Zedler:Weingeist, (philosophischer) Lulls


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Weingeist, (weinsteinisirter) Lemerey

Band: 54 (1747), Spalte: 774–777. (Scan)

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Weingeist, (philosophischer) Lulls, Spiritus Vini philosophicus, Lullii, wie er solchen in seinem Buche, de Quinta Essentia, Can I. Dist. I. und aus diesem Jungken in seinen Noten über Agricolä Anmerckungen, in Popps Chymische Artzneyen, p. 142 u. ff. beschreibet. Nehmet rothen oder weisen Wein, und zwar von dem besten, welchen man haben kan; oder, nehmet wenigstens einen Wein, der da sey, wie er wolle, wenn er nur nicht säuerlich ist. Davon nehmet nun, weder zu viel, noch zu wenig, und destilliret, wie gebräuchlich durch kupfferne Armröhren, den Branntewein herüber; solchen rectificiret hernach aufs höchste viermahl, und ist zu mercken, daß dreymahl gnung ist, nur muß man die Fugen wohl vermachen, damit der Branntewein nicht verfliege, und haben darinne die meisten gefehlet, indem sie vermeynet, daß man ihn sieben mahl rectificiren müsse. Das untrügliche Kennzeichen aber der vollkommenen Rectification lasset dieses seyn, wenn ihr sehet, daß ein darinnen angefeuchtes Stückgen Zucker, wenn man es zum Feuer bringet, so gut als Branntewein verbrennet. Habt ihr nun also den Weingeist auf vorgeschriebene Art bereitet, so habt ihr diejenige Materie erhalten, welche die Quintessentz zur Würckung bringet; Nehmet dannenhero selbigen, und giesset ihn in ein Circuliergefässe, oder in einen Pelican, vermachet dessen Mündung aufs beste mit Weyrauch, oder weichen Mastix, oder mit ungelöschtem und mit Eyweiß vermengtem Kalcke, und setzet das Geschirr in den wärmsten natürlichen Pferdemist, oder in Weintreber, welchen zufälliger Weise keine Wärme entgehen mag, so da geschiehet, wenn man viel von angeführten Sachen, etwan 30 Fuder, in einen Winckel des Hauses werffen lässet. Dieses muß darum geschehen, damit dem Gefässe nicht die Wärme fehle: Weil, wenn solche mangeln solte, die Circulation des Weingeistes Schaden leiden, und man dasjenige nicht erlangen würde, was man suchte; hat man aber durch anhaldende Circulation eine beständige Wärme gegeben, so wird sich die Quintessentz in einer Himmelsfarbe abscheiden, welches sich mit einer durchschneidenden Linie zu erkennen giebet, so den obern Theil, nemlich die Quintessentz, von dem untern theilet, das ist, von den Hefen, welche in dem trüben Satze sind. Nachdem die Circulationen viele Tage, entweder in einem Circuliergefässe, oder einem Pelicane gedauret haben, so öffnet man die verstopffte Mündung; und wenn ein wunderbarer Geruch herausgehet, dergestalt, daß nichts in der Welt mit selbigem verglichen werden kan, auch dieser sich so weit erstrecket, daß das in einem Winckel des Hauses stehende Gefäß, durch eine unsichtbare Krafft, alle eingehende Menschen, ober, wenn es auf einem Thurme stehet, alle Vögel, denen dieser Geruch unter die Nase kommt, an sich ziehet, und machet, daß sie dabey stehen bleiben, so hat man die wahre Quintessentz. Solte sich aber diese anziehende Krafft nicht äussern, so macht man das Gefässe wieder zu, wie vorher, setzet es an den angewiesenen Ort, und lässet es daselbst so lange stehen, bis man obgedachte Probe siehet. Diese Quintessentz aber wird besagten Geruch nicht haben, auch in dem Munde nicht wie Branntewein brennen, daferne sich der Cörper nicht darinne aufgelöset hat. Die Philosophen nennen sie den Schlüssel, ingleichen den Himmel der gantzen philosophischen Kunst. Dieses ist Lulls Beschreibung von dem Philosophischen Weingeiste: Ob nun diese den Worten nach zu verstehen sey, u. ob ein gemeiner weisser oder rother Wein, wie er aus den Trauben gepresset, und durch die Gährunq dazu gebracht worden, zu verstehen sey, ohne einige andere Vorarbeit, als welche dieser Proceß anweiset, darinne machet Seger a Weidenfeld p. 14 einen Zweiffel, wenn er in seiner Erklärung über diesen Lullischen Proceß also schreibet: "Allein, da die übrigen Essentzen alle, vermittelst einer Essentz bereitet werden, so soll diese erste Weinessentz blos, vermöge ihrer eigenthümlichen Krafft, aus ihren Hefen und Unreinigkeiten aufsteigen; daher die Zurichtung des Philosophischen rothen oder weissen Weins das Werck der gantzen geheimen Chymie am allerschwersten und dunckelsten macht." Hieraus scheinet abermahls, daß der gemeine Wein vorher noch eine Vorarbeit ausstehen muß, ehe er den Nahmen des philosophischen Weins, daraus denn der philosophische Weingeist gezogen wird, erlanget, wie dann Seger a Weidenfeld in seinen Operibus curiosis, de Secretis Adeptorum, weitere Nachricht davon giebet. Man findet auch bey dem Guidon Magnus de Monte Unterricht davon, als welcher den Proceß deutlich also beschreibet: Nehmet 24 Maas des besten rothen Weins, welcher besser ist, als der weisse, thut diesen in einen Kolben, und lutiret einen Helm wohl darauf; denn destilliret so lange aus dem Frauenbade herüber, bis der Wein eine braune dicke Materie, wie Honig, zurücke läßt. Diese dicke Materie von den 24 Kannen theilet in zwey Theile, thut sie in zwey grosse Vorlagen, setzet sie ins Frauenbad, und giesset den Wein darauf, so davon destilliret worden, vermachet die Vorlagen mit einem blinden Helm wohl, und lasset es sechs Wochen lang faulen; alsdenn schwimmet oben auf dem Weine ein grünes Oel, welches zu scheiden. Wann denn die sechs Wochen vorbey, so lutiret auf die Vorlage einen Helm, und destilliret den Branntewein im Bade so lange herüber, als er gehet, und dessen wird ohngefehr anderthalbes Maas seyn. Das Zurückgebliebene thut in einen grossen Kolben von ohngefehr drey Maaßen, setzet diesen ins Frauenbad und destilliret das Phlegma davon. Man kan das Zurückgebliebene in etliche Kolben thun, und also auf einmahl von seinem Phlegma befreyen, bis überall etwan ein Maas zurücke bleibet, oder so lange, bis es eine Honigdicke erlanget, und oben auf eine Haut gewinnet; das nimmt man denn, und setzet es mit dem Kolben in einen kalten Keller, oder in kaltes Wasser, so schüsset ein Saltz an, welches man heraus nimmt, mit dem übrigen Nasse aber weiter also fortfähret, daß man es im Frauenbade ferner bis auf ein Häutgen abziehet, und denn wieder zum Saltze anschüssen lässet, auch selbiges so lange thut, als es anschüsset und Saltz giebet; so hat man das Weinsaltz. Nun versuchet den oben abgezogenen Branntewein ob er starck genung, wo nicht, so muß er rectificiret werden, bis er die Probe thut, welche Lull beschreibet: Nemlich, daß, wenn Zucker darein genetzet wird, derselbige, gleich dem Brannteweine, verbrennet. Guido saget, er sey starck gnung, wenn Tüchlein darein genetzet, angezündet verbrennen. Nehmet denn dieses Weingeistes ein Pfund, Weinsaltz acht Loth, giesset alles miteinander in einen Kolben, den verlutiret wohl mit seinem Helm, und destilliret aus dem Frauenbade. Das Herüberdestillirte giesset wieder auf das Zurückgebliebene in den Kolben, destilliret es wieder davon, und solches thut zum vierten mahle, so habt ihr das kleine Circulat, oder das kleine vegetabilische Menstruum. Will man das grosse Circulat haben, so nimmt man des Weingeistes zwölff Loth, und des Weinsaltzes acht Loth, thut beyde in einen Kolben mit seinem Helm wohl vermacht, und destilliret den Geist davon; schüttet ihn hernachmahls wiederum über, destilliret ihn aber auch wieder davon, und widerholet solches zwölf mahl. Alsdenn nimmt man alles, thut es wohl vermacht in eine Phiole, und setzet es vier Wochen lang in ein Dunstbad. Nach dieser Fäulniß nimmt man alles aus der Phiole, thut es in einen Kolben und setzet einen doppelten Helm, da zwey Hüte über einander stehen, darauf, mit seinen vorgelegten zwey Recipienten, und destilliret im Frauenbade, so gehet der Geist in die oberste, das Phlegma aber in die unterste Vorlage. Wenn denn in dem untern Helm eine Schärffe zu gehen anfangen will, so höret man auf, nimmt das Saltz, welches zurücke geblieben, heraus, schüttet darüber den halben Theil des Geistes, die andere Hälfte aber thut man in die Vorlage, und destilliret das Weinsaltz aus einer Retorte darein. Das Uebergestiegene schüttet man wieder über das Zurückgebliebene, und destilliret es mit einander, so wird alles Saltz übersteigen, und mithin wird man das scharffe Menstruum, oder das flüchtig gemachte Alkali erhalten, welches hernach mit andern Saltzen noch schärffer gemacht werden kan. Diese und andere Processe findet man bey dem Lull, Guidon' und andern dergleichen Philosophen deutlich gnung beschrieben, nur bleibet die Frage, was sie durch den philosophischen Wein verstehen, ob sie den gemeinen rothen oder weissen Wein, oder den auf gemeine Art davon destillirten Branntewein verstehen? Seger a Weidenfeld saget, p. 21. über Guidons und Paracels Proceß, de Spiritu sive Essentia Vini dieses: "Aus den Recepten dieser Schrifftsteller sey zu ersehen, daß der rothe oder weisse Wein kein gemeiner, sondern ein philosophischer sey, und solches sey das einige, was in diesen Büchern dunckel, und nicht nach dem Buchstaben, sondern Gleichnißweise zu verstehen wäre." Jungken bleibet bey Guidons obigem deutschen Processe, und glaubet, daß sie einen gemeinen Branntewein, wie er zum erstenmahle vom Weine destilliret wird, erst ihren philosophischen Wein nennen.