Schwarzenberg, hieß Helena, soll gar ain schöne fraw
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sein gewesen. Deren forcht er so übel, das er sie niemands fremder sehen ließ. Zu Pürglen und Vorsteck het er besondere stuben, darin man aße. So er dann zu disch gieng, het es ain fürhang an aim besondern ort an der taffel; so kam dann sein hausfraw durch ain sondere fallen und
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verborgne thür hinder dem disch herfür, satzt sich an den disch hündern umbhang, das sie niemandts am angesicht sechen kunt. So man ufhub, gieng sie durch iezgehörten schlupf wider darvon in ir gemach. Er understund sich menigclichen zu bereden, es wer nit sein schuldt, oder das er solchs
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also begerte oder haben welt, sonder er het so ain schewes weib, welt oder dörft von niemands frembder gesehen werden. Aber man ließ es ain faule verantwurtung sein, und erkannte menigclich sein krankkait. So wolt im auch niemands sein weib über sein willen besehen. Man solt im das carmen
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gesagt haben: »Phineas invites, Afer, aut Oedipodas[9].« Und wiewol er in etlichen und zwainzig stürmen und feldtschlachten gewest, darin er sich vor andern ritterlichen gehalten, so ist er doch in guetem friden und großem alter zu Vorsteck gestorben. Wie er im todtbet gelegen, hat er wainendt
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clagt, das er nit an den feinden umbkommen, sondern im bet sterben soll, so er doch dem allmechtigen Got billich dank und lob sollt sagen, das er in begnadiget und zu ruw und bueß komen lassen. Er war darneben gar ain grober, unzüchtiger man, mit schampern und unlautern worten nach
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der Schweizer art und manier und sie noch diser zeit an etlichen orten in der Eidtgnoschaft im gebrauch haben. Bei ainer solchen seltzamen, ungereumpten weis ist seiten glück, beschaint sich wol an seinem son, den er verlassen hat, Philipsen Ulrichen, ist der ungeratnest man, von dem
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in vil jaren nie erhört ist worden. Er hat bei graf Franz

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[291] Wolfen von Zollern dochter, seinem eheweibe, fürnemlich zwen söne gezeugt, herr Johanns Albrechten, auch herr Hannsen Diepolden, verstendig, geschickt und wolverdient herren, und deren keiner, dessen er nit sondere ehr. Er
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aber hat sein eheweib verlassen und von ime gestoßen, auch mit hilf und rat deren predicanten von Zürich und anderer gotloser bueben, die im zu seinem ungeruempten wesen gerathen, bei lebzeiten der ersten frawen ain ander eheweib genomen, mit dero er auch kinder überkommen.
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Die understehet er, vermaint auch herren und frölin von Sax zu nennen und darfür zu haben, auch das sie mit den ersten und elichen kindern im gleichen tail des namens, stands und der güeter erben sein sollen. Die baid graf Friderrich von Zollern, gebrüeder, der
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Ötinger und dann der ander, dem die freiin von Ratzüns vermehelt, sein bei iren lebzeiten so wunderbarlich und unrüebig nit gewesen, ire voreltern sein vil wunderbarlicher gewest. Wie [1309] man gemeinlich sprücht, es pring kein rapp kein distelfogel, und kein wolf kein schaf, das war da
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auch. Es hett[10] bei vil jaren vor inen ein graf von Zollern gelept, auch genannt graf Friderrich, sein weib hat gehaißen Udalhilt, ain gotzförchtige fraw, die nach irem absterben von vil leuten für hailig ist geachtet worden. Wer sie vom geschlecht gewest, ist lenge halb der zeit vergessen[11]. Diser
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grafe, nachdem er etliche kinder von seinem gmahl bekomen, die er mehrtails hin und wider an der fürsten höf und ainstails zu seinen nechsten freundten und verwandten zu erziehen verschickt, do nam er ime für, in die haidenschaft zu raisen und weit gelegne lender zu erkundigen.
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Derhalben empfalch er seinem gemahl die grafschaft und was er het, schied ab von ir und seinen underthonnen mit wenig diener, kam über mehr. Da ist er etliche, nit wenig, jar in der haidenschaft umbher gezogen, biß im zu letzsten seine diener und pferdt abgangen, und also unerkannt in
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großer armuet und mangel leben müeßen. Wie er nun in seinen grösten nötten gewest, auch nit wohinauß, noch wohinan gewist, do ist ain gespenst zu im kommen, das hat

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[292] ine in mancherlai weis versucht, wie dann der tausentlistig nit ruwen oder feuren kan, sonder von seiner boshaftigen art und aigenschaft, wo er angst und laidt oder unmuet waist, sich einmist und zuschlecht. Noch gab der
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allmechtig dem großmüetigen grafen sovil verstandts und gnad, das er dem feindt in seinen anfechtungen, darin er in von Gott abzufieren sich understandt, widersteen kunt. Letzstlich pracht im der bös feindt ein ross, mit dem bericht, das in sollichs an alle ort und ende, dahin in gelustet, ohne
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alle gefar seiner seel und des leibs in ainer geschwinde tragen wurde (mocht sich schier des Pacolets ross[12] vergleichen); iedoch wann er aubents oder sonst under tags abstunde, solt er das gegen nidergang der sonnen abzeumen und absatlen, so wurde er das für und für sein lebenlang
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haben, ja auch die ganz welt darmit durchraisen künden; wa er aber solchs ain mal übersehen, wurde er sein ross ewigclichen verloren haben; damit wolt er ine gewarnet haben. Was nun der graf dargegen hat müeßen dem gespenst verhaißen oder laisten, wie einest in sollichen fellen
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gepreuchlich, das ist unbewisst und lenge halben der zeit in vergess komen. Hiemit ist aber der bös gaist von im abgeschaiden und hat in verlassen. Also ist der grafe noch etliche jar ein weiten weg mit disem ross geraist; iedoch hat ine letzstlich angefochten, demnach er vil jar
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außgewesen, widerumb sich zu seinem weib und kinden zu verfüegen. Hiezwischen aber hat [man][13] ine seines langen außbleibens, und das man weder staub noch flug von ime vernomen, gar verschetzet gehapt. Sein gemahl, die grefin, hat die landtschaft weislich und wol regiert; so sein auch
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mitler zeit die jungen herren und frölin erwachsen; die sein ainsteils außgesteurt worden, und hat sich sein niemands mehr versehen gehapt. In dess hat das wunderbarlich ross den grafen ain weiten weg getragen, das er mit großem verlangen sein grafschaft erraicht. Do hat er, das sein weib
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und kinder noch in leben, und alle sachen wol standen, haimlichen, seitmals er bei menigclichem unerkannt, erfaren;

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[293] darauf ain potschaft seiner hausfrawen uf Zollern gethon. Wie der selbigen also das pottenbrot zukommen, ist die guet fraw eilends irem herren, den sie in vil jaren nie gesehen, sampt etlichen iren baider sönen und döchtern, für
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das schloß an berg herab entgegen gangen und haben ine mit großen frewden empfangen. Der grave ist auch von seinem ross abgestanden und hat sein weib und kinder herzlichen angesprochen, ist mit inen hinauf ins schloß gangen. In disen frewden aber hat der graf [1310] seines
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ross weiters nit wargenomen oder auch befolchen, wie man das abzemmen und absatlen solle, sonder die diener habents hinaufgefiert ins schloß; sie sein aber nit recht mit ime umbgangen, derhalben so ist das ross angesichts der diener verschwunden, das sie nit gewist, wohin es kommen;
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derhalben sie eilends zum grafen, irem herren, gangen und im zu wunder angezaicht, was inen mit dem ross begegnet. Gleich hat er vermerkt, das er selbs hieran schuldig, und das die diener ußer unwissenhait das ross verwarloset. Und wiewol im das in seinem herzen ain große beschwerdt,
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iedoch, seitmals im der allmechtig also mit allen gnaden haim geholfen, und der verlurst des abenteurlichen ross nit mocht widerbracht werden, schlueg ers ußerm sinn, sovil müglich, und sprach zu den dienern: »Wolan, wie kan ich im thon? es ist beschehen, und seie damit Got ergeben!«
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Darbei ist es also bliben, das die diener von im wider abgeschaiden, und er kein bös wort darzu geredt. In wenig stunden hernach, noch desselbigen tags, do sein drei schöner jungfrawen, in weisem angethon, an das thor uf Zollern kommen, und als sie von denen wachtern, was iren begern,
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und zu wem sie wellen, gerechtfertiget, haben sie für den grafen personlichen begert. Wie das dem grafen fürbracht, hat er bevolchen, sie unverzogenlichen ein und fürzulassen. Als das beschehen, haben sie vor ime sich genaigt und hat die ein under inen bekennt, sie seien geister, die seien
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verflucht und im gewalt des bösen feinds gewesen und durch die würkung desselbigen haben sie drei ine, den grafen, vil zeit und ain weiten weg in der gestalt des ross getragen, und dieweil er aber umb den verlust des ross nit ungedultig gewest, sonder alles Gott ergeben, so seien sie iezmals ußer
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dem deufelischen gewalt erlediget, und all ir marter und pein abgestellt, auch sie sellig und ewigclichen behalten, da sie sonst biß an jungsten tag hetten müeßen von den

1 [294] hellischen gaistern geplagt sein. Derhalben sie ime fleißig gedankt, mit vermelden, das sie den allmechtigen ewigclichen für ine und die seinen getrewlichen bitten wellen, und damit sein sie verschwunden.

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Diser grafe Friderich ist uf ain groß alter kommen und nach seiner rais daheim pliben, hat noch etliche jar in guetem friden gelebt. Er soll zu Stetten im closter begraben sein. Sein gemahl hat in überlept, die leut auch zu Stetten begraben. Solch frawencloster haben diser grafe
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und sein gemahl, die grefin, bei wenig jaren darvor gestift, namlich anno domini 1259; soll vorhin ain Johanniterhaus sein gewesen, welches aber in den verloffnen kriegen zerstört und in ain abgang kommen. Noch haben wir[14] ain teuren Schwaben, der auch ain
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sollicher landtfarer gewest, nemlich ainer von Bodma, ein ritter, hat ungefärlich zu zeiten des obgemelten grafen von Zollern gelept, von dessen thaten ain sonders capitel wer zu beschreiben. Dem selbigen ritter starb sein weib, und war aine von ..., hieß .... Die hett im geporen drei
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döchtern, waren verheirat, auch zwen söne, der ain, Conradt gehaißen, war noch unverheirat, der ander, Hanns, derselbig war über ain fiertel jhars nit alt, wie die guet fraw starb. Darab name ime der ritter ain solchen unmuet und bekümmernus, das er im fürsatzte, hinweg zu raisen
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und in etlichen jaren nit widerumb heim zu kommen; befalch derhalben seine baid söne, auch haus und hofe, dem allmechtigen Got und seiner lieben muetter. Damit zoch er darvon in frembde landt, in die haidenschaft, jar und tag, in welcher zeit er wunderbarliche sachen erfure, auch
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vil ritterlicher thaten [1311] begieng. Er ist nach langem uf solcher rais in ain grose wildtnus kommen, weit von aller mentschlichen wonung (zu achten, in denen lendern gegen miternacht, dann die alten das ußer unfleis nit verzaichnet). Als er sich nun seines leibs und lebens verwegen, ist er
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doch letzstlich seins erachtens an ain groß wasser oder ain mehr kommen, da er kain landt mehr gesehen. Da hat er seines vermainens ain mentschen gefunden, ain kleins mendle, das hat ine angesprochen, mit sich in ein behausung, mit

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[295] lauter laub und gras überwachsen, gefüert und mit essen und drinken wol gehalten. Mancherlai wein hat es im fürgesetzt, under anderm aber ain wein, welchen, da in der Hanns von Bodman versucht, er gesprochen, so er daheim
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zu Bodman, so welt er sprechen, es were wein von seinen reben oder seinem gewechs. Darauf das mendle gesagt, ja, es seie des weins und gewechs von Bodma. Dessen hat sich herr Hanns höchlichen verwundert und gefragt, wie das müglich, das er seins weins, der doch nit des
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bösten, in so verre und frembde landt kond zu wegen bringen. Da hat er im frei bekennt, es selbs sei kein naturlicher mentsch, sonder der Nebel, darumb könde er der mehrtails lendern den wein bekommen, und was oder wievil weins von dem nebel hin und wider in den weinlendern verderbt,
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das gang im zu nutz. Darneben hat er ine gelernt, so er zu ewigen zeiten seine weinreben zue Bodman vor dem nebel und schaden welle behüeten, so soll er im flecken Podma nimmer wider den nebel leuten lassen, wie dann sonst gemeinlichen beschicht, das man morgens wider den
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nebel zu leuten pfligt, den zu vertreiben; so soll er vertröst sein, das seinen reben zu Bodma kein nebel kein schaden nimmer thon werde. Das hat im der von Bodma verhaißen, darauf sein sie wider von ainandern geschaiden. Im abschidt hat im das mendle gesagt, es sei zeit, das er wider
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der heimat zu nehere, derhalben im herr Hanns versprochen zu folgen und sich uf die fart zu machen, als er auch gethon. Mitler zeit aber und er sich von haus gethon und sein junge söne daheim gelassen, do ist Lorenz keller gewest, wie dann beschicht, wa die katzen ußerm haus, so
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reihen die meus. Also da der guet alt herr von landt, do kamen die dochtermener und schweger sampt iren weibern mehrmals geen Bodma, und war alles trauren umb ire liebe muetter und schwiger schon hin und vergessen. Insonderhait so kamen dahin uf sant Johanns sonwendi abendt,
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welchs ain sampstags war, herr Hanns von Schellenberg, ritter, mit seiner hausfrawen Anna, geborn von Bodma, Heinrich von Blumneck mit seiner hausfrawen Adelhait, geborn von Bodma, und Gotfriden von Krehen sampt seinem weib, Cathrinen von Bodma. Dise alle drei waren
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schwestern und des alten herren Hannsen von Bodmans döchtern. Dise warden von irem brueder und schwager, Conradten von Bodman, erlichen und wol empfangen und gehalten.

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[296] Sie waren denselbigen abent ganz frölich, wenig bedrachtend den großen unfahl, auch den ellenden, erbärmlichen todt, der inen so nahe under augen gieng. Nach dem nachtessen fiengen sie an zu danzen und alle kurzweil zu
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haben. In dess facht an ain groß wetter über das schloß zu kommen, mit dondern, blitzen, ganz greusenlich, dess sich doch die obgehörten nichs annamen, sonder fortfuren. Also erzaicht sich gegen dem abent spat ain groß wunderzaichen alda, dann es liesen sich ganze feurige kuglen und sträl ob
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dem schloß sichtbarlichen sehen das solchs die wachter nit [1312] verhalten, sonder den edelleuten anzaigen muesten, und sie waren, die sich nichs daran kerten, sonder danzten, und liesen sich hieran nichs irren. Also zu angender nacht do liesen sich die feurinen kuglen herab, und schlug der
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donder mit obgehörten strälen dermaßen in das haus, das gleich das ober schloß und geheus aller voller feur, und als die alten schlösser einest mehrtails in die höche gebawen, nur mit hilzin stegen, ohne alle andere verborgne oder heimliche abgeng, versehen, da ware ainsmals jammer und
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große not vorhanden. Es war nit weil, da lange berathschlagung zu pflegen, dann da war kein hoffnung einichs heils, dann so etwar zu aller höche hinauß het wellen springen, das aber ain unmügliche sach alle bedaucht. Derhalben, als sie den gewalt und straf Gottes augenscheinlichen
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sachen, baten sie Gott umb gnad und verzeihung und ergaben sich gedultigclichen in den todt, der baldt daruf volget; dann die obgenannten vom adel und ire weiber verbrannen zu eschen sampt dem schloß, dergleichen noch drei frawen, die ain hieß Adelhait, war des jungen von
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Podmans, der noch in der wiegen lag, saugamma; die ander zwo, die ein hieß Lucia, die ander Anna, diese alle verbrannen sampt dem schloß. In allem jammer aber und mordlichen geschrai, wie wol zu gedenken, do hat die saugamma Adelhait den jungen Hannsen von Bodma in
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vil windlen und lumpen eingewicklet und in ain großen ehrinen hafen, der ungeferd domals oben im schloß an der handt gewesen, gesteckt und, als ir das feur ganz nahendt kommen, hat sie den gueten jungen im haffen in Gottes des allmechtigen, auch unser lieben Frawen namen zum
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laden hinauß geworfen, und wiewol es ain große höche, nochdann ist der jung im hafen wunderbarlichen salvirt worden und darvon kommen; dann er ist gleich von den nachpurn

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[297] und seinen verwandten erzogen worden, do man ime ußer großer erbermbde alle trewe bewisen. Und ist domals aller stamm deren von Bodma uf disem jungen gestanden, dann von dem alten niemands gewist, ob er lebendig seie
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oder todt. Dise geschicht ist beschehen an ainem sampstag s. Johanns des teufers abent spat gegen der nacht im jar, als man zallt 1307. Unlangs hernach diser erbärmlichen geschicht do ist der alt herr Hanns von Bodman wider zu landt kommen,
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iedoch am ersten gen Salmensweiler ins closter, dieweil er und seine vorfarn ire begrebtnus alda gehabt, zudem ime der abt auch sonderlichen wol bekannt war. Es behielt in der abt ain tag etliche bei im, das er in nit haim lassen wolt. Wie er aber lenger nit pleiben [wollt][15], do nam er
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ine uf ain ort, sagt ime alle ergangne geschicht, mit bösten glimpfen, bat in darbei, das er sollichs alles Got befelchen und dem allmechtigen danken [solle][16], das er seinem jungen sone so wunderbarlichen mit dem leben darvon het geholfen, mit weitern worten herzu dinstlich. Der alt herr Hanns
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vernam dise geschicht mit großem unmuet, verfüegt sich darauf heim, und als er alles[17] nach notturft erkundiget, do name er sein jungen son zu sich, den erzog er fürter mit allen trewen, und von dem selbigen Hannsen von Bodman sein alle von Bodman, so noch in leben, abkommen. Man
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zeucht noch heutigs tags uf Bodman den ehrin haffen, darin der jung zum schloß ist hinauß geworfen worden, der wurt zu ewiger gedechtnus alda behalten. Der alt herr Hanns von Bodma hat das verbronnen schloß nit mehr pawen wellen, sonder hat den berg mit etlichen renten und gülten
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unser lieben Frawen geschenkt und geaignet, auch das alles dem [1313] abt von Salmensweiler und dem closter übergeben, damit etlich fratres daselbst ewigclichen erhalten werden, die den gotzdienst ieben sollen. Das hat der abt angenomen, ain kirchen in der ehr unser lieben Frawen
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sampt ainer behausung darzu erbawen, und sein stettigs zwen conventual alda, wurt unser lieben Frawen berg genennt. Nach solchem hat herr Hanns von Bodman das schloß, so iezo auch Bodma wurt genennt, erbawen, uf den perg, da es iezo stet, und darin ain ganze übergülte stuben
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gemacht, aller braunirt, und von der zeit an do hat man

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[298] dem nebel nimmermer zu Bodma geleut, wurt auch noch also gehalten. Man waist auch dargegen, das der nebel von unverdechtlichen jaren dem wein oder den reben alda kein schaden nie gethon hat. Man sagt auch, es hab sich
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der alt herr Hanns mit seinem sone, als der erwachsen, verglichen, das hinfüro alle des stammens von Bodmen manspersonen sollen Hanns genempt werden, wie das bei unsern zeiten noch gehalten wurt. Also finden wir auch, das die grafen von Schwarzenburg in Düringen alle sollen
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Hainrich oder Gunthern genempt werden; dergleichen auch haltens die edelleut von Bünow[18] auch in irem geschlecht mit iren sondern geschlechternnamen. Ich hab von glaubhaftigen leuten mehrmals gehört, das noch zu unsern zeiten, da ain groß wetter zu Bodma sich erzaig, feurine lichtle und kugln
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uf den zinnen, thürnen und dechern sich sehen lassen, und so das beschicht, haben sie ußer der deglichen und vilfeltigen erfarnus darfür, das wetter thue kein schaden, und hab nur kein nott mehr. Zu achten, solche liechtle seien inen zu ainer gedechtnus und zu ainer sicherhait kunftigs
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brands gegeben, wie dann der regenbog gemeinem mentschlichen geschlecht ein zeichen ist des bundts, und das die welt mit keiner sündflut mehr soll gestraft werden oder zergeen. * [1516] Also befindt sich in der erfarnus, das sonst
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solche liechtlin, so man die zu zeiten sicht uf den techer und türnen, was glücklichs und guts bedeuten, das hat sich anno 154. . zu Costanz wol beschaint[19]. Kurzlich darvor und die clerisei nach dem schmalkaldischen krieg wider dohin einzogen, do hat man gleicher gestalt bei der nacht solche
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helle liechter uf dem münsterthurn ganz haiter gesehen, dergleichen auch haben die wächter etliche nächt im cor im münster singen heren, als ob man psallirte, wie wol niemands in der kürchen oder im cor gefunden. Bald darauf ist die clerisei aldo einkommen, und der gotzdienst widerumb
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ufgericht worden. In disem 1565 [jar][20], an ainem mitwoch zu nacht, war Allerheiligen abendt, do haben die wachter abermals etliche liechtle uf dem münsterthurn gesehen, an der zal sibne, haben hell gebronnen und sein also ein gute zeit von inen und ander erbaren leuten vermerkt worden. Man

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[299] verhofft, es sölle was glückhafts und guts bedeuten; was aber das sein, das wurt zu seiner zeit offenbar werden. Gar nache ain sollichs ist anno 1566 zu Margpurg, gleichwol mit mererm verwundern aller zuseher, beschehen uf des eltern
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landtgrafen hochzeit mit herzog Cristofs dochter von Würtenberg[21]. Do sein ains abends liechtlin schier uf allen decher und zinnen erschinen, auch, da die trommeter und andere musici geblasen, sein sie inen uf die trommeten gefallen und sie fast verhindert; gleichwol sie niemands
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gebrennt oder schaden geton. Das ist, wie billich, nit für ain klain wunderwerk und ostentum geachtet worden, und, wie man sagt, ist es sonst still dieselbig nacht, mit wenig freuden zugangen. Mancherlai sein die reden und juditia gewest hievon, und ist möglich, es werde über vil zeit
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hernach sich die bedeutung beschainen, wie dann ain alts und warhaftigs sprüchwort, das sagt: Gott und die natur schaffen oder thuen nichts one ursach. * Von der jemerlichen und kleglichen geschicht[22] zu Bodma sein von den alten nachvolgende reimen gemacht worden,
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uf unser Frawen perg gezaigt, also lautende:
O mentsch, bedenk diß kleglich geschicht!
Ist götlich, war und nit erdicht;
Do man tausendt dreihundert und sibne zalt,
War Bodmar schloß durch Gots gewalt
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Vom donderstral ganz ungestim
Zu grundt verderbt, wie ich vernim,
Und zehen personnen, verstet mich recht,
Siben waren von edlem geschlecht,
Zwo arm frawen und ain saugam,
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Und ain junges kindt von Bodmar stam
Wardt außgeworfen allain zur frist.
Darumb diß hofstatt ergeben ist,
Das götlichs lob da werdt verbracht,
Maria der jungfrawen auch gedacht,
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So iz alhie patrönin ist
Und für uns bit Got Jesum Christ.
Man sicht noch heutigs [tags][23], das der berg, darauf die cleglich geschicht ainest beschehen, ganz klein und eng ist, daruf ein eng haus mueß gewesen sein, das allain in die
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höhe, wie ain [1314] thurn erbawen, darumb auch feurs nöte und des wetters halb dester sorgclicher und gefärlicher.

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[300] Aber den eltesten landfarer[24], den wir in unsern hochen deutschen landen gehapt, darvon wir noch wissens, das ist der edel Möringer gewesen. Denselbigen wellen etlich, er seie ein Meichsner oder ain Sax gewesen, gleichwol auch
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ainer vor jaren mag gelept, so der Möringer hat gehaißen; soll zu Leipzig gesessen und in großem thon gewesen sein, wie man fürgibt. Aber diser unser Möringer ist ain Schwab gewesen und ain mechtiger landsherr; er hat sein haimwesen zu Munderkingen an der Tonaw, auch uf und umb den
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Bussen gehapt; gleichwol man sein geschlecht aigentlichen nit waist[25], aber vermutlichen so ist er ain graf des herkommens von Hapspurg, oder hat doch vast ain gleichfermigs wappen gehapt. So hat er auch sonst ain ander namen, dann der nam Möringer ist sein zunam gewest, wie die alten im prauch
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gehapt. Man sagt, er hab den namen vom stetlin Meringen an der Tonaw bekommen, alldo sei er geporen worden, welches von alter nit Möringen gehaißen, sonder Moringen. Das bezeucht des stetlins wappen und sigel, das sie von unverdechtlichen jaren hergebracht mit dem morenkopf. Nun
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diser Möringer, er habe gleich gehaißen oder sei ains geschlechts gewest, wie er welle, so ist er doch in ehren und zeitlichen güetern der vile gesessen, und dem es in allweg, nach der welt lauf zu rechnen, glücklichen und wol ergangen. Hat ain weib gehabt aines fürnemen geschlechts, und von
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deren schöne und frombkait vil wurt in liedern gesungen. In sollichem glücklichen zustande aller seiner sachen hat ine angefochten oder ist im also zu sinn kommen, das er den hailigen apostel sant Thomassen, den er all sein tag vorder in ehren gehapt, in India solle haimsuchen; derhalben er
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sein gemüet und willen seiner lieben hausfrawen eröffnet, und in wenig zeit darnach hat er sich allerdings zu der rais gerust, seinem gemahl die kind befolhen, sodann seiner nechsten vettern und verwandten, aim jungen grafen von Neufen, landt und leut; darauf, als er seim gemahl ain
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guldin ring gab zur letze, er auch ain andern, den mehlring, von ir empfieng, do raiset er darvon und war nit wenig jar

1 [301] uß, mitler weil er vil und manche länder glücklichen durchwandlet.

* [1197] Im abschaiden des Möringers von haus do gehub sich sein weib so innigclichen übel und weinet, das
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man sie tresten must; aber es ist ain alt sprichwort, das sagt:
D'hund hinken[26], frawen wainen und d'krenet schweren,
Doran soll sich aber niemands keren.*
Er kam über mehr und so weit in das inner Indiam,
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das er zu s. Thomas kam, da er sein gebett zu Gott dem allmechtigen verbracht und umb fürbitt zu dem lieben hailigen anruefet. Also wiewol er manche jar im selbigen landt umbher zoge, iedoch behüet in der allmechtige Gott ganz wunderbarlich, erhielt in, das im kain laidt beschach;
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wiewol er für und für nach seiner verprachten walfart gern, wo es sich ie hett schicken wellen, nach der heimat het gebracht. Hiezwischen kam der jung grafe von Neifen mehrmals zu seins herren, des Möringers, gemahl, wie im dann befolchen war, und wie man warlichen sprücht, das ganz
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ungewerlichen, wo man feur und stro zesamen laß nisten, es bleib nit lang, es nem doch zu letzt ain auspruch, das beschach da auch. Der guet jung herr der empfieng durch die deglich oder vil beiwonnung ein flammen einer liebe, vergaß der trewe, die er dem edlen, fromen Möringer
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versprochen, het ain nachtrachten nach der frawen, welche gedanken doch der fromen herz nit berüerten. Damit nun der graf von Neufen seinem fürgeben ein glauben fürbawete, do ließ er ain redt außgeen, auch durch potten und briefen ein vermaint wissen machen, [1315] der alt Möringer het die
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schuldt der natur uf dem weg bezallt. Wer war trawriger, dann die guet fraw? Iedoch, nachdem der dreißigest und ander sachen fürüber, do fiengen die freundt von andern sachen, wie die herrschaftsachen und anders hinfüro zu bestellen, an zu fragen und zu berathschlagen. Was soll ich
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sagen? Die welt ist die welt und bleibt die welt, so lang da stehet die welt. Der grafe von Neifen war ein junger hach, gedacht nur seim geferd nach und seinen begirden, het gar kein hoffnung mehr, das der alt Möringer, seitmals er vil jar außblieben, widerumb zu landt solt kommen,
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darumb warb er umb die grefin. Er kunt sein vorhaben der-

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[302] maßen fürgeben, das menigclichen der gueten frawen riethe, den heirat, so zu erhaltung landt und leut, auch zu nutz der kinder dienstlich sein megte, nit außzuschlagen oder zu verschmachen. Darum ward ain heirat abgeredt, und ain
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zeit, uf der die hochzeit beschehen sollte, ernempt. Sollichs alles konte der Möringer nit schmecken oder warnemen, der guet herr war denen sachen all zu weit. Derhalben, dieweil er sein vertrawen und sein willen in Gott satzte, do kunt im auch derselbig allmechtig und barmherzig über allen
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mentschlichen verstand und glauben wunderbarlichen zu hilf kommen; dann eben uf den tag, als der hochzeittag zum Bussen (wie man aigentlich vermeinen will, daselbst beschehen sein) fürgieng, und der Möringer in der ferren India in ainem garten lag und schlief, auch all sein gescheft Gott
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heimgesetzt, do kam im für im schlaf, es ruefte im ein engel von himl mit lauter stim: »Möringer, standt uf! dann kompstu nit bei zeiten zu landt, so wurt uf heutigen tag dein weib mit dem jungen grafen von Neufen verheirat.« Darab erschrack der Möringer, das er ime selbs vor laid sein
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growes haar und bart ußrauft. In allem unmuet, gleichwol er etlich tausendt meil wegs von heimat, iedoch in ainem moment[27] oder augenblick fand er sich wunderbarlich in deutschen landen, in seiner herrschaft vor ainer müle under seiner burg sitzen. Er sahe umb sich, kunt sich nit genug
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verwundern, wie das alles zugieng, iedoch konnt er sich in der landsart wol erkennen. Derhalben er dem allmechtigen Gott, wie billichen, lob und dank sagt. Gieng in die mülle hinein und fragt den müller, der in gar nit kont erkennen, was doch newer mer im schloß doben. Der sagt im von
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der hochzeit und alle gelegenhait, auch wie lengst potschaft kommen, das der Möringer, sein alter herr, in ferren landen umbkommen were, welches die hochzeit het befürdert. Also nach allem eingenomen bericht do bat er den müller, er wellt ime von seins alten herren Möringers wegen ins schloß
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helfen. Das bewilliget ime der müller, und zu allem glück war es eben zu der zeit, als man ob disch saß. Giengen sie mit ainandern für die purg. Der Möringer klopft an dem thor, bat den portner, der hochzeiterin anzuzeigen und ime zu erwerben ain gab umb Gottes willen, sant Thomas
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ehr und des alten Möringers sele. So baldt das der frawen

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[303] ob disch fürkame, erschrack sie und hieß doch den bilger einlassen und im güetlichen thuen, mit erpieten, ine ain jar lang von ires lieben herren selligen, des Möringers, willen zu speisen. Der Möringer der war unnutz vol[28], gieng in die
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hofstuben, da ine niemands erkante. Da setzt er sich nider und sache sein weib und kinder, auch sein vettern von Neifen in großem bracht ob disch sitzen. Er sahe auch allen frewden und kurzweiln zu, die den ganzen tag in der purg getriben wurden. Uf die nacht, als die hochzeitere zu bet
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wolt gon, kam der [1316] hofmaister und sprach dem Möringer zu, den er doch nit kant: »Wolan, bilger, es ist der sit, das ain ieder frembder ain hoflied singen soll.« Des underwandt sich der Möringer und mit schwerem herzen sang er under anderm dise wort:
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»In angst und not ain schöne fraw
Hat mich gepracht der welt zur schaw,
Ir trew an mir vergessen ward,
Das sie mein nit gewartet hat.
Hie fernd ain herr, iz bin ain knecht,
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Mir wurt ain alte schüssel recht.«[29]
Der frawen fieng ab disem singen an zu grausen, sie bedaucht, sie sollt die stim erkennen, und da nit vorhin ir pottschaft zukommen, das ir herr in frembden landen umbkommen, so het sie in darfür geschetzt. Sie kont die augen
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nit ab dem bilger lassen. Iedoch in solchem discurs hieß sie im in ainem vergülten becher zu trinken bringen. Das beschach. Da bedauchte den Möringer, es were zeit, das er sich zu erkennen geb, dann es eben an dem, das man die frawen zu bet wolt füeren, und möcht im leichtlich sein
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gesell von Neifen, do er lenger verzogen, in die schanz sein gefallen. Darumb, als er gedrunken, do zoch er angesichts iren aller sein mehelring herfür, den warf er in den becher und bot den dem hofmaister wider, bittend, das er der frawen den becher mit dem ring zustellen wellt.
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Wie nun dieselbig den ring im becher ersicht, do wardt sie von grundt ires herzen erschrocken, bedacht gleich die obgeschriben wort, die er gesungen, und erkant gleich iren alten herren. Darumb mit großem wainen und geschrai wüscht sie uf hünderm disch, fiel irem alten Möringer zu
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füeßen, umb verzeihung und gnad biten, und dieweil sie die

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[304] gelübt an ime verbrochen, mögt er sie ir lebenlang zur straf vermauren lassen. Der grafe von Neufen, ab dieser unversehenlichen ankunft seins frommen herren und freunds, des Möringers, vor schrecken mehr eim doten, dann aim
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lebendigen, gleichnendt, der kunt sich auch lenger nit enthalten, sein aigen gewissen trib ine, das er eilends herzu lief, und fiel uf seine knie, umb Gottes willen verzeihung begerend, thet ime selbs auch die straf ernennen, das er im[30] megt und sollt umb sein begangne untrew das haupt
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abschlagen. Was das für ain erbärmklichs spetakel und ansehen domals gewesen, ußer ainen solchen großen frewd urplützlichen in höchste traurigkait und wainen verendert, auch das die fraw und der edel graf, also erbärmclichen da kniend, umb gnad anrueften und das leben verwürkt und
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die straf verdient, begert und bekennt haben, das kan ain ieder verstendiger gedenken. Es waren auch die von der freundtschaft sampt den lehenleuten vom adel und die diener zugegen, deren mehrtails, auch der alt herr Möringer selbs, sich wainens nit enthalten kinden. Der guet, from
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alt herr kont sich aber selbs überwinden, verzeihe inen, hub sie baid uf von der erden und nam die fraw widerumb zu gnaden. Aber dem grafen von Neufen dem verheirat er sein jungste ledige dochter, gab sie gleich zusamen, deren hochzeit war noch desselbigen aubents und dann die
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volgenden tag mit großen frewden der beiwesenden freundt und nachpurn verricht. Wie lang aber bemelter Möringer nach diser geschicht noch gelebt und wann er gestorben, das ist lenge halb der zeit, auch ußer unfleis unserer eltern, in vergess kommen. Aber bei wenig jaren ist sein, des
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Möringers[31], rennfan, den er in kriegshandlungen gewonn was zu füeren, noch verhanden gewest; den hat ain alte edle fraw, genannt Veronica Spettin, zu Freiburg [1317] im Preisgew bei handen gehapt, mit dem wappen, wiewol die farben verplichen und schier gar abgangen gewesen. Über vil jar hernach sein
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die edlen grafen von Neufen, des römischen reichs jegermaister, umb ire güeter kommen und zu letzst abgangen, wie dann uf erden nichs bestendigs. Sie haben das frawen-

1 [305] closter Weiler vor Esslingen gestift, da ligen sie auch mit iren gemaheln begraben. *

* [1370] Es hat sich die herrschaft Zimbern nit allain etwas leiden müeßen in denen zollrischen vehden, sonder
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auch darvor und darnach von deren unruben wegen, so die herren von Geroltzegk, die Sulz ingehabt, anfiengen; dann do hat es für und immerdar newe hendel und durchzüg geben, und ist es gar nahe, wie es pfligt zu geschehen, vor den freunden unsicherer gewest und das man sich vor inen
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mer besorgen mießen, dann vor den feinden. Das hat ungefärlich die gestalt gehapt, wie hernach volgt. Es hat von vil jaren here ein besondere linia der herren von Geroltzeck zu Sulz dem stettle gewonet, die haben sich auch zerthailt, und dieweil sie nit sonders hochs vermegens, wie die
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andern, hetten megen sein, die den thail Geroltzeck mit seiner zugehörde besessen, do haben sie sich auch im stegraif, wie dozumal laider ein böser geprauch in deutschen landen, einsteils müeßen erneren, welchs sie nit allein zu ruhe gepracht, sonder auch sie seind dessen umb leib und
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guet kommen und zu letzst in armuot gestorben und verdorben. Es begab sich auch sonst umb dise jar ain sach, darein sich die von Geroltzeck mit etlichen herren und vom adel einmüschten, dessen doch inen wol überblieben. Das trueg sich also zu. Nachdem die verainigung, so die grafen
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von Würtemberg mit den reichsstetten hetten, ein ort, do ward ain edelman, mit namen Conrad von Bebenburg (seine vordern sein freiherren gewesen und in guetem vermegen), der kam in groß irrung mit der statt Schwebischen-Hall. Die hetten ime etliche underthonnen und arme paursleut
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gefangen und zum todt gepracht. Desshalben so namen sich etlich freiherren und ain großer adel seiner an wider die statt Hall und ir mitverwandten stett, die understanden sich inen großen schaden zuzufüegen, wie sie auch theten. Es sagten ob den zwaihundert ritter und vom adel den
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stetten ab, und ward ie ainer des andern helfer und helfershelfer. Insonderhait so kammen die von Geroltzeck mit dem schloß und der statt Sulz auch in disen liga. Hierauf, als die Frankforter fastenmess verschinen, und vil kaufleut, auch ain groß guet uf wegen nach Ulm raiste, und kamen
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von Geppingen uß in das Filstal in deren von Ulm gelait, do hett die ritterschaft ein starken raisigen zeug verholen ufpracht, mit denen satzten sie in die kaufleut und deren

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[306] von Ulm söldner, so sie und die güeter verglaiten sollten. Aber sie entritten inen mehrtails geen Gengen in ain kirchof, das über acht oder neun kaufleut nit niderlagendt, die überigen kammen darvon. Aber etlich wegen wurden nider
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gelegt, ufgehawen und allerdings beraupt. Die von Ulm und ander ire mitverwandten stett und pundtsgenossen die hetten darab nit wenig beschwerdt, rusten sich auch in die gegenwere. Iren hauptman war von Ulm ainer, genannt Walther Ehinger. Mitlerweil saßen die fürsten still und sahen durch
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die finger, wo das wetter hinauß welt. Also triben die stett und der adel sollich schnapen uf ainandern wol bei anderhalben jar. Zu letzst mocht der adel vor dem vermegen der stett nit ufkommen, und warden inen etliche gueter schlösser mit gewalt abgetrungen, als namlich Mayenfels,
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Wasserburg und ander. Do fieng es erst an [1371] den adel zu rewen, das sie das spill so hoch angefangen und sich des von Bebenburgs handel so vil beladen. Darumb so zoch ain ieder, der mocht, den kopf ußer der halfter, und wardt ie ainer nach dem andern ußgesünet, und zu letst durch
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underhandlung marggraf Carls von Baden wardt die ganz vecht zu Costanz gericht im jar 1445. Neben dem do het sich herr Hainrich von Geroltzeck insonderhait mit dem vil unrüebigen man, Hannsen von Rechberg, wider die reichsstett in ein vehde eingelassen, das inen
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dann ein zeit lang glücket. Aber es trachteten die stett immerdar nach irem vortheil, insonderhait die von Rotweil, die waren haimlich mit iren burgern zu der angenden nacht uf, beschach an sant Elsbethen tag im jar 1454, kamen in aller frue geen Sulz. Da schloffen sie mit großer mühe
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unversehenlichen durch die schwibogen, da das wasser hinauß fleust, in die statt, das sein niemands gewar wardt, biß das ain geschrai außgieng. Do fiel herr Hanns von Geroltzeck, der auch ain tail in der statt inhett, sampt Hannsen von Rechberg und seinen geraisigen und was er in der eil
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ufbringen mecht, über die mauren uß, kamen darvon, wie kommerlich das beschach. Also stelten inen die Rotweiler nach. Herr Hanns von Geroltzeck verfüegt sich in der eil zu den grafen von Würtemberg, dergleichen thet auch die witfraw von Gundelfingen, herr [Georgen][32] von Geroltzeck
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selligen hausfraw. Die rueft herzog Albrechts von Öster-

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[307] reichs stathalter an umb hilf und rath, dann der herzog dozumal nit bei landt, und gieng die guet fraw die vehd nichs an, mit solcher unruhe nichs zu thuen. Hierauf do bewarben sich die grafen von Würtenberg, dergleichen des
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herzogen amptleut, mit reuter und fueßvolk, zogen in eil und mit eim kriegsvolk für Sulz; man bracht auch das groß geschütz von Stutgarten. Der oberst, so das kriegsvolk under ime het und durch dessen anschleg alles zugieng, das war der hauptman zu Rotenburg, ein erfarner ritter und ain
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gueter kriegsman, herr Hanns von Emps; bei ime war Friderrich von Weitingen. Es kamen auch inen zu hilf die edelleut in der gesellschaft s. Jörgen schülts im Hegew, dann herr Hanns von Geroltzeck auch bei inen was. Wie sich nun die vor der statt gelegert, do understande sich herr
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Hanns von Emps, mit seinem kriegsvolk was gegen der stat fürzunemen. Derhalben, wie sich die Rotweiler zum wenigisten ainiches überfalls oder angrifs versahen, do fiel er bei nacht in die vorstatt, die nam er ein, trib die feind darauß, damit sich niemands mehr diß orts hett zu befaren.
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Do das die Würtembergischen sachen, do wolten sie auch nit die wenigisten sein und, seitmals sie die artolei[33] bei handen und sonst in allweg mit aller kriegsrustung wol versehen, do fingen [sie][34] vom siechenhaus einher die statt zu beschießen, auch in ander weg das schloß zu stürmen und zu netten.
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Do nun die Rotweiler den ernst sahen und dabei von kainer rettung hören kunten, do begerten sie sprach zu halten. Hieruf wardt ain teding mit inen getrofen, das sie mit ir haab und guet sollten und megten abziehen, und das alle gefangnen beiderseits ledig weren, auch was sie den feinden
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abgetrungen, das sie das behalten und mit darvon mechten nemen. Darneben ward beredt, das sie den zwaien herren von Geroltzeck, herr Johannsen und herr Jörgen, dergleichen der frawen von Gundelfingen tail ganz und gar ohne allen iren schaden wider eingeben sollten, den vierten tail aber,
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der feindt war und herr Hainrich von Geroltzeck hett zuzugehördt, der sollt herzog Albrechten und den grafen von Würtemberg zusteen; auch solt Sulz das schloß und statt hinfüro sich wider Österreich, Würtemberg und die stett [1372] nit gebrauchen lassen, sonder neutral sein. Das waren
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ungefär die hauptartikel des vertrags. Demnach zog menig-

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[308] clich ab, dann es gar kalt war, zu veldt zu ligen der zeit, als namlich umb s. Andres tag. Es war auch diser bericht von baiden thailen nit unzeitig angesehen; dann solt sich die belegerung lenger verzogen, so hetten sich die Rotweiler
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in die harr nit erweren kinden; es war auch schon alle profiant ufgangen, und hetten nichs mehr zu essen gehapt. Dargegen solten sie in der güete zerschlagen und uf etlich wenig tag weiter verzogen, so waren schon die andern reichsstett der conföderation in der rustung. Die hetten
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ufgemanet, die halb hilf su schicken, und so das beschehen, het es ain rechten krieg geben, dessen nit allain die stett und die herrschaften, sonder auch alle vernachpurten wurden gewar sein worden. Uf sollichs ließ man die Rotweiler mit aller haab abziehen. So wolten die hauptleut von irer
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herren und obern wegen die erbhuldigung von herr Hainrichs von Geroltzeck underthonnen und hünderseßen zu Sulz und in den zugehörigen dörfern nemen laut der abrede, do wolten die selbigen die nit erstatten, es were dann, das sie des vorigen aidts von herr Hainrichen weren erlassen, welches
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sie herr Hainrich nit entschlagen. Darumb die Österreichischen und Würtenbergischen dieselbigen all gefengclich annamen, fürten die geen Rottenburg und Tibingen. Da warden sie in türnen ganz sicherlieh behalten, das sie zu letzsten fro wurden, das sie sehwueren. Im nachvolgenden jar,
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anno 1455, do wardt die sach durch den römischen kaiser wider gericht und vertragen. Es haben sich hernach die gueten herren von Geroltzeck mit irer unrüebigen weis gar umb Sulz gebracht, das Würtemberg solchs allerdings eingezogen; hat auch das
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füro behalten, und das die gestalt gehapt. Der letzst herr von Geroltzeck der linia von Sulz hieß herr Hanns, sein muetter was herzog Reinolts von Irslingen schwester, und dieweil Würtemberg, wie vorgehört, ein offnung im schloß zu Sulz hett, do begert graf Eberhart von Würtemberg im
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bart (wardt darnach der erst herzog von Würtemberg), das im herr Hanns von Geroltzegk einmals offnung geben und seine diener einlassen wellt. Das hat herr Hanns gethon und graf Eberharten vertrawt, auch ime seine diener, vom adel und sonst, so graf Eberhart darzu verordnet, uf ain
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gelobten und versigelten burgfriden in das schloß zu Sulz eingelassen. Do hat der graf ganz unversehen herr Hannsen das schloß über bemelten burgfriden und darnach die statt

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[309] und herrschaft Sulz einnemen lassen. Herr Hannsen von Geroltzeck hat er gefengklich geen Urach gefürt und daselbst zwai jar in schwerer gefengknus enthalten, iedoch zu letst wider ledig gelassen. Sollichs einnemen Sulz und
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gefengknus ist beschehen anno 1480, und, wie man sagt, soll Würtenberg kain ander ursach oder deckmantel seiner ungetrewen handlung fürgewendt haben, dann das herr Hanns von Geroltzeck der zeit des einnemens ein verschribner ächter seie gewesen. Also hat Würtemberg die herrschaft Sulz
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auch verschluckt, wie andere grafschaften und herrschaften mer, hats also ingehapt vil jar, biß es doch nach langem dahin kam, das herzog Ulrich von Würtemberg durch den schwebischen punt vertreiben. Do habens die baid herren von Geroltzeck, gebrüeder, herr Gangolf und herr Walther,
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auch wider eingenommen und, so lang das landt[35] Würtemberg in des haus Österreichs handen und gewalt, das behalten. Wie aber bemelter herzog von den schmalkaldischen stenden widerumb eingesetzt, do muesten sie weichen. [1373] Es ward ain tag darumb zu Rottenburg gehalten,
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darauf herzog Ulrich von gemainen grafen und herren, auch derselbigen panksverwandten, baider herren von Geroltzeck halben angesucht, damit sie bei Sulz bleiben megten, und erpotten sich die baid herren vil gegen Würtemberg. Aber es mogt nichs verfahen. Also steen sie der herrschaft noch
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in mangel, gleichwol sie deren sich noch nit verzigen, sonder sich noch darvon schreiben.[36] In der underhandlung zu Rottenburg, als die graven und herren melden liesen, under anderm des herkommens halben Geroltzeck, auch das solchs ain alts geschlecht, wol hergepracht und dem haus
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Würtemberg wol ansteen megt, da ließ der herzog frei daruf reden, was sie im vast vom herkommen Geroltzeck dörften anzaigen und das geschlecht so hoch herfür ziehen, weren sie doch nur edelleut vor jaren gewesen, darin er inen doch höchlichen unrecht gethon, dann man das widerspill waist. Es
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waren unter den anwesenden grafen und herren dozumal zu Rottenburg, so die köpf zusamen stießen und sprachen, sie wisten sich nit zu erinnern, das die herren von Geroltzeck von alter weren edelleut oder für newe herren ihe geachtet worden, das were aber offenlich, das die von Würtenberg
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new herzogen und ires herkommens nit mehr, dann

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[310] grafen, auch nit der eltesten weren. Also müesen die von Geroltzeck der herrschaft Sulz noch entraten, die sie doch ob den dreihundert jaren haben ingehapt. Man findt in den geroltzeckischen historien, darin fürgeben, die alten herren
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von Geroltzeck das stettlin Sulz am Necker erstlichs erbawen haben, nachdem sie den salzbronnen aldo gefunden, und hab der selbig bron dem stettlin ain ursach geben, das es von den herren darum dohin erbawen sei worden, und sei gar nit kantlich, das die graven von Sulz iren namen von diesem
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Sulz haben. Dorin sie doch sich größlichen irren, dann nichs gewissers, dann das die graven von disem Sulz am Necker iren namen und herkommen haben. Das bezeugt die stiftung des closters Alperspach uf dem Schwarzwaldt, das sie als die mitstifter auch etlichen grund und boden
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darzu geben haben. Es gibt auch dessen nit ain klaine anzaig das schloß zu Sulz, das mit seinem rechten namen nit Sulz, sonder Allwigk haist, wie dann under denen graven vil und schier der merertail also haben gehaißen. So haben auch dise graven die herrschaft Neckerburg bei etlich hundert
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jaren ingehapt, und ist inen sonder zweifel bei zeiten des römischen königs Conradi das hofrichterampt zu Rotweil, als den nechstgesessnen graven, erblichen verlihen worden. Die sich auch vor jaren stettigs zu Rotweil oder Neckerburg enthalten; gleichwol sie vor vil jaren auch iren sitz
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zu Wildeck gehapt, das die edelleut von Weitingen iezmals von inen zu lehen tragen; darzu auch die andern ire lehen umb Rotweil und den Necker gelegen sein. Das aber die herrschaft Sulz ußer der graven handt kommen, das ist nicht seltzam, dann wievil seind deren geschlechter, die sich
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also durch langwürigkait der zeit, auch durch krieg, übel hausen und auch ußer andern ursachen nit verendert und umb ire alten güeter vorlengst kommen sein? * [1546] Die fürnemest ursach, darum die herrn von Geroltzeck umb die herschaft Sulz kommen, hat die gestalt
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gehapt. Her Hanns von Geroltzeck hat ain alten raisigen knecht gehapt, der ime vil jar gedienet, mit dem ist er zu unfriden worden, hat den mit ungnaden beurlaubt, auch seines los nit bezalen wellen, sonder also mit ainem unlieb von ime kommen lassen. Derselbig knecht hat sich zu grave
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Allwigen von Sulz gethon, so domals sich den merertail zu Neckerburg und zu Rotweil enthalten; dem gab er sein vorderung und ansprach, so er wider Geroltzeck anmast,

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[311] (wie es dann zu denselbigen zeiten vil also gepraucht worden) zu kaufen, und wiewol die baide herren, Sulz und Geroltzeck, der zeit sonst nit wol zusamen sahen, oder ain vertrawen zusamen hetten, so war doch zu besorgen, das sie durch
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sollich mittel in noch größer irrung und weiterung erwachsen. Dieweil dann herr Wernher freiherr zu Zimbern in einem besondern vertrawen bei den beiden partheien war, nam er sich der sach mit allem ernst an, damit sie gütlichen vertragen, und alle unnachpurschaft oder unruhe, so hierauß
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sonst het erfolgen mögen, vertragen were. Derhalben sucht er bei inen umb einraumung der gütlichkait, welche ime von inen baiden bewilliget; herauf er sie gen Oberndorf vertaget, seitemals es alda ain unparteiischer blatz und der baiden tailen ungefährlichen in gleicher distanz gelegen.
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Uf den bestimpten tag kam her Hanns von Geroltzeck wol mit etlich und zwainzig pferdten, ganz wolgerust, wie domals der sitt, gen Oberndorf uf den tag. Es kam auch graf Alwig von Sulz, gleichwol nur mit fünf pferdten und darzu gar nit gerust. Dess überhub sich herr Hans von Geroltzeck
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und sprach zu graf Allwigen, so baid er ine ansichtig: »Wolan, Alwig, so du so stark werest, wie ich, wie woltest dich gegen mir halten?« Graf Allwig war ein sittiger und geschwinder man, gab im kain andere antwort, dann aller gepüre. Herr Wernher von Zimbern, der dagsherr, war
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zugegen, wie dise reden ergiengen, und besorgt, es wurden sich deren reden noch mer begeben, dardurch leuchtlichen andere weitleufigkaiten volgen mögen; darumb, sie uf dißmal mit friden von ainandren zu pringen, do richtet er an, das sie vor der handlung in die kürchen solten gehen zu
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Sant Micheln und mess heren. Das beschach. Aber graf Allwigen dem rochen des herr Hannsen von Geroltzecks seins vermainens hochmütige reden noch in kopf; der verhindert sich mit fleiß und thet dergleichen, als ob er inen nachfolgen wollte. Aber er het ain anders im sin, saß uf
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seine ross und rit wider darvon den weg, den er kommen war. Sollich absentiren nam her Hanns von Geroltzeck zu noch ainer gröser verachtung uf und war über alle maßen übel zufriden. So verschmacht es auch herr Wernhern von Zimbern nit wenig, das sein gutherzige wolmainung seines
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erachtens von baiden tailen nit recht wollt gemerkt oder verstanden werden. Aber die gütlichkait war hiemit zerschlagen, und behalf sich hinfüro ein ieder gegen dem andern,

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[312] was er mögt. Grave Alwig war dem knecht, als dem cleger und hauptsecher[37], zu aller möglichkait beraten und beholfen, am hofgericht zu Rotweil und sonst, wo er konnt. Dieweil dann herr Hanns von Geroltzeck ein gar hochstreußer man,
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darneben aber ain bese, faule sach het, do kam er zu letst am hofgericht in die acht und aberacht; und wiewol er sonst von allen nachpurn sicher und sich wenig het zu befaren, so untername sich doch Würtemberg der execution, dann graf Allwig verkauft graf Eberharten von Würtenberg
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sein ansprach und erlangte rechten. Solchs bestettiget kaiser Friderich. Durch den ward Sulz die statt und das schloß darob, so Alweg genannt, eingenommen, auch herr Hanns von Geroltzeck selbs gefangen und gen Urach gefürt. Man sagt, die würtenbergische reuter, die befelch gehapt,
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das schloß einzunemen, die haben ire kundtschaften so gut und gewiss gehapt, das sie erfaren die zeit, das die thor am schloß müsten geöffnet werden von wegen etlicher zimmerhelzer, die herr Hanns zum baw hat wellen geprauchen. Und mit dem selbigen holz do trangen die würtenbergischen
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reuter auch mit hinein, wiewol sich her Hanns von Geroltzeck dessen zu graf Eberharten von Würtenberg, als zu seinem herren, gar nit het versehen gehapt. Nachdem Sulz, schloß und statt, ingenommen, do hat graf Eberhart an herzog Sigmunden von Österreich, den curfürsten bei Rhein,
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margraf Caroln von Baden, an die bischof von Straßburg, Basel, Costanz, Augspurg, an die Aidgnossen, herr Petter von Hagenbach und den merertail reichsstett in Schwaben derhalben schreiben ußgen lassen und die ursachen, warum er Sulz einnemen müßen, erclert. Ob das nur also sei
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allerdings beschaffen gewest, das laß ich bleiben. Man weist zimlicher maßen, wie das land Würtenberg zusamen gelesen, lauter grafschaften und herschaften, sein sie, die grafen, auch selbs anfangs in keinem sonderlichen [1547] hohen thon. Aber der zwitracht under den grafen, herrn[38],
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und denen vom adel hat Würtenberg uf die füß und in das increment, wie iezo, vor auch gen gepracht; und wiewol zu unser zeiten die clöster dem camergut incorporirt, so ist doch ain zweifel, ob der fürst darum dester reicher sei[39], oder ärmer. *



  1. Haigerloch und Sulz] correctur von anderer hand für das gestrichene »Hechingen«; man sollte eher Sulz und Haigerloch erwarten.
  2. herrschaft Haigerloch] s. darüber Lichtschlag, Urkunden zur Geschichte der Herrschaft Haigerloch im 14. und 15. Jahrh., in Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Hohenzollern, VI. Jahrg. 1872/73, s. 3 ff.
  3. Diomedis] s. Homers Iliade z. 236—237; Gellius, Noctium atticarum 1. I, 23; Horaz, satyre I, 1, 17; Martialis, Epigrammatum 1. IX, 96; Erasmus, Epitome Adagiorum (Paris 1583, 8°.) I, s. 259.
  4. mirmidones] hier = ameisen, von μύρμηξ.
  5. 1439] die minderzahl 39 ergänzt; er starb nach Barth, Hohenzollernsche Chronik s. 160, den 21 Sept. des genannten jahrs.
  6. Grave] bis 1476, [z. 36] von anderer hand beigefügt.
  7. Nagolt] d. i. im kloster Reuthin, s. Schmid, Hohenberg s. 324.
  8. 1476] Schmid a. a. o. kennt das jahr nicht genau.
  9. Oedipodas] s. Martialis Epigrammatum liber IX, 25, 10.
  10. Es hett] bis in abgang komen [294, 13] ist abgedruckt von Uhland in Pfeiffers Germania IV, 93 ff.; die sage ist nach dieser chronik erzählt von Barth, Hohenzollernsche Chronik s. 103 ff.
  11. vergessen] Udalhilt war eine gräfin von Dillingen, s. Stillfried und Märcker, Hohenzollerische Forschungen s. 125 ff.
  12. Pacolets ross] nach Liebrechts mittheilung (Germania XIV, 390) ist jenes hölzerne ross des zauberers Pacolet gemeint, auf welchem in dem französischen ritterbuch »Valentin und Orson« Valentin durch die lüfte fliegt. Noch jetzt sagt man auf französisch von jemand, der rasch herläuft: »C′ est le cheval de Pacolet;« vgl. noch hiezu Germania XVIII, 179.
  13. man] dürfte zu ergänzen sein.
  14. wir] die folgende geschichte bis zergeen [298, 23] ist in Pfeiffers Germania IV, 67 bis 71 abgedruckt. Ueber diese und die übrigen bodmannischen sagen s. noch Schönhuth, Burgen Badens II, 240—271.
  15. wollt] fehlt in der hs.
  16. solle] fehlt gleichfalls.
  17. alles] hs. alle.
  18. Bünow] hs. Buuow.
  19. beschaint] s. Uhland in Pfeiffers Germania IV, 71, anm. 60.
  20. jar] ergänzt.
  21. Würtenberg] hs. Wurtenburg.
  22. geschicht] hs. gesicht.
  23. tags] fehlt in der hs.
  24. landfarer] diese sage über den edlen Möringer ist stellenweise abgedruckt von Uhland in Pfeiffers Germania IV, 95, wo zu vergleichen; die erzählung beruht theilweise auf dem bekannten liede »der Möringer;« über dessen ausgaben s. Gödeke, Grundriß s. 87.
  25. nit waist] er war ein graf von Marstetten; s. Stälin a. a. o. II, 576.
  26. D'hund hinken] s. Simrock, Sprichwörter s. 233.
  27. moment] hs. monat.
  28. unnutz vol] vielleicht unmäß vro.
  29. vgl. Uhland, Volkslieder, nr. 298, s. 781, 31.
  30. im] hs. in.
  31. Möringers] über die sage vom edlen Möringer und über die grafen von Marstetten s. Stälin a. a. o. II, 575 anmerk. 2 und 576; Eggmann, Geschichte des Illerthales s. 304 ff.
  32. Georgen] die lücke der hs. ergänzt.
  33. artolei] d. i. artillerie.
  34. sie] fehlt in der hs.
  35. landt] hs. lang.
  36. vgl. Beschreibung des Oberamts Sulz s. 132 ff.
  37. hauptsecher] hs. hauptseher.
  38. herrn] hs. herr.
  39. sei] hs. sein.