Zedler:Zähe Weine
Zähe Weine. Solche zu verbessern, lehret der Wohlerfahrne und Curiöse Kellermeister, im Ersten Theile seines Kunst-Buchs, p. 345 auf verschiedene Art: Als 1) Zähen Weine zu helffen. Man nimmt Rocken-Teig, so viel zu einem Laib Brod gebühret, lässet ihn halb aufgehen, [1049]thut ihn in das Faß, und lässet ihn auf den Boden sincken, der Wein richtet sich in fünff oder sechs Tagen. Oder, man nimmt zähen Leim, darunter kein Sand sey, mischet ihn ab, als einen festen Teig, macht Kugeln daraus, einer Faust groß, bäcket sie in einer Glut, und stöst sie klein, und seihet sie durch ein Sieb, nimmt alsdenn halb Wein und halb Wasser, temperiert alles durch einander, und geust es in das Faß. 2) Dem zähen Weine sehe wohl zu helffen. Man nimmt im May fichtene Rinden, wenn sie im Saffte sind, von einer jungen Fichten, eines Ellenbogen lang, und drey Finger breit, schälet das Rauhe davon, und lässet es in einem Backofen dürre werden. Wenn man nun einen zähen Wein hat, oder vermeynet, er hebe an zähe zu werden, mag man in ein jedes Faß 20 oder 30 Rinden warm thun, denn das Faß anfüllen und verbäilen und also acht Tage ruhen lassen, man kan sich im May mit den fichtenen Rinden auf das gantze Jahr versehen. Oder. Man nimmt die mittlere fichtene gedörrte Rinde stösset sie klein, und mit zerschnittenen Nägelein in ein Säcklein gethan, und in einen Wein gehenckt, auch fünff Tage nach einander, täglich einmahl hinaus gezogen, und in den Wein ausgedruckt, darnach wieder hinein gehenckt. Der Wein wird gericht und wohl geschmack. Oder aber, man nimmt die mittlere Rinde von einem Linden-Baume, in einem Back-Ofen gedörret, und auf das wärmeste oder heisseste in Wein gehänget, oder Schwartzwurtz in den Wein gehänget, und über Nacht darinne gelassen. Oder, man nimmt Bibenellwurtz, auf einen Eymer ein Loth, siedet sie in Weine, und geust ihn wieder in das Faß, rühret ihn wohl ab, darnach nimmt man zu einem Eymer eine Kanne Kühmilch, geust die vorher in zweyen Geschirren wohl ab, bis sie saimet, giest sie also saimend in das Faß und rühret es wieder um. Oder, man nimmt eschene Rinden, hänget sie in das Faß, oder giest ein wenig Weinsteinöl in das Faß, so hebet der Wein an zu geschten, und kommet wieder zu rechte. Oder, man nimmt Kranawethrinden, schabt die obere Rinde ab, und thut deren eine Hand voll ins Faß. Oder, man nimmt einen neuen Hafen, lässet ihn voll Wein, thut eine Hand voll Pfeffer, ein Loth Nägelein, eine Hand voll Saltz, ein Mäsel Branntwein hinein, lässet es sieden, und weil es siedet, rühret man dieweil das Faß wohl, und schüttet es hernach hinein. 3) Für die Saigerl. Man nimmt ein Fuder oder mehr Saiger-Weins, und lässet aus demselben mehr denn ein Viertel in einen neuen ungenützten Hafen, decket ihn feste zu, und setzt ihn zu einem röschen Feuer, lässet ihn wohl sieden, und wenn er so lange gesotten hat, und fast halb eingesotten ist, so decket man ihn auf, und hält einen brennenden Brand in den Dunst über den Hafen, so entzündet sich der Wein, und beginnet zu brennen, wenn er also eine gute Weile gebrennet, so blase man in den angezündeten Wein, daß er verlösche, und weil der Wein beym Feuer siedet, soll man den Wein in dem Fasse rühren, mit einem starcken Rühr-Scheide darnach den gesottenen Wein also heiß in das Faß giessen, und ein gut Theil gebranntes Weins darzu thun, den Spund wohl vermachen und verschlagen, so wird der Wem in 14 Tagen gantz richtig. Es ist bewährt. Oder, [1050]wenn man einen saigern Wein hat, so lässet man ihn im Herbste, wenn man leset, durch einen Schlauch, und legt ihn hinten höher als vornen, bohret darnach ein Loch mit einem grossen Zapfen-Reber in das Faß, so fleußt das Lager oder die Hefen heraus, und bleibet der Wein in seinem rechten Fasse, thut die alten Hefen daran, rühret den Wein lange mit einen Rührscheide, und nimmt desselben Weins in einen Hafen, wie droben Unterricht geschehen. Darnach muß man auch Weinbeeren nehmen, und sie wohl in einem Trottzuber mosten, und die gemosteten Weinbeeren mit ihren Trestern und Kämmen, so viele ins Faß gehen mögen, durch den Spund hinein giessen, und wohl durch einander rühren, und alsdenn den heissen Wein oben drauf in das Faß giessen, so hebt alsdenn der Wein wieder an zu gähren, als ein heuriger Weinmost: Wenn er die Kämme auswirfft, so wirfft man sie wieder in den Wein, denn von den Kämmen wird der Wein lauter. Oder, Ziesernmehl und Oliven darunter gestossen, und dessen ein halb Pfund in den Wein gethan. Oder, die Schlehen, wenn sie anfangen blau zu werden, zerstossen, in den zähen Wein gethan und wohl aufgerühret und verbailt, richtet den Wein in acht Tagen. Oder, man nimmt eine Schüssel voll Kießlinge und saubern Sand, thut es in den Wein, darnach ein halb Pfund gestossenen Wein-Stein darzu, überläst den Wein, und rühret ihn hernach wohl um mit einem Rührscheide, füllet ihn wieder, und lässet ihn drey Tage stehen. 4) Einen saigern Wein wieder zurecht zu bringen. Aus einem Fuder Wein lässet man ein Viertel in einen reinen neuen Hafen, und legt darzu Nesselwurtzeln, soviel man mit beyden Händen fassen kan, deckt den Hafen zu, und setzt ihn zu einem röschen Feuer, verschäumet ihn offt, wenn er siedet, und wenn die Wurtzel recht versotten, seiget man den Wein von den Wurtzeln, und giesset den heissen Wein in das säigere Faß, verschlägt es wohl, und über acht Tage siehet man darnach, ob der Wein sich geläutert, denn soll man den Wein von Grund aufrühren, hat sich der Wein dichte geläutert, und dennoch eine grüne Farbe, so nimmt man weissen Alaun, und stösset ihn in einem Mörser, zu einem Fuder ein halb Pfund, legt den gepülverten Alaun in ein neues Häfelein, und setzet es auf ein Glut-Feuer, so wird es zu Wasser, läst ihn ausriechen, so wird er weiß als eine Kreide, und wird süß, nimmt denn ein halb Pfund Galitzenstein, macht ihn wie den Alaun, rühret ihn in den Wein mit einen Rührscheide, daß er sich um und um in den Wein theile, so wird der Wein wieder frisch und lauter. Ist bewährt. 5) Einen trüben, rothfärbigen zähen Wein wieder zurechte zu bringen. Man nimmt drey halbe Seidel Geißmilch, gießt sie in einen neuen Hafen, lässet sie beym Feuer wohl warm werden, aber nicht sieden, übermisset denn das Faß, daß bey einem jeglichen Seidel drey Maas heraus kommen, geust die warme Milch darein, rühret den Wein wohl auf, und machet über das Bail ein Laiblein Brod, das erst aus dem Ofen kommt, schneidet die untere Rinde davon weg, lässet es zween Tage aiso darüber, so richtet sich der Wein wieder, und bekommt eine schöne Farbe. 6) Aus andere Art, [1051]trüben Wein wieder zurechte zu bringen. Man nimmt zwey Pfund Mandelkerne, presset die Milch daraus, auf gemeine Weise, denn nimmt man das Weisse von 10 Eyern, und einen Löffel voll Weitzenmehl, ober Krafftmehl, rühret es durch einander, und giest es alles in das Faß, so wird es sich über Nacht läutern. 7) Trübe und dicke Weine lauter und mild zu machen. Man nimmt Senffmehl, und temperirt es mit Weine in einem Schäflein gar wohl, geust es in den Wein, und rühret es mit einem häselnen Stecken, von unten auf gar wohl unter einander, lässet ihn fünff Tage lang, oder länger, also ruhen, und schauet darnach zu, so wird er lauter zu trincken seyn. Oder, man nimmt Honig, röstet und schaumet es wohl in einer Pfannen, nimmt darzu ein halb Pfund Pfürsingkerne, zerstossen, seiget sie mit Honig und Wein durch ein Tuch, und gießt es in das Faß. Oder, man hänget Bronbeerlaub an einem Faden in den Wein, so wird er in kurtzer Zeit wieder schön und klar. 8) Dem zähen Weine zu helffen. Man nimmt schönen Weitzen, siedet ihn in einem neuen Hafen, einen gantzen Tag, darnach schüttet man ihn in ein Schaff, geust kaltes Wasser drauf, und wenn er kalt ist, thut man ihn in einen Mörser, stösset ihn gar klein, treibt ihn durch ein dickes Tuch, nimmt das Weisse davon, das durchgetrieben worden, geust es in ein klein Schaff, und kaltes Wasser dran, lässet es über Nacht stehen, morgens seiget man das Wasser davon, und geust abermahl ein kaltes daran, lässet es den Tag über stehen, zur Nacht seiget man es ab, und lässet es trocken werden, darnach nimmt man auf ein Pfund Ummenschum, oder ausgetrockneten Weitzen, ein Pfund Mandeln, stösset sie klein, macht eine gute Mandelmilch daraus, thut sie darunter, nimmt so denn aus dem Fasse eine Kanne Wein, und ein Viertel klein zerstossene Rebasche, mengt alles unter einander, rühret den Wein, und geust den Zusammensatz hinein, so richtet er sich innerhalb sieben Tagen, verlieret die Zähe und wird klar. 9) Zähen Wein lauter zu machen. Man bindet einen saubern Hader an einen Stecken, rühret den Wein wohl vom Boden auf, lässet einen Hafen davon sieden, und geust ihn siedend heiß wieder in das Faß, man kan auch ein wenig Branntwein darunter mischen. 10) Zähen, saigern, trüben und Molckenfarben Wein wieder zurechte zu bringen, und lauter und frisch zu machen. Man nimmt Semmel- oder Weitzenmehl, frisch gemolckne Milch, und das Weisse von Eyern, wenig oder viel, nachdem das Faß, darinne der Wein ist, groß oder klein ist, schlägt diese Stücke durcheinander, biß daß es einen Schaum giebt, und geust es mit einander in den Wein, hernach mit einem durchlöcherten Rührscheide durch einander gerühret, bis daß es anfängt zu schäumen, darnach lässet man ihn ruhen, so wird er in vier Tagen schön lauter und frisch, den fünfften Tag muß man ihn denn ablassen, in ein ander sauber bereitetes Faß, und lässet ihn 14 Tage zum wenigsten zugeschlagen ruhen, so hat man einen hellen, schönen, klaren und frischen Wein. 11) So ein Wein abfällt, sich verkehret, und den Geschmack verlohren hat. So hänge man nur Benedictenwurtzel darein, [1052]so kommt der Wein alle wieder zurechte. 12) Wie man krancken Wein bessern soll. Man lässet ihn ab, giesset ihn auf gute Hefen, er bessert sich. Oder, man nimmt Zimmetrinden, Zucker und gefeilt Hirschhorn, jedes einen Vierding, und hänget es in ein Fuder Wein, er wird besser. Ist bewährt. Oder, man nimmt ein Quart gemahlnen Rautensaamen, und hänget ihn in den Wein, er wird besser, macht aber trunckene Leute. 13) Wenn ein nachläßiger Wein abnimmt, und den Geschmack verleuret. Man nimmt Aeste von einer Fichten an dem Stamme, siedet dieselbigen, und hänget sie in den Wein. 14) Die rothe Farbe dem Weine zu vertreiben. Man nimmt weissen Sand, trocknet ihn gar wohl, und stösset ihn klein in einem Mörser, ist des Weins ein Fuder, so nimmt man des Sandes auf ein klein Viertel Schäfflein voll, das Weisse von vier Eyern, zerschlägt es wohl, und giesset es auf den Sand, nimmt darzu Ingwer, Zittwer, Zimmet und Nägelein jedes ein Loth, stösset alles wohl, giesset es in den Wein, und rühret ihn unter einander mit einem Scheide, lässet ihn ruhen bis an den andern Tag, und giesset darein ein Viertel guten Wein, so wird der Wein schön lauter, starck und wohl geschmack. Es ist bewährt.