Zedler:Wild oder vielmehr Wilde, (Johann) Schleßwig-Hollsteinischer Consistorial- und Kirchen-Rath
Wild oder vielmehr Wilde, (Johann) Schleßwig-Hollsteinischer Consistorial- und Kirchen-Rath, des Norder-Dithmarischen Consistorii Probst, und der Gemeinde zu Tellingstedt Haupt-Prediger, erblickte zu Tellingstedt, allwo sein Vater, welcher auch den Nahmen Johann geführet, 38 Jahre Prediger gewesen, im Jahr 1687 den 2 September das Licht dieser Welt.
In den ersten Jahren gab sich sein Vater selbst die Mühe, ihn zu unterrichten; von 1701 an bis 1703 aber wurde er der Unterweisung des Sievers, nachmahligen Rectors in dem Städtlein Heyde, anvertrauet. Im Jahr 1703 schickte ihn sein Vater nach Meldorp in die öffentliche Schule, allwo er sich des Rector Meyers, welcher nachgehends viele Jahre das Rectorat in Tönningen verwaltet, Geschicklichkeit und Fleiß dermassen zu Nutze zu machen wuste, daß er 1707 nach der Universität Jena gehen können. Daselbst hörte er Buddeum und Foertsch in Gottesgelahrheit; Danz, Stock und Rus in den Morgenländischen Sprachen; Posner in der Kunst zu predigen; und Treuner, Hamberger, nebst Slevogt in den Wissenschafften, so zur Weltweisheit gerechnet werden. Im Jahr 1709 begab er sich von Jena zurück nach Hause, verweilete [695] aber allda nicht lange, sondern gieng noch in selbigem Jahre wieder nach Kiel, allwo er insbesondere einen Zuhörer der Vorlesungen des zum Felden abgegeben, und mit Beyfall zweymahl disputiret.
Als er sich 1711 von dem damahligen General-Superintendenten Muhlius zu Schleßwig examiniren lassen; wurde er den ersten November desselben Jahres am Aller-Heiligen-Feste zum Diacono zu Tellingstedt erwehlet, und hatte also das Glück ein College seines Vaters zu werden.
Den 5 December 1713 verehelichte er sich mit Marx Detlefs, damahligen Landes-Gevollmächtigten zum Wehren, Kirchspiels Wesselburen, jüngsten Jungfer Tochter, Annen, in welcher Ehe er sechs Kinder, als fünf Töchter, die alle bey seinem Ableben noch am Leben waren, und einen Sohn, der damahls des Studirens halber sich in Jena aufhielte, gezeuget.
Als 1722 sein Vater das Zeitliche segnete, wurde er Haupt-Pastor an dessen Stelle, und nach Ableben des Probsts Heinrich Engelbrechts zur Heyde 1728 auf einhellige Vorstellung der Landschafft Norder-Dithmarschen von dem Hertzoge zu Schleßwig-Hollstein, Carl Friedrichen, Probst in Norder-Dithmarschen. Bey Gelegenheit des neu-erichteten Ober-Consistorii in Dithmarschen ernannte ihn eben dieser Herr den 4 December 1733 zum Consistorial-Assessor, und den 15 Junius 1735 zum Consistorial- und Kirchen-Rath, in welcher Würde er auch von dem Herrn Administrator, Adolph Friedrichen, Bischoffen zu Lübeck, 1739 bestätiget worden.
Im Anfange des 1742sten Jahres fiel er in eine zehrende Kranckheit, und wurde nach 15 Wochen, wie er gantz ausgemergelt war, den 27 May des gedachten 1742 Jahres aus dieser Zeitlichkeit in die Ewigkeit versetzet, nachdem er sein Alter auf 54 Jahre, und bey nahe 8 Monate gebracht hatte. Den 5 Junius darauf wurde er mit Christlichen Cermonien zur Erde bestätiget. Sein bisheriger College, Fried. Christ. Heilmann, hielte ihm die Leichen-Predigt über Luc. XXII, 29 u. 30, und Lorentz Atzen, Consistorial-Assessor, des Norder-Dithmarischen Ministerii Senior und Haupt-Prediger zu Dellve, die Parentation, worinnen er den Wohlseeligen als einen gelehrten und beredten Apollo eines wohlehrwürdigen Ministerii im Nordertheil Dithmarschen aufführte.
Anton Viethe in seiner Beschreibung des Dithmarischen Landes, p. 203 meldet von ihm: „Seine besondere Geschicklichkeit, Gelehrsamkeit und unermüdete Sorgfalt in seinem Amte nach Würden zu erheben, würde bey seinem (damahls) GOtt gebe langen Leben einer Schmeicheley nicht ungleich seyn: Und weil meine Feder doch darinn zu schwach, so will ich lieber auf das Gezeugnis eines Hochwürdigen Ministerii und der gantzen Landschafft mich beruffen.“
Sonst ist noch zu melden, daß als die am 6 August 1736 abgebrandte Kirche zu Weßlingburen wieder aufgebauet, und den 17 Jun. 1738 eingeweyhet worden, der Herr Wilde die Stand- und Einweyhungs-Rede gehalten, und aus dem von Ihro Königl. Hoheit damahls vorgeschriebenen Texte aus Esra VI, 16 gründlich und erbaulich vorgestellet: Die freudenreiche Einweyhung [696] eines aus seiner Asche glücklich wieder erbaueten Gottes-Hauses. Diese Predigt, ist mit der gantzen Einweyhungs-Handlung 1738 zu Schiffbeck gedruckt herausgekommen.
Acta historico-ecclesiastica VII Band, p. 936 u. ff.