Zedler:Wenda, Venda oder Vanda

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wendanus, (Dan.)

Band: 54 (1747), Spalte: 1992–1994. (Scan)

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Wenda, Venda oder Vanda, des Pohlnischen Fürstens Craci oder Grachs kluge uüd tapffere Tochter, so nach Lechi II. Todte, und seines Bruders Verbannung aus dem Reiche, im Jahr 750. auf den Thron erhoben ward. Ohngeachtet nun die Pohlen als ihre Unterthanen scharff darauf drungen, daß diese ihre Fürstin sich vermählen solte, wolte sie doch nichts davon hören, sondern entschloß sich als Jungfer zu leben und zu sterben. Der Ruhm aber ihrer Schönheit und recht männlichen Geistes blieb nicht in Pohlen eingeschlossen, sondern drang auch bis in Deutschland, wodurch ein gewisser Deutscher Fürst, Rithogarus oder Ritiger' genannt, dergestalt gerühret wurde, daß er sie zur Gemahlin begehrte. Er empfieng aber von ihr eine abschlägliche Antwort, und brachte darauf ein Kriegs-Heer zusammen, womit er sich den Pohlnischen Grentzen näherte; da hingegen die Königin Wenda gleichfals mit ihren Kriegs-Völckern auf ihn loßgieng. Rithogatus ward hierüber in etwas bestürtzt, und fertigte einige von seinen vornehmsten Grossen ab, welche sie nochmahls durch Vorstellung seiner grossen Macht und Reichthümer zu Vollziehung einer Heyrath mit ihm bewegen solten. Doch Wenda gab ihm zur Antwort, wie sie sich höchlich verwundern müste, für eine so niederträchtige Weibes-Person von ihrem Fürsten angesehen zu werden, daß sie zur Beschimpfung ihrer Würde und Macht, desjenigen Unrechts und Schadens, so ihr Staat bereits von ihm gelitten, gäntzlich vergessen, und sich selbst nebst dem Polnischen Reich ihm unterwerffen solte. "Bringet demnach (fuhr sie fort) eurem Herrn die Botschafft, daß ich einen Abscheu vor einer Vermählung sowohl mit ihm, als mit allen übrigen Männern trage, und daß es weit herrlicher, selbst eine Königin vorzustellen, als eines Königs Gemahlin zu heissen. Er hat mich mit Kriege überzogen; darum mag er sich nun auch zum Kriege rüsten, und lernen, daß es für einen Mann und Fürsten übel stehe, wenn er zu solcher Zeit, da das Treffen angehen soll, den Mars verlassen, und von der Venus reden, oder nach niedergelegten Waffen von Heyraths-Sachen handeln will." Die Gesandten, welche mit diesen Bescheid abgefertiget waren, wusten nicht genung von der unvergleichlichen Schönheit der Pohlnischen Königin zu erzehlen, daher alle Soldaten des Rithogari höchst begierig waren, als sie von ihm gegen die Pohlen in Schlacht-Ordnung gestellet wurden, das Angesicht dieser Fürstin zu sehen; welches auch den fördersten Hauffen gelung, indem die Wenda mit unbedeckten Haupt vor ihren Kriegs-Völckern herritte. Diese liessen nicht nach, ihr Erstaunen über derselben ungemeine Liebreitzungen gegen die andern zu verstehen zu geben; und dieses machte in den Gemüthern der Alemannen einen solchen Eindruck, daß sie öffentlich über die Ungerechtigkeit dieses Krieges gegen eine so liebenswürdige Fürstin zu murren begonnten, endlich aber den Kampff-Platz verliessen, und nach ihrem Lager zurücke wichen. Sie weigerten sich hierauf zu fechten, was für Mühe Rithogarus auch anwenden mochte, sie dahin zu bewegen. Dieses schmertzte den Fürsten dergestalt, daß er sich vor den Augen seiner Armee erstach, nachdem er zuvor die Götter angeflehet, daß seine Unterthanen zur Straffe ihrer bewiesenen Zaghafftigkeit von einem Weibe müsten beherrschet werden. Dlugoss Hist. Pol. Lib. I. Nach seinem Tode schloß Wenda mit den Alemannen einen Frieden, und kehrte mit Triumph wieder nach Cracau zurücke, worauf sie in Erwegung, daß sie eines beständigen Glücks in währenden Lauf ihrer Regierung genossen hätte, die Entschliessung faste, sich selbst als das würdigste Danck Opffer den Göttern darzubringen. Nachdem sie nun dreyßig gantzer Danck-Tage nach einander in ihrem Reiche feyerlich begehen lassen, sprang sie in Beyseyn der vornehmsten Grossen des Landes von der Brücke bey Cracau in die Weichsel, und ersoffe. Der von Ziegler hat ihr nachstehende Grabschrifft in seinem Historischen Labyrinth der Zeit aufgesetzt:

Es war der Jungfern-Krantz mein fünftes Element,
Und dieser starb mit mir im Wasser unzertrennt.
Last Schwestern! bitt ich, mir doch diesen Ruhm alleine.
Ach ja! denn um den Krantz, ersäufft gewiß sich keine.

Allgem. Chron. III Band, p. 548 u. f. Micrälius Lib. II. Chron. Pomer. num. 22. p. 107. Connors Beschreib. des Königreichs Pohlen, p. 17. Lusä Schles. curieuse Denckwürtigk. p. 38. u. f.