Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Weinberg, Weingarten, Wingert

Band: 54 (1747), Spalte: 649–654. (Scan)

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Weinbereitung oder Künste den Wein gut zu erhalten, den schlechten zu verbessern, und den verdorbenen wieder zu recht zu bringen, seyn in grossen Hof-Kellereyen, vornehmen Haußhaltungen und Wirthshäusern so nöthig zu wissen, daß im Mangel derselben, und sorgfältiger Abwartung der Weine, man sich leicht eines Umschlags und grossen Schadens zu besorgen hat, dannenhero nächst dem Kellermeister, verständige Weinküppers, Büttners und Weinverlassers gehalten werden, welche die ihnen unter Händen gegebene Weine fleißig abwarten, und daß solche gut erhalten, wo es nöthig, abgestochen, fleißig angefüllet und bereitet, die verdorbenen aber wieder zu recht gebracht werden, Sorge tragen müssen, worzu kürtzlich folgende Nachricht Anleitung geben wird, und zwar: 1) Daß der Wein wieder gähre als Most. So giesset man erstlich, wenn er gähret und noch warm ist, einen Eymer voll süssen Most, oder auch wohl zwey Eymer, nachdem das Faß groß ist, in das Faß. Wenn sich nun der Most gesetzet, so gießt man wieder so viel darein, und das thut man drey oder vier mahl, so wird der Wein starck und dicke. Oder man macht es also: Schneidet süsse Aepffel oder Birnen entzwey, hänget sie, wenn der Most gähret, in das Faß, und wenn die Aepfel und Birnen ihre Krafft verlohren, so thut andere dergleichen hinein, so lange der Most im Gähren anhält. Endlich nehmt das Eingehängte mit einander heraus, so werdet ihr einen edlen Wein bekommen. Man hängt auch wohl folgendes hinein: als Hopfenblumen, Birckensaamen, Griechisch-Heu, Holtz von Myrrthenbaum, Aloes, Beyfußsamen oder Spick, gedörrte Kornblüte, Späne von Wacholderholtz etc. 2) So ferne iemand dem Wein das Gähren zu wehren gesonnen wäre, es sey im Gähren des Fasses oder auf dem Lager. So werffet nur ein wenig Käse in das Faß, wenn der Most lauter gemacht werden soll, innerhalb vier Tagen, so giesset nur einen Eymer Weineßig unter einen Eymer Mostes; Ihr könnt auch zwey oder drey Hände voll Erden von dem Weingarten oder Berg, wo der Wein gewachsen, darein werffen, so wird er sich innerhalb Tag und Nacht setzen; oder thut Hagenbuchenspäne in das Weinfaß, schüttet den Most darüber, so wird er eben so geschwind lauter seyn. Ingleichen, wenn ihr gebrannten Leimen aus [650] dem Ofen zerreibet, und in den Most werffet, der vergäsen hat, so wird er schön und gut. 3) Zu erkennen, ob Wasser im Wein sey. Solches könnet ihr erfahren, wenn ihr einen glatten mit Oel bestrichenen Stecken oder Strohhalm bis auf den Boden stosset, u. nach einer halben Viertelstunde wieder heraus gezogen, aufhänget, so gebet Achtung, ob Wassertropffen an Oele kleben, oder davon fallen; findet sich dieß, so ist auch Wasser im Wein; oder thut Wacholderbeeren drein, wenn diese unterfallen, so ist auch Wasser im Wein. 4) Will man aus Most einen Wein, der dem Italiänischen ähnlich sey, machen, so verfahre man also: Man nehme 6 Loth Nägelein, 8 Loth Zimmetrinden, 1 Loth Paradiskörner, anderthalb Loth Zittwer, 2 Quentlein Cubeben, und auch so viel langen Pfeffer; dieses soll gröblich unter einander gestossen, in einem Säcklein in den Most gehänget werden, daß es damit vergäse, bis der Most klar werde. Die erst vermeldeten Species können auch, wenn der Most schon angestochen worden, noch darinne verbleiben. 5) Wer guten natürlichen, süssen, und milden Wein im Herbste machen will, daß er das Jahr über daure. Der thue den Most, wenn er von der Trotten kommt, gleich in einen Kessel, lasse ihn bis auf den dritten Theil einsieden, thue ihn hierauf in ein Faß, so bleibt er das völlige Jahr durch süß; oder in die Gähre hänget in ein Faß Wein ein Stück Speck in einem reinen Säcklein, vermachet das Spundloch wohl, daß nur ein kleines Löchlein zur Lüfftung bleibe, so wird er schön lauter, und bleibet süß, oder thut eine Hand voll Senfmehl in ein Faß, schlaget es mit einem Stecken unter einander, bey einer halben Stunde lang, so werdet ihr deren vorigen Würckung an der Süßigkeit und Güte haben. Dieses haben wir bey dem Most; aus etlichen hundert Vortheilen, als die bewerthesten ansehen wollen. Nun müssen wir auch sehen, wie man des Weins Farbe erhalte oder verbessere. 6) Wer einen Wein, wenn er ausgeschencket wird, bey guter Farbe und unverkehrt behalten will, der thue Weiden-Asche in ein Säcklein, hänge sie an das Faß, welches man auszuschencken willens ist, so wird er sich an der Farbe und Geschmack nichts verändern, auch bis auf den letzten Tropffen nicht; oder hänget eine Hand voll Wacholderbeere oder Weinreben-Asche oder Kornblüte in den Wein, oder an einem Faden ein wenig Bley, daß es ohngefehr vom Boden einer Spannen lang abhange. 7) Rothen Wein zu machen. So dörret wohlzeitige Beerlein, hänget sie in ein Weingeschirr in ein Säcklein, so wird er gar bald roth werden; wollet ihr ihn aber höher an der Farbe haben, so hänget gedörrte Hollunderbeer, oder rothe an der Sonne getrocknete Korn-Rosen oder Turnesoltüchlein darein. 8) Wer den rothen Wein in Wasser verwandeln will, der mache es also: Er pülvere von 2 Eyern das Weisse, und hänge es in rothen Wein, so wird er weiß werden; oder, der weisse Weyrauch wird zu Asche gebrannt, die Asche aber in ein sauber weisses Tüchlein, als in ein Bündel gebunden, und also mitten in das Faß gehänget; [651] oder nimm Weinreben-Asche, und thue sie in rothen Wein, so wird der Wein weiß werden, weil das Alcali der Aschen die sauerflüchtige Röthe dämpffet; wie denn auch die Kranckheiten, so von vielen Weintrincken entstehen, nebst dem Aderlassen, durch die Asch-Tinctur Doct. Clauders, so in dem neuen güldenen Artzeney-Schatz p. 465. beschrieben, curiret werden. 9) Rothen Wein, der sich gestossen, oder sonsten dicke, zähe, trübe Weine wiederum lauter zu machen. So nimmt man zu einem Baseler Saumwein von 100 Maaß, das Weisse von Eyern, und so viel als ein gantz Ey, frische Kuhmilch darinn, und klopffeet sie wohl in das Faß, in welchem der trübe Wein ist; ferner nimmt man einen Stecken, lencket den Wein mit allen Kräfften von einem Faßboden zu dem andern, bis der Wein aufgähret, als wenn er zum Fasse heraus wolte, und hefftig schäumet; alsdenn muß das Faß vermacht werden, daß der Wein keine Lufft habe, so wird er innerhalb 24 Stunden lauter. Zu beobachten ist auch, daß Platz in dem Fasse sey, etwan zu einem halben Saum, so viel Saum, so vielmahl müssens 7 Eyer seyn, und ein fünffter Theil Milch ohngefehr, und zwar gantz frisch, anders man den Wein verderben würde; oder nimm zu einem halben Fuder Wein 12 Eyerklar, hernach 2 Maaß desselbigen Weins, klopffe es wohl unter einander, mit einer Ruthen oder Besen in einem Geschirr, daß es wohl schaume; hernach thue ein halb Loth gestossene Alaune drein, thue es durch einen Trichter in das Faß, alsdenn mit einem haselnen Holtze oder Spatel lange gerühret, das Holtz muß etwa 6 Löcher haben; laß 2 oder 3 Zuber voll Weins aus dem Faß, schütte ihn allewege wiederum oben hinein, laß ihn also 14 Tage liegen, so wird er schön und lauter. 10) Den Wein recht Goldfarb zu machen. Zerstosset einen gebrannten, ungenetzten Ziegelstein, siebet ihn durch ein Sieb, machet davon 2 Hand voll mit etlichen Eyer-Dottern wohl zerschlagen, zu einem Brey, und rühret ihn mit einem Rührscheid wohl durch einander. Auf diese Weise hat die Farbe des Weins ihr Recht. 11) Den unreinen, stinckenden oder übelschmeckenden Wein zu verbessern. Nehmet Zimmet, Muscatennüsse, Nägelein, Ingwer, Zittwer, iedes ein halb Loth, solches gestossen, und in ein Maaß Branntewein gethan, und 4 Tage darinn stehen lassen; nehmet hernach dieses alles, thut es in das Faß, und rühret es unter einander, so vergehet ihm der Geschmack. Oder zerreibet Rosen und Rauten, wie auch die Körner aus den Tannzapfen, thut es in ein Säcklein, hänget es eine Woche lang mitten in den Wein. Wollet ihr, so könnet ihr noch zum Überfluß Weyrauch, Beyfuß und Weitzen darzu nehmen. Oder: Nehmet ein breites Stück Schweine-Fleisch, schneidet es von einem Schincken herab, leget es auf den Spund, so ziehet das Fleisch den übeln Geruch alle von dem Weine weg, oder leget rothe Benedictenwurtzel in den Wein, als welche Paracelsus billig hoch hält, weil sie den Wein stärcket. 12) Wenn der Wein nach dem Faß rüchet. So wird gestossener Weinstein darein geworffen, [652] oder, man ziehet ihn in ein ander Faß ab, das oben weit ist, decket ein Tuch über den Wein, thut ziemlich Epheu darein, läst ihn über Nacht stehen, und thut ihn in ein ander Faß, so vergehet ihm aller böser Gestanck. Oder, hänget in einem Säcklein Benedictenwurtzel und Zittwer, eines so viel als das andere, und halb so viel Salbey in den Wein, oder heisses Semmelmehl aus dem Backofen, oder Spick, oder ein Büschlein Hopfen in einem Säcklein hinein gehänget. Dieses wird ihn nach drey oder vier Tagen von dem übeln Geruche befreyen. Eben dieses wird auch thun die Hollunder-Blüthe, und etwa um 2 Kreutzer Nägelein und Benedictenwurtzel, zum Spund auf den halben Theil in einem leinen Bündel hinein gelassen. Der Geruch mag, wie er will, verdrießlich seyn, so wird er annehmlich werden. Oder, stosset ein halb Pfund Pfeffer und ein Viertel wessen Ingwer, fein klein in einem Mörsel, überlasset den Wein, und thut es hernach in das Faß. Oder stosset ein Pfund Pfersingkerne, ein Viertel weissen Ingwer sehr klein, giesset ein Kännlein Wein daran, und lasset es so, mischet ein wenig guten Wein darunter, und dieses giesset zu drey mahlen in das Faß. 13) Dem Weine einen Muscateller-Geschmack zu geben. Zu einem Faß, welches 6 Eymer hält, schneidet 4 Loth weissen Ingwer, eben so viel langen Pfeffer, Muscaten, Gewürtznägelein und Calmus, iedes 2 Loth, fein klein gestossen; thut dieses zusammen in ein leinen Bündlein, das ihr mit einer Schnur fest binden könnet. Dieses Säcklein thut in ein reines Glas, darüber giesset guten Branntewein, daß er über das Säcklein gehe; macht es feste zu, daß kein Dampff darzu komme, laßt es 3 Tage und Nacht also stehen; bindet hernach das Säcklein an eine lange Schnur, hänget es in das Faß, bis auf etwa eine Hand breit vom Boden. Die Schnur muß angehangen werden, daß man das Säcklein wieder zurück heraus ziehen kan. Das Faß wird 48 Stunden lang feste zugespündet. Nach diesen wird es aufgespunden, das Säcklein heraus gezogen und ausgedruckt, so läufft mit dieser Feuchtigkeit der Geschmack in den Wein. Endlich wird das Säcklein, den Geschmack vollkommener zu machen, wieder hinein, oder auch in ein ander Faß, welches gleichen Muscateller-Geschmack haben soll, gehänget. 14) Den rothen Muscateller-Wein zu machen. So nimm Hollunderblüth ein Viertel Pfund, 1 Loth Zimmet, gieß guten Most darauf, und laß es zusammen sieden, es muß aber der Most vorhero recht wohl verschäumet seyn, und alsdenn erst die Hollunderblüthe und der Zimmet hinein gethan werden. Nach diesem, wenn alles erkaltet, wird es in ein zugrichtetes Fäßlein gefüllet, die Species werden in den Most in ein Säcklein gehänget. Endlich muß er fein gelinde durch ein Wacholdertrichterlein vergäsen; damit aber solches nicht zu starck geschehe, so zerschneide man süsse Aepfel, und hänge sie an einem Faden hinein. 15) Wer Francken-Wein machen will. Der nehme ein Viertel Zimmetrinden, eben so viel Kochzucker, und nicht weniger gefeiltes Hirschhorn, zerstosse es alles, und hänge es [653] in ein Fuder Wein. 16) Veltliner Wein wird also nachgeäffet. z. E. man zerlässet in einem Maaß rothen Wein ein Viertel Pfund Zucker, und lässet solchen verschäumen. Vermischt hernach dieses unter ein Maaß rothen Wein, darinne man etliche Stunden zuvor 2 oder 3 Kienspähne legen lassen, so wird man den Geschmack eines natürlichen Veltliners haben. Oder man stösset Nägelein, Ingwer, und Zimmet, von iedem ein Quentlein, alles gröblich unter einander, bindet dieses in ein leinen Tüchlein und hänget es 12 Stunden lang in ein Nössel guten Branntewein, und verwahret es wohl, daß die Krafft nicht verrauche, nimmt hernach das Tüchlein heraus, und drückt es in ein grosses Trinck-Geschirr, giesset hierauf andern guten Wein darzu, so ist der geringe Veltliner fertig. 17) Einen schielenden Wein schön, lauter und weiß zu machen. So nimm 1 Pfund Schwefel, stosse den klein, und schütte darzu vor 2 Pfennige Branntewein, thue ihn wohl vermacht in ein gläsern Geschirr, setze es an die Sonne, daß es trocken wird, nimm 2 Loth Mastix, schütte es darein in eine Pfanne, schmeltze es mit einander, formire Küchlein davon, und brauche es, das Faß damit einzubrennen. 18) Abgestandenen Wein wieder zu rechte zu bringen. So lasse in einem Maaß Quellbrunnenwasser eine Hand voll Saltz zergehen, und schütte solches in ein zweyeymerich Faß; zapfe hierauf unten aus dem Fasse etliche Maaß Wein, und schütte solche gleich wieder oben durch den Spund hinein, so wird der Wein bald wieder lauter werden. 19) Schwachen Wein wieder starck zu machen. So wird in ein Fuder Wein nur ein Eymer süsser Most gethan, damit der Wein zu gähren anfange; setzet sich der Most, so giesset wieder so viel darein. Wird dieses 3 oder 4 mahl geschehen seyn, so wird ihm die Stärcke und Hertzhafftigkeit ziemlich wachsen. Wenn auch ein vorhin starcker Wein noch stärcker werden soll, so siedet im Herbst den Most in einem Kessel, thut so viel, als der vierte Theil dessen austrägt, Weitzen in einen Sack, und diesen in einen Kessel, daß er den Boden nicht berühre. Den Most muß man halb einsieden lassen, und ihn in ein Fäßlein schütten; Hierauf wird wieder ein Kessel voll mit dem vorigen Weitzen genommen; wenn nun der Wein noch stärcker werden soll, so stosset Muscatennüsse, Ingwer u. Nägelein, auch Zimmet, im Mörser, hänget es in den Wein, das wird ein Haupt guter Wein innerhalb 8 Jahren werden. Noch einen curieusen Wein-Vortheil wollen wir offenbaren, nehmlich, wie der Wein im Faß, so angestochen worden, von Anfang bis auf den letzten Tropffen, frisch und gut bleibe, indem man nehmlich den Spund oben zuschlägt, und mit einem Teig aus Aschen und Wasser wohl verkleibet. So der Wein von Natur gar zu sauer wird, kan man ihn mit frisch gebrannter sauberer Reben-Asche verbessern, welches in Proportion den überflüßigen sauren Weinstein theils abtödet, theils niederschläget; desgleichen mit süssen Sachen, als Süßholtz, Anissaamen, Engelsüß, Zucker, Rosinlein u. d. gl. wenn aber der Wein gar zu süß und klebricht wird, wie in den sehr heissen Landschaften geschiehet, so könte man ihm helffen, [654] wenn man guten weissen Weinstein mit Regenwasser sieden lässet, so wird das Wasser von dem Weinsteine säuerlicht, welches, wenn man es wieder erkalten lässet, so schiesset darinne ein Theil des zersottenen Weinsteins wieder an, welcher Weinstein-Cremor, oder Cremor Tartari genennet wird; ein Theil aber bleibt im Wasser aufgelöset, und giebt dem Wasser einen scharffen Geschmack, welches in rechter Proportion den Wein lieblich machet; wie denn eben deswegen die Rheinischen Weine so lieblich und gesund sind, weil die Natur eine liebliche kützelnde Säure darein gebracht, welche an sich selber Hitze und Durst löschet, wie dasjenige, worein man vorher etliche Tropffen Vitriolgeist tropffet, oder Saltzgeist, oder 1 oder 2 Löffel voll Limonien- oder Citronensafft, oder destillirten Weineßig, welches gesäuerte oder auch Sauerbrunnenwasser viel gesünder ist zu trincken, als rohes ungesäuertes Wasser; und also könte man in solcher Art Most, welcher gar zu süssen und starcken Wein giebet, und den man ohnedem im Trincken mit Wasser temperiren muß, einen Theil des gedachten säuerlichten Weinsteinwassers mit vergähren lassen; in denen Mosten aber, welche zwar süssen, aber nicht übermäßigen starcken Wein machen, könte man etliche Loth weissen, in destilirten Saltzgeist auflösen, hernach durchgeseigten Weinstein in ein Faß Most schütten, und mit vergähren lassen. Siehe auch den Artickel: Weinkünste.