Zedler:Wein, (Europäischer)

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Band: 54 (1747), Spalte: 492–497. (Scan)

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Wein, (Europäischer). Unter den Europäischen Weinen, Lat. Vina Europaea, sind die berühmtesten der Mitylenische, der Marenäische, welcher in der Thracischen Halbinsel gebauet wurde, und nach Plinii Zeugniß, über 200 Jahre währen konnte, der Arcadische, welches ein gedruckneter Wein war, denn die Leute hingen ihn in Schläuchen an das Feuer, und dörrten ihn wie Saltz. Es wird auch gelobet der Cosische Wein, der Andrisische, so in der Insel Andrus gewachsen; der Araische, der Thasische, der Lesbische, dieser war zweyerley, denn der eine machte schläffrig, und der andre munter: der Tessalische war lieblich, der Corinthische herbe, und der Rhodische trübe. Auch war berühmt der Wein aus Chio, der Candische, oder Cretische, unter welchen der Malvasier auch der beste und berühmteste ist; dieser ist abermahls zweyerley, denn ein Theil wird gemacht von den besten Muscatellertrauben, und ist goldfärbig, der andere aber wird aus herben Trauben geprest. Jener wurde vor diesem allein an die principalsten Venetianischen Edelleute verschickt, jetzo aber, da die Türcken nun Herrn und Meister von Candia seyn, achten sie diesen, (wie bekannt, daß die Türcken keinen Wein sicher trincken dürffen, vermöge ihres Gesetzes) wie auch der anderen Weine gar wenig, da doch vor ihrer Ankunfft, in Candien jährlich bey 200000. Fässer mit beyderley Malvasier in Europa versandt worden. Derjenige Wein, den man in Deutschland vor den Candianischen Malvasier ausgiebt und verkaufft, soll ein gemachter Wein seyn, und lehret Gvarinon Consil. 216. wie man denselben bereiten soll. Bekannt ist auch der Corsuische, Zantische, und der Cephalonische süsse Wein, der Malvasier von Napoli, einer Türckischen Stadt in Morea, Napoli di Malvasia genannt, ingleichen diejenigen herrlichen Weine, so in denen Inseln des Archipelagi wachsen, welche meistentheils sehr gut sind, und dem Candischen Malvasier wenig nachgeben. Die Italiänischen Weine sind eigentlich zweyerley, nemlich diejenigen, so vor Alters berühmt gewesen, und denn die, welche noch berühmt. Unter den alten Weinen hat man jederzeit den Falernischen vor den edelsten, gesundesten, und besten gehalten; es hat solcher den Nahmen bekommen vom Berge Falerno in dem Neapolitanischen Gebiete. Horats preiset den Formianischen Wein, welchem an Güte fast zu vergleichen gewesen der Fundische und Amicleische; Aber diese beyden Oerter werden heut zu Tage wenig gebauet, wegen der stetigen Raubereyen der Banditen und Seeräuber, die sich in dieser Gegend häuffig aufhalten. Sonsten war bey den Alten auch bekannt der Setinische Wein, welchen August allen andern Welschen Weinen vorgezogen. Der Tarantinische, der Adriatische bey der Stadt Adria, der Trebollische, und der Benventische. Graeco de somna, so an dem brennenden Berge Vesuvio wächset, und von dessen warmer Asche eine sonderbare Krafft erlanget, er wird aber, insgemein von den Neapolitanern verfälscht. Der Pompejanische Wein, also genannt, weil er bey den Ruinen der Stadt Pompejapolis wächset; Der Wein von der Insul Jechia, so gegen Neapolis übergelegen; Vinum Graecum de Torre und de Tola. Der Magiaquerra wächset in den Thälern bey dem Berge Vesuvio, ist zweyerley Arten, nemlich der dicke und Pechschwartze, welchen man insgemein, Verracia nennet, und der, so insonderheit den Nahmen Mangiaguerra behält, und etwas dünner ist, und gelinder als der vorige. Der Lachruma wächset an dem Fuß des Vesuvii, wird auch wohl Virgineum oder Jungferwein, genannt, weil er, ehe er unter die Füsse des Keltertreters kommt, von sich selbst aus den fetten Trauben rinnet. Der Armineische, welcher fast allein von den alten Weinen noch übrig ist, wächset an dem berühmten Berge, Pausilippa, in Champanien. Der Muscateller und Surantische, welche die Italiänischen Medici vor den gesundesten halten; Der Salernitanische, der Chiarello, oder Claretwein, ist zu Rom sehr gebräuchlich, und wird daselbst vor einen der besten Weine gehalten. Unter den Sicilianischen Weinen behalten den Preiß der Cataneische, welcher von der Asche aus dem Berge Aetna sehr fett gemacht wird; der Panormitanische, Mesinesische, und Syracusische, welchen die Maltheser-Ritter hoch halten. In der Insul Corsica hat man auch köstliche Weine, welche gar häufig nach Rom verführet werden; Die grosse Anzahl der warmen Brunnen macht sie so gut. Unter des Pabst Gebiete sind die bekanntesten Weine, der Vormentische, nahe bey Rom, der aber mehr, wegen seines grosses Ueberflusses, als Güte gepriesen wird; Der rothe und weisse Monteranische; der Romanische, ingleichen Romanesco, welcher vor dem Sanct Pancretii Thor, und auf Montemalo wächset, der aber bey Aritia fället, gehöret auf des Pabsts Tafel. Ferner findet sich der Velitrinische, Pränestische, Tyburtische, und der so bey der Grotta Ferratra wächset, der Albanische, welcher nach der Stadt Alba genannt, und vor den köstlichsten Wein vor langer Zeit her gehalten worden; Der Vin di Montefiascone, und ist dieser Wein sehr delicat, so, daß sich einstmahls ein Römischer Geistlicher daran zu tode getruncken soll haben, welchem sein Diener folgende Grabschrift aufgesetzt:

Propter est est, dominus meus mortuus est.

Die Historie ist bekannt, indem der Geistliche seinen Diener allemahl voran geschicket, auf der Reise, die Weine zu kosten, und an die Thüre, wo er den besten fand, das Wort: est, zweymahl zuschreiben, so wolte er alda einkehren und trincken. In Toscana, oder dem Florentinischen Gebiete, findet man den Trebinischen Wein, welcher sehr hoch gehalten wird, den Senensischen, absonderlich, der um Porto Hercule wächset; den Trebulanischen, bey dem Flecken Sanct Johannis welcher viel nach Franckreich, seines herrlichen Geschmacks und Tugend wegen, verführet wird. Den Verdeischen, und endlich den Lucensischen Wein. In der Venetianer Gebiete giebt es ebenfalls allerhand, herrliche Weine, als in dem Brescianischen ist der Sclavische, in dem Veronesischen der Vianciola berühmt. Um Padua und Vicenza wachsen auch gute Weine, unter welchen sonderlich bekannt der Pucinische, und Rosatzer, welcher ohnweit Aquilegia gebauet wird. Was die Lombardischen Weine anlanget, so werden darunter am meisten gepriesen, der Placentinische, und der so am Berge Brianza gebauet wird. Im Parmesanischen ist bekannt der Lumellinische und Piemontische Wein; die übrigen Welschen Weine sind der Veltiner in Graubünden, welcher fast allen andern Welschen Weinen vorgezogen wird. In dem Genuesischen Landstrich fällt der gute Vernacerwein, welcher in Italien, Franckreich, Deutsch- und Engelland guten Abgang findet; Er wächset auf dem überaus hohen, steigichten und magern Berge Vernaria, deß man sich billig zu verwundern hat, wie doch ein so edler Wein, aus einem so magern Grunde, und gleichsam verdorrten Reben, könne herfür gebracht werden. In dem gantzen Genuesischen Revier di Levante, oder östlichen Landschafft, ist kein besserer, als den man Vin amabile nennet, welcher bey den so genannten 5. Dörffern oder Cinque Terre genannt, wächset. Zwischen Niza und Savona wächset der vortrefliche Muscateller Wein, welcher dem Candischen und Folernischen nicht ein Haarbreit weichet. Zuletzt kommt auch der Racenser-Wein, Razzesse, in derselben Gegend in nicht geringe Achtung. Man hält davor, daß solches der beste Wein sey, Vinum Cos, nemlich colore, odore, sapore, an der Farbe, Geruch, und Geschmack, wiewohl das erste, nemlich was die Farbe anbelanget, nicht allemahl zutrift. Die Spanischen Weine betreffende, so sind, unter solchen, die berühmtesten, der Tarracanische, der Alicanten-Wein; der so genannte Bastart, welcher alle Feuchtigkeiten, an Schwere, übertreffen mag, weil ein Faß, so damit angefüllet, im Wasser zu Grunde sincket; Der Sect, also genannt, weil man ihn in Spanien in Säcken, oder leeren Schläuchen verführet; Der Peter Semens, wovon der beste bey der Stadt Gvadaleazar wächset, er hat seinen Nahmen von einem Deutschen, Peter Simons-Sohn genennet, welcher vor etwa 200. Jahren, etliche Deutsche Weinreben mit sich in Spanien gebracht, und daselbst gepflantzet, aus denen hernach dieser edle Wein gewachsen; Der Salamanckische, der Wein de Toro, welcher den Titul des Königs führet; der bey Cividat Real ist sehr gesund, und wird viel auf der Königlichen Spanischen Taffel gebraucht; Der Malagische, Cordubische, Gallicische, ingleichen der in Andalusia bey der Stadt Ceres la Frontera wächset, und zwar so häuffig, daß man jährlich 60. bis 80000. Faß davon einerndten kan, das Faß zu 3. Ohmen Rheinisches Maaß gerechnet. In Portugall ist der Portische Wei der berühmteste; In Algarbien wächset auch guter Wein. So weiß man auch allenthalben von dem herrlichen Canarien-Weine, und Sect, zu sagen, welcher in denen der Kron Spanien unterworffenen Canarien-Insuln wächset. Es ist auch die Insul Madera überaus weinreich, also, daß der König jährlich 10. biß 12000. Pipen Weins, mur allein statt des Zehenden erhebet. In den übrigen Spanischen Nord-Ländern, als Cantabria, wächset kein Trauben-Wein, hingegen machen die Einwohner einen Tranck aus wilden Aepfeln, den sie Sagardava nennen. Anlangende die Frantzösischen Weine, deren eine solche Menge von allerhand guten und köstlichen Weinen in Franckreich gebauet wird, daß es fast nicht zu glauben; Denn wer wolte alle Oxhöffte zählen, welche nur jährlich von der Saronne, Loyre und andern Ströhmen, ingleichen von so vielen See-Häfen, nach andern Ländern geführet werden. Insonderheit sind in Franckreich berühmt der Burgundische, und zwar am allermeisten der zu Beaune wächset, der Champagne-Wein, der Wein, welcher unweit Paris gebauet wird, der Orleanische, so wohl der rothe als weisse, der Wein von Anjou, Poistau von Blois, von Charite, in Nivernois, der, so auf dem Gebürge, welches Faux Montagne heisset, wächset, der in Avergne, zu Grenoble, und bey Ville Neuff, ohnweit Avignon, der Marsilische, Languedockische, als welches Land die besten Weine in gantz Franckreich ziehet, darunter am meisten gepriesen werden, le Muscat de Frontignac, etwa 3. Meilen von Montpellier, an der Mittelländischen See gelegen; Dieser Wein wird gar häuffig nach Bourdeaux, und von dannen in andere Länder verführet; er ist sehr kostbar, schmeckt als ein gewürtzter Wein, und ist weiß als wie der andere, der Muscat de Lion genannt wird, weil man ihn, meistentheils nach Lion verführet; Der Guiennische, worunter der so genannte Vin de Grave Claret, oder bleichrothe Wein, der ohnweit Bourdeaux auf einem sandichten dürren Boden wächset, dahero man auch denselben Vin de Grave oder von Sand nennet. In der Normandie und Piccardie bauen die Einwohner keinen Wein, wiewohl des Land tüchtig genung darzu wäre, sondern jene behelffen sich mit Aepffel-Wein, diese aber mit einem Geträncke, welches aus Wasser und Kleyen gekocht und Bouillon genannt wird. Die Deutschen Weine sind bey unsern Vorfahren nicht sonderlich geachtet worden, weil sie sich eingebildet, ein tapfferer Deutscher würde durch den Wein zur Arbeit geschwächet, und weibisch gemacht. Besiehe Jul. Cäsar Lib. VI. c. 1. de bello gallico. Daher schreibet Eutropius Breviar. Histor. Libr. IX. wie auch Lehmann in Chronic. spir. Lib. l. c. 24. Der Römische Kayser Aurelius Probus habe erst ums Jahr Christi 280. denen Deutschen und Galliern den Wein-Bau gelehret, so, daß erst, von der Zeit an, in denen Mittägigen Provintzien Deutschlandes, verschiedene Sorten von Weinen angebauet worden. Unter denen bis auf den heutigen Tag bekannt gebliebenen der Rheinische Wein, welchen jedermann, wegen seiner durchdringenden guten Kräffte, und Heroischen Geschmacks, vor den alleredelsten unter allen Weinen der Welt achtet. Jedoch ist auch ein Unterscheid unter den Rheinischen Weinen, und sind von denselben die allerbesten die Bacheracher, Hambacher, Pfeddersheimer, Hochheimer, Riedeberger und Rheingauer, absonderlich der Ruddersheimer bey Bingen, welche alle in grosser Menge, den Rhein hinab, nach Holland, und von dannen, in weit entlegene Länder geführet werden. Derjenige Rheinische Wein, den man den Gänse-Füsser nennet, wird vor den Gesundesten geachtet. Der andere gute Wein wächst am Neckar-Strohme, worunter der Heydelberger und Würtenberger, die berühmtesten sind; Sonderlich wächset bey der Fürstlichen Residentzstadt Stuttgardt sehr viel herrlicher Wein; daß auch die Frantzosen ein Sprichwort darauf gemacht, welches auf Deutsch so heist:

Wenn man zu Stuttgard nicht einsammelete den Wein,
So würde bald die Stadt von Wein ersäuffet seyn.

Unter den Elsasser-Weinen, behalten diejenigen den Preiß, welche zu Reichefeld, Lippelsperg, Blienesweiler, Rappersweil, Reichensweil, Thaun, Seringen, Gebweiler, Katzenthal, Ammersweil, Danibach, und in Brißgan wachsen. Nechst den Rheinischen Weinen, sind die Moseler- und Francken-Weine und unter diesen der Klingenberger am Mayn und Würtzberger am Stein, die berühmtesten, doch kommen sie an der Güte und Geschmack den Rheinischen nicht gleich. Der Tyroler-Wein, insonderheit der, so an der Etsch bey Brixen und Görtz fället, ist auch nicht zu verachten. Der Oesterreicher ist lieblich, aber insonderheit einem Fremden nicht gesund; Bey dem Oesterreichischen Kloster Neuburg wächset der Wein in solcher Menge, daß man sagt, es habe dieses Kloster einen rinnenden Zapffen, oder, es habe genug Wein, wenn gleich derselbe, Jahr aus Jahr ein, aus einem offenen Zapffen weglieffe. Der Böhmische Wein insonderheit der um Prag, Leutmeritz, Mießnick Launa, Usca und Crudim fällt, ist zwar gut am Geschmack, doch sind alle diese, wie auch die Mährischen Weine nicht gar gesund. Die Meißner- und Thüringer-Weine sind auch nicht zu verachten; wie denn ein guter Erfurther-Wein, ein rechter Vinum Cos ist, darbey nicht gesund; etwas hitzig ist er, zumahl, wenn er alt, dienet deßhalben am besten schwachen und kalten Mägen und Naturen, wiewohl mäßig getruncken, andern auch zur Gesundheit. Laußnitzer- und Brandenburger-Wein giebts auch. Der Schweitzer-Wein, welcher bey Schaafshausen, Baden, Zürch und Basel wächset, ist zwar trinckbahr, hält sich aber nicht lange, und wird bald sauer. Die letzten unter den Europäischen Weinen sind die Ungarischen, welche sehr hitzig, starck, und doch lieblich seyn. In Oberungarn ist der Trockeyer der berühmteste, und zwar der sonderlich, welchen man den Ausbruch nennet. In Niederungarn wird der Oedenburger, Neusiedler, Goldberger, und Sanct Georger, am meisten geachtet, doch nutzen die Ungarischen Weine den Podagristen nichts.