Zedler:Zäunemannin
Zäunemannin, (Sidonia Hedwig) eine Kayserlich-gecrönte Poetin, erblickte das Licht dieser Welt den 15 Jenner 1714 zu Erfurt, woselbst ihr Vater ein Advocat gewesen. Sie trug von ihrer zarten Jugend an eine grosse Lust zu den Wissenschafften, und da sonst das Frauenzimmer sich die Zeit insgemein mit Eitelkeiten vertreibet, so fand hingegen unsere Sidonia ihr Vergnügen an guten Büchern. Sie studirte so fleißig, das ihr Ruhm von ihrer seltenen Gelehrsamkeit sich durch gantz Deutschland ausbreitete. Sonderlich liebte sie die Poesie, darinnen sie es auch so hoch brachte, das sie im Jenner 1738 von der Georg-Augustus-Universität zu Göttingen zu einer Kayserlichen gecrönten Poetin erkläret wurde. Der damahlige Pro-Rector der Universität Göttingen, D. Feuerlein, war Promotor bey dieser feyerlichen Handlung. Den Lorber-Crantz und das dießfalls ausgefertigte Diploma untern 3 Jenner besagten Jahres überbrachte ihr den 11 darauf der damahls in Göttingen studirende Graf Reuß von Plauen, Heinrich der Eilfte, nach Erfurt. Um diese Begebenheit in dem Reiche der Wissenschafften noch merckwürdiger zu machen, wurden verschiedene Medaillen unserer Poetin zu Ehren inventiret, welche man im Europ. Theatrum vom Jahr 1739. p. 234 findet. Alle diese Ehren-Bezeugungen verdiente dieses Frauenzimmer umso viel mehr, je seltener die Exempel sind, daß sich Frauenzimmer in dem Tempel der Minervä in freyen Künsten üben. Wer ihre unverbesserlich ausgearbeiteten Gedichte die voller auserlesener und reizender Gedancken sind, lieset, wird ihr seine Hochachtung auch nicht im Grabe versagen können. Ihr Abscheid von dieser Welt war betrübt: Denn wie bekannt, so hat sie den 11 December, als den dritten Advents-Sonntag, 1740 bey Plauen ohnweit Arnstadt ihr Leben elendiglich im Wasser beschliessen müssen. Ihre Schrifften, womit sie sich in der Welt ein unvergeßliches Andenken gestifftet, sind gröstentheils [1127] in gebundener Schreib-Art abgefasset, deren Aufschrifften folgende sind:
- 1. Send-Schreiben an die Herren Verfasser der gelehrten Hamburgischen Berichte, in welchen kürtzlich abgehandelt wird, daß ein Philosoph nicht allezeit bey demjenigen, was ihm begegnet, ein Stoicker seyn könne, viel weniger seyn dürffe; bey den Antritt des 1737 Jahres überschickt von Sidonia Hedwig Zäunemannin, aus Erfurt, Erfurt 1737 in 4. Dieses Send-Schreiben ist in ungebundener Schreib-Art verfertiget. Es ward solches in dem sechsten Stücke der Hamburgischen Berichte von Gelehrten Sachen aufs Jahr 1737. p. 46 u. f. angekündiget, und wegen seiner Vortrefflichkeit zugleich versprochen, es statt der Vorrede zu dem 1736 Jahre dieser Berichte, völlig abzudrucken, welches auch geschehen ist. Siehe Ludovici neueste Merckwürdigkeiten der Leibnitz-Wolfischen Weltweisheit, p. 125. § 69.
- 2. Die von den Faunen gepeitschte Laster Franckfurt und Leipzig 1739 in 4.
- 3. Ein Gedichte auf Se. jetzt regierende Königliche Majestät in Preussen, als Selbige die Regierung angetreten. Dieses Gedichte ist ohne Benennung des Orts 1740 auf einen Bogen in 4 in Druck erschienen.
- 4. Poetische Rosen in Knospen. Erfurt 1738 in 8.
Dieser Tractat bestehet aus einer Sammlung unterschiedlicher Gedichte, welche die Verfasserin eintzeln herausgegeben; hernach aber nebst einigen ungedruckten Poesien, so überhaupt in fünff Classen, nemlich in geistliche, Leichen- Hochzeit- Lob-Ehren und Glückwünschende und vermischte Gedichte abgetheilet sind, durch den Druck den Liebhabern der Deutschen Dicht-Kunst mitgetheilet. Unter solcher Sammlung sind sonderlich ihr Bergwerck und Wald-Gedichte zu mercken, weil sich vor ihr noch kein Poet an diese beyden Materien gewagt. Siehe Historisches Jahr-Buch aufs Jahr 1738. p. 225; aufs Jahr 1740, p. 298. Genealogisch-Historischer Archivarius aufs Jahr 1738. p. 276.