Zimmerische Chronik/Band 1/Kapitel 83

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aus: Zimmerische Chronik
Seite: Band 1. S. 616–631
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Wie herr Wörnher[1] und her Johanns Wörnher, gebrüeder, freiherren zu Zimbern, am churfürstlichen hove zu Haidelberg erzogen, denen der alt herr Gotfridt von Zimbern die herschaft vor Waldt vor hovegericht
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vermacht, und wie herr Wörnher Oberndorf mit der zugehörde widerum eingenomen.
[A204b] Herr Veit Wörnher freiherr zu Zimbern ist in seiner jugent sampt seinem brueder, herrn Johannsen Wörnhern, in ir aller vertreiben an pfalzgrave Philipsen hove, wie
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hieob gehört, kommen, alda sie baide gebrüeder, bis sie erwachsen und zu iren tagen kommen, sich enthalten. Es hat der fromb churfürst ain solche gnad und liebe zu inen gehabt, das er sich mermals gegen inen, ir vatter zu sein und, soverr im möglich, inen zu irem vätterlichen erb
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und gut widerumb zu verhelfen erpotten. Es haben sich auch baide gebrüeder der underdienstparkait und freundtlichait gegen dem churfürsten, denen jungen fürsten, auch dem

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[617] ganzen hovegesind beflissen, das sie die gnad bei denen fürsten erhalten und bei menigclichem ain lob und ain besondern genaigten willen bekommen und dardurch vil dahin bewegt, inen, wie hernach gehört wurdt, zu dienen und zu
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erobrung ires vätterlichen erbs beholfen zu sein. Und fürwar, so ist herr Veit Wörnher ain geschickter, weltleufiger und geschwinder herr worden, der zu schimpf und ernst also in siner jugendt zu gebrauchen gewest, der allen erlittnen unfaal mit großem lob widerbringen het mögen,
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soverr im Gott das leben lenger gegunnet und nit also in blüeender jugent ausgelöscht und umbracht were worden. * [1269] Welcher historias und die warhait beschreiben, derselbig soll nit außlassen, das im gefellig, oder außer affect zu lieb oder laid zu schreiben, sonder vilmehr, wie
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es die gelegenhait gibt, soll er one alles schewen, es treff an gleich publica oder privata negotia, eröffnen. Als herr Johanns Wernher in seiner jugendt sampt graf Jörgen von Bitsch, schenk Jörgen von Lümpurg und ander noch am pfalzgrevischen hof gewesen, begab sich ainsmals, das dise drei
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herren mit dem alten pfalzgraven Philipsen, irem herrn, geen Germershaim komen; die wurden alle drei in ain herberg losiert. Nun het es ain hipsche magt in der herberg. Mit der macht graf Jörg kuntschaft und beschaidt, wann und zu welcher zeit sie nachts zu im ans bett kommen sollt;
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wiewol er das haimlichen practiciert; und damit weder herr Johanns Wernher oder schenk Jörg das wissen sollt, name er sich ainer zugestandnen krankhait an und begert an seine beed vettern, sie wellten ine in seiner chammer rüebig lassen. Das bewilligten sie im baid. Aber nit waiß ich, was herr
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Johanns Wernher markte. Er hette acht uf die sach, und wie graf Geörg in opere operato, schlich er haimlich in die chammer zum bett, greift geschwindt under die decke und ergreift graf Jörgen, der alberait in allem handel, den dolchen. Den reibt er ainmal oder zwai wol umbher und reist
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in uß der schaiden. Graf Jörg ward übel zufriden und wonte, die magt hett es gethon, er müest das bleiben lassen. Aber es geschach zum zwaiten oder dritten mal mit großer ungelegenhait. Do markt erst graf Jörg, das ain anderer im spill, und verdacht gleich herr Johann Wernhern oder
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schenk Jörgen. Derhalben wüscht er eilends uf und eilet in irer chammer. Aber herr Johanns Wernher het vorhin sein beschaid gemacht, das man ine in seiner chammer ein-

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[618] ließ und zuthet Graf Jörg kam an die chammer, klopfet und hett ain wild geschrai, wolt jamer erstellen. Man ließ in doch ein und hört in; es wolts aber niemandts gethon haben oder schuldig sein, sonder wen er fragt, der sprach:
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»Lieber, zeich hin! bistu voll, so leg dich schlaffen! wiltu balgen, so suech ain andern! laß uns zufriden! Du nimpst dich krankhait an, aber es hat ain andere mainung.» Mit disen und andern spaiworten fertigeten sie den gueten graf Jörgen ab, das er von seim zorn lassen und abschaiden
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mueste. Wie er nun wonte, er welt die magt wider in seim bett finden, do war sie verstoben und ußer herr Johannsen [1270] Wernhers gescheft und anrichten von den stalknechten ufgefangen worden. Die hielten den rest. Der guet graf Jörg muest dieselbig nacht pacienz halten und verdrucken.
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Er markt wol, wie es zugienge; aber es ward im alles so artlich verschlagen, das er mit glimpf nit wol weiter oder mehr zürnen kunt. Gleichwol in ainer kürze hernach, als etlich frembd fürsten und fürstinen mit aim großen frawenzimmer zu Haidelberg ankommen, denen dann der alt
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pfalzgraf ain sonder lust mit aim jagen machen wolt, do braucht sich graf Jörg von Bitsch und richt die sach dahin, das vor allem frawenzimber herr Johanns Wernher in ainem großen wiltgarn sich und sein pferdt beschlug und zu haufen fiel, das ine das frawenzimer zum thail mueßte ußer dem garn
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schneiden, dess er sich dann übel schampte; und damit wonte er sich genugsam haben gerochen. Dergleichen handlungen haben sie am hof mehr gehabt. * * [1270] Graf Jörg ist hernach für sich selbs gewest, keinem herrn mehr gedienet, allain so kaiser Carl ain erlichen
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zug vorhanden, ist er uf sein rappen mitgezogen one ainiche besoldung. Deren züg er vil gethon. So hat er auch kain eheweib nit genommen, auch kain leibserben verlassen. Sein vetter, graf Jacob von Bitsch, hat die landtschaft mit seinem willen eingenomen und im darvon ain leibding geben.
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Zuletzst sein ime der leibs anligen sovil zugestanden, das er sich aller welt abgethon und in die Carthaus bei Freiburg kommen, gleichwol den orden nit angenomen. Etlich jhar ist er darin gewesen und gestorben anno domini [1559][2]. Der allmechtig verleihe ime ein fröliche uferstehung! *

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[619] Nun hett herr Gotfridt freiherr zu Zimbern die herschaft vor Waldt, ausgenommen Oberndorf mit seiner zugehördt. Uf solch herrschaft het grave Hugo sein prattik auch gemacht, dann er an Messkirch, Oberndorf und andern
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zimberischen güotern sich nit seetigen oder beniegen lassen, vermaint, das überig auch zu überkommen; dann er im ihe fürgenomen, [A241a] demnach er und seine gebrüeder mechtig an land und leuten als inhaber der graveschaften Hailigenberg, Sigmeringen, auch deren herrschaften Messkirch,
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Trochtelfingen, Jungnaw und Oberndorf, ain fürstlichen titel anzunemen, wie ich dann solchs zum oftermaln von ainer person, grave Hugon ganz nahe verwandt, gehört, das im aber von seinem brueder, [301] grave Jörgen, nit bewilliget worden. Derhalben er, grave Hugo, vermaint, die herrschaft Zimbern
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vor Waldt zu aufnung und weiterung seins newen, kunftigen fürstenthumbs vermög der vermainten declaration auch zu überkommen, und sich berüembt, so baldt herr Gotfridt mit tod abgienge, welte er sine herschaften und güetere auch einnemen. Als solchs herr Gotfridt glaublichen bericht, hat er
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ain herzliche beschwerdt, und nit unpillich, darab empfangen. Damit aber und iezerzelts grave Haugons unersetlichs und tirannisch fürnemen verhindert, fand er bei seinen herrn und freunden in rat, dieselbigen seine herrschaft und güetere vor dem kaiserlichen hofgericht zu Rotweil seinem vettern,
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herrn Wörnhern, und dessen geschwistergiten zu vermachen. Solchem rat er gevolgt, und ward die übergab vor dem hofgericht approbirt, und nam grave Jacob von Tengen, der mit urtl und recht den jungen herrn zu vogt erkennt, solche übergab an. Herr Gotfridt hett ain solchen
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vetterlichen, getrewen willen zu seinem stammen und nammen, das er willens, soverr das pfalzgrave Philipsen für gut ansehe, seinen vettern die underthonen schweren lassen. Zu solcher handlung hat bemelter pfalzgrave ain verstendigen vom adl, den amptman von Ortenberg, auch den amptman
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von Geroltzegk, als domals inhaber derselben herrschaft, herrn Wörnhern hierinnen beraten zu sein, gelihen. Aber in kürze, nachdem der tag zue [A241b] Augspurg, wie vor gehört, vergangen, hat die königclich Majestat abermals tage zwischen Zimbern und Werdenberg auf Viti anno
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vierzehenhundert sechsundneunzige an Ir Majestat hove, wo der zu selber zit sein wurde, angesetzt. Dahin haben herr Gotfridt der alt, auch herr Wörnher aus rat des churfürsten

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[620] bei Rhein ain doctor und Lorenzen Münzern von Sünchingen als anwalde mit bevelch und instruction abgefertiget. Dozumal hat die künigclich Majestat mit denselben weiters nichts handlen lassen, dann das sie, die anwäldte, in
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obermelts graf Hugons von Werdenberg fürschlag bewilligen, wölte alsdann Ir Majestat die partheien vertragen. Sollichs haben die zimberische anwäldt nit annemen, sonder sein von der künigclichen Majestat ongeschafft widerumb abgeschaiden. Noch haben die von Werdenberg die sach also unvertragen
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nit mügen ersitzen lassen, sonder für und für umb ain vertrag, doch damit inen die herrschaft Messkirch mit aller zugehörde belibe, angehalten, derhalben die künigclich Majestat anno vierzehenhundert sechsundneünzige, als der reichstage zu Lindaw gewest, auf ir, deren von Werdenberg,
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begern, baiden partheien ain tag geen Lindaw auf Michaelis vor erzbischof Berchtolden von Menz und die verordneten reichsrät angesetzt. Auf bemeltem tag sein Lorenz Münzer von Sünchingen und Hanns Schilling [302] von Wildegk zu Lindaw als zimbrische anwälde erschinen. Do haben
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obermelter churfürst von Menz, auch andere des reichs verordnete räth weiters oder verners hierinnen nichts handlen wellen, dann das sie, die anwäldte, in obbemelten fürschlag, der königclichen Majestat von grave Hugon übergeben, consentiren und von irer hern [A242a] wegen bewilligen solten.
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Solliche mainung haben die anwälde nochmals nit annemen wellen, sonder das ire herrn bericht. Die haben bei iren gnedigisten und gnedigen chur- und fürsten, auch iren herrn und freunden in rat, das sie in solchen partheiischen vertrag nit bewilligen sollen, erfunden. Sollichs hat her Wörnher
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von Zimbern in namen sein selbs und seiner geschwistergit dem churfürsten zu Menz, auch denen verordneten räten zu Lindaw für ain antwurt zugeschriben. Obbemelter Hanns Schilling ist des alten herrn Wörnhers, dem die grävin von Kirchberg vermehelet, lediger sone gewest, und wiewol der
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zu Bregenz seßhaft, nochdann hat er ain haws und sonst etliche güeter zu Messkirch gehabt. Dem ist grave Haugo von Werdenberg, wol zu achten des zimberischen geplüts halb, so neidig und zuwider gewest, das er im solchs sein haus und güetere mit gwalt eingenomen und etliche jar
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vorgehalten, und als sein, Hannsen Schillings, vilfältigs schreiben und ansuchen, desshalben an grave Haugen ausgangen, nichts erschießen, hat er letstlichs vorm bundt in Schwaben des

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[621] vierthails Hegaw und Bodensee seiner ansprach halb in recht sich eingelassen. Sollichs hat bis in das sibent jar geweret, Letstlichs hat er sein forderung sampt allen auferloffnen costen und schaden, die sich etlich hundert guldin
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erloffen, denen von Werdenberg anbehalten. Hierauf die künigclich Majestat grave Eitlfritzen von Zollern, der dozumal die herrschaft Messkirch von Ir Majestat wegen sequesterweis ingehabt, ernstlichen bevolhen, die Schilling in ire güeter zu Messkirch widerumb einzusetzen, welches beschehen;
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und hat dieselben güeter der alt Schilling sein lebenlang besessen, die im auch grave Hugo verfolgen hat müeßen lassen. [A242b] Demnach aber herr Wörnher freiherr zu Zimbern durch sein vilfältigs, underthenigists ansuchen bei der
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künigclichen Majestat umb restitution sein, auch seiner geschwistergiten herschaften und güeter nichts erhalten, hat er etlicher herrn und guter freundt, was ime hierinnen weiter fürzenemen, rat gehabt, die im dann mancherlai geraten, fürnemlich aber, seitmals die künigclich Majestat bei zeiten
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und in leben herrn Johannsen Wörnhers des eltern ime, auch seinen geschwistergiten gnedigiste fürgeschrift an Wirtenberg zu widererlangung der herrschaft Oberndorf gegeben, solle er nochmals derselben gnedigisten bewilligung sich geprauchen, aufs fürderlichist sich bewerben [303] und
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Oberndorf sampt seiner zugehörde einnemmen, tröstlichs verhoffens, Ir Majestat werde nach ergangner handlung ain gnedigists und pillichs einsehens haben. Hierauf herr Wörnher in gehaim bei denen vom adl sich beworben, under denen im sonderlichen her Albrecht von Clingenberg, ritter, Wilhelm
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Herter, dessgleichen Conradt Speet, Dieterrich Roder, Hans vom Fürst, Wilthanns Speet; Diebpolt von Habspurg[3], Jerg und Wolf von Rosenveldt, gebrüeder, mit ainer namhaften anzaal pferdt zuzogen. Darneben bewarb sich bemelter herr Wörnher nichtsdesterweniger bei der statt Rottweil, die im
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in craft [A243a] des burgkrechtens ob vierhundert wollgerüster fußknecht zuschickten. Mit denen zog herr Wörnher an sant Niclausen abendt, den fünften tag christmonats obbemelts vierzehenhundert sechsundneunzigisten jars, umb mittnacht aus der stat Rotweil, kamen also durch die wälde
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über alle höhe vor tags zu der statt. Der Wilthans Speet,

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[622] als ain kriegsmann und der alle gelegenhait, auch wege und stege daselbst umbher wisst, thailt auf der höhe den haufen, schickt ains tails des fußvolks die Hutnegker staig hinab, für das ober thor zu ziehen, daselbst weitern bevelch zu
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gewarten. Er het bei zwölf pferdten, under denen Jörg von Rosenveldt gewest, mit denen er die undern staig bei der milin in aller stille hinaufgeruckt und unfer vorm thor bei Sant Micheln in der staig halten beliben. Mit den überigen raisigen, auch fuosfolk ist im herr Wörnher gleich
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nachgevolgt. Nun het man im stettle sich sollichs gar nit versehen; hierumb desselben morgens ain handtwerker vor tags, seiner arbait nachzuziehen, ausgelassen worden; demnach aber noch unlangs zum tag, seind die thor aus sonderm glick offen beliben. Diser handtwerksmann, Thoman Fleck
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genant, ist die staig bei der milin one geferd hinab gefaren und desshalben auf den Hannsen Speeten gestoßen. Der hat in gefangen und alle gelegenhait von ime, sonderlich aber das die thor nit wider beschlossen, erkundiget; hat in also bei sich gefangen behalten; und in clainer weil
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hernach ist ain werdenbergischer potte herausgangen, der vor etlichen tagen von grave Haugen von Werdenberg geen Oberndorf zum obervogt, Hannsen von Ow, und dem keller, dem alten Saurheffel, geschickt worden, mit [A243b] bevelch, die zins und gülten auf nechsten Martini darvor verfallen,
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zu hollen. Derselbig pott, dem sollich gelt von bemeltem obervogt aufgeben, hat nu widerumb geen Sigmeringen gewelt; sich nichts args versehende, ist one alle geferdt auf den Wildthansen Speeten gestoßen. Sobald er den sampt seinen pferdten ersehen, hat er sich gleich der prattiken, so
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vorhanden, besorgt; derhalben, damit er nit erkennt, die werdenbergisch pottenbüchs eilendts abgerissen und die in rock verborgen. Sollichs hat Hanns Speet [304] von im waargenommen, welches aber der pott nit vermaint, doch unwissendt, was das sei, oder auch was er darmit gemaine.
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Derhalben, als der pott zu im kommen, hat er in auch gefangen und, wer er seie, woher er kom, auch wohin er welle, befragt. Hierauf der pot sich in siner antwurt so forchtsam und argwenig gehalten, das er aus bevelch des Speten besucht worden. In dem ist die werdenbergisch büchs herfür
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gezogen, die hat in verraten; dann dardurch Hanns Speet mit großer bedrawung, so er an den potten gelegt, was sein gescheft zu Oberndorf gewest, erfarn. Darauf ime den

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[623] wetschger, darin das gelt und brieve, genommen, dem potten seinen herrn zu sagen bevolhen, er, grave Haug, hab renten und gülten zu Oberndorf lang gnug, auch wider alle pillichhait eingenommen, und damit sie, die von Werdenberg, ain
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wissens haben, wer ime, poten, das gelt genommen, solle er sagen, Wildthanns Speet hab sollichs gethon. Hiemit den potten hinziehen lassen und gleich darauf Jergen von Rosenveld selb ander in die stat geschickt, mit bevelch, so er kain kriegsgewerb bei Sant Michels porten befinde, das
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er im ain zaichen geb. [A244a] Als derselb niemandts beim obern thor außerthalb des portners befunden, hat er den gefangen und im die schlüssel zum thor genommen, gleich darauf dem Speeten ain zeichen geben. Der ist im mit den überigen pferdten nachgruckt und das thor eingenommen.
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Mittler weil ist herr Wörnher mit den überigen raisigen hernachgeruckt[4], mit denselben auch in die statt kommen und gleich die kirchen eingenommen und verwart, dann sich solchs zu Oberndorf domals niemandts versehen. Dessglichen ist das fusfolk, wie obgehört, die Hutnegker staig
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herab kommen, haben sich etlich zimerleut und andere knecht aus bevelch herrn Wörnhers sovil bearbait, das sie bis an das thor kommen. Das haben sie mit äxten aufzuhawen understanden, dieselbig port dem fusfolk zu öffnen. Als nu herr Wörnher sampt dem raisigen zeug in die statt kommen,
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dessgleichen beim obern thor ain lerman worden, ist das geschrai durch die ganz stat bis in das thaal gewest, die statt seie verraten. Desshalben die burger ains thails dem undern thor, das zu bewaren, ains thails dem obern thor, ains thails der kirchen und Sant Michels thor, etlich aber
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dem platz und dem rathaus mit iren wörinen zugeloffen. Die kamen all mererthails herrn Wörnhern und den raisigen in die hend. Es het aber herr Wörnher ordnung geben, damit dem fusfolk das ober thor geöffnet, auch kain burger oder einwoner beschediget wurde. Als nu das fusfolk in
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die statt kommen, ward denen burgern ir herz und gemüeth gar benomen. Also warden sie auf den platz zusammen berueft; do hielte inen herr Wörnher fürnemlichen dise mainung für: »Euch ist, lieben [305] burger, unverborgen, welchermaßen ich, auch meine geschwistergit unserer herschaften
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[A244b] und güeter durch das unpillich, unrechtmeßig für-

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[624] nemen der graven von Werdenberg über all ir versprechen und zusagen listigclichen entsetzt, deren iezundt vill jar beraupt, in mangel steen müeßen und noch, und unverhindert das weilundt unser herr vatter selig und wir denen
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obbemelten von Werdenberg und menigclichem, so rechtlichen zu uns zu sprechen, rechtens und aller pillichhait vor kaiserlicher oder künigclicher Majestaten, vor chur- und fürsten, unsern allergnedigisten, gnedigisten und gnedigen herrn, oder auch ainer ieden ernliebenden oberkait im hailigen reich
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teutscher nation nit vorzusein, uns mermals geschriftlichen und mündtlichen, auf reichstägen und sonst, erpotten, hat doch sollichs meinem herrn vattern bei zeiten seins lebens, noch auch mir und meinen geschwistergiten über unser underthenigists, underthenigs, demüetigests, vilfältigs
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flehen und ansuchen kainswegs bisanhere erschießlichen sein oder durch etwar mit zu gutem gedeihen und widerfarn künden noch mögen, sonder als arm, vertriben freiherrn des hailigen reichs seind wir iezundt vill jar in höchster armuot durch neid und unwarhaftigs angeben unserer missgonner
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und widerwertigen rechtlos aufgehalten worden. Und wiewoll die künigclich Majestat durch fürpit etlicher chur- und fürsten, die uns umb Gottes und unsers nammens willen bis anhere erzogen, dessgleichen in ansehung unser grösten armuot, unvermögens und verderplichen nachtails, darein wir
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in unsern kindtlichen jaren unverschuldt gefüert, zu erbermbde und mitleiden bewegt, uns dise statt sampt irn [A245a] zugehörigen flecken, die dann domaln in frömbden händen gewest, widerumb einzunemen erlaupt, hat doch nichtsdesterweniger grave Haug von Werdenberg uns zuwider bei
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bemelter künigclicher Majestat und anderswo sovil erhalten, das im dise statt einhendig gemacht, die auch bis auf dise zeit gewaltigclichen wider alle recht und pillichhait ingehabt. Demnach aus pillicher und rechtmeßiger raach, zu dem auch mein und meiner geschwistergit armut halb ich dahin
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genottrengt, damit dieselben und ich unser leben in armuot hinfüro also ellendclichen nit verschließen müeßen, hab ich mit hilf und rat meiner herrn und freundt dise gegenwurtigen handlung fürgenommen, verhoffende, solliche durch hilf des allmechtigen, meiner herrn und freundt und euch, wie ich
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euch dann getrewen will, wider die von Werdenberg und menigclichen unser widerwertigen zu behalten. Hierumb welt bedenken die gutthatten, euch von meinen vorfarn be-

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[625] wisen, die euch gnedigclichen und wol regiert, wie ir wist, und mir, auch in namen meiner gebrüeder gewonnliche glipt und [306] huldigung thon. Dargegen erpieten wir uns, ewer gnedige und getrewe herrschaft zu sein, euch bei ewern
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freihaiten[5] und alten, guten gebreuchen, wie dann vormals von unsern vorfarn auch beschehen, hinfüro beleiben zu lassen.« Nachdem als herr Wörnher solliche mainung personnlichen geredt, haben sie zu baiden thailn ainandern, wie dann von alter here das der gebrauch alda gewest, geschworen, und
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gleich darnach hat herr Wörnher etliche zu ross und zu fuoß in die umbligenden zugehörigen dörfer geschickt; die haben solche eingenomen und die underthonen [A245b] noch desselbigen tags geen Oberndorf ze kommen beschaiden, welches beschehen. Hierauf die huldigung deren
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underthonen außerthalb der statt Oberndorf, im thaal vorm Schmittenthörlin, in aim großen garten, genannt der Schmidtgart, auf obbemelten tag ervolgt. Herr Wörnher hat Lorenzen Münzern von Sünchingen zu obervogt geen Oberndorf verordnet und sein rennfanen, darin das zimberisch wappen,
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zu Sant Micheln in die kirchen zue eewiger gedechtnus solchs einnemens aufgehenkt, wie noch zu sehen. Der werdenbergisch amptman, Hanns von Aw, ist im ersten einfaal darvon komen und entritten, dann er aus bevelch herrn Wörnhers gesucht, aber nit gefunden worden. Doch hat
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man im auch nit nachgejagt, sonder in sein straßen ziehen lassen. Hernach hat er aber fälschlichen fürgeben, die von Werdenberg, sine herrn, haben solcher reiteri und vorhabens gut wissens gehabt, ime bevolhen, still zu sitzen, zuzusehen und riewig zu sein, welches aber gewislichen nit; dann so
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die von Werdenberg umb sollichs ain vorvissens gehabt und das fürkomen oder auch hernach Oberndorf wider zu handen hetten bringen kinden, wurden sie solchs kains wegs underlassen, wie dann aus hernachvolgenden handlungen, so die von Werdenberg wider herrn Wörnhern, seine helfer
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und helfershelfer fürgenomen, wol abzunemen. In wenig tagen, nachdem als herr Wörnher Oberndorf mit den zugehörigen dörfern und flecken eingenomen, hat er etliche vom adl als anwälte zu der künigclichen Majestat geschickt, mit bevelch, ine des einnemens [A246a] halb mit Oberndorf zu
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entschuldigen, mit bericht der gnedigisten bewilligung, durch

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[626] Ir Majestat vor jarn ausgangen; darneben, demnach in solcher pfandtschaft Oberndorf etliche österreichische lehen, als nemlichen der zehenden zu Peffendorf, solche lehen vor Ir Majestat als landtsfürsten zu Österreich zu empfahen.
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Hierauf bemelte künigclich Majestat denen zimberischen anwälten solche lehen in craft der freihait, durch weilund erzherzog Sigmunden von Österreich den freiherrn von Zimbern, das sie die österreichischen lehen durch ain vom adel empfahen mögen, geben, gnedigest widerumb verlihen. Es ist
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auch zu wissen, das in nechst hernachvolgendem jar, anno vierzehenhundert sibenundninzige, circa Geori, herr Wörnher bei der statt Rottweil in burgerrecht zu gleicher weis, wie im zwaiten jar darvor von herrn Gotfriden beschehen, mit der herschaft Oberndorf sich eingelassen.
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* [1407] Hiebei ist zu merken, das bei wenig tagen, zuvor und herr Veit Wernher von Zimbern Oberndorf eingenommen, das helmklainat deren herzogen von Deck, ist ain schwanenhals gewest, so ob bemelter herzogen begreptnus im closter zu Oberndorf im thal an der wandt
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angeheftet gewest, in die kirchen herab ist gefallen. Dess haben iren vil, sonderlichen aber die closterfrawen darfür geachtet, als ob in kürze ein enderung in der herrschaft werde beschehen; dann ain gemaine sag[6] von den alten herkommen, da sich die herrschaft Oberndorf endern und in frembde
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hand soll kommen, das alsdann solch helmkleinat gewisslich herabfallen thue. * * [1233] Man sagt von wunderbarlichen historien, die dem Wildthannsen Speten (der seiner wunderbarlichen handlungen halb der Wildhanns genempt worden) begegnet sein
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sollen. Noch hat er ain wildern vettern gehabt. Uf ain zeit und namlichen an aim sampstag ist er mit demselben vettern, eim Speten, über feldt geritten; do sein sie ungeferdt uf ein weg zu aim hochgericht, daran drei arm mentschen, übelthetter, gehangen, komen. Der Speet, außer
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ainer freche, wie er dess und anders gewonet und im brauch hette, sagt in aim gespött: »Ir drei dürren brüeder[7], was hangen ir alda? kompt hinnacht zum nachtessen und seit

meine gest!« Er ward umb die frechen reden von seim 1

[627] vetter mit gueten worten gestrafft; es half aber nichs. Uf den abent spat kamen sie wider heim. Als nun das nachtessen zuberait, saßen sie frölich zu disch. Gleich zu anfang des essens kompt ain diener gangen, zaigt an, es seien iren
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drei vorm thor, haben anklopft und sprechen, sie seien die drei dürren brüeder, die er geladen, kommen uf das nachtmal und begern herein. Allererst ward disem kecken kerle sein freche und gespöttige red zufallen, die in iezundt übel gerawen het, aber zu spat. Darauf bevalhe er dem diener,
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den dreien am thor zu antwurten, sie megten wol an ir gewonlich statt oder ort [1234] wider ziehen und sich sein oder seiner rede nit bekömmern, dann er mit inen nichs zu thuon haben welte. Solcher antwurt waren die drei nit zufriden, empoten dem edelman wider, er het sie geladen,
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do weren sie erschinen; welte er sie nun nit einlassen, wissten sie wol mittel und weg, aber doch mit seiner höchsten ungelegenhait und seins undanks, zum nachtmal zu komen. Als dem Wildthansen und seinem vettern dise pottschaft bracht, fienge inen baiden an die katz den rugken
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ufhin laufen; sonderlich aber, als der diener von wegen der trewreden sie aigentlicher besehen, seim junker anzaigt, was erschrockenlichen gestalt sie hetten. Do ward dem Wildthansen nit mehr gehewr, rathschlagt mit seim vettern und seinen dienern, wie doch der sach zu thuon were. Die rieten
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im alle, seitmals er sie geladen het und sie darauf erschienen, sollte er sie einlassen, dann ime sonst hievon großer nachthail und misfallen begegnen megte. Also bewilliget ers. Damit warden sie eingelassen. Sie giengen alle drei die stegen hinauf, satzten sich zu disch neben ainandern gegen
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den edelleuten hinüber und stillschwigendt theten sie, als ob sie äßen. Baiden edelleuten ward der hunger vergangen, so sie die drei in aller gestalt, wie sie desselbigen tags am hochgericht gehangen waren, ansahen. Als nun die malzeit ain ende het, standen die drei wider uf, under denen der
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kleinest mit haiserer, erschrockenlicher stim dem Speeten seins ladens dank sagt, mit dem anhang, er sollte die tag seins lebens kains armen mentschens, der seiner verschuldung halb zeitlichen gericht wurde, spotten oder übelreden, und sie drei hetten mit irem zeitlichen todt gebüest, verhofften
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der ewigen frewdt und sälligkait. Mit dem zogen sie wider darvon. Bemelter Speet, noch auch sein vetter, der Wildthanns, haben hernach keinsen solchen mehr gespott oder

1 [628] zur malzeit geladen, sein auch baide, so lang sie gelebt, für das hochgericht nit mehr geritten. *

* [1210] Diese ernstliche handlung, die dem Wildhannsen Speten begegnet, gemanet mich fast an ain gespenst, so
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aim edelman in Saxen bei wenig jaren widerfaren. Derselbig war sein lebenlang ain reuterisch man und ain großer schnaphan gewest. Füegt sich, in seinem alter ward er krank, ließ sich in sein behausung, die er zu Hildeshaim het, fieren, der arzet rath alda zu pflegen. In wenig tagen
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hernach kamen des abents ganz spat zwen raisigen für sein haus und begerten ain nachtfuecht, und wiewol es dem kranken edelman ganz ungelegen, ein unruhe in seinem haus zu haben, iedoch, seitmals andere raissigen im zu oftermal auch gedienet und übernacht beherberget hetten, do
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hieß er sie einlassen und sie, auch die ross wol halten. Als die reuter ire pferdt im stall angelegt, warden sie zum nachtessen berueft. Man hieß sie zu disch sitzen und gab inen zu essen. Sie aßen, allain ganz stillschweigendt, und wiewol sie ganz lustig aßen und dranken, iedoch so wardt der
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speis und des tranks nit minder. Das macht des edelmans knecht, so inen ufwartete, was argwons; es gieng nit recht zu. Indess felt dem ainen reuter das messer under den disch. Der knecht nimpt ain liecht, zündt under den disch und hept das widerumb uf; so ersicht er, das die reuter
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rossfüeß haben. Darab erschrack er nit wenig, get eilendts hinauß, als ob er mer essens hollen wolt. So bekumbt im der krank edelman, sein junker. Der het sich etwas ufgemustert, gieng hinauf zu sehen, was er für gest, wolt inen zusprechen. So sagt im der knecht alle ding, was er
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gesehen, mit pitt, er welle nit zu inen hinein geen, dann es sei ain gespenst und ain gescheft des bösen geists. Der edelman war ain geherzt man, sprach: »Und da es schon der teufel und sein muetter, so fürcht[8] ich in nit, er kan mir auch nichs thuon, dann ich vil ain höchern herren zu ainem
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beschürmer und gelaitsman hab, dann er ist.« Damit bezaichnet er sich mit dem hailigen creuz und bevalch sich dem allmechtigen. Wie er nun in die stuben hinein geet, so sprücht der ain reuter zu im : »Sihe, bistu da? du bist unser, aber du hast dich vor der stuben verwaret, du müestest
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sonst mit uns diese nacht geraist haben.« Damit ver-

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[629] schwanden sie mit aller irer ristung, ließen aber ain sollichen übelrüechenden geschmack hinder ienen, das allen[9] im haus geschwinden wolt. Der edelman erschrack der abenteur nit wenig, gedacht wol, es wurde im an die puntriemen geen
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und seins lebens nit lang mehr sein, als auch beschach. Do schickt er nach seinem peichtvatter, thet, als ain christenman thuon sollt, und rüstet sich zum todt. Starb auch in wenig tagen hernach mit großer ruwe über seine begangne sünde, verhofenlich, er seie ain kind der ewigen selligkeit
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worden. Als grave Weichman von Rapin[10] und Mockern, der letzst seins stammens und nammens, gestorben (dann wie das gemain [1211] geschrai, war im in seinen jungen tagen vorgeben worden), do kamen ain grose anzall pferdt und
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unerkannter schwarzer reuter wider abents in das schloß, darin der herr krank gelegen, und warden deren sovil, das der hof aller voll, und dorft sich niemands under sie lassen. Sie stiegen ainstails ab den rossen, giengen in das schloß hinauf, als ob sie etwarn holen oder belaiten wellen. Baldt
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darnach kamen sie wider herab, saßen uf ire pferdt und ritten widerumb darvon, das niemands wust, wo sie hinkommen oder was ir gescheft gewesen. Aber das hat sich wol beschaint, das es ain lauters gespenst gewesen. Sein verlassenschaft hat der churfürst von Brandenburg, marggraf
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Joachim, eingenommen, ob gleichwol herr Gangolf von Geroltzeck sein schwester vermehelt. Das alles behelt er und seine erben, geben den von Geroltzeck nichs und erpieten sich rechtens dabei. Gleichwol commissarii verordnet, vor denen der stritt soll erörtert werden; aber der sterker hat
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den größern vortheil und ist, wie man sprücht, melior conditio possidentis. Das ich aber widerum uf die Speten[11] kom, so ist zu wissen, das die nit allain vor alten zeiten, sonder auch bei unserm gedenken ganz fürneme und sondere beherzte leut
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gewest. Under denen ich den Baschion Speten zu Pflumern gekennt, der ist so ain gar starker[12], behender man gewest, das er ain ieden mentschen, er sei so stark gewest, als imer sein könden, da er im zugelassen oder vergont, das

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[630] er ine anrüere oder begreife, hat kinden in ain sack schieben und darin behalten. Das hat er zu manichem mal an den fürwitzigen edlen und unedlen bewisen, auch oftermals nit vil danks damit erlangt. Den mehrertail ist er zu fueß über
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landt gangen, hat im ain knecht ain pferdt lassen nachziehen; vor den stetten oder andern flecken ist er widerumb ufgesessen. Sein vetter, herr Dietrich Spet[13], ist ain sollicher teurer ritter gewesen, als der under den Schwaben in vil jaren hat megen gefunden werden. Das bezeugen vil
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beherzter und ritterlicher thatten, die er von jugendt uf bewisen, darumb ime vil lobs, und billich, ist zugemessen worden, und waverr er in der ainigen würtembergischen sach, das er seim aignen herren, herzog Ulrichen, sein gemahl ußerm landt empfiert und daran sein trew etc.
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vergessen, sich nit übersehen gehapt, megt und solt er billichen under die theuresten deutschen helden gezellt werden; darumb in auch der herzog, so er sein zu redt worden, nur den kecken böswicht genempt hat. Er ist in vertreiben bemelts herzogen nit der wenigist im landt zu Würtemberg
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gewest. Aber wie der herzog wider ins landt kam, do muest die herzogin von Aurach und er ußer seinen erblichen güetern Hettingen, Gammertingen und Zwifalten zum dorf weichen, sie ins landt zu Bayrn, zu iren brüedern, er aber geen Wien in Österreich. Do enthielt er sich bei dem römischen künig
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Ferdinando, dann ime der herzog alle iezgehörte güeter eingezogen und dem landt zu Würtemberg incorporiert hette. Mitler weil als er sampt andern, so des herzogen Ulrichen halben weichen müßen, zu Wien gewest, do hat der türkisch kaiser Suleiman ein ansehenliche pottschaft zum
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römischen künig geen Wien geschickt; die ist ganz erlich gehalten worden. Der römisch künig hat etliche fürneme obristen und kriegsleut der türkischen pottschaft zugeordnet, die derselbigen zu gepürlichen zeiten gesellschaft sollten laisten, under andern aber diser herr Dieterich Spet. Uf ain
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zeit, als sie abermals bei ainandern und durch dolmetschen allerlai sich ersprachten, sprücht der Türk in seiner sprach: »Fürwar, mir wurt durch [1212] etlich kriegsleut gesellschaft gelaist, und tauret mich, das so treffenlich, guet [leut][14] bei-

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[631] derseits ainandern von des glaubens wegen also jemerlichen sollen umbringen und verderben, kan auch, sprach er, anders nit vermerken, dann das unsere pfaffen und gaistlichen zu baiden thailn an disem hader allem schuldig sein, do ieder
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thail seinen leuten prediget und sie ermanet, den andern zu vergweltigen und zu verstören, mit verhaißung ewiger[15] frewdt in jener welt. Damit nun wir Türken und ir Christen uns beharrlichs fridens megten gebrauchen, so schlahen ewere geitige pfaffen und münch zu todt! das wellen wir Türken
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auch thuon, damit so bleiben wir guet freundt und gesellen durch ainandern und ist alle ursach unserer irrung allerdings hingenomen.» Man ließ es ain redt sein, aber es wardt darnach zu hof vil hievon disputiert und sagt ain ieder sein pfenwert darzu. Aber ceteris paribus, so man alles wolt
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civiliter versteen und ußlegen, het der Türk uf sein barbarische manier die sachen nit bösser megen depingiren und abmaln. Herr Dieterich Spet ist kurzlich darnach mit kaiser Carln und etlichen deutschen fürsten in die Provinz gezogen; anno 153[6][16] ist er gestorben. Man hat von seinem todt
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seltzame ding gesagt und sonderlichen, das man ime fürsetzlichen, zu ainer straf oder wie man es dann sagen und benennen soll, vergeben hab. Got waist die warhait und verzeihe ainem ieden, der rew über seine sünden hat! Nach seinem todt haben seine kinder nach herzog Ulrichs
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absterben von herzog Christoffen alle ire entwerte ligende güetere widerumb erlangt. Von des fürsten dugenden und hochem verstandt weger nichs, dann zu wenig soll geredt werden. Es haben die Speten noch ain agnaten, Jörg Speten, ist obrister zu Costanz diser zeit. Von dem sollen die
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nachkommen, dieweil er noch in leben, schreiben und seine thatten preisen. *



  1. Wörnher] d. i. Veit Wörnher.
  2. [1559] s. Lehmann, Urkundliche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg II, 335.
  3. Habspurg] d. i. Habsberg.
  4. nachgruckt] hs. nachtruckt.
  5. freihaiten] vgl. Köhler, Oberndorf s. 158.
  6. sag] hs. sach.
  7. dürren brüeder] diese sage wird, wie Liebrecht, (Germania XIV, 393, nachweist, auch anderwärts erzählt; s. auch Birlinger, Die deutsche Sage, Sitte und Literatur in Predigt- und Legendenbüchern (aus der österreich. Vierteljahresschrift für kathol. Theologie, XII. Jahrg., 3. Heft, 1873) s. 15.
  8. fürcht] hs. frucht.
  9. allen] hs. allem.
  10. Rapin] d. i. Ruppin.
  11. Speten] s. Bucelin a. a. o. II; Spangenberg, Adelsspiegel II, 122, 220, 234b, 238b, 251, 253, 255.
  12. starker] vgl. hiezu Birlinger, Aus Schwaben I, 27, anmerk.
  13. Dietrich Spet] s. Sattler, Geschichte des Herzogthums Würtenberg II, 1, 5, 13, 29 ff., 51, 53, 54, 77; Heyd, Ulrich, Herzog von Württemberg I, 409.
  14. leut] ist wohl zu ergänzen.
  15. ewiger] hs. ewer.
  16. 153[6]] Dietrich Spät starb, wie graf Christof Friederich von Zollern, im jahre 1536 vor Marseille; s. register unter Marsilia.