Zedler:Wunder-Berg, (Amberger)

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wunder-Bilder, Wunderthätige Bilder

Band: 59 (1749), Spalte: 2106–2109. (Scan)

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Wunder-Berg, (Amberger) in der Ober-Pfaltz. Man schreibet von diesem Berge eine wunderliche Zeitung, so durch 25 Bürger und Bürgers-Söhne der Stadt Amberg in der Ober-Pfaltz sich zugetragen, da sie nemlich in diesen ungeheuren holen Berge, 3 Meil Wegs von besagter Stadt gelegen bey dem Dorffe Bredenwinde 12 Stunden 900 Klafftern weit gegangen, darinnen starckes Krachen gehöret und viel wunderbahre Curiositäten angetroffen, von Riesen-Gebeinen, Bildwerck und dergleichen. Dieses ist von einem Mit-Reiser, Berthold Büchner genannt, seinen Vettern gar kündlich zugeschrieben, welches denen Unwissenden unglaublich zu hören und den Erfahrnen nicht möglich genugsam anzuzeigen seyn wird; wer aber solches nicht glauben will, der mag den Augenschein und die Wahrheit selbst untersuchen. Diese Relation lautet eigentlich, wie folget, also:

"Im Jahr Christi 1535 am Abend Petri und Pauli, sind die obberührten 25 Männer, mit einem Karren, darauf sie Licht, Latern, Feuerzeug, Brechzeug, Schnure, Wein, Brod, und andere Lieferung zu solcher Reise dienlich, von Amberg aus auf 2 grosse Meilen Wegs, in eine Marckt, Hohenburg benahmet, gerücket, daselbst übernachtet, den andern Tag gar frühe aufgebrochen, um und auf der kleinen Stunde zu Morgens vor Tage bey diesem ungeheueren Berg zusammen kommen, und alsbald darnach im Loche zu handeln angefangen, zweene aus uns zu Haupt-Leuten verordnet, denen wir gehorsam zu seyn und Leib und Leben bey einander zu lassen angelobet; Darauf haben wir das Innere des äussern Loches so weit befunden, daß man mit einem Beywagen umkehren mögen; nunmehro waren wir zu kriechen gerüstet, und fein nach einander verordnet, einen jeden was besonders zu tragen auferlegt: Einem Schnüre, dem andern Licht, den dritten Latern, und den andern Pickeln, Wein, Brod und dergleichen. Wir sungen insgesammt mit frölicher Stimme; In Gottes Nahmen fahren wir etc. Darauf der eine Hauptmann der erste und forderste in allem hinein kroch, der andere Hauptmann aber der letzte, der mit allen Fleiß den Eingang mit Schnuren und andern Zeichen verwahrt und bemerckte, damit Gefährlichkeit dadurch möchte abgeschnitten werden, denn, so wir von der Schnure kommen wären, wär uns nicht möglich gewesen, wieder herauszukommen, haben uns also jenseit des Thals auf hundert Klafftern abwärts in den Fels gezogen, die Schnure an einen Fels gebunden, und oben heraus vor dem Loche vier ehrlicher wahrhaffter Personen, so unser daselbst mit Hütern gewahrsam verhütet, zu bleiben verordnet. Alsbald sind wir an eine sehr enge Klufft und Loch kommen, vor dessen grausamen Ansehen, unser Gesellen einer, der sich dahin am aller freudigsten in solch Loch der erste und forderste zu seyn ausgegeben, dermassen erschrocken, daß er, uneingedenck seines Versprechens, von uns aus dem Loche ist flüchtig worden, wir aber sind auf dem Bauche auf 50 Klafftern durch solche enge Klufft gekrochen, [2107]man konnte darneben wohl weiter Eingang haben, har sich aber nicht in die Ferne erstreckt, sondern kürtzlich abgeschnitten, wie wir im Herausziehen erfahren, wir kamen erstlich auf einen weiten Plan, so übergewölbt war, daß weder Lufft noch Licht vom Tage unser keiner in solchen Berg erfahren konnte; Dieser Platz schiene nicht sehr ungleich einen Tantz-Boden. Wir funden in solchem Einkriechen so viel Todten-Beine, daß der erste solche auf beyden Orten in die Löcher auf einen Hauffen räumen muste, hätten sonst wohl nicht hinein kommen mögen, sie waren alle groß und unsers Erachtens, wie wir denn viel mit uns heraus gebracht, schienen solche von grossen Riesen gewesen zu seyn. Darneben gieng zur rechten Hand der rechte Eingang wieder an, währete eine Weile in einer Weite, hernach kamen wir an ein fast enges Loch, da musten wir uns auf dem Bauch hindurch zwingen, und 200 Klafftern hinein traffen wir einen schönen weiten Pallast an, fein eben, mit selbst gewachsenen Steinen gepflastert, darein man wohl bey 100 Pferde stallen konnte, in demselben stunden 8 oder 10 von der Natur ausgebreitete Säulen, gar figurlich, auch waren an den Seiten herum feine Sitzstellen. Daselbst funden wir zwey Menschen-Köpffe, die also in den Felsen verrunnen, daß wir sie mit Spitzhauen kaum mochten heraus gewinnen. Es hatte auch sehr viel Neben-Gänge an demselben Platz, und sonsten allenthalben im Berge, die wir zum Theil wohl sahen und erkrochen, alle Löcher und Gänge lagen voll grosser Todten-Beine, und kunnten schier in einer Stunde kein recht Loch, das für den wolte, finden, jedoch traf unser Hauptmann eines an, die andern Löcher giengen hin und wieder im Berge zusammen, und war dieses was gantz besonders. Wr mochten uns über den Pallast nicht genugsam verwundern. Kamen ferner hindurch auf 150 Klafftern an ein sehr enges Loch, darein wir uns hart zwingen musten; im selbigen erhub sich ein Rauschen, Prasseln und Brechen, das uns gar selten dauchte, im engen Loch also steckende hätte mancher gewolt, er wäre zu Hausse bey seiner Frauen geblieben, die Strasse, wie etliche gethan, gegeben und nie darein kommen. Endlich fieng sich das Loch an zu weitern, daß wir zusammen gehen mochten, wir hielten Rath und beschlossen keineswegs nachzulassen, sondern zu besehen, was sich doch so wild darinnen stellete. Also gieng unser Hauptmann wieder voran, dem wir alle nachfolgeten, und kamen wieder auf einen sehr weiten Platz, den wir wohl besichtigten, weil er nicht viel anders war, dann ein Stifft oder Capittels-Hauß, darinnen alle Gleichnisse eines Predigt-Stuhls an einer Wand waren, darbey gieng ein Gang über sich, wir funden daselbst viel Todten-Gebeine, das rechte Loch aber verlohr sich, und suchten lange bis wir wieder eines funden, wir kamen hierauf in ein enges Gewölblein, darinnen ein Todten-Kopff von solcher Grösse, dergleichen wir noch niemahls gesehen, noch davon gehöret hatten; diesen wollen wir durch das enge Loch zwingen, aber es zufiel alles. Wir [2108]kamen durch ein enges Loch weiter hinein, daß zwey Personen füglich neben einander hätten gehen mögen, 200 Klafftern ungefehrlich, in demselben rauschte und prasselte es je länger je mehr, bis wir daran kamen, da traffen wir aber einen ziemlich weiten Platz an, und fiel ein gewaltig Wasser auf 2 Mühl-Räder, zwischen zweene Felsen herein, also floß der Bach über den Platz abwärts wieder ein, wir konnten aber demselben Ausfluß nicht nachkommen, wolten gerne wissen, wo dasselbe Wasser seinen Ausgang hätte, oder von wannen es daher geflossen käme, denn es über alle massen kalt war. Unser Hauptmann steckte daselbst in einem Loche, und so man ihn nicht herausgezogen, hätte er müssen verderben; mir wiederfuhre desgleichen, wurde sehr schwach darnach, daß mir der Apothecker Labung reichen muste. Es hatte neben dieser Weite ein feines dreyeckigtes Gewölbe, so wir im Eingange erfahren. Wir funden ein steinern Bildniß auf diese Art, als sässe ein Abgott auf einen Stuhl und hätte einen Krantz von Stroh, dieses aber war schwartz und gantz mürbe worden. Wir funden auch ein steinern Bildniß an der hohen Wand schwebend, dem liessen wir ein Licht brennen, und bey 20 Klafftern davon ein rohes Erdreich, darinnen sehr viele Todten-Beine waren. Fürter krochen und giengen wir, nach der Schnur aber fast bey 250 Klafftern, kamen auf einen sehr schönen Pallast, auf der andern Seite zwischen dem Niedergang und Mittage funden wir einen springenden Brunn, darum waren 4 steinerne Säulen, fast geformt, als waren etwa allda Bäncke gewesen, der Brunn führete sehr kaltes Wasser, darein hencketen wir unsern Wein in den Flaschen, der wurde gar und übriges kalt genug. Unterdessen wie wir sassen, und uns bey den Brunnen labten, wird ein groß Tummeln in einen engen Loch und Klüffte, darinne des Brünnleins Fluß sich endete. Durch solche Klüffte und Wasser unterstunde sich unser Hauptmann zu kriechen, bliebe aber darinnen gantz wack naß bestecken, als wir aber mit Lichten ihm heraus zu helffen, zulieffen, da geschahe ein Wurf herfür, traf unser Gesellen einen der Burgstaller genannt, am Kopffe, hätte ihm gar leicht ein Auge verderbet, derselben hab ich ein klein Drom heraus bracht. Er verblutete sich sehr, must ihm also den Spott zum Schaden haben; Es gedaucht in unsern Ansehen, er geschähe durch eine Gestalt eines Weibs-Bildes. Der Burgstaller hatte viel geweyheter Fantasey bey ihme, wir hielten es für ein Gespenst, und käme von wegen seines Aberglaubens, wir mochten aber ferner nichts ansichtig werden. Es ist ein wunderlich Ding, daß das Wasser in diesem Berge gefrieret, das Tropff-Wasser, so wohl an den 9. Enden einfällt zu einem über harten jählingen Fels und lichten durchsichtigen Steine: Auch fleust aus etlichen Löchern weisses Ertzgesaltzen, wie Glaß-Werck heraus, das wir für Salniter hielten. Es hat auch unser Gesellen einer, ein sehr starckes grobes Parther, das ziemlich krauß war, mit ihm heraus gebracht, und aus einer [2109]Klufft des Felsens gewonnen. Wir hatten alle insgesammt grosse Lust uno Begierde ferner zu suchen, was doch für Gespenst und anders im Berge zu finden wäre, hätten auch gerne unsere Abentheuer und ferner Geferd bestanden, aber wir verlohren alle ferne Gänge und Löcher, daß wir zum Theil vor ein Gespenst und Zauberey achteten, musten uns also mit Unwillen nach der Schnur wieder heraus ziehen, und kamen ein kleines nach 12 Stunden an den Tag. Indessen wischt ein Kurißen-Reuter mit zwey Pferden vor dem Loche hin, dem wir alle zuschrien herein zu uns zu kommen, er verritte aber in kurtzen gantz eilends hinweg; wir hatten uns alle in diesem Berge also entfärbet, daß einer vor dem andern erschrack, und eine Entsetzung hatte, und sahen als Todten-Cörper, darob die heraussen unser vor dem Loche gewartet hatten, sehr erschracken, aber, GOtt sey Danck! unser keinen gereichte nicht sonders zu Schaden, dem sey Lob, Ehr und Preiß von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen."

Diese Begebenheit wurde also verzeichnet durch obbesagten Berthold Büchnern, so mit und dabey gewesen, dem Herrn Rentmeister N. N. zu Amberg auf Begehren communiciret. Actum. ut supra. Gregorii Beschreibung der berühmtesten Berge, p. 121 u. ff.