Zedler:Vergifftete Speisen


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Vergiffteter Trunck

Band: 47 (1746), Spalte: 696–702. (Scan)

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Vergifftete Speisen, sind entweder von Natur gifftig, als etliche Schwämme, Wurtzeln und Kräuter; oder das Gifft kommt zufälliger Weise dazu, als daß etwan eine Spinne, Schlange oder Kröte dieselben mit ihrem Giffte beschmeisset; oder sie werden von boshafftigen Leuten vergifftet, davon man so viel traurige Exempel hat, und sonderlich an grossen Herren, daß deswegen bey ihnen nicht ohne erhebliche Ursachen das Credentzen aufgekommen, da nehmlich der Mundschenke den Wein zuvor kosten muß, ehe er ihnen solchen, davon zu trincken, darreichet: Damit der Mundschencke zum wenigsten aus besorgender Gefahr seines Lebens, zu einer so bösen That der Vergifftung sich nimmermehr, weder aus eigener Bosheit, noch durch Anstifften anderer bringen lasse; Allein, auf wie schwachen Füssen beruhet diese Vorsorge? Weil es ein unerhört durchdringendes Gifft seyn müßte, das gleich auf stehenden Fuß würcken solte; wie etwan von dem macassarischen Giffte erzählet wird, daß solches so schnell durchdringend sey, daß, wenn man nur jemand mit einer damit bestrichenen Nadel stäche, das Stechen und Sterben in einem Augenblick geschehe, sondern es wissen solche Gott- und pflichtvergessene Buben und Fürsten-Mörder, wie man aus vielen traurigen Exempeln ersehen, das Gifft schon so zu zurichten, daß es langsam würcke, und endlich doch den Tod oder einen ungesunden Leib mit sich bringe, daferne es nicht bald wieder weggebrochen, oder durch starcke Artzneyen oder Gegengiffte abgetrieben wird. Vielmahls seynd auch wohl böse Menschen an solcher Vergifftung eben nicht Schuld, sondern es bekömmt mancher aus Unwissenheit und unversehens Gifft in den Leib, daran er sterben muß; Also meldet Kircher de Peste fol. 207. und 348. daß in einem gewissen Kloster in Deutschland, ein Koch den Fleisch-Topff nicht recht ausgewaschen, und weil noch einige Fettigkeit darinnen geblieben, habe sich eine Kröte da hinein begeben; Als nun des andern Tages Fleisch darinnen gesotten, und solches den Mönchen zu Tische gebracht worden, wären sie alle, so viel davon gegessen, plötzlich gestorben. In einem andern Kloster sturben viele Mönche, welche von einem Weine getruncken, darinne unwissender Weise eine Spinne todt gelegen. Tropalins Köchin legte, wie Scaliger Exercit. 152. schreibet, ihrem Herrn an statt Petersilgen-Blätter, Schierlings-Blätter auf die Suppe, davon er noch desselbigen Tages starb. Ein andermahl geschahe es durch eben dergleichen Blätter zwey reisenden Mönchen, die zwar noch vom Tode errettet worden, aber doch ihr Lebtage ungesund geblieben, und zitternde Glieder behalten. Andere seynd blos vom Wachtel-Essen gestorben, von denen man hernach befunden, daß solche Wachteln an einem Orte gefangen worden, wo häufig Niesewurz wächset, welche die Wachteln gerne fressen, den Menschen aber alsdenn ein Gifft werden. Viele sind durch das Essen der [697]Wolffsbeere, andere von vergiffteten Schwämmen gestorben: welches alles die Menschen erinnern soll, zuförderst, ehe sie Speise zu sich nehmen, GOtt inbrünstig anzuruffen, daß er ihnen solche seegnen, und den Tod, der etwan durch des Teuffels und seiner Werckzeuge Anstifften, oder unversehens, in den Topff möchte gekommen seyn, von ihnen abwenden wolle; hiernechst soll auch ein jeder Essender selbst prüfen, was seinem Leibe zuträglich sey oder nicht, auch Vorsicht gebrauchen, wo es nöthig, sonderlich auf Reisen, und bey Leuten, die solcher Bubenstücke halber verdächtig seyn möchten. Es äussert sich aber ein solch in des Menschen Leib gekommenes Gifft gleich, und mehrentheils noch über der Mahlzeit, durch einen jählingen Eckel vor Speise und Tranck, ausbrechenden kalten Angstschweiß, Frost, Hitze, Zittern, Schwindel, Kopffweh und dergleichen. Wenn nun der Mensch solche Zeichen bey der Mahlzeit empfindet, soll er alsbald sehen, daß er sich erbrechen möge, und das nicht nur ein sondern mehrmahl, bis er vermeynet, daß der Magen ausgeleeret, und keine unreine oder vergifftete Speise mehr darinnen sey. Hat man nicht gleich ein Brechmittel bey der Hand, so nehme man Baumöl und laulichtes Wasser, und trincke es, so wird es auch ein Erbrechen machen. Ist dieses geschehen, soll man ein Quentgen Theriack in Weine zerreiben, und gleich darauf schwitzen; befindet man ein Brennen in dem Magen, so kan man warme Milch oder Baumöl trincken. Wäre aber das Gifft aus dem Magen in das Geblüte und die Glieder geschlagen, so will es Zeit seyn, einen guten Artzt um Hülffe anzusprechen. Insgemein ist das im Geträncke beygebrachte Gifft gefährlicher als das, welches durch vergifftete Speisen dargereichet wird: Denn der Trunck durchdringet bald alle Glieder, und nimmt das Blut, Gehirn und die Nerven ein; die Speise aber bleibet länger in dem Magen, und wenn sie der Natur zuviel oder unleidlich ist, wird sie leichtlich durch das Erbrechen wieder gegeben, ehe sie recht verdauet wird; welches aber nicht also mit dem Trancke geschehen kan, wie solches bey den Hunden, Katzen, Mäusen und Ratten abzunehmen ist, die, wenn sie etwas Gifftiges gefressen, solches nach Anreitzung der Natur ohne Schaden durch das Erbrechen wieder von sich geben; wenn sie aber Gifft getruncken haben, können sie solches nicht thun. Woraus folget, daß ein vergiffteter Tranck sich alsobald durch alle Glieder ausbreitet, und also schädlicher als vergifftete Speise ist. So demnach jemand so unglücklich gewesen, daß er Gifft einbekommen, so soll er alsobald Butter, Oel, und viel fette Dinge essen, dadurch das Gifft verhindert wird, daß es sich nicht am Leibe anhänge, und so gleich mit dem Geblüte vermische; man soll sich auch hüten, nichts saueres, herbes, stopffendes, oder was sonst an sich hält, auf Gifft zu essen, auch nicht darauf zu schlaffen: Denn, gleichwie denen, so mit der Pest befallen, wenn sie darauf schlaffen, das Pestgifft eher das Hertz einnimmt, und die Natur dasselbe so wohl nicht überwinden kan; also ist es auch mit denen beschaffen, welche Gifft empfangen: denn wenn sie darüber einschlafen, müssen sie eines unfehlbaren Todes gewärtig [698]seyn. Ein vortreffliches Pulver wider das Gifft wird aus den Vipern folgendergestalt bereitet: Fanget in dem Frühlinge Vipern, oder Schlangen, ziehet ihnen die Haut ab, hauet den Kopff und Schwantz herunter, thut auch das Eingeweide hinweg, und waschet alsdenn das Fleisth sauber aus; thut es hierauf in einen Backofen, der schon etwas kühle worden, mit sammt der Zunge, Hertz und Leber, dörret es zu einem Pulver, und behaltet es fleißig auf zum Gebrauche. Es ist ein köstliches Mittel wider alles Gifft, auch so gar in Pestzeit zu gebrauchen: Man nimmt davon zwölff bis funfzehen Gran, auf das höchste aber einen Scrupel ein. Wie ein guter Theriack und Orvietan zu machen, als welche auch zwey köstliche Mittel wider Gifft seyn, solches ist anderwärts beschrieben. Fernere Anzeichen eines empfangenen Gifftes seynd, ein kalter Schweiß auf einer erhitzten Brust, Reissen in dem Leibe, schwerer Athem, Durchlauff, Erbrechen, bleiche Nägel, aufgeschwollene Zunge, welches alles geschwinde kommt und den Krancken überfället; es kommen auch dazu Ohnmachten, Beben des Hertzens und Zittern der Glieder; nach dem Tode wird der Leichnam alsobald gelb, und nach wenig Stunden gantz schwartz, die Haare fallen aus, die Nägel erweichen, das Hertz kan nicht verbrannt werden, weil das kalte Gifft dem Feuer widerstehet; auf dem Munde schwebet bald nach dem Tode ein Schaum, und ein böser Gestanck gehet von dem gantzen Leibe; wenn auch ein solcher vergiffteter Cörper auf der Strasse liegen bleibet, werden ihn, der schnellen Fäulung und Gestancks wegen, weder die Hunde noch Raubvögel angreiffen. Erschrecklich ist es, was von einem Römischen Subdiacono gelesen wird, daß solcher nehmlich im Jahre 1054 den Hertzog Gottfried von Lothringen, in dem heiligen Abendmahle durch Vergifftung des geseegneten Kelches vergeben wollen; es sey aber die Barmhertzigkeit Gottes in das Mittel getreten, und habe diesem Ertzbösewichte, als er jetzt den Kelch anfassen, und dem Hertzoge selbigen darreichen wollen, die Hand dermassen gelähmet, daß er den Kelch nicht von der Stelle bewegen können. Wie Kayser Heinrich der Siebende, von einem Minoriten-Mönche durch eine vergifftete Hostie um das Leben gebracht worden, ist bekannt. Die Historienschreiber melden, daß, als der Kayser das empfangene Gifft in dem Leibe empfunden, er gegen seinen Mörder in diese Worte heraus gebrochen: "Domine packet euch geschwinde auf die Seite, denn, so meine Leute erfahren, was ihr an mir gethan, möchten sie euch elendiglich um das Leben bringen, GOtt verzeihe es euch:" Worauf er denn seinen Geist aufgegeben. Winckelmann in Caesareologia. Rentsch erzehlet in seinem Brandenburgischen Cedernhayn, p. 324 von Kayser Ludewig dem Vierten, daß er ebenfalls durch Gifft um das Leben gekommen, und als er solches durch starcke Bewegung auf der Jagd wieder von sich treiben wollen, sey er auf der so genannten Kayserswiese von dem Pferde gefallen und verschieden. Von Joachim dem Andern, Churfürsten von Brandenburg, meldet er, daß ihm ein Jude, Nahmens Leopold, oder Lipold, in einem Truncke Malvasier Gifft beygebracht, [699]von welchem dieser tapffere Fürst elendiglich erbleichen müssen; der Mörder wäre hierauf, wie höchst billig, zu der exemplarischen Straffe gezogen, und alle Juden aus der Marck Brandenburg verbannet worden. Von Leuten, denen das Gifftessen nichts geschadet, haben wir erstlich in der Heiligen Schrifft die Apostel und Rechtgläubigen, als welchen der Heiland zuvor verkündiget hatte, daß, so sie etwas Gifftiges essen und trincken würden, solches ihnen nicht schaden solte. Ausser diesen hat man auch Exempel solcher Personen, die, weil sie entweder von Jugend auf ihren Leib mit stattlichen Gegengifften, und dem Giffte widerstehenden Artzneyen verwahret, die Gewalt des Gifftes gebrochen haben, daß es ihnen auch zu der Zeit, wann sie gerne gewolt hätten, doch nicht schaden können. Also liesst man vom Mithridat, von welchem auch das vortreffliche Gegengifft der Michridat seinen Nahmen hat, daß er sich von Jugend auf dergestalt mit guten Gifft-Artzneyen versehen, und durch deren täglichen Gebrauch seinen Leib von allen Vergifftungen befreyet und bewahret habe, daß, als er, nachdem er von dem grossen Pompejo überwunden worden, und um seinem Feinde nicht lebendig in die Hände zu kommen, Gifft eingenommen, in Meynung, von solchem ertödtet zu werden, selbiges an ihm nichts verfangen wollen, sondern er sich endlich durch das Schwerdt den Lebensfaden abkürtzen müssen. Andere hingegen hat das beständige Gifftfressen, und zwar anfangs in geringer, nachmahls aber immer vermehrterer Dose, dergestalt durch und durch vergifftet, daß ihnen kein Gifft mehr schaden können; da hingegen andere Leute, die ihnen zu nahe gekommen, und von denenselben angehauchet worden, jähen Todes sterben müssen. Also wird von einem gewissen Indianischen Könige des Königreiches Gusuratta erzehlet, daß er gewohnt gewesen, alle Morgen ein wenig Gifft zu sich zu nehmen, und, wann er einen vornehmen Mann gerne in den Tod schicken wollen, habe derselbe für ihn kommen, und sich nackend ausziehen müssen, darauf er im Munde gekäuete Blätter mit Kalck von Austerschalen vermenget, solchem Menschen auf den Leib gespien, wovon derselbe binnen einer halben Stunde gestorben. Er hielt drey bis vier tausend Weiber, aber alle Morgen fand man eine, die bey ihm geschlaffen, todt im Bette liegen. Endlich zog kein Mensch das Kleid oder Hemde, welches er abgeleget, wieder an, er selbst aber zog alle Tage neue Kleider an. Vor etwan 40 Jahren war in Italien ein so berühmter Künstler, daß fast die gantze Welt von ihm zu sagen wußte. Etliche hielten ihn für einen Mann Gottes, und grossen Heiligen; andere aber ehreten ihn nicht höher, als einen Zauberer. Von Jugend auf war er gewohnt gewesen, die Natur und Krafft der Kräuter zu untersuchen, zu welchem Ende er denn allerhand, auch die gifftigsten Kräuter eingeschlucket, und gleich als ein anderer Mithridat dieselben zu seinem Unterhalte angewannt hatte, also, daß er endlich mit seinem gifftigen Athem eben so viel Schaden verursachte, als die Winterkälte auf den Spitzbergen, oder der Basiliske mit seinem Anhauchen. Alle, so kamen, ihn zu besuchen, oder zu greiffen, kamen übel davon. [700]Die ihn antasteten und gefangen wegführen wolten, wurden selber von ihm gefangen. Die Hand, so sich gegen ihn ausstreckete, verdorrete augenblicklich, gleichwie die Hand, da Jerobeam befahl, den Mann Gottes zu greiffen. Er war gleich dem betäubenden Fische Torpedo, welcher, wenn er den Angel in dem Halse fühlet, nicht viel Widerstrebens, Schlagens und Springens machet, wie andere Fische zu thun pflegen, sondern ein betrügliches Gifft in das Wasser giesset, wovon dem Fischer seine Hände und Arme dergestalt erstarren, daß er sich nicht weiter um seinen Fang bemühen kan. Alle Leute, so sich zu diesem Italiener naheten, fielen augenblicklich todt zur Erden nieder, nicht anders, als hätten sie der Medusa Kopff angesehen, oder wären von einem gewaltigen Donnerstreiche getroffen worden. Eben dieses wiederfuhr bisweilen einem grossen Hauffen Volcks, welches sich in den Kirchen, oder an andern Orten versammlet hatte, so bald nur dieser gifftige Mann dazu kam. Durch den Schatten Petri wurden die Krancken gesund gemacht, aber dieser machte die Gesundesten durch seinen Schatten kranck, und tödtete sie, ehe er seine Hand oder Finger ausstreckete. Dieses dauerte eine gute Zeit, bis er endlich durch einige Gerichts-Diener, welche sich mit einem guten Gegengiffte versehen hatten, ergriffen, und alsobald darauf in einem Gefängnisse erwürget worden. Simon de Uries Theatr. Hist. Part. II p. 98. Von diesem Manne könnte man besser sagen, daß er ein Venesicus, oder Vergiffter, als ein Zauberer gewesen sey, sintemahl auch ohne des Satans Hülffe die Natur eines Menschen also vergifftet werden kan, daß man sich ohne Gefahr nicht zu ihm machen darff. Wie jenes Mägdlein, dessen Laurenberg in seiner Acerra philosophica gedencket, die nach Aristotels Zeugniß, anfangs täglich nur ein wenig Gifft zu sich genommen, endlich aber immer mehr und mehr, bis sie ihre Natur mit der Zeit dergestalt dazu gewöhnet, daß sie zuletzt das stärckste Gifft eben so getrost gegessen, als die angenehmsten Speisen. Hierdurch aber wurde die Dirne so gifftig, und ihre Natur verschlimmerte sich dergestalt, daß alles dasjenige, was sie nur mit ihrem Speichel oder einer andern Feuchtigkeit ihres Leibes im geringsten berührete, des Todes seyn muste. Plurarch schreibet von einer Frau, so zu dem grossen Alexander in das Lager gekommen, mit ihm zu buhlen: weil aber Aristotel einigen Verdacht daraus geschöpffet, habe er dem Alexander den Rath gegeben, daß er vorhero einen seiner Hof-Juncker zu der Frau legen solte, an ihr ein Ritter zu werden; als solches geschehen, bekam der Edelmann von Stund an den Lohn seiner Unkeuschheit: Denn die Frau vergifftete ihn unter den lieblichsten Umarmungen, daß er alsobald seinen Geist aufgeben muste. Zum Beschluß folget die in Strycks Dissert. de Gustu erörterte Frage: Ob ein Credenzer; wenn sein hoher Principal vergeben wird, von dem Verdachte frey seyn könne, daß er nicht derjenige sey, der solches gethan habe? Die Erörterung dieser Frage hat um so vielmehr Schwierigkeiten bey sich, als gnug Exempel vorhanden, daß von den Mund-Schencken und Credenzern grossen Herren [701]und Potentaten sehr offt Gifft beygebracht worden. Also wurde dem grossen Alexander von seinem Mundschencken Jolla, welches des Antipaters, der dem Alexander heimlich nach der Crone und Leben stunde, Sohn war, Gift beygebracht: Ingleichen dem Kayser Claudius, von einem, Nahmens Haloto, der ein Verschnittener, und Kayserlicher Truchses war, welcher von einer vergifteten Heuschrecke ein sonderbares Gift zurichtete, und solches unter Schwämmen, die der Kayser gerne asse, demselben beybrachte, Tacitus Lib. XII. Annal. ad sin. Nachdem auch ein Gift entweder langsam, oder jähling würckend seyn kan, von welcher letztern Art dasjenige gewesen, so der Tyranne Nero, dem Britannic zugebracht; So kan sich bey der ersten Art ein Mundschencke leichtlich mit Gegengifte versehen, oder sich vorhero so dicke essen, daß weil der Magen mit Speise überfüllet ist, das Gift so bald nicht würcken könne, sondern, indem er sich hernach übergiebet, solches zugleich mit den Speisen wieder weggehe. Zu geschweigen, welche List und Betrug bey dem Credenzen selbst vorgehen könne, wie also dem Britannic wiederfahren, welcher, weil er als ein römischer grosser Fürst, und naher Kayserlicher Anverwandter, sich sein Trincken allezeit credenzen ließ, in eben dem Nachtessen, an welchem er vergeben worden, einen sehr heissen Tranck, den der Mundschencke, da solcher Tranck noch unvergiftet war, erst gekostet hatte, empfing. Als nun der Printz, welcher sich auf das Credenzen verließ, nur etwas kalt Wasser forderte, den heissen Tranck damit zu temperiren, war dieses eben dasjenige, welches zuvor schon mit Gifte zubereitet worden, also, daß es Britannic so bald nicht in den Leib bekommen, als er hinter dem Tische todt zur Erden niedersanck. Auf welchen Schlag auch, nehmlich mit Zugiessung vergifteten kalten Wassers, der obbemeldete grosse Alexander, von Philippen und Jolla, um das Leben gebracht worden; wie jenes ausführlich Tacitus, Lib. XIII. Annalium, c. 16. dieses aber Currius, Lib. X c. 4. 11. 19 erzehlen. Daß also, in Erwägung dieses alles, die Mundschencken und Credenzer gar leicht in den Verdacht kommen, als wenn sie ihren Herrn vergeben hätten. Hingegen möchten sie folgende Ursachen auch wieder von solchem Verdachte befreyen, wenn nehmlich keine Anzeichen, als der blosse Verdacht, sonst vorhanden seyn, in welchem Zweifelfalle die Rechte allezeit das beste muthmassen; Oder, wenn der beschuldigte Credenzer von eben der Speise und Trancke, durch welche der Herr vergeben worden, freywillig mit gegessen und getruncken, welches ja ein klares Zeichen seiner Unschuld seyn muß, weil er gewiß von dem vergifteten Trancke nicht würde getruncken oder solchen gekostet haben, wann er gewußt hätte, daß Gift darinne gewesen. Solte aber das Gift schnellwürckend seyn, und der Kellermeister den Trunck unmittelbar aus dem Keller geholet, und dem Fürsten zugebracht haben, ob er ihn gleich zuvor credenzet hätte; so möchte wider einen solchen nicht unbillig der Verdacht seyn, daß er seinen Herrn vergeben, sich aber zuvor, damit ihm das Credentzen nicht schaden möge, mit einem Gegengifte wohl verwahret [702]habe. Es stritte auch wider ihn wenn er zuvor mit der Speise oder dem Trancke heimlich umgegangen, welches er sonst öffentlich zu thun gewohnt gewesen; oder, daß er von dem Fürsten beleidiget worden; oder mit dessen Feinden heimlich unter einer Decke gelegen, und was etwan der Muthmassungen mehr wären, welche Kayser Carl der Fünfte, in seiner peinlichen Halsgerichts-Ordnung, Art. 37. folgender massen beschreibet: "So er überwiesen wird, daß er Gift gekauffet, oder sonst damit umgegangen, und der Verdachte mit dem Vergifteten in Uneinigkeit gewesen, oder aber von seinem Tode Vortheil oder Nutzen erwartend wäre etc." Und hernach: "Auch so einer Gift kaufft, und vor der Obrigkeit im Läugnen stünde etc." Bes. Decians, Tract. Crimin. Lib. IX. c. 24 n. 6. u. f. Matth. Stephans, not. ad d. art. 37. Constit. criminal. Siehe auch den Artickel: Vergifften.