Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wassermelone, (Indianische)

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Wasser, dessen man sich im menschlichen Leben bedienet

Band: 53 (1747), Spalte: 669–674. (Scan)

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Wasser-Menschen. Es wollen einige von einer besondern Art Wasser-Menschen reden, die in diesem Elemente wohnen sollen. Einige wollen nehmlich davor halten, es fänden sich alle Arten der Thiere, die auf der Erde wären, auch im Wasser, wovon sich Gervasius Tilberiensis, p. 981. also vernehmen läst: "Es findet sich auf der Erde kein Thier, das seines gleichen nicht auch im Wasser haben solte. Da siehet man im Britannischen Meer den Münch, den gecrönten Fisch-König, dort erblickt man den gewaffneten Soldaten zu Pferde, den Hund, das Schwein u.s.w." Warum solten denn das nicht auch Menschen darinn anzutreffen seyn? Das schlimmste ist, daß die Erfahrung sehr schlecht damit übereinstimmt. Man redet zwar von See-Pferden, See-Hunden, See-Kälbern, Meer-Schweinen und dergleichen; Allein diese Geschöpffe sehen den Pferden, Hunden, Kälbern, und Schweinen auf der Erde so ähnlich, als eine Gans dem Affen. Und wo sich ja zwischen ihnen noch einige Aehnlichkeit findet, so betrifft sie etwa den Kopff: Wer aber nicht eine gute Einbildungs-Krafft besitzet, wird solche Aehnlichkeit kaum mercken können. Wenn die Sache auch seine Richtigkeit hätte, würde daraus doch nicht folgen, daß [670]auch dem Menschen ähnliche Creaturen im Wasser wohnen. Das letztere will Gervasius mit besondern Historien bestätigen. Auf dem Mittelländischen Meer soll es sich seinem Berichte zu folge, einsmahls zugetragen haben, daß ein Schiffer mit einem Wurff-Spies einen Delphin verwundet, worauf ein groß Ungewitter entstanden. Es währete aber nicht lange, so erschien ein Reuter auf dem Wasser, welcher den Schiffer, der den Delphin verwundet hatte, zur Straffe abforderte. Dieses bewog den Schiffer freywillig ins Meer zu springen. Der Reuter nahm ihn hinten auf sein Pferd, und brachte ihn in eine schöne Gegend, allwo er den verwundeten auf einem prächtigen Bette liegend fand, und ihm das Eisen aus der Wunde ziehen muste, worauf er alsofort wieder genesen; Der Schiffer aber ward unbeschädigt wieder in sein Schiff gelieffert. Dieses sollen auch wohl die einfältigsten für ein Weiber-Mährgen erkennen. Weiter gedencket Gervasius Cit. Loc. der Syrenen, die in dem Britannischen Meer auf den Felsen sitzen, und mit ihrem anmuthigen Gesange die Schiffer dergestalt bezaubern, daß sie alle Arbeit im Schiffe liegen lassen, und darüber aus Unachtsamkeit öffters Schiffbruch leiden. Dieser Syrenen gedencket auch Nierembergius in Hist. Nat. Lib. II. cap. 1. wenn er schreibt: "In dem Cantabrischen und Biscaischen Meer höret man zuweilen, und zu gewissen Jahres-Zeiten, jungfräuliche Stimmen, die sehr wohl klingen. Man hält der Orten dafür, solche kommen von den Wasser-Menschen her, welche sich daselbst versammlen, und mit einander Junge zeugen. Die Fabel von den Syrenen hat seinen Ursprung aus dem Homero genommen; da man sich denn nicht gnungsam verwundern kan, daß vernünfftige Leute, was dieser Grieche erdichtet, und mit Poetischer Feder beschrieben, für Wahrheit annehmen. Indessen sind noch viel Gelehrte von solchen Meer-Wundern eingenommen, die wenigstens menschliche Gesichter haben sollen. Thomas Bartholinus will uns dieselbige mit aller Macht aufbürden, indem er berichtet, wie sein guter Freund Joh. de Laer einen auf den Brasilischen Küsten gefangenen Wasser-Menschen zu Leyden anatomiret, und ihm die Hände und Ribben desselben verehret habe, die man beym Happelio Relat. Curios. Tom II. p. 11. abgebildet findet. Man zweifelt aber noch sehr, daß dessen Gesichte mit dem menschlichen überein kommen sey, wo man nicht etwa die Einbildungs-Krafft zu Hülffe genommen. Von denen Händen und Ribben, welche allein Bartholinus gesehen, waren zwar die Ribben den menschlichen einigermassen gleich, woraus aber nichts zu machen ist, weil mehr Thiere dergleichen Ribben haben; Die Hände aber, wie er selbst berichtet, gleichten vielmehr einem Gänse-Fuß, als menschlichen Hand. Daß es in den Indianischen Gewässern See-Menschen giebt, will man damit beglaubigen, daß, weil die dahin reisende Schiff-Leute sich nicht gescheuet, die gefangene Meer-Weiblein fleischlich zu erkennen, man von ihnen einen Eyd fordere, diese See-Weiber weder zu fangen; [671]noch bey sich zu behalten, Happel. Relat. Tom. II. p. 14. Die neuesten Seefahrer hingegen wissen davon eben so wenig, als von den See-Weibern selbst, zu melden, daher muß es wohl eine Fabel seyn. Ehedem redete man viel von den Wald-Menschen, die sich in den Indianischen Wäldern aufhielten; Nunmehro aber weiß man geweiß, daß man die grosse Affen oder Pavians für Menschen angesehen, weil sie in der Gestalt und Gebehrden den Menschen einigermassen gleich kommen. Vielleicht hat man auch ein See-Monstrum, weil es etwas dem Menschen ähnliches an sich gehabt, für einen Wasser-Menschen angesehen. Nachdem die Wasser- oder See-Menschen einmahl auf den Schau-Platz der Welt gebracht worden, hat es an Exempeln nicht gemangelt, die man überdem mit thörichten Umständen ausgeschmücket. Im Jahr 1619. reiseten 2 Dänische Reichs-Räthe nach Norwegen auf den Landtag; Unterwegens erblickte man auf dem Schiffe, tief im Wasser, einen Mann, der gleichsam unter jedem Arm ein Bund Stroh trug, und daselbst, wie in einer Stadt, auf der Gassen gieng. Man setzte etliche Boots-Leute in das Schiff-Boot, welche einen kleinen Ancker mit einem angehängten Schweine-Schincken hinunter lassen musten. Der See-Mann griff bald darnach, und wolte ihn ablösen; Darauf fassete man ihn mit einem Hacken unter dem Wasser, zog ihn herauf, und brachte ihn ins Schiff. Hier lag er eine Zeitlang und wunde sich als ein Fisch, ließ aber keine Sprache noch Stimme von sich hören. Endlich sprachen die anwesenden unter einander in Dänischer Sprache: Das mag wohl ein wundsrbarer Gott seyn, der solche menschliche Geschöpffe, und vielmehr dergleichen Wunder in dem Wasser als auf Erden hat. Darauf fieng der See-Mann an: Ja wenn du es so wohl wüstest, als ich es weiß, würdest du allerst sagen, daß ein wunderbahrer Gott sey, daß auch vielmehr Creaturen im Wasser und unter der Erden; als oben auf derselben sich befinden. Setzet mich zur Stunde wieder ins Wasser, sonst soll weder Schiff noch Gut von euch zu Lande kommen. Demnach ward befohlen, ihn wieder ins Wasser zu setzen. So bald man ihn aber ins Boot bringen wolte, ist er hinaus gesprungen, und davon geschwommen. Seine Gestalt war gleich eines andern Menschen, er hatte lange Haare, und der gantze Leib war überzogen, wie die Haut an den See-Hunden; übrigens aber zwischen ihm und einem natürlichen Menschen kein Unterscheid. Happel Tom. II. p. 14. Man will hierbey nichts mehr fragen, als woher dieser See-Mann so geschwinde die Dänische Sprache gelernet, daß er sie verstehen und reden können? Alle Umstände geben es, daß jemand diesen See-Mann in guter Absicht, nemlich zur Verherrlichung Gottes uud seiner mannigfaltigen Wercke erdichtet habe. Dazu sind aber keine Gedichte nöthig, sondern ohnedem Geschöpffe genung vorhanden, daraus man seine Allmacht bewundern können. Man weiß auch von einer Dänischen Wasser-Nymphe zu [672]sagen, welche zu den Zeiten Friedrichs II. sich mit einem Landmann in ein Gespräche eingelassen, auch gedachtem Könige unterschiedene Sachen zu hinterbringen befohlen. Anbey vermeldete sie, daß die Frucht, mit welcher damahls die Königin schwanger gieng, ein Printz, und des Königreichs künfftiger Regent seyn würde, welches auch also erfolget ist. Die Nymphe nannte sich Ibrand, gab sich für 80 Jahr alt aus, und wolte nebst ihren Vor-Eltern schon einige 100 Jahr in der Gegend des Meers, wo sie dem Land-Mann erschienen war, gewohnet haben. An Gestalt kam sie der menschlichen ziemlich gleich, ausser daß ihr Leib mit weissen Haaren bewachsen war, wie die Meer-Kälber und See-Wölfe zu haben pflegen; Am Unterleibe trug sie einen langen gefaltenen Rock von Delphins-Häuten. Happel. cit. loc. p. 15. Man hat diese Wasser-Nymphe sowohl, als den vorgedachten See-Mann für ein Gedichte zu halten. Gleiches Schlages ist der See-Mann, welcher in Holland gefangen worden, und anfänglich stumm gewesen, hernach aber zu reden angefangen. Er bekam zweymahl die Pest, darum ließ man ihn wieder in die See. Unterred. vom Reiche der Geister. Tom. I. p. 530. Das Harlemmer See-Weib blieb beständig stumm, lernete aber spinnen, und andere Weiber Arbeit verrichten; War sonst gehorsam, und that willig, was man ihr befohl. Von diesem See-Weib sollen, wie Happelius loc. cit. p. 16. meldet, in Holland noch verschiedene Gemählde mit einigen alten Reimen vorhanden seyn. Dieses bringet einen auf die Gedancken, daß eben die Gemählde zu dem Gedichte Anlaß und Gelegenheit gegeben. Der Verfasser der Unterredungen vom Reich der Geister, Tom. L. p. 523. gedencket eines gewissen Kupfferstichs, auf welchem ein greuliches Meer Wunder zu sehen gewesen, in der Gestalt einer langen dürren Weibes-Person, die mit Haaren gantz überwachsen. Solches Ungeheuer solte im Jahr 1714. bey der Stadt Ragusa allezeit gegen Mittag aus dem Meer ans Land kommen seyn, und ein so greslich Geschrey getrieben haben, daß die Leute davor ihre Ohren zustopffen müssen. Er fand dieses Bild zu Zeng in der Morchaley auf einem grossen Saal aufgestellet. Als aber ein Edelmann aus Ragusa nach Zeng kam, und dieses Meer-Wunders wegen befragt wurde, wunderte er sich, daß man von seinem Vaterlande so offenbahre Lügen aussprengte. Er versicherte, daß er von Jugend auf jederzeit zu Hause gewesen, und niemahls etwas davon gehöret hätte. So wird es mit vielen andern Meer-Menschen zugegangen seyn. Hat jemand Lust, dergleichen Monstra im Kupfferstich zu sehen, der schlage nur Happelium in mehr angeführten Orte nach, gedencke aber dabey, was Horatius sagt:

Pictoribus atque poetis
Quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.
Was andre Leute sonst zu sagen sich erröthen,
Das lügen ungescheut die Mahler und Poeten,

[673]Noch erzehlet man von den Wasser-Menschen, daß die Männer den menschlichen Weibsbildern nachstellen, und sie zur Unzucht zwingen sollen. Davon findet sich eine Geschichte beym Alexand. ab Alexandro Dier. Genial. Lib. III. cap. 8. wie nemlich in Epiro ein Wassermann gefangen worden, welcher die Weibs-Personen, die er am Meer allein angetroffen, zu seinem Willen gezwungen habe. Er habe, nachdem er gefangen worden, nichts essen wollen, und sey endlich Hungers gestorben. Die Seeweiber sollen sich mannigmahl gar an Menschen ordentlicher Weise verheyrathet haben. Beym Gervasio Tilberiensi, loc. cit. p. 895. und 896. findet man davon folgende Geschichte: Ein gewisser Herr in Franckreich, Nahmens Raimundus, traff einsmahls, als er ausgeritten war, ein schönes Weibsbild an, die ihn, da er sie gegrüsset, bey Nahmen genennet und gedancket. Er wollte sie zur Unzucht nöthigen, sie aber schlug ihm die Heyrath vor, mit dem Bedinge, sie niemahls nackend zu sehen. Darein willigte Raimundus, vollzog das Beylager mit ihr, und lebte in glückseligem Zustande. Als er sie aber einsmahls im Bade mit Gewalt nackend sehen wolte, und ihr das Hemde abriß, ward sie alsobald in eine Schlange verwandelt, welche unter das Wasser sich begab, und im Bade verschwand. Darauf ist sie niemahls wieder gesehen worden, ohne wenn sie mannigmahl des Nachts ihre Kinder besucht, da man sie zwar gehöret, aber nicht gesehen. Die Nachkommen dieses Raimunds sollen zu Gervasii Zeiten noch am Leben gewesen seyn, und einer seiner Befreunden eine von Raimunds Töchtern, welche er mit dieser Schlangen-Frau gezeuget, zur Ehe gehabt haben. Peter von Stauffenberg, als er an einem Sonntag frühe nach der Messe über ein Stück Weges reiten muste, traff unter weges eine Nymphe oder Wasser-Frau an, die sich in dem Weg gesetzet hatte, mit derselbigen versprach er sich alsobald, und sie blieb bey ihm, bis er ein ander Eheweib nahm, und sie für eine Teuffelin hielt; weil er ihr also die Gelübdniß brach, gab sie ihm auf seiner Hochzeit ein Wahrzeichen, wovon er am dritten Tage todt war. Amphith Mag. Univers. p. 284. In Luthers Tisch-Reden lieset man, daß einsmahls auf dem Meer ein Monstrum gefangen worden, so einer Weibes-Person gantz gleich gewesen. Einer von den Boots-Leuten habe sie zur Ehe genommen, und mit ihr ein Kind gezeuget. Nach 3 Jahren, als das Schiff wieder an den Ort gekommen, sey das See-Weib ins Wasser gesprungen, und habe ihr Kind mit sich genommen. Das Kind sey in Wasser umkommen, und sie verschwunden. Luther hält es für ein teuffelisches Gespenste, andere hingegen für eine abgeschmackte Fabel. D. Luthers Hauß-Frau erzehlete, wie eine Wehmutter vom Teuffel wäre weggeführet worden zu einer Sechswöchnerin, mit welcher der Teuffel zu thun gehabt. Diese hätte in einem Loche in der Mulda gewohnet, und ihr das Wasser gar nicht geschadet, sondern sie wäre in dem Loche gesessen, wie in einer Stube. Hierauf sagt D. Luther im Anhange zu den Tisch-Reden: Das sind lauter Träume, es hat sie nur also gedaucht, als führete er sie unter das Wasser. [674]Denn der Teufel macht die Leute schlaffend, das kan er wohl thun, und macht ihnen ein Gauckelwerck für die Augen, damit spielen sie, bis sie erwachen. Welches Urtheil wenigstens weit vernünfftiger scheinet, als wenn man dergleichen Historien für wahr annimmt. Tharsanders Schauplatz I. Th. p. 435. u. ff. Siehe auch den Artickel: Wasser-Leute.