Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Xun-Chi

Band: 60 (1749), Spalte: 787–788. (Scan)

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Xun, Lat. Xunus, wird sonst auch Yu genannt, der letzte von denen ersten acht Königen in China, welcher vom Jahr der Welt 1691 bis ins Jahr 1741, und also 50 Jahr regieret haben soll. Er war ein Bauer-Knecht, der einen tollen Vater, eine närrische Mutter, und einen Hauffen gottlose Brüder hatte; er wuste sich aber dermassen aufzuführen, daß er nicht allein von ihnen allerseits geliebet wurde, sondern sie endlich auch alle mit einander fromm machte. Dieses, und weil er sein gantzes Hauß so weißlich regieret hatte, veranlaßte den Sungo, welchen der Kayser Yao anfänglich zum Nachfolger ernennet hatte, der aber diese Ehre nicht annehmen wolte, weil er die Qualitäten nicht an sich zu haben vermeynte; die zu einem löblichen Regenten erfordert würden, daß er obbesagten Xun dem König vorschlug, und ibn vor tüchtig hielte, auch das gantze Königreich mit Klugheit zu beherrschen. Der König Chao ließ sich auch diesen Vorschlag gefallen, nahm diesen Xun an seinem Hof, und, nachdem er ihn in allen Stücken vor geschickt befunden hatte, so gab er ihm seine beyden Töchter zur Ehe, ließ ihn letztens gar neben sich das Königliche Regiment verwalten, und als er mit Todte abgieng, folgte er ihm in der Regierung nach. Sein Vater wolte ihn einstens todt schlagen, konnte es aber wegen seiner Freundlichkeit nicht über das Hertze bringen. Und als er einst in einem Brunnen gestiegen war, so bombardirte ihn sein jüngster Bruder mit Steinen: Er fande aber im Grunde des Brunnens ein Loch, und hinter demselben einen langen Gang unter dem Erdboden, dadurch er unbeschädiget wieder aus dem Erdboden heraus gieng. Welches alles Anzeigungen waren, daß das Glücke was grosses mit ihm vorhätte. Er betrauerte seinen Vorfahren nicht anders als seinen leiblichen Vater, und zwar gantzer drey Jahre nach einander. Es ist auch von selbiger Zeit an zur Gewohnheit in China worden, daß die Kinder gantzer drey Jahre um ihre Eltern trauern müssen: Und zwar aus dieser Ursache, weil die Kinder in den ersten drey Jahren, ehe sie noch recht auf die Beine treten können, unzählige Wohlthaten von ihren Eltern geniessen. Es wird aber bey solchen Trauern viel mehr Ernst gebraucht, als bey uns Europäern. Denn ein solcher Sohn bleibet die gantzen 3 Jahre zu Hause; er leget sein Amt, wenn er eines zu verwalten hat, unterdessen nieder; er isset weder Fleisch noch Fische, sondern blosse Kräuter; er träget grobe Kleider, und schläfft auf einem harten Bette; er redet einen gantz andern Stylum als sonst, und braucht auch andre Papier, und andere Dinge; und bey allen dem nennet er sich selbst nicht anders als einen gottlosen Sohn, der es mit seinen Sünden verschuldet habe, daß der Vater nicht länger im Leben geblieben wäre; und was dergleichen Bezeugungen der Kindlichen Liebe mehr sind. Sonst war dieser König ein großer Liebhaber schöner Künste: Er spielte selbst auf allerhand musicalischen Instrumenten, und ließ eine Sphäre von [788] lauter Edelgesteinen machen, daran man den Lauff und die Eigenschafften der sieben Planeten erkennen konnte. In seinen beyden Augen hatte er gedoppelte Aug-Aepffel, welches man nach diesem allemahl vor ein Merckmahl eines scharffen Verstandes gehalten hat. Er brachte die sechs Tribunalia, welche sein Vorfahrer zu besserer Handhabung der Gerechtigkeit angeleget hatte, in bessern Stand. Damit auch die Laster nicht nur scharff, sondern auch vernünfftig könnten bestraffet werden, so verordnete er, daß inskünfftige dreyerley Landes-Verweisung, und fünfferley Leibes-Straffen seyn solten. Seine Unter-Obrigkeiten aber satzte er gemeiniglich mit dieser Formul ein: Tum demum morem mihi gerite, cum, quod bonum & aequum erit, imperavero. Der grosse Wasser-Bau ward unter seiner Regierung vollends zu Stande gebracht. Man siehet noch heutiges Tages Merckmahle davon, und kan sich nicht genung verwundern, was das vor Arbeit muß gekostet haben, gantze Flüsse anderswohin zu leiten, so viel Psudel auszufüllen, so viel Moräste auszutrocknen, solche Dämme aufzuführen, und mit einem Worte: aus so viel Bergen und Thälern ein ebenes Land zu machen. Man findet auch in den Sinesischen Jahr-Büchern Nachricht, als wenn unter diesem Könige die Tartarn zum ersten in China eingefallen wären. Wenn aber dieses wäre, so müsten die Tartarn viel ein älter Volck seyn, als man insgemein glaubet. Es endiget sich übrigens mit diesem Könige die ungewisse und zweiffelhaffte Historie von China, indem er, wie oben gedacht, der letzte von den 8 Königen gewesen, welche mehr durch die Wahl, als durch das Erb-Recht auf den Thron gestiegen sind. Denn nach seinem Todte ist das Reich erblich gemachet worden, und hat in 22 besondern Geschlechtern bis diesen Tag gewähret. Hübners Politische Historie, IX Theil, p. 548 u. ff. Martiniere Einleit. zur Historie von Asien etc. p. 121. u. f. Allgem. Chron. I Band, p. 17.