Zimmerische Chronik/Band 1/Kapitel 57

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aus: Zimmerische Chronik
Seite: Band 1. S. 365–383
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[365]

[A138b] [187] Wie fraw Anna, geborn frein von Zimbern, wittib, von herrn Diepolten von Geroltzegk geblündert und sie auf Schenkenzell verwart worden, derhalben sie zuletst mit Jacoben von Bern sich vermehelt.

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Als hievor gehört, das herr Wörnher freiher von Zimbern seine baid schwesteren vermehelt, namlichen hern Hannsen von Geroltzegk die aine, genannt fröle Anna, die ander aber, fröle Ferena, herrn Ulrichen freihern von Brandis, so ist zu wissen, das gedachtem herrn Hannsen von Geroltzegk
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sein gemahel kain erben nie geporen. Welcher her Hanns von Geroltzegk, als er kain leibserben gehabt, ist er in Hiberniam, alda dann sant Patricii fegfür[1], gezogen, daselbst er die abenteürn erfarn und glicklichen widerumb aus solcher spelunca komen; und dannehin alle tag seines lebens ist
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er so ganz still und traurig gewest, das er wenig geredt, nimer lachent oder frölich ist gesehen worden. Er hat auch ain totenbaum, darin er nach seinem absterben gelegt zu werden begert, steetigs in seiner schlafcamer neben seinem bet steen gehapt, und in wenig jarn, nachdem er
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widerumb aus Hibernia komen, ist er auf Geroltzegk, alda er dann sein gewonnliche residenz, gestorben, anno domini ain tausendt vierhundert . . .[2], und zu Witgen begraben worden. Demnach aber bemelter herr Johanns von Geroltzegk one eelichen leibserben also abgangen, hat sein brueder,
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herr Diepolt, mit fröle [A139a] Dorothea grevin von Tengen sich verheirat. Nun ist aber ain großer widerwill zwischen den baiden geschweien, nemlich iezbemelter fraw Dorothea und dann fraw Anna, der witib, erwachsen, dann, dieweil fraw Anna irem herrn kain erben geboren, ist ir von
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gedachter geschweien solche unfruchtbarkait zum oftermaln

1

[366] ganz schmechlichen mit großer verachtung verwisen und aufgerupft worden, welche dorab ain große beschwerde und ungeduldt empfangen. Seitenmal dann ir herr selig mit tod abgangen, auch sie dhaine kinder, von deren wegen
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sie auf Geroltzegk oder irem widumb, dem schloß Schenkenzell, pliben, gedachte sie nit bei irer geschwien in solchem unwert lenger zu verharren, sonder war des willens, mit irem zugeprachten und widerlegten gut, auch irer morgengab, zu baiden iren brüedern, herrn Wernhern und herrn
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Gottfriden, sich zu verfüegen und den überigen thail ires lebens in der herrschaft Zimbern in witwenstaat zuzubringen. Solch fürnemen eröffnet sie irem schwager, herrn Diepolten, mit begern, das er ir die morgengab sampt dem zugebrachten heiratgut und widerlegung, das sich alles auf siben tausendt
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guldin in gold liefe, zu handen stellen wölte. Herr Diepolt, als er solchs vernam, ward er dessen nit wenig erschrocken; damit er aber das fürkomen, fieng er an, gedacht fürnemen ir haftig zu widerraten, mit vil ursachen und [A139b] umbstenden, anzaigende, das es ir und inen allen [188] ein
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nachrede bringen, so sie also von inen ziehen wurde. Als aber die witfrow nit pleiben, sonder der obgenannten suma gelts halben vernüegt sein und zu iren brüedern ziehen welte, ließe sie herr Diepolt mit sampt irem hausrat und blunder[3], was dann zu irem leib gehörte, von Geroltzegk faren; darneben
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aber ließ er etliche unerkannte raisige auf sie im Kinzgerthaal, alda sie dann iren weg geen Schenkenzell, iren widdum, und von dannen in die herrschaft Zimbern nemen wolt, halten, mit bevelch, das sie ir die wägen plündern und mererthails wider hinder sich auf Geroltzegk füeren solten.
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Under denen het herr Diepolt ain schreiber, der fürt dise raisigen. Derselbig überrennt bemelte frawen in irem wagen und mit übermüetigen, schmehlichen schandtworten plindert er iren, auch die andern ire überige wegen mit gwalt und aim ungestimen wesen, welches er alles wider hinder sich
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seinem herrn auf Geroltzegk schickt. Ab solcher handlung die witfrow ain beschwerdt und bekümernus empfangen und dem schreiber weisgesagt, sie hoffe, solche schmach, die ir unpillich und wider recht bewisen, werde unvergolten nit beleiben, sonder noch desselben tags gerochen werden,
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welches beschehen; dann desselben tags, als der schreiber

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[367] sampt seinen reütern widerumb haim auf Geroltzegk reiten wellen, vermainet, die sachen wol geschafft zu haben, ist sein ross im feld mit ime in ainem trucknen graben gefallen, darin im der bös gaist, wie man sagt, den [A140a] hals
5
umbtriben[4], das im niemandts der seinen helfen mögen, ist also mit aim großen, jemerlichen geschrei verschaiden. Als nu fraw Anna geen Schenkenzell auf iren widdum komen, hat sie herr Diepolt alda verwaren lassen. Dahin ordnet er zu ainem vogt ain edelman, Jacoben von Bern, war der letst[5]
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seins stamens und nammens und ob den sibenzig jaren alt; derselb solt bemelter witfrawen hüeten, damit die zu iren brüedern nit kem. Unlangs hernach ward herr Wörnher freiherr zu Zimbern diser handlung bericht, namlich das ir dise gefengcliche verwarung von kains verschuldens wegen
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begegnet, sonder allain dieweil sie das, so ir vor Got und mit recht zustendig, ervordert hette. Damit er nu die schwester zum fürderlichisten erledigte, handlet er sampt Hannsen von Rechberg zum Schramberg, welcher sein fraw muter, fraw Ferenen grevin von Sonnenberg. vermehelt,
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erstlichs güetlichen mit herrn Diebpolten, ob doch die sach one weitere bemüehung und underhandlung der freundtschaft abgeschafft oder auf leidenliche, pilliche mittel, die kainer parthei beschwerlich, gepracht het mögen werden, und ward der zeit ain verschreibung von baiden thailen, die dann von
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herrn Diepolten von Geroltzegk besigelt und verfertigt solt worden sein, abgeredt, welche hernach aufgericht, aber der abrede nach nit gleichförmig oder gemeß. Die wölten herr Wörnher und Hanns von Rechberg nit annemen; als sie aber auf die [189] abrede trangen, welches doch bei
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herrn Diepolten nichts erschießen, warden sie verursacht, sich sollichs [A140b] gwalts und unpilligkait bei marggrave Jacoben von Baden zu beclagen, welcher baide partheien anno domini ain tausendt vierhundert ainsundfünfzige, freitags nach unser lieben Frawen tag der haimsuchung, für
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sich und seine hofrät zu Etlingen zu erscheinen beschriben. Auf solchem tag, als die zue allen thailn erschinen, haben herr Wörnher und Hanns von Rechberg ir schwester und

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[368] stiefdochter an herrn Diepolten ervorderet, hierauf herr Diepolt allerlai auszug gesucht, damit er sein geschwei aus verwarung nit lassen müest, derhalben herr Wörnher und Hanns von Rechberg die sach obbemeltem marggraven
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Jacoben und seinen räten haimgesetzt, denen güetlichen oder auch mit ainem rechtlichen spruch zu vertrawen; wo aber ime, herrn Diepolten, das auch nit gefellig, haben sie sich für grave Emichen von Leiningen den jungern, den Reingraven oder für herrn Hansen von Fleckenstain, alle
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drei bemelts herrn Diepolts buntsgesellen, erpoten. Sollichs alles bei herrn Diepolten nichts verfahen mögen, derhalben dann herr Wörnher und Hanns von Rechberg vor herzog Sigmunden von Österreich, oder vor grave Ulrichen von Wirtenberg, ald vor graf Ludwigs von Wirtenbergs seligen
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verlassnen kinder stathalter und räte, desshalben fürzukomen fürgeschlagen. Unangesehen sollichs alles, wardt auf solchen gütlichen dägen nichts endtlichs ausgericht, sonder ritten zu baiden thailn sampt irer freundtschaften ongeschafft wider haim. Hernach hat sich herzog Sigmund von Österrich
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der sach durch seine delegirten comissari und verordneten angenomen, ist abermals nichts fruchtbarlichs gehandlt. Letstlich [A141a] aber ward ain tag gen Tübingen ausgeschriben, auch alda gehalten, auf welchem paide partheien personlichen erschinen. Als nu mancherlai mitl fürgeschlagen,
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deren aber herr Diepolt kaine eigeen, hat hern Wörnhern die unpilligkait so whe gethon, das er im offentlich auf dem rathus in beisein aller graven und hern sein hentschuch dargeworfen und im ain kampf angepoten hat, welches aber die freundtschaft und verwandten, so baider thail fürträg
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gehört und vernomen, in kainen weg zugeben oder gestaten wolten; haben darauf gemainclich der sach mit ganzem ernst sich underzogen und dermaßen bei baiden thailn gearbait, das sie zuletst die sach endtlichen verricht und vertragen haben, dergestalt, das herr Diepolt sein geschweien
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ledig und, wohin sie begern, ziehen lassen, doch sie zuvor irer morgengab, zugebracht heüratgut sampt der widerlegung güetlichen zu entrichten, und das hiemit aller widerwill zu baiden thailn aufgehaben sein solle. Mitlerweil als dise rechtvertigung zwischen herrn
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Wörnhern und herrn Diepolten schwebt, ward vilbemelte witfrow zu Schenkenzell dermaßen verwart gehalten, das sie baiden iren brüedern weder schreiben noch entpieten kunt, dess-

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[369] gleichen möcht ir von iez gemelten iren brüedern auch nichts zukomen; wol ward sie mit essen, trinken und anderer underhaltung zimlichen versehen. Als sie nu dergestalt bei anderthalb jarn gefengclichen gehalten und kain
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trost ainiger erledigung gehaben, ward sie so gar kumer[190]haftig, das sie täglichs anfieng abzunemen und schwach zu werden, dardurch dann alle die, so ir phlegen und warten [A141b] solten, insonderhait der alt Jacob von Bern, zu ainer erbärmbde bewegt wurden. Nachdem aber derselb Jacob
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von Bern erfuor, welcher gestalt herr Wörnher von Zimbern und herr Diepolt von Geroltzegk, sein herr, mit ainandern veraint, namlich das die siben tausendt guldin in gold bezalt und die witfrow auf das fürderlichist ledig gelassen werden solt, fieng er an bei im zu gedenken und weg ze suchen,
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wie er die zu ainer gemahel überkeme. Derhalben so hielt er ir ains tags dise mainung für, mit der zusag, wo sie in zu der ehe nem, so wölt er ir frei darvon helfen, auch mitl finden, sollichs bei iren brüedern zu vertädingen. Die arm, verlassen fraw, so izundt bis in das ander jar zu
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Schenkenzell war verwart und von iren brüedern weder hilf oder trost verhofft, besorgt, sie wurde villicht ir lebenlang also gefengclichen enthalten werden. Damit sie nu ir leben nit also ellendclich verschließen müst, bewilliget sie Jacoben von Bern zu der ehe zu nemen, der sie darauf zu
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Schenkenzell gleich zue kirchen füerte und mit ir den nechsten hinüber gen Oberndorf zog. Als sollichs ire brüedere, dessglichen herr Diepolt, ir schwager, bericht, wurden sie nit zu clainer ungedult bewegt; nachdem sie aber betrachten, das sollichs mit eeren oder fugen nit mocht widerbracht,
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ließen sie iren unwillen fallen, gaben ir ain haws ein zue Oberndorf, darin sie sich enthalten solt, dessgleichen den sitz zu Zimbern im schlos; auch verschriben sie ir ain jerlichs leibgeding, ain hundert und zwainzig guldin, welches also gethädinget ward von grave Sigmunden von
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Hohenberg und von grave Josen [A142b][6] Niclasen von Zollern; actum donderstag vor Thome anno vierzehenhundert vierundsechzige. Zu dem allem warden ir von irem schwager, herrn Diepolten, ides jars die zins von wegen irer morgengab, zugebrachten gut und der widerlegung bezalt, welcher

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[370] ain groß misfallen trug, das Jacob von Bern, dem er sollichs nit angetrut, also, unangesehen edlmanns glauben, wider sein glipt, phlicht und aide het gehandlt. Wol ließ er solichs berueen, das er desshalben nichts weiters wider in
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fürname. Fraw Anna hat bei vilbemeltem Jacoben von Bern, zugleich wie bei herrn Hannsen von Geroltzegk, kain kind gehabt. Gedachter Jacob von Bern ist in wenig jaren hernach gestorben und zu Oberndorf vergraben worden, und wiewol er ains grösern alters gewest, so hat er doch
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seltzam haws gehalten, welches dann ain ursach seins schnellen absterbens; dann als er ain buolschaft haimlichen zu Sulz gehabt und ainsmals zu ir hinab geritten, ist in bi derselben ain solcher geher weethumb ankomen, daz er eilendts aufgesessen und sporstraichs, was sin pferdt erlaufen, geen
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Oberndorf geritten. Sobaldt er dahin zu seinem gemahel komen, die er dann über dem morgenessen gefunden, ist im nit mer worden, dann das er den kopf in ir schoß sinken lassen und gesagt: »O fraw, wie befind ich mich so übel,« und daruf kain wort nimermer geredt, auch kain
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zaichen ainigs lebens weiter geben. Wol zu vermuten, es hab in diser crocodill zu Sulz, villicht aus liebe oder neid, also ain geschwinde ursach zum tod geben. Fraw Anna hat, unangesehen das ir der sitz zu Herrenzimbern dem schloß bewilligt, [A143a] ir lebenlang zu Oberndorf sich
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enthalten und ist gar ain alte, erlepte fraw worden.

Mitler zeit, als sie zu Oberndorf [192][7] gesessen, ist sie oftermals zu hern Gotfriden von Zimbern, irem brueder, zu dem sie dann ain besonders vertrawen gehabt, geen Seedorf gefarn und daselbst etwan ain monat oder lenger

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beliben, dergleichen sie auch bemelter ir bruder zu zeiten zu Oberndorf haimgesucht[8]. Nu hat sich aber anno ain tausendt vierhundert zwaiundneunzige begeben, das sie abermals zu irem brueder, herrn Gotfriden, geen Shedorf komen; dozumal ist fraw Margreth grevin von Öttingen, herrn
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Johannsen Wörnhers freiherrn zu Zimbern gemahel, in irem vertreiben mit sampt etlichen iren kinden auch zu Sehedorf gewest. Einsmals, als sie ob tisch gesessen und frölich gewesen, hat sie der allmechtig unversehenlichen angriffen, das ir so whe worden, das sie gleich dohin gesunken und

1

[371] ain priester begert, nach welchem man geschickt. Da ist sie mit allen sacramenten versehen und auf der erden (wie sie das begert, das man sie daruf legen solte) ganz christenlich in wenig stunden verschaiden; volgendts geen
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Oberndorf gefüert, daselbst in sant Michels kirchen, wie das der stainin sarch anzaigt, begraben worden etc. Der almechtig seie ir, auch uns allen gnedig!

* [1389] Diese unbillichkait herr Diepolts von Geroltzeck mag so hoch nit geachtet werden, so man bedenken

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will, welcher maßen er und sein brueder, herr Hainrich, mit irem leiblichen herr vattern, dem alten herrn Walther, gehandelt; dann wie der nach absterben seins gemahels, der frein von Liechtenberg, uf ain groß alter kommen, do wolt er obgehörten seinen sönen nur zu lang leben. Darum
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so namen sie das haus Geroltzeck ein mit aller haab und was darin was, stießen iren fromen, alten vatter ganz unbarmherzigclichen vom regiment, gleichwol sie ime und seinen dienern, der er wenig bei ime behielt, ain andere wonung eingaben. Ine kommeret die sach so hoch und
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vil, das er nit lang darnach lept, sonder bald starb. Nun hetten sie noch zwen leiblich brüeder, herr Hannsen und herr Jörgen, die waren solcher ungetrawen handlung nit zufriden, bewarben sich bei iren herren und freunden wider obgehörte ire brüeder, herr Diepolden und herr Hainrichen.
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Es kamen in ire hilf herzog Reinoldt von Urslingen, grave Hanns von Mörs und Sarwerden, der Lor dozumal inhett, graf Hainrich von Fürstenberg der junger, und andere. Dise kamen ainsmals in abwesen herr Diepolts in groser stille an Geroltzecker berg; da erstigen sie den zwinger und
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darnach den vorhof, darin die stell, keller und andere officia waren, volgends demnach das recht schloß Geroltzegk, uf ainem selbs gewachsnen und werlichen felsen gelegen. Da fiengen sie an, an dem felsen zu brechen und lainten darmit große bleck an felsen, darauf hürden mit
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stainen ußgefült waren; schluegen dann die hürden mit grosem gedöß darnider. Das macht ain sollichs groß gerumpel, das die diener und pauren, so im schloß waren, nit anders vermainten, dann es fiel der felsen also darnider. Der fürnembst im schloß dem fieng an zu grausen, der ward an
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seinen herren trewlos und sprach zu den andern, sie sollten pei zeiten das schloß ufgeben, dann es wurde doch bald sonst niderfallen. Damit schütt er ain becher mit wasser

1

[372] in die stuben, do lief das wasser uf die ainen seiten, dann es ward die stuben ungleich uf den felsen gebawen. Do vermainten die im schloß nit anders, dann es hett sich der felsen also gesenkt. Derhalben gaben sie den felsen uf, den
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sie doch leichtlich hetten megen erhalten. Wie sie nur user dem schloß giengen und sahen, das der felsen über alles ir verhoffen noch ganz und unbeschediget war, do gerow es sie nit wenig, das sie das schloß also liederlich ufgeben und sich erschrecken hetten lassen, insonderhait
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ain alter raisiger knecht, der wolt vor laidt über den felsen sein abgesprungen, aber er wardt ergriffen und beim leben erhalten. Nach sollichem ward der krieg und vecht zwischen den vier brüedern gericht und bekammen herr Diepolt und herr Hainrich von Geroltzeck iren tail am schloß
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Geroltzeck wider, iedoch war inen allen großer schadt an iren briefen, wie das schloß war ingenomen, beschehen. Das alles ist beschehen um die jar nach Christi gepurt [1390] gezellt 1430. * [1388] Anno domini 1310 do haben herzog Reinold von
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Urslingen und herr Ulrich freiherr von Hornberg ein kampf uf s. Matheus tag zu ...... von etlicher reden und schmachwort wegen gethon vor herzog Lupolden und herzog Friderrichen von Österreich. Wie nun die baid kempfer ein guete weil mit ainandern gefochten, das niemands wol wissen
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oder urthailn mocht, welcher der bösser, do warden sie mit bewilligen und ußer sonderm bevelch der herzogen durch den fromen ritter herr Hainrichen von Merspurg geschaiden, auch volgends aller irer sprüch und vorderungen güetlichen gericht und vertragen. Diser herr Hainrich von Merspurg
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hat sich vor Sempach[9] in der schlacht ganz ritterlichen erwisen und kam ußer der schlacht darvon mit werhafter handt und großen ehren. * Hernach über vier jhar do ward herr Hainrich von Geroltzeck an dem hailigen pfingstabendt von zwaien
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gebrüedern vom adel, waren des marggrafen von Baden diener, Hanns und Pauls den Leuterern, von wegen der hochen schmachreden, so er inen und andern hett zugeredt, ellengclichen erstochen. Damit wardt die groß untrew, die er und sein brueder, herr Diepoldt, an irem fromen, alten
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vatter begangen, reuchlichen widergolten und gestraft. Er war

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[373] auch nit die wenigist ursach ires verderbens, dann sie ainandern dermasen hetten verderpt und die landtschaft verprent und verwüstet, auch die underthonnen vertriben, das die hernach uf kainen grinen zweig mehr nie kommen. Es
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hett auch hernach herr Diepolt von Geroltzeck sichtbarlichen kain glück mehr, welches er an seinem frommen herrn vattern het beschuldt. Das beschaint sich wol an der liechtenbergischen[10] fehde. Sein fraw muetter was ain geborne freiin von Liechtenberg gewest, weilunt herr Conradts
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von Liechtenberg und dann fraw Jonathen freiin von Blankenburg ainige dochter. Die het nun seim herr vatter, herr Walthern von Geroltzeck, alle herr Conrads, seins schwechers, verlassenschaft sampt ir gerechtegkait an Liechtenberg, Busweiler, Liechtenow und anderm zugebracht. Gleichwol
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die andern herren von Liechtenberg, als herr Ludman und herr Jacob, die güeter und verlassenschaft herr Conradts gewaltigclichen inhetten, so hett doch herr Diepolt von Geroltzeck die am kaiserlichen cammergericht, am kaiserlichen hof, dergleichen am westphälischen gericht mit urthel und
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recht erlangt. Darauf satzte herr Diepolt von Geroltzeck die sach uf die faust, verbandt sich mit graf Tschofarten von Leiningen und herr Jörgen freiherren von Ochsenstain wider die herrn von Liechtenberg. Die krieget er ußer Schuttern und Geroltzeck, griff an uf Wilstetten und
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Liechtenow, so die herren von Liechtenberg hiedishalb des Reins hetten; so lagen der graf von Leiningen und der herr von Ochsenstain den herren von Liechtenberg uf der andern seiten Reins in den eisen, die kriegten sie ußer Reichshofen und Hochfelden. Es weret der krieg etliche jar, das groser
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schaden beiden theiln beschach, und wurden den herren von Liechtenberg gar nahe alle ire dörfer der mehrertail verbrennt und verderbt. Aber do die abenteur am bösten war, do begab sich, das graf Tschofart von Leiningen über Rein wolt faren; do ward er verkuntschaft und bei dem
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fahr, so genennt wurt Kronlinsbaum, von den Liechtenbergischen nidergeworfen. So lag herr Jörg von Ochsenstain bei Hagenow auch darnider, ward von denen herren von Liechtenberg auch gefangen. Als nun der von Leiningen und herr Georg von Ochsenstain in der geroltzeckischen[11] hilf

1

[374] also niderlagen und in harter gefengknus behalten und also die ganz vechdt uf die liechtenbergisch seiten sich naigen wolt, do muest herr Diepolt, wie guet er gleich ain sach het, seins undanks ain unbilliche rathung annemen, auch uf
5
die herrschaft Liechtenberg, Busweiler und Liechtenow, auch gemainlich dessen, so er von seiner muetter het ererbt und seinem anherren, herr Conradten von Liechtenberg, in angestorben, sich genzlich verzeichen und begeben. Das war der ander unfahl, so ime begegnet.
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* [1525] In der vecht zwüschen den herrn von Geroltzeck, Leiningen und Ochsenstain wider Liechtenberg brannten sie ainandern ob den 100 dörfer ab, in Elseß, Breisgew[12] und der Ortnaw, auch umb Hagenaw, aber die herrn[13] von Liechtenberg hetten das besser, sie gewännen Sarward und
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anders. So ward auch in solchem trippel und angreifen Schawenburg das schloß den edelleuten des nammens bei hellen dagen durch graf Hannsen von Eberstain und Hannsen von Fürst abgestigen, darvon an einem andern ort, daher kam, das margraf Carln von Baden im jar 1460 in
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ein findtschaft kam mit den edelleuten von Schawenburg, darum er sie auch in der Ortnaw überzog zu Bernbach, welches sie baid ufgaben. Aber kurzlich darnach, so sich die margrafen nichs args versahen, do raisten der bischof von Metz[14] und sein jungster bruder, waren baid des margrafs
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Carls von Baden gebrüder, durchs Elsaß mit gar wenig pferdten und wollten unser liebe Fraw zu den Einsidln haimsuchen. Wie sie aber unfer von schloß Isene oder Isenhaim anhin raisen, welches dann Friderichen von Schawenburg dozumal zugeherte, do hielt er mit zwainzig gerüsten pferden
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uf sie, damit warf er sie ufm weg nider, fürts hinauf ins schloß. Wie bald margraf Carln das gewar, do manet er allenthalben in seiner landtschaft uf; dergleichen beschach auch in allem Elsaß und Breisgew, und ward das schloß Isenhaim mit gewalt belegert. Wie man aber anfieng, das
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schloß zu nöten und zu beschießen, beschach, das man ußer der ursach verschonen must. Also kamen[15] graf Hainrich von Fürstenberg und andere nachpurn, die riten darzwüschen und brachten in wenig dagen darzu, das der mar-

1 [375] graf vorm schloß abzog, ain bericht gemacht[16] und die gefangen ledig erzellt wurden.

Aber das ich widerum uf die geroltzecksche und liechtenbergische handlung kom, so war von dem pfalzgrafen,
5
dem curfürsten[17], vil zwüschen inen in der güte gehandlet zu Haidelberg, dergleichen thet der margraf zu Baden, dann der herr von Liechtenberg und der graf von Leiningen seiner baiden schwesteren söne waren[18] . Aber sie waren[19] all dermaßen über[20] ain andern erbittert, das kain güetliche
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handlung erschießen oder verfahen mocht. Hernach umb pfingsten im jar 1451 do kam es abermals zu aim angriff, darin glückt es dem herren von Liechtenberg, das er die schlacht und das veld behielt, geschach unfer von Hagnaw. Do ward der graf von Leiningen, der herr von Ochsenstain,
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auch sonst mer dann ainhundert von herrn und vom adel, erschlagen und gefangen; was lebendig blib, ward zum tail gen Litzelstain gefürt und über alle maßen hart gehalten. Man handlete vil darzwüschen, es ward aber im nachgehenden jar erst, anno 1452, uf die fasnacht vergleichen, und
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musten Ochsenstain, Leiningen und andere an gelt bar und dann an schlöss- und ligenden güetern zu ranzon mer dann für sechzig tausendt gulden hingeben. Das hieß krieget, und die sachen in der güte nit wellen hinlegen lassen, oder ain leidenlichen vertrag annemen. *
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Es war vor etlichen jaren seinem herren vatter, herr Walther von Geroltzeck, misslungen, das er seinen schwager, den herren von Blankenburg, het helfen überziehen; und als sie das stetlin Blankenburg gestürmbt und herr Walther das banner getragen, war unversehenlich ain stuck von der
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maur darnider gefallen, welches vil gueter leut erschlagen und beschediget hat. Wie man aber nach dem banner raumpt, do fand man iezgehörten herrn von Geroltzeck noch bei leben, idoch hart verwundt, welche wunden oder leibsscheden er zum theil die überig zeit seines lebens haben
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must. Und dieweil er aber dem herren von Blankenburg ganz nahe verwandt und sein schwager was, do ward er auch von demselben, dieweil er wider ine gezogen und gehandlet, dester herber gehalten und höcher geschetzet. [1391] Diser unfal, so herr Walther von Geroltzeck begegnet,

1

[376] der wardt under und neben andern ime vom son, herr Diepolden, auch ufgerupft und verwisen, damit er sonder zweifel den zorn Gottes größlichen wider sich selbs und seine nachkommen uferweckt, dann es mit iezerzellten unglückhaftigen
5
sachen nit gnug, es must dem stammen Geroltzeck noch mehr unfalls zusteen, gleichwol er dasselbig nit erlept, sonder anno 1461 starb. Er verließ zwen sön, her Diepolten und herr Gangolfen. Herr Diepolt was ain hochstreußer und unverträglicher herr,
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zugleich wie sein herr vatter. Damit kam er zuletst umb alles, das er hett, das er in groser armuet an seinem end starb. Das schickt sich also. Herr Bilgerin von Hewdorf, ritter, het was forderung zu der statt Bern in Schweiz, het die auch bei kaiser Friderrichen dem dritten in die acht
15
erlangt. Darumb enthielt in herr Diepolt; der macht ain anschlag uf die kaufleut von Bern, so in die Frankfurter mess fueren; die warf er in namen herr Bilgeris uf dem Rhein bei Ohenhaim nider, fürt die geen Schuttern ins schloß, das dozumal zu der were nach allem vorthel ward erbawen.
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Dieweil aber die statt Straßburg mit der statt Bern und den andern orten in Schweiz dozumal in ainer verainigung, do zohen sie zu ross und zu fueß für Schuttern, welches sich herr Diepolt nit versehen gehapt, in bedacht, das die von Straßburg ain offnung und in aim burgfriden mit zu
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Schuttern waren, und in wenig tagen hetten sie es erobert und verbrennt, namen die gefangnen kaufleut von Bern mit sich hinweg und ließen[21] sie ledig. Es zogen auch die von Straßburg für Geroltzeck das schloß; darfür legerten sie sich und beschloßens, aber sie musten ungeschafft abziehen und
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kuntens nit gewinnen; beschach anno domini 1473. Noch hett der unfahl nit ain ort, sonder muest dem kibel den boden gar ußstoßen. Es hett pfalzgraf Philips, der churfürst, dozumal Ortenburg sampt der landtvogtei in der Ortnaw. Mit dem oder seinen landtvögten oder
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amptleuten kont sich herr Diepolt von Geroltzeck nit vergleichen, gab ain zank über den andern. Dieweil aber herr Diepolt nit nachgeben, muest er ain andern schurm suchen, nemlich ward er herzog Sigmunds von Österreichs diener. Seitmals aber der pfalzgrave nit anders kunt erachten, dann das im
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sollichs zu drotz[22] beschehen, het er nit allain ain groß mis-

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[377] fallen darab, sonder auch er nam ain ursach über die andern, damit er herr Diepolten was ungnade kunte beweisen. Dieweil dann sich solchs ie lenger ihe mehr wolt einreißen, do wardt desshalben umb solliche irrungen ain güetliche
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tagsatzung zwischen dem pfalzgraven und herr Diepolten geen Insprugk angesetzt. Wie aber derselbig tag zu Insprugk sein fürgang und sich herr Diepolt hiezwischen kaines überzugs oder ainicher thätlichkait versahe, do belegert der pfalzgraf das schloß Geroltzeck mit macht, lag darvor bei
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sechs wochen; das beschoß er so tags so nachts ohne underlaß. Wiewol aber die besatzung im schloß villeucht wol hett lenger halten künden und sich entschütten, so gaben sie doch das schloß letstlichen uf. Gleich hernach ward der feindsbrief oder das absagen herr Diepolden geen
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Insprugk zugeschickt und überantwort. Mitlerweil und der pfalzgraf vor Geroltzeck lag, do kam herr Gangolf von Geroltzeck, herr Diepolts brueder, in das leger, bericht den churfürsten, das im das schloß und herrschaft Geroltzeck zu seinem tail noch zugehört, mit undertheniger pitt, sein
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zu verschonen. Do antwurt der churfürst, er wer willens und darzu verursacht, das schloß zu gewinnen, und so das beschehe, wellte er sich fürstlich und unverweisenlich halten. Wie er aber das schloß und die herrschaft gewann und allerdings eingenommen, sprach er, was mit dem schwert
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ingenomen, wellt er auch mit dem schwert behalten. Dises alles ist beschehen im jar 1486. Es war an dem allem nit genug, Reichs[1392]hofen und Hochfelden, so herr Gangolfs gemahel, war ain grefin von Montfort, widdumbsweis verschriben, das ließ pfalzgraf
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Philips nichs destweniger einnemen. Herr Diepolt ward vom haus Österreich verlassen, starb zu Reinsperg bei Seckingen, als verjagt und vertriben, in großer armuet. So sucht herr Gangolph, sein brueder, bei dem schwebischen pundt umb hilf an. Do muest er den pfalzgrafen lut der churfreihait
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zuvor vor seinem hofmaister und räthen fürnemen, vor welchen er Geroltzeck mit der urthel erhielt; beschach anno 1494. Aber der pfalzgrave wolte der urtel nit nachkomen, begert arbitros, derhalben der Gangolf abermals umb hilf bei dem bunt must anhalten, die im vermeg der ainigung
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erkennt ward, aber nit volstreckt, sonder ohne underlaß ufgezogen.

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[378] Nun het er noch Schenkenzell, Losburg und Romberg[23], welches im der churfürst nit eingenomen, seitmals ime das gar entlegen. Dise güeter, seitmals er dem rechten nit nachkomen mogte, armuet halben muest er sie versetzen,
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biß er letzstlich gar darumb kam, das er weder haus noch hof, auch nit ains schuchs breit ertrichs het und sich allerdings ansehen ließ, das diser stammen Geroltzeck, so vormals in großem vermegen und ansehen gewest, zuversichtlichen zu ewigen zeiten nit mecht widerumb ufgebracht
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werden. Es het aber herr Gangolf vier söne von der grefin von Montfort, under denen der eltest, herr Gangolf, die rechtvertigung wider die Pfalz an die hand name, und als im pillichkait nit gedeien, ward er der Pfalz feind. So het er bei seinem vettern, graf Hainrichen von Dierstain,
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underhaltung uf Hochen-Künigsperg und offnung. Indes trueg sich zu die bayrisch vechdt; in der begab sich diser herr Gangolph in dienst kaiser Maximiliani; do sagt im der kaiser zu, ime und seinen geschwistergiten zu dem iren widerumb zu verhelfen, welches auch beschehen were, dann der
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kaiser ie des willens Geroltzeck zu belegern und zu netten. Wie nun bemelter kaiser Ortenberg und die landtvogtei Hagenow und Kaisersperg der Pfalz abgetrungen, ritt er aigner person für Geroltzeck, besichtiget das, wie solchs zu beschießen; so kompt herr Carl Trapp von Bisin und sagt
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dem kaiser, wie das Kopfstein und Rotenburg am Ihn widerumb refoltirt und abgefallen, und legen die Behem mit großer macht zu ross und zu fueß herzog Albrechten von Bayrn im landt, derhalben der schwebisch punt der kaiserlichen erblender hilf und zuziehens ufs ernstlichest begerte.
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Also underließ domals kaiser Maximilian die geroltzeckisch belegerung und zohe den nechsten an die Behem. Die schlueg er bei Regenspurg anno 1504. Bald hernach ward ain anstandt und darnach ain friden gemacht. In solchem bericht do warden auch die herren von Geroltzeck begrifen
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und sollte schloß und herrschaft Geroltzeck hiezwischen marggraf Christoffen von Baden biß uf kaiser Maximiliani spruch und entschidt eingeben werden. Denselbigen spruch kont herr Gangolf nihe bekommen, dann der marggraf het die herrschaft und das schloß, nachdem es ime von der
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Pfalz ingeantwurt[24], gern inbehalten. Etliche handleten dar-

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[379] auf, der kaiser solt das schloß abbrechen, und war desshalben ain wunderbarlichs practiciern und vil gelts von allen partheien verhaißen und außgeben. Wie aber der spruch uf sechs jar verzogen, do bracht herr Gangolf bei der Pfalz
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gnedigiste bewilligung auß. Allererst fieng es sich an bei marggraf Christofen zu stoßen; der sucht allerlai renk und ußzug, wie das die geroltzeckischen historien vermegen, kam iedoch nach langem und vil underhandlungen und ernstlichen schreiben des churfürsten, [1393] pfalzgraf Ludwigs,
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dahin, das der marggraf des schloß und der herrschaft abdretten und die herren Gangolphen einantwurten muest; beschach uf s. Appolonien tag im jar, gezellt 1511, und hiemit sein die herren von Geroltzeck wider zu der herrschaft nach langem ellendt und trüebsal kommen.
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Dise geroltzeckischen historias hab ich nit underlassen sollen zu vermelden, darbei grundtlichen mag gespürt und befonden werden, das durch verschulden und gröste unbilligkait des eltern herren Diepolts von Geroltzeck kein glück oder fahl mehr bei disem geschlecht gewest und sich ain
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verderben über das ander hat gehaufet; und dieweil er seins fromen und leiblichen vatterns in seinem alter nit verschonet und den hat von den güetern verstoßen, was miltigkait oder freindtschaft hat künden von ime verhofft werden in sachen, die arm und verlasen seins brueders, herr Hannsen von
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Geroltzeck, witib belangen? Und darumb, wie wir uns halten, also beschaint es sich, das es uns auch also geet.* * [1393] Man findt, das die herren von Geroltzeck vor vil jaren allerlai bruederstheilungen fürgenomen, und ain besondere linia im Elsäs hat gewonet zwischen Schletstatt und
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Straßburg, in ainer herrschaft, genannt Schwanow, darzu dann Erstain und andere flecken mer gehören, und hat das schloß gehaißen Schwanow, ist am Rein, ain halb meil von Erstain gelegen, ein ganze werliche gelegenhait, darvon sich dieselbig linia hat geschriben »herr von Geroltzeck und
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Schwanow«, auch das geroltzeckisch wappen gefüert, iedoch uf dem helm ain schwanenhals in ainer guldin kronen. Dise iezgehörte herrschaft Schwanow hetten die herren von Geroltzeck darvor verpfendt, gleichwol man underschidlichen nit findt, von wem es verpfendt worden; iedoch guetlich
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zu glauben, es seie vom stift Straßburg beschehen. Und lept auch umb die jar nach Christi gepurt gezelt 1333 ein herr von Geroltzeck, genannt Walther, er schrib sich »Walther

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[380] von Tibingen, herr zu Geroltzeck und Schwanow«, und hab entlich darfür, sein muetter sei ain grefin von Tibingen[25] gewest, wie dann diser gebrauch also bei vil geschlechtern in iebung gewesen. Derselbig herr, nachdem er mit der
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stat Straßburg, auch gemainlich mit den nachpurn, insonderhait aber mit den kaufleuten, so mit iren güetern und kaufmanschaften den Rein brauchten, in allerlai hendeln und unfriden, do beschediget er die statt Straßburg und ire leut zu wasser und zu landt, derhalben die von Straßburg
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in iezermeltem jar disen herr Walther in der herrschaft Schwanow überzogen und das stetlin Erstain mit macht belegerten. Dieweil es dann ain dürrer früeling und sommer und man der möser und wassers halb zunechst sich daran legern kunt, do ward es am grienen donderstag gewonnen, derhalben die
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von Straßburg solch stettlin besatzten und, der hailigen zeit zu verschonen, widerumb abzogen. Gleich baldt darnach do kam weitere hilf von den obern stetten, als Basel, Lucern, Beern, Freiburg in Uchtlandt und andern, die von den Geroltzeckischen villeücht mehrmals waren angriffen, beraupt
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und verletzt worden ab Schwanow. Darumb begaben sie sich für die werlich bevest[1394]igung zu Schwanow, darin diser herr Walther sampt seiner gemahl (gleichwol man grundtlichen nit waist, wer sie vom geschlecht gewest), auch etlichen kinden derzeit sich enthielten. Darneben so war
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die burg von gebewen und in sonderhait der werlichen gelegenhait halben ungewinlich, auch mit gueten kriegsleuten vom adel und sonst und mit allerhandt notturftiger profiant nach notturft versehen. Es fieng dise belegerung vor Schwanow uf s. Marxtag an in obernemptem jar. Deren stett
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oberster war herr Ruelandt Schwarber, ein wunderbarlicher und geschwinder kriegsman. Es prauchten die stett allerlai vorteil, mochten aber dieser befestigung nichs abbrechen. Lagen also ain lange zeit darvor, derhalben herr Walther von Geroltzeck und seine kriegsleut ainsmals erstolzeten,
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berathschlagten, da die feindt iren vorrath der profiant und ander notturft an leuten und der munition wissen sollten, das sie dester ehe abziehen megten. Darumb wardt sprach gehalten und under anderm von den Geroltzeckischen ange-

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[381] pracht, damit die stet befünden, das sie im schloß kein sorg hetten, so wellten sie güetlichen verwilligen und etlich von den stetten verglaiten, das schloß und alle gelegenheit desselben inwendig ires gefallens zu besichtigen. Diß erpieten
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die stett mit großem verlangen annamen und verhofften (wie dann auch volgends beschach), iren vortail dardurch zu erlangen. Uf sollichs, als das glait und der anstandt beiderseits abgeredt, do verordneten die stett zwen ins schloß, under denen dann der ain büchsenmaister und ain geschmitzter
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kriegsman war, genannt Claus Kärle. Wie sie aber im schloß ingelassen und nach aller besichtigung über die maßen wol gehalten wurden, fragt sie herr Walther, wie inen das schloß, die werinen und andere gebew sampt der munition gefielen, auch ob sie über das nochmals verhofften das
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schloß zu erobern. Darauf wolten die gesandten nit vil antwurten, allain das der ain sprach: »Herr, was die handt kan machen, das kan sie auch wider zerbrechen«, damit sein sie im schloß unverletzt abgeschaiden und wider in das leger kommen. Wie sie aber von der gelegenhait des
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schloß, auch wie dem abzubrechen sein megte, befragt worden, sprachen sie, das Schwanow mit gewalt nit wol zu gewinnen, es were dann, das inen die profiant verderbt wurde. Darneben gaben die zwen denen stetten sovil berichts, das sie ufbrachen, ir leger verenderten und das uf
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die andern seiten schluegen. Daselbst fiengen sie an, das schloß uf ain newes zu beschießen, und warden die heuser und wonungen, sovil die mogten erraicht werden, abgeschossen, das mertails profiant bloß und under dem himel lag, viel auch derselbigen verfallen war. Zu dem hetten die
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von Straßburg die secreta und haimliche gemach in ir statt rumen und solchen wust in ain unzall tonnen und vesser thon und die ins leger fieren lassen. Die warden durch sonderliche darzu ufgerichte instrumenta sampt den stinkenden, faulen aßen in das schloß geworfen, dardurch dann
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die profiant und früchten zugleich den bronnen aller verwüst und verderbt ward und die im schloß genett, das sie nit lenger sich enthalten kunten, derhalben sich weiter in die sprach mit den stetten begeben musten. Es hetten die stett den vortheil, das es in dreien monaten oder lenger
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nit hett geregnet, darumb nit allain das wasser im schloß abname, sonder auch das leger mocht vil neher dem schloß zurucken, dann die stett hievor nie hetten gedacht, und hett

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[382] auch der werkmaister ainer mit großer geschwindigkait feur werk hinein geworfen, von dem ain schön haus, genannt das ritterhaus, ward abgebronnen, das mertails kriegsvolk [1395] vom adel und sonst, uf sechzig personnen, in ain
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thurn weichen[26] muesten. In aller underhandlung mit den stetten warden siben schlecht personnen mit grosem bitt außgebetten und bei dem leben erhalten, zwen geroltzeckische büchsenmaister, und darnach der dritt ward von stetten in schlaudern und instrumenten sampt dem kat ins schloß
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zu todt geworfen, dann das schloß Schwanow und was darin ward uf gnad und ungnad ufgeben und userhalb der siben personnen wardt niemands salvirt, userhalben herr Walthers von Geroltzeck gemahl, so der zeit der belegerung auch im schloß war, ward vergont frei abzuziehen und mit
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ir zu nemen, was zu irem leib gehörte und über die falbrucken ertragen kunt; sollichs sollte ir zusteen, bleiben und auch gesichert sein. Also do name die guet fraw von Geroltzeck iren alten herren und gemahl uf den rucken und dann ain jungen son uf den arm, die trueg sie über die
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falbrucken, zu gedenken, der allmechtig habe ir als ainer bekümberten und vertribnen frawen glück und sterke verlihen, ain sollichs zu volbringen[27]. Die stett aber, wie sie das sahen, wolten sie der frawen das nit zugeben, mit vermeldung, die underhandlung het sich[28] uf keine personnen,
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sonder uf gelt, clainater oder andere farende hab verstanden und erstreckt, und wolten ir den merertail, wiewol sie das hoch versprochen, nit gern halten. Aber demnach der adel derzeit die stett, bevorab Straßburg und Basel, regierten, die auch disen bericht mit dem herren von Geroltzeck und
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seinem kriegsvolk zu Schwanow hetten ufgericht, besigelt und geschworn, die schampten sich übel, das in iren handlungen von den ungeschickten pauren also sollt grüblet und gesucht werden, darum namen sie der sachen sich sovil an,

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[383] das der loblichen, frommen frawen die tädigung gehalten, und muesten die dollen Karsthannsen hünder sich steen. Gemelte fraw von Geroltzeck ward mit irem alten herren, herr Walthern, und irem jungen sone über Rhein in die
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herrschaft Geroltzeck gefüert und belaitet, und von disem jungen herren (dessen namen vergessen worden) sollen die nachvolgenden herren von Geroltzeck alle abkommen sein. Das überig kriegsvolk, so in Schwanow ergriffen, ußerhalb deren, von denen hieob gesagt, ist alles mit dem schwert
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gericht worden, darunder vier herren von Geroltzeck und bei den fünfzig vom adel, lehenleut und ander. Dem nachrichter ward ain alts mendle, das unschadbar, zu zehenden vergont, und ain junger reuter, war noch schier ain kindt, das überig muest alles daran, und ward das schloß Schwanow
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mit grosem jubel und frolocken der Colmarhenslen und Kochensperger zerrissen und geschlaift[29], wie das der augenschein noch mit bringt. Es hetten die stett anfangs der belegerung ain brucken über den Rein gemacht, nit ferr vom schloß, darüber man fuere und rit, alldieweil das leger weret.
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Nach eroberung Schwanow do zogen die stett mit irem kriegsvolk nichs destoweniger über Rein für Schuttern, closter und stettlin, das verprannten sie sampt aller geroltzeckischen landtschaft herdishalb Reins, wiewol das alles widerumb ward erbawen, und bestand biß ufs jar 1372, do
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ward solchs von der statt Straßburg abermals verbronnen, darvon an ainem andern ort gesagt. *



  1. fegfür] s. Acta sanctorum (Antverp.) Mart II, s. 587; Liebrecht, Gervasius von Tilbury s. 90 und 200.
  2. . . .] war nach Reinhard a. a. o. § LXXX, der das todesjahr auch nicht kennt, im j. 1451 todt.
  3. blunder] hs. blumder.
  4. den hals umbtriben] über den glauben, daß der teufel manchen zauberern den hals umgedreht, s. Richter, Das Hexen-Maal, in der Gartenlaube 1866, s. 687.
  5. von Bern, war der letst] über die herrn von Bern, welche ihren sitz bei Rottweil hatten, s. Langen a. a. o. s. 347 ff.; Uhland in Pfeiffers Germania I, 313 ff.
  6. 142b] 142a, für die wappen des Jacob von Bern und der Anna von Zimmern bestimmt, ist leer.
  7. 192] auf s. 191 stehen die wappen des Jacob von Bern und von Zimmern.
  8. haimgesucht] hs. auch haimgesucht.
  9. Sempach] hs. Stempach.
  10. liechtenbergischen] hs. leuchtenbergischen.
  11. geroltzeckischen] hs. geroltzischen.
  12. Breisgew] hs. Breigew.
  13. herrn] hs. herr.
  14. Metz] hs. irrthümlich Menz; der bischof hieß Georg, sein jüngster bruder Marcus.
  15. kamen] bis wurden [s. 375 z. 2] abgedruckt bei Riezler, Fürstenb. Urkundenbuch III, 342.
  16. gemacht] hs. gemaht.
  17. dem curfürsten] hs. der curfürsten.
  18. welche] fehlt in der hs. WS: Fußnote ist unklar. Das angegebene Wort aus Zeile 7 fehlt auch im Druck.
  19. sie waren] hs. sie war.
  20. über] hs. all uber.
  21. ließen] hs. ließ.
  22. drotz] hs. dratz.
  23. Romberg] hs. Rombeug.
  24. ingeantwurt] hs. ingergetwurt.
  25. ain grefin von Tibingen] es verhält sich so; s. Schmid, Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen s. 365 und 382; den namen der gräfin kennt Schmid nicht.
  26. weichen] hs. weihen.
  27. volbringen] ist die von der eroberung Weinsbergs im jahre 1140 berichtete und bei zahlreichen andern burgen und stätten wiederkehrende erzählung von der weibertreue. Ueber die glaubwürdigkeit derselben handelt ausführlich Bernheim in den Forschungen zur deutschen Geschichte XV, 241—288: sie »ist und bleibt ein herrliches Kleinod deutscher Volkspoesie, allein für den Historiker eine Fabel;« s. auch Bauer, Die Geschichte von der Weinsberger Weibertreue, in Wirtembergisch Franken. Zeitschrift etc. 9. Bd. (1871), s. 1 ff.; W. Herz, Deutsche Sage im Elsaß s. 111 ff. und 261; Kirchhofs Wendunmuth, hsg. v. Oesterley, VI, 242.
  28. sich] hs. sie.
  29. zerrissen und geschlaift] vgl. darüber Die Chroniken der deutschen Städte. Straßburg I, 98; 125; II, 780; 798 ff.; 907; 1037; Strobel, Geschichte des Elsasses II, 198 ff.; Mone, Zeitschrift IX, 7. Wie Riezler, Fürstenbergisches Urkundenbuch II, 123 nachgewiesen hat, diente unserm chronisten als quelle für diese erzählung die handschriftliche chronik des hauses Geroldseck von Matthaeus Marschalk von Pappenheim, verfaßt ums jahr 1530, während Pappenheims erzählung in der hauptsache auf dem Chronicon des Johannes Vitoduranus (s. v. Wyss, Archiv für Schweizer. Geschichte XI, 100 ff.) und Closener oder dem Closener folgenden Königshofen (Hegel, Chroniken VIII, 98 und IX, 799) beruht. S. auch Lütolf, Die Zerstörung der Reichsfeste Schwanau, in Forschungen zur deutschen Geschichte, XIX, 449 ff.