Zedler:Wellen, (Wasser-)

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wellenberck

Band: 54 (1747), Spalte: 1539–1542. (Scan)

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Wellen, (Wasser-) welche in einem Teiche entstehen, wenn man einen Stein hineinwirfft. Davon hat Herr Cotes in seinen Vorlesungen, welche Robert Schmith unter dem Titel: Hydrostratical and Pneumatical, das ist Vorlesungen über die Bewegung und Schwere des Wassers, gehalten von Reger Cotes, A. M. und Professor der Astronomie und Experimental-Philosphie zu Cambridge, mit Anmerckungen, Londen 1738. in 8. herausgegeben, folgende Gedancken geheget. Er spricht nemlich: Es habe mit diesen Wellen eben die Bewandniß wie mit der Bewegung des Schalles. Denn es giengen die Wasser-Wellen nicht nur nach geraden Linien von dem Orte, wo der [1540] Stein in den Teich falle, als von dem Mittel-Puncte gegen alle Seiten des Ufers fort, sondern bewegten sich auch, wenn man ihnen ein Bret, oder andere Hinderniß entgegen setzte, eben so weiter, daß solche Hinderniß einen neuen Mittel-Punct bestimme, aus welchem sich die Wellen aufs neue ausbreiteten. Eben diese Bewandniß habe es mit denen Wellen, welche durch das Zittern eines Cörpers in der Lufft entstünden: und dieses sey die Ursache, warum man den Schall anders als das Licht empfinde, so sich nur nach geraden Linien fortbewege. Sobald nun die Strahlen des Lichtes von einem im Wege stehenden undurchsichtigen Hindernisse aufgehalten würden, könnten solche nicht mehr zu unsern Augen kommen. Allein die durch den Schall in der Lufft erregten Wellen, giengen auch seitwerts um das was ihnen im Wege stünde herum, bis sie zu unsern Ohren gelangeten. Also könnte man jenseit eines Berges den Knall deutlich vernehmen, wenn ein Stücke disseits gelöset würde. Allein obwohl die Wellen des Wassers, denen durch den Schall in der Lufft entstehenden Wellen so genau ähnlich wären, daß man sich durch jene einen guten Begriff von diesen machen könne, so dörffte man doch die Aehnlichkeit dieser beyden Dinge nicht zu weit treiben. Wenn man die Wellen des Wassers durch ein Schutz-Bret, so in der Mitten eine Oeffnung habe, auffienge, so giengen sie doch durch diese Oeffnung, und breiteten sich auf der andern Seite, eben so gegen alle Seiten des Ufers aus, als wenn diese Oeffnung der Mittel-Punct ihrer Bewegungen wäre. Gleichergestalt könnten ihrer zwey wohl also mit einander reden, daß sie sich deutlich vernehmen, ohngeachtet eine Wand zwischen beyden sey. Allein diese Ursache des Fortgangs der Wasser-Wellen, und der Lufft-Wellen, sey nicht in allen Stücken einerley. Der klingende Cörper stosse durch sein Zittern die ihn berührende Lufft vorwärts von sich, und liesse, indem er zurück trete, dieser Lufft Raum, daß sie sich auch wieder zurück begeben könnte. Also bestünden die Wellen der Lufft darinne, daß die Theile derselben beständig zusammen gepresset, und alsdenn wieder verdünnet würden; da hingegen die Wasser-Wellen daher entstünden, daß die Theile des Wassers an einem Orte in die Höhe stiegen, und auf der andern Seite wieder herunter fielen. Der Stoß derer zusammengepresten Theile der Lufft träffe mit dem Steigen der Wellen in dem Wasser überein, und wie die erhabenen Theile des Wassers vermöge ihrer natürlichen Schwere alsdenn wieder fielen, so breiteten sich die zusammengepresten Theile der Lufft, Krafft des ihnen beywohnenden Vermögens sich auszudehnen, nachgehends wieder aus. Ausser diesen jetzt angeführten Unterschiede zwischen der Bewegung der Wellen des Wassers, und der Wellen, welche in der Lufft durch das Zittern eines klingenden Cörpers entstünden, sey auch noch dieses merckwürdig, daß die Geschwindigkeit beyder Bewegungen nicht gleich sey. Die Erfahrung habe durch viel sehr oft wiederholte Versuche bestätiget, daß ein jeder Schall, er möge so schwach oder starck seyn, als er immer wolle, beständig mit einerley Geschwindigkeit durch die Lufft fortgehe, ohne daß die Gewalt oder Schwäche des Schalles das geringste [1541] zu dessen Geschwindigkeit beytrage. Daraus man denn vermuthen solte, daß es auch mit denen Wellen des Wassers einerley Bewandniß haben würde, und daß sich dieselben von ihrem Mittel-Punct gegen die Ufer mit gleicher Geschwindigkeit ausbreiteten, der Cörper welcher das Wasser in Bewegung setze, möge klein oder groß, und der gemachte Eindruck schwach oder starck seyn. Man solte meynen, daß die Geschwindigkeit der Wasser-Wellen zum wenigsten unter sich gleich seyn solte, wenn sie auch nicht mit denen Wellen des Schalles in der Lufft übereinstimmete, weil das Mittel durch welches die Bewegung in beyden Fällen fortgehe, nicht einerley sey. Gassendus habe sich eine vollkommene Gleichheit unter den Wellen des Wassers und denen Wellen der Luft eingebildet, und daher geglaubt, daß sich die Sache in der That also verhalte. Allein die berühmten Mitglieder der hohen Schule del Cimento hätten ihm deswegen gründlich widersprochen, und gezeiget, daß kein eintziger Versuch mit seiner Meynung übereinstimme. Sie erzehlten, daß sie sogar im Gegentheil in der Erfahrung befunden, daß je grösser der Stein und je grösser die Gewalt gewest, womit sie den Stein in das Wasser geworffen, desto geschwinder auch die dadurch erregten Wellen sich denen Ufern genähert. Der scharfsinnige Newton habe die Sache noch tieffer eingesehen, und sowohl die Wellen selbst, als die Ursachen, wodurch sie erzeuget würden, genauer betrachtet, dadurch er die Geschwindigkeit derselben nach seiner gewöhnliche grossen Einsicht bestimme. Endlich bringe er durch solche Untersuchung heraus, daß, wenn die Circkel, welche diese Wellen machten, durch eine grössere Gewalt verursachet würden, und demnach weiter von einander entfernet wären, als wenn solche Gewalt schwächer sey, ihre Geschwindigkeiten in eben der Verhältniß, wie die Quadrat-Wurtzeln ihrer Entfernung von einander zunähmen, d. i. Wenn die dergleichen Wellen erregende Krafft so groß würde, daß die Circkel dieser Wellen viermahl weiter als vorhin von einander kämen, so sey die Geschwindigkeit derselben noch einmahl so groß. Sey die Entfernung derselben neunmahl grösser als zuerst, so sey deren Geschwindigkeit dreymahl grösser. Kämen diese Wellen sechzehnmahl weiter von einander, so sey die letztere Geschwindigkeit viermahl grösser, als die erste, u. s. w. Dieser grosse Weltweise zeige auch noch insonderheit, die Geschwindigkeit dieser Wellen sey in allen Fällen also beschaffen, daß wenn man einen schweren Cörper an einem Faden von eben der Länge aufhänge, so weit die Wellen von einander entfernet wären, diese Wellen solche Entfernung zu eben der Zeit durchlauffen würden, in welcher der gedachte schwere Cörper seinen Schwang verrichtete: Daher denn, wenn die Entfernung dieser Circkel der Wellen, von einander 39. 2. Zoll betrüge, die Wellen solchen Raum in der Zeit von einer Secunde durchlieffen. Wäre hingegen die Entfernung solcher Wellen von einander grösser oder kleiner, als 39. 2. Zoll, so sey auch der Raum, den diese Wellen in [1542] der Zeit von einer Secunde durchlieffen, nach eben dieser Verhältniß entweder grösser oder kleiner. Nachdem dieser unvergleichliche Weltweise solchergestalt die Bewegung der Wasser-Wellen ausgemachet, so bestimme er auch aus denen von ihm gelegten Gründen der Weltweisheit, die Geschwindigkeit der Wellen, welche durch den Schall in der Lufft entstünden. Zuverläß. Nachricht. II Band, p. 186. u. f.