Zedler:Verden, Vehrden, Ferden, Fehrden, ein Fürstenthum

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
korrigiert
<<<Vorheriger

Verdelot

Nächster>>>

Verden, Vehrden, Ferden, die Haupt-Stadt des Fürstenthums gleiches Nahmens

Band: 47 (1746), Spalte: 317–328. (Scan)

Verden in Wikisource
Verden (Territorium) in der Wikipedia
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für WP  
Literatur
* {{Zedler Online|47|Verden, Vehrden, Ferden, Fehrden, ein Fürstenthum|317|328}}
Weblinks
{{Wikisource|Zedler:Verden, Vehrden, Ferden, Fehrden, ein Fürstenthum|Verden, Vehrden, Ferden, Fehrden, ein Fürstenthum|Artikel in [[Johann Heinrich Zedler|Zedlers’]] [[Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste|Universal-Lexicon]] (1746)}}


Verden, Vehrden, Ferden, Fehrden, Lat. Vehrdensis Principatus, Verdensis Ducatus, Ferdium, Farduna, Verda, ein Fürstenthum im Nieder-Sächsischen Creysse, welches gegen Süden an die Grafschafft Hoya, gegen Westen an [318] das Hertzogthum Bremen, gegen Norden und Osten aber an das Lüneburgische grentzet. Es hat in der Länge zwölf und in der Breite acht; im Umkreisse aber etliche zwantzig Meilen, und ist ziemlich fruchtbar und volckreich.

Vor diesem war es ein Bißthum, welches von dem Kayser Carln dem Grossen 776 gestifftet, und einem Benedictiner Mönche aus Engelland, Nahmens Schwibrecht, untergeben worden. Obgleich einige davor halten, daß man es anfänglich in dem Flecken Konnede angeleget, oder daß der erste Bischoff zu Bardewick residiret habe, so kan man doch davon keinen Beweis geben; man lese übrigens, was noch von dem Bißthum Verden zum Beschluß dieses Artickels beygebracht worden. Im Jahr 890 hat Bischoff Wigbert sein gantzes väterliches Erbgut diesem Stiffte verehret. Im Jahr 994 wurde Bruno, Hertzog von Sachsen, aus einem Bischoffe von Verden, unter Gregorius V Nahmen, Pabst. Der Bischoff George aus dem Hause Braunschweig bekennete sich zur Lutherischen Religion, welche sein Nachfolger, Bischoff Eberhard vollends einführte. Es bemühete sich zwar der letzte Bischoff Frantz Wilhelm von Verden die Catholische Religion wieder einzuführen, weil aber der König Gustav Adolph in Nieder-Sachsen den Meister spielte, muste er selbiges Stifft verlassen, worauf es der Ertzbischoff, Johann Friedrich von Bremen, ein gebohrner Hertzog von Holstein, einnahm. Als dieser verstorben, und der Dänische Printz, Johann Friedrich, Ertzbischoff von Bremen worden, nahm er dieses Stifft gleichfals in Besitz, in welchem Zustande es auch bis auf den Westphälischen Friedens-Schluß 1648 bliebe, durch welchen es zu einem Fürstenthum gemacht, und der Cron Schweden als ein erbliches Lehen von Deutschland überlassen worden. Im Jahr 1675 bemächtigten sich zwar die Lüneburgischen und Münsterischen Truppen dieses Landes, und suchten es unter sich zu theilen, musten es aber in dem 1676 zu St. Germain in Franckreich geschlossenen Frieden wieder abtreten.

Im Jahr 1709 wurde dieses Fürstenthum gegen Bezahlung einer grossen Summe Geldes an den Churfürsten von Hannover versetzet. Im Jahr 1712 brachten die Dänen dieses Fürstenthum auf folgende Art in ihre Gewalt: Den 22 Julius publicirte aus Itzehoe der König in Dännemarck bey dem Einbruche ins Bremische ein Manifest an die Unterthanen der Hertzogthümer Bremen und Verden, wowider aber auch gleich die Königl. Schwedische Regierung ein anderes herausgab. Beyde stehen in der Europäischen Fama Th. CXXXIII p.50 u.ff. Den 30 Julius gemeldeten Jahres fasten die Dänischen Truppen, in 5000 Mann starck, ohne Widerstand, von der Stör mit 200 Fahrzeugen zu Drochtersen im Stifft Bremen Posto, fuhren nach der Esche, und in selbigen Hafen ein, und wurden ohne Verlust eines Mannes (massen die Schweden, so zum Crantz und bey der Esch gestanden, ihre Schantzen verlassen und sich nach Stade begeben) vom Lande Meister. Die übrigen Dänen folgten nach, als deren Armee von 15000 gewesen, und mit ihnen der König selbst; die Armee aber commandirte in Königlicher [319] höchster Gegenwart der General Schulten. Da man aber nun nothwendig befand, die Festung Stade zuerst wegzunehmen (denn von der Reichsstadt Bremen, die ihre eigene Garnison hatte, vergnügte sich der König durch 2 Deputirte complimentirt und beschenckt zuwerden) so flüchtete die Schwedische Regierung nach Harburg; in Stade commandirte der Schwedische General-Major Carl Adam Stackelberg. Die Belagerung nahm den 20 August ihren Anfang, wozu die Sächsische Artillerie die Elbe herunter kam. Den 24 Aug. marschirten die in Stade gelegenen Preußisch- und Wolffenbüttelischen Creyß-Truppen heraus und am 7 Sept. muste der Ort capituliren; die gantze Garnison aber, so noch aus 788 gesunden Soldaten bestand, sich zu Kriegs-Gefangenen ergeben. Der Dänische General-Major von Eynten ward hierauf Commendant von der Stadt, und ermeldeter General Schulten ward Dänischer Gouverneur vom gantzen Herzogthum Bremen und Vehrden anstatt des Schwedischen Grafens von Welling, welcher sich nach Hamburg begab.

Der König von Dännemarck machte aber im Jahr 1715 den 11 Julii mit dem König von Großbritannien eine Alliantz, vermöge deren die Schwedische Hertzogthümer Bremen und Vehrden an den König von Großbrittannien, als Churfürsten von Hannover, um eine Summe Geldes abzustehen. Die Chur-Hannoverischen Ministri, der Geheime Rath von Gehlen und Gehiem Rath von Ramdohr, acceptirten auf den Rath-Hause zu Stade sothane Tradition beyder Hertzogthümer sammt allen Dependentien zu Bremen und zu Hamburg, von dem Königlichen Dänischen Ober-Land-Drost, Herrn von Prizbuhr; die Dänischen Truppen zogen aus, und die Hannöverischen ein. Im Jahr 1719 wie der König von Großbrittannien mit der Cron Schweden einen Frieden schlosse, wurde wegen dieser Lande folgendes darinnen versehen: „Gleichwie Ihro Königl. Majestät von Schweden vermöge des mit Sr. Königl. Majest. von Großbrittannien, als Hertzogen und Churfürsten zu Braunschweig und Lüneburg, unterm 17/22 Julii 1719 errichteten schon berührten Präliminar-Friedens Recessus Deroselben bereits cediret und abgetreten haben als cediren und übertragen Sie Krafft dieses nochmahlen vor sich, das Reich Schweden und ihre Successoren und Nachkommen Sr. Königl. Majest. von Großbrittannien als Hertzogen und Churfürsten zu Braunschweig und Lüneburg und Dero Nachkommen an der Regierung in perpetuum die Hertzogthümer Bremen und Vehrden pleno jure mit allen Deren juribus und Zubehörungen, so wie selbige Hertzogthümer durch das Osnabrügische Friedens-Instrument von 14/24 Octobr. 1648 Art. X. der Cron Schweden mit mehrern zugeeignet worden, und wie die Könige von Schweden und das Reich Schweden solche Hertzogthümer samt deren annexis juribus und Zubehörungen seither besessen, genutzet und gebraucht haben, oder besitzen, nutzen oder gebrauchen sollen oder können, nichts überall davon ausgenommen, und insonderheit auch das jure pignoris in Chur-Braunschweigische Händen seyende Amt [320] und Städlein Wilshaussen mit allen ihren Zubehörungen und Gerechtsamen, doch also, daß wegen des darauf hafftenden Pfand-Schillings kein fernerer Anspruch an Ihro Königl. Majest. und dem Reiche Schweden nun oder inskünfftige gemacht werde, solches alles und jedes von nun an zu ewigen Zeiten mit eben dem Recht, wie es Ihro Königl. Majestät von Schweden und deren Vorfahren an der Regierung, wie auch das Reich Schweden bishero besessen ohne einige Schmählerungen und Vorbehalt, auch ohne alle in und ausserhalb Gerichts von Ihro Königl. Majest. von Schweden oder Dero mit beschriebenen jemahls zumachenden Widerrede, Hinderung oder Sperrung völlig und eigenthümlich zu haben und zubehalten: begeben und renunciren auch hiermit in faveur höchstgedachter Sr. Königl. Majest. von Großbrittannien, als Hertzogen und Churfürsten zu Braunschweig und Lüneburg, und deren ob mit beschriebenen in perpetuum allen denen Gerechtsamen, welche sie an denen Hertzogthümern Bremen und Vehrden oder von wegen derselben bisher gehabt und auf einige Weise prätendiren können, in genere und in specie; es betreffe das Directorium in dem Nieder-Sächsischen Creyße Sitz und Stimme auf Reichs- und Creyß-Tagen, oder mag sonsten Nahmen haben wie es wolle. Entbieden gleichfalls hiermit die Unterthanen, Eingesessene und Angehörige solcher Hertzogthümer aller derer Pflichten und Verbündungen, womit sie ihrer Königl. Majest. und dem Reiche Schweden verbunden gewesen, und verweisen sie damit an seine Königl. Majest. von Großbrittannien, als Hertzogen und Churfürsten zu Braunschweig und Lüneburg, und Dero obmitbeschriebene als ihre nunmehrige alleinige und beständige Landes- und Ober-Herrn, wie sie dann auch das Dom-Capitel zu Hamburg und die zu dem Dom zu Bremen und dem dortigen vormahligen Capitul gehörigen Personen, Untersassen, Heuer- Zinß- und Mayer-Leute so wohl in der Stadt Bremen als in denen sogenannten Bremischen vier Gohen und allen andern Orten, wo deren befindlich seyn obgedachter Eyde und Verbindungen an die Cron und das Reich Schweden Krafft dieses entschlagen und an Seine Königliche Majestät von Großbrittannien, als Hertzogen und Churfürsten zu Braunschweig und Lüneburg, und Dero mit obbeschriebene überweisen. Ihro Königl. Majestät von Schweden für sich und Dero obmitbeschriebene refutiren annebst hiermit und Krafft dieses die jura feudi, so sie und ihre Vorfahren wegen der Hertzogthümer Bremen und Vehrden von denen Römischen Kaysern und dem Römischen Reich verlanget, und bis dahin gehabt haben, und übertragen so viel an Ihro solche Lehnbarkeit an Ihro Königl. Majest. von Großbrittannien und Dero obmitbeschriebene. Uebrigens sollen die Briefschafften und Documenten, die Hertzogthümer Bremen und Vehrden betreffend bona fide sobald es möglich denenjenigen extradiret werden, welche dieselbe zuempfangen von Sr. Königl. Majest. von Großbrittannien werden ernennet und bevollmächtiget werden.“ [321]

„Seine Königliche Majestät von Groß-Brittannien und Dero obmitbeschriebene versprechen und geloben ihrer Seits, die Stände, Unterthanen und sämtliche Einwohner auf dem Lande so wohl als in denen Städten ermeldter Hertzogthümer Bremen und Verhrden, und was denenselben anhängig und zugehörig seyn kan, niemanden ausgenommen und also einen jeden derselben bey seinen wohl hergebrachten Freyheiten, Gütern, Rechten und Privilegien insgemein und absonderlich, so wie besagte Stände, Unterthanen und Einwohner selbige gehabt und besessen, und solches nach Innhalt des Instrumenti Pac. Westphal. ihnen vorbehalten worden, samt beyden freyen Religions-Exercitiis vermöge der unveränderten Augspurgischen Confession jederzeit unbekümmert und unbekränckt zu lassen, zu handhaben und zu schützen.“

„Da auch ein und anderer noch nicht zu dem würcklichen Genuß der entweder ihm selber von denen vorigen Königen von Schweden verliehenen, oder auch von andern erhandelten Expectantz auf ein gewisses Canonicat bey dem Dom-Capitul zu Hamburg gelanget wäre, so sollen auch solche Expectantzen denen Rechten und Herkommen gemäß, ihre Krafft behalten und denen Innhabern derselben hinführo bey einer sich ereignenden Vacantz keine vorgezogen werden.“

„Als auch die unter voriger Königlicher Schwedischer Regierung überall ins Werck gestellte Reduction und Lignidation zu vielfältigen Beschwerden derer Unterthanen und Eingesessenen Anleitung gegeben, wodurch denn Seiner in GOtt ruhende Königliche Majestät in Schweden Glorwürdigsten Andenckens so wohl als in Ansehen derer Sachen Billigkeit bewogen worden, mittelst eines im Jahr 1700. den 3 April durch öffentlichen Druck bekannt gemachten Patents die Versicherung von sich gegeben, daß im Fall einige hiesige Unterthanen mit gewissen Beweißthümern darthun können, daß ihnen einige Güter, welche ihnen mit Recht zugehörten, eingezogen worden, ihnen ihr Recht unbenommen seyn solte, zu Folge dessen auch unterschiedliche in den Besitz ihrer vorigen durch erwehnte Reduction oder andern Vorwand ihnen abgesprochene, eingezogene oder sequestrirte Güter getreten, dieses Rechts nachgehends von deren sämtlichen Reichs-Ständten bey ihrer letzten Zusammenkunft durch ihren von 30sten letzt verwichenen May abgefaßten Reichs-Tags-Beschluß aufs neue vest gestellet worden. Als ist hiermit von beyden allerhöchsten Theilen verabredet worden, daß die in den vorhergehenden gegenwärtigen Tractats geschehen Ceßion derer Hertzogthümer Bremen und Verhrden keines weges schmählern, vielweniger aber aufheben sollen derer in besagten Hertzogthümern befindlichen Unterthanen und Eingesessenen oder derer Erben, sie mögen intra oder extra territorium sich aufhalten, in diesem Fall habende rechtmäßigen Anspruch und Forderungen, sondern sollen selbige gegen Seine Groß-Britannische Majestät, als Hertzogen und Churfürsten von Braunschweig und Lüneburg, in eben derselben Krafft und Würckung verbleiben, wie sie anjetzo gegen Ihro Königliche Majestät von Schweden sind, und sich befinden und [322] nun oder ins künfftige können erweißlich gemacht werden.“

„Ingleichen sollen Krafft der in den vorhergehenden beliebten und festgestellten Amnestie die wegen des bisher gewesenen Krieges etwan vorenthaltene Güter, Häuser und Eigenthum, von was Art und Beschaffenheit es auch immer seyn mag, ihren rechtmäßigen proprietariis, sie mögen intra oder extra territorium sich aufhalten, wieder zugestellet und eingeräumet werden.“

„Nicht weniger sollen alle in vorerwehnten Hertzogthümern der dortigen gewesenen Schwedischen Regierung, bis man Königlicher Dänischer Seits sich bemeldeter Hertzogthümer gäntzlich bemächtiget, publico nomine wegen Schulden und Nutzen, so auf Königlichen Befehl aufgenommen, und in des Königes oder der Cron Besten verwandelt worden, gemachte würckliche Verpfändungen, und von besagter Regierung geschehene Immissiones in ihrer vollkommenen Krafft verbleiben, dergestalt, daß die Creditores und rechtmäßige Innhabere solches ihnen in Ansehung ihres gethanen Vorschusses erweißlich verliehenen oder eingeräumten Unterpfandts ihre in Händen habende Contracte und darinnen enthaltene Verschreibungen so lange zu gute geniessen, bis dieselben vermöge ihrer Contracte vollkommen exspiriret, und sie ihres Vorschusses halben gäntzlich vergnüget worden, alsdenn erst besagten Creditorn verpfändete, bey den Hertzoghümern belegene oder auch dazu gehörige Güter und Häuser Seiner Königlichen Majestät von Groß-Britannien, als Hertzogen und Churfürsten von Braunschweig und Lüneburg, und Dero mitbeschriebenen Zufällen und Dero Cammer einverleibet werden. Was aber auf der dortigen Stände Obligationes und Guarantien aufnegotiiret worden, solches sind gesammte Stände zu bezahlen und zu prästiren gehalten.“

„Ueberdem wollen Ihro Königliche Majestät von Groß-Britannien, als Hertzog und Chur-Fürst von Braunschweig und Lüneburg, gehalten seyn, an Ihro Königliche Majestät von Schweden auf Dero Aßignation und Quittung die Summa von Zehenmahl hundert tausend Reichs-Thalern an neuen vollgültigen einfachen und gedoppelten Marck- oder Drittel-Stücken nach dem Leipziger Müntz-Fuß de Anno 1690, da die Marck fein Silbers zu zwölff Current-Thalern ausgemüntzet ist, in Hamburg zahlen zu lassen; Und wie bereits Anstalt gemacht worden, daß Ihro Königliche Majestät von Schweden eine Tertiam, davon nehmlich 333333 1/3 Thaler auf Dero Aßignation und Quittung in Hamburg sollen entrichtet werden, solches auch vor Signirung dieses Friedens-Instruments bewerckstelliget wird; Also hat es habey sein Bewenden; der übrige Theil aber oberwehnter Million-Thaler soll 4 biß 6 Wochen nach geschehener Auswechselung der Ratification über dieses Friedens-Instrument in einer Summe richtig und unfehlbarlich zu Hamburg auf gehörige Aßignation und Quittung bezahlt werden.“

So weit geht dieser Friedens-Schluß. Nun ratificirte zwar nicht nur der jetzt regierende König [323] Friedrich denselben, sondern auch die gesammte auf den Reichs-Tage gesammlete Schwedische Reichs-Ständte; alleine der Kayser, dessen Einwilligung als Lehen-Herrns hierbey allerdings auch nöthig war, wolte nicht daran, aus Ursachen, die sich vielleicht ohnschwer errathen, nicht aber so wohl schreiben lassen. Doch im Jahr 1732, nachdem vermuthlich in denen Wienerischen Tractaten zwischen den Kayserlich- und Groß-Britannischen Hofe wegen der dem Chur-Hause Braunschweig zuertheilenden Belehnung mit denen Hertzogthümern Bremen und Vehrden das nöthige in geheimen Articuln verabredet, auch von dem Kayser seinem Reichs-Hof-Rath das zur Sache dienliche communiciret, so dann von Chur-Braunschweig ein starckes Laudemium bezahlet worden ware, so wurde es endlich mit der Belehnung ein Ernst zuvor aber that das Hauß Chur-Braunschweig noch nachstende Vorbehaltungen bey den Reichs-Hof-Rath, die wir hier mit einrücken wollen:

Lunae 27. Octobr. 1732.

„Brehmen und Vehrden Hertzogthümer in puncto Investiturae, in specie die auf dieselbe verwandte nützlichen und erweißlichen Kosten betreffend, sive Ihro Königliche Majestät von Groß-Brittannien als Chur-Fürst zu Hannover in Litteris ad Imperatorem sub dato 30 Jun. ex praesentato hodierno übergeben höchst genöthigte Anzeige und feyerliche Declaration, in die Mit-Belehnung des Fürstlichen Hauses Wolffenbüttel dergestalt alleine zugehelen, daß auf den in GOttes Händen stehenden Fall der gäntzlichen Erlöschung Dero Mannes-Stammes die auf obige Hertzogthümer verwandte Kosten denen sich findenden Allodial-Erben und Erbinnen unfehlbar erstattet, bis dahin aber das jus retentionis zu exerciren und zugeniessen haben sollen, mit Bitte, dieses in perpetuam rei memoriam ad Acta legen zu lassen.“ Ad Acta.

Als darauf der Chur-Braunschweigische Gesandte den 30. Octobr. bey dem Reichs-Hofrath um ertheilende Belehnung mit obbesagten Hertzogthümer mit allen darzu gehörigen Regalien, Würden, Ehren, Privilegien, und Pertinentien, auch Benennung eines gewissen Tages zu Ablegung der Lehns-Pflicht bathe; so wurde noch selbigen Tages ohne zuvor an Ihro Kayserliche Majestät erstattetes votum zum Bescheid ertheilet: „Ihro Kayserliche Majestät nehmen das von Königlich-Groß-Brittanischen, als Churfürstlich-Braunschweig-Lüneburgischen Bevollmächtigten Abgesandten, Johann Willhelm Diede zum Fürstenstein, im Nahmen seines Königs wegen Belehnung über beede Hertzogthümer Brehmen und Vehrden gethane Anerbiethen und Ansuchen allergnädigst auf und an; diesemnach fiat rescriptum secundum petitum an jüngern Herrn Hertzogen von Braunschweig-Bevern cum termino duorum mensium.“ Nachdem nun dieser Herr Hertzog vermuthlich seine Vollmacht eingeschicket, so gienge die würckliche Belehnung den 5 Februarii 1733 für sich, worauf Ihro Kayserliche Majestät folgendes Commißions Decret an das Reich ergehen lassen:

„Von der Römisch Kayserlichen Majestät unsers allergnädigsten Herrn wegen, geben Seine [324] Hochfürstliche Gnaden Herr Frobeni Ferdinand Gefürsteter Land-Graf zu Fürstenberg, Graf zu Heiligenberg, und Werdenberg, des Heiligen Römischen Reichs Fürst, Ritter des Güldenen Vliesses, der Römisch Kayserlichen Majestät würcklicher Geheimder Rath, und zu allgemeiner Reichs-Versammlung Gevollmächtigter hochansehnlicher Kayserlicher Principal-Commiccasius des Heiligen Rümischen Reichs Chur-Fürstne, Fürsten und Ständen versammleten vortreflichen Räthen, Bothschafften und Gesandten hiermit zu vernehmen: Ihro Römisch Kayserliche Majestät hätten von jetzo regierenden Königs von Groß-Brittannien Majestät, als Chur-Fürsten von Braunschweig und Lüneburg, gebührend zu vernehmen gehabt, was gestalt an Dero weyland Herrn Vaters Königlicher Majestät, als Chur-Fürsten zu Braunschweig und Lüneburg, die beyden von nur allerhöchst gedachter Ihro Kayserlichen Majestät und dem Heil. Römischen Reiche Lehnbar abhangende Hertzogthümer Bremen und Vehrden vermittelst eines mit Ihro Majestät der Königin Utalarica Eleonora in Schweden und dasiger Crone im Jahr 1719 dem 9/21 Novembris getroffenen Friedens-Band gäntzlich und ohne einigen Vorbehalt wären überlassen und abgetreten worden, mit geziemender Bitte, Ihro Kayserliche Majestät wolten als regierender Römischer Kayser gnädigst geruhen, höchstbesagter Seine Groß-Brittannische Majestät, als Chur- und Fürsten des Reichs die Belehnung über vorgemeldete 2 Hertzogthümer zu ertheilen. Welches gleichwie es von Ihro Kayserlichen Majestät nach reiffen Bedacht und aus besondern Dero Kayserlichen Gemüths bewegenden Ursachen gnädigst eingewilliget, die würckliche Lehens-Empfängniß auch vor Ihro Königliche Majestät in Groß-Brittanien, als Chur-Fürsten zu Braunschweig und Lüneburg, ingleichen Dero Männliche Lehens Folger und mitbelehnte nach Satz und Ordnungen des Westphälischen Friedens-Instrumenti und andern des Heiligen Römischen Reichs Gesetzen den 5 Februarii h.a. würcklich wäre vollzogen worden. Als hätten Ihro Kayserliche Majestät der Nothdurfft ermessen denen sämtlichen Chur-Fürsten, Fürsten und Ständten des Reichs, wie auch Dero vortreflichen Räthen, Bothschaffter und Gesandten durch gegenwärtiges Kayserliches Commißions-Decret davon gleichmäßige Eröfnung zu thun, und zwar zu dem Ende, damit höchsterwehnten Königs von Groß-Brittannien Majestät, als Chur- und Fürsten des Reichs, wegen obbemeldeter 2 Hertzogthümer Bremen und Vehrden, auch zu Sitz und Stimme in dem Reichs-Fürstlichen Collegio gelassen, und alles übrige, was in dergleichen Fällen Herkommens und Rechtens ist, möge vollzogen werden. Höchstermeldt Ihro Höchfürstliche Gnaden verbleiben des Heiligen Römischen Reichs Chur-Fürsten, Fürsten und Ständten vortreflichen Räthen, Bothschafften und Gesandten mit freundgeneigt, und gnädigen Willen beständig wohl zugethan. Signatum den 15 Februarii 1733.

(L.S.) Frobeni Ferdinand, Fürst zu Fürstenberg.“

[325]

Die Städte darinnen sind 1) Verden, 2) Rotenburg, und 3) Wildeshaußen oder Wiltzhaussen. Wir müssen endlich noch einige Sachen hinzufügen, die zur Kirchen-Historie des Fürstenthums Verden gehören, und die wir nicht vorbey lassen können. Was erstlich die Reformation dieses Fürstenthums betrifft, so weiß man aus dem oben schon gemeldeten, daß dieselbe ums Jahr 1532 geschehen sey, allwo sich Hertzog George, Bischoff zu Vehrden zur Lutherischen Religion bekannte, und denen Predigern Freyheit und auch die Ehe vergönnet habe. Zwar schon 1523 kam einer mit Nahmen Johann Bornemacher bey eben großsser Versammlung des Volcks am Marien-Feste in dem Dum zu Vehrden an, mit einem Krantz von Hasel-Laub auf dem Kopffe, straffte die Prediger unter der Predigt öffentlich Lügen, und lief darauf zum Thore hinaus; wurde aber bald darauf ergriffen und lebendig verbrannt. Im Jahr 1723 den 19 Novembr. ergieng eine Königliche Verordnung in die Hertzogthümer Bremen und Verden, daß sie D. Just Gesenius Cathechismum annehmen solten. Man kan dieselbe in den Unschuldigen Nachrichten 1724. p.134. u.ff. unter dem Titel lesen: Verordnung, daß Justi Gesenii Cathechismus auf ausdrücklichen Befehl Sr. Königl. Majestät von Groß-Britannien und Churfürstl. Durchlauchtigkeit zu Braunschweig und Lüneburg in Dero Hertzogthümern Bremen und Verden solle eingeführet, und alle andere bißher gebrauchte Catechismi in Kirchen und Schulen abgeschafft werden. Es kamen wegen dieses neuen Catechismus verschiedene Schrifften heraus, die wir nur anführen wollen, weil man am angeführten Orte davon mehrere Nachricht antrifft. Diese Schrifften sind meistens 1724 ans Licht gestellet worden, ohne daß ihre Verfasser die Nahmen beyzufügen, vor rathsam befunden. Die erstere unter demselben führt die Aufschrifft: Ursachen derenthalben die Einführung eines allgemeinen Catechismi in den Hertzogthümern Bremen und Verden nicht frommen, sondern vieler Seelen Erbauung schädlich seyn wird. In eben diesem Jahre ließ ein aufrichtiger Lutherischer Würtemberger eine Nachricht von dem zu Stade zum Vorschein gekommenen Catechismo drucken. Hierauf kam zum Vorschein: Entdeckung zweyer Irrthümer die Artickel von der Erbsünde, und von dem Zustande der Seele nach dem Tode betreffend, welche in dem zu Stade edirten Catechismo verborgen stecken. Kurtz hernach kam im Drucke heraus Jacob Nesmanns, Hungari, Jesuiter-Zunge in dem neulich zu Stade edirten Catechismo, nach Anleitung Herrn Statii Buscheri, weiland Pastoris zu St. Aegidien in Hannover. Es folgte darauf noch eine andere Schrifft, welche den Titel hatte: Unterredung zwey Candidatorum Ministerii, in welcher die Vergehungen des zu Stade herausgekommenen Catechismi in den Artickeln vom Ebenbilde GOttes und von den Sacramenten insgemein untersuchet werden. Hierauf erschien: Des Ministerii zu Stade wohlbedächtige Ursachen, warum sie des Gesenii Catechismum mit gutem [326] Gewissen nicht annehmen, noch in hiesigen Stadt-Schulen einzuführen gestatten können, mitgetheilet von Adam Francken. Endlich kam in diesem Jahre noch Nicolaus Voglers, Colmariensis, Erklärung der Worte Davids zum Vorschein: Ich trage meine Seele immer in meinen Händen, und vergesse deines Gesetzes nicht. Nebst beygefügter Wiederlegung, der in dem zu Stade neulich herausgekommenen Catechismo enthaltenen sehr anstößigen Verkehrung. Andere Schrifften wollen wir der Kürtze wegen nicht anführen, welche wieder diesen Catechismum, der im Fürstenthum Verden eingeführt werden solte, zum Vorschein kamen.

Endlich müssen wir noch einige Nachricht vom Ursprunge des Bißthums Verden geben. Dieses Bißthum hat vermuthlich im Jahr 780 seinen Anfang genommen. Der Heil. Svibertus aber ist nicht der erste Bischoff daselbst gewesen, wie die alten Mönche vorgeben, welche Kayserswerth, oder wie es vor diesem hiesse, Werdam mit Verden vermenget. Es hat vielmehr Patto, ein Abt zu Amarbach, diese Würde zuerst geführet, welchem Tanco und Haruchus gefolget. Doch ist sehr wahrscheinlich, daß zuerst Haruch die würckliche Dignität eines Bischoffs 803 erhalten, weil die vorhergehenden nur Aebte von Amarbach heissen. Seine Nachfolger aber müssen in dieser Ordnung stehen: Heiligandus, Waldagarius, Erlulfus. Und auf diese Art werden die ersten Bischöffe von Verden ziemlich in Ordnung gebracht.

Indessen werden die Bischöffe zu Verden gemeiniglich in nachfolgender Ordnung aufeinander gesetzt:

1. St. Svibertus, starb 717.
2. St. Patto.
3. St. Tanco, starb 800.
4. Nortila.
5. Cevilo oder Sevilo.
6. St. Kortilla oder Nortyla, erwehlt um 820.
7. Isinger.
8. St. Harrucus, starb 831.
9. Helingand, 833.
10. B. Erlulphus 876.
11. Walther.
12. Wigbert 890.
13. Bernhard.
14. St. Adelward.
15. Arlungus.
16. Bruno, Hertzog von Sachsen und Schwaben, ward Pabst unterm Nahmen Gregorius V.
17. Herpo, erwehlt 994.
18. Bernharius, starb 1015.
19. Wigger, starb 1038.
20. Diethmar.
21. Bruno II.
22. Sigebert, starb 1060.
23. Richeberg. [327]
24. Hardewig.
25. Mazo oder Maso, starb unter der Regierung Lothars II,
26. Thietmar, erwehlt 1128. starb 1168.
27. Hermann, stand bey Kayser Friederichen in grossen Gnaden.
28. Hugo, starb 1189.
29. Tammo oder Tanno, erwehlt 1189. starb 1197.
30. Rudolph, starb 1208.
31. Iso Graf von Welpe, starb 1234.
32. Luderus, starb 1254.
33. Gerhard, Graf von Hoya, starb 1270.
34. Conrad, Hertzog von Braunschweig, starb den 15 Octobr. 1303.
35. Friedrich von Hornstetten, starb 1314.
36. Nicolaus, starb 1334.
37. Johann, resignirte 1337. und ward hernach Bischoff zu Freysingen.
38. Daniel, ein Carmeliter.
39. Rudolph, Kaysers Carl IV. Cantzler, regierte eine kurtze Zeit.
40. Gerhard, Freyherr von Mont, resignirte 1364 und ward Bischoff zu Hildesheim.
41. Heinrich von Langen, starb 1380.
42. Johann von Stesterfliet, starb 1388.
43. Otto, Hertzog von Braunschweig und Lüneburg, erwehlt 1388.
44. Dietrich von Niem.
45. Carl de Vechta.
46. Conrad von Sultow, starb 1407.
47. Heinrich, Graf von Hoya, resignirte 1426.
48. Johann von Asel, danckte 1470 in seinem 90. Jahre ab.
49. Berthold, Freyherr von Landsberg, starb 1503.
50. Christoph, Hertzog von Braunschweig, starb 1558.
51. Georg, Hertzog von Braunschweig und Lüneburg, starb 1567.
52. Eberhard von Holle, starb 1586.
53. Philipp Siegmund, Hertzog von Braunschweig und Lüneburg, starb 1623.
54. Friedrich, Hertzog von Schleßwig und Hollstein.
55. Frantz Wilhelm, Graf von Wartenberg.
56. Friedrich, Hertzog von Hollstein.

Bucelin German. Sac. Walter Chron.Brem. Dressers Hist. Orb. Germ. Krantzens Metrop. Pfanners Hist. Pac. Westphal. Pufendorf de Reb. Svec. Europ. Herold P.I. p.436. Europäische Fama P.CXXXIII. p.50. u. ff. Historische Nachrichten vom Nordischen Kriege Tom.I. p.169. Mosers Reichs-Fama XIII Th. p.599. Ludewigs Universal-Historie II Band, I.Cont. p.146.628. Chronicon Verdense [328] MStum ad annum 1532 und 1523. Arnolds Kirchen- und Ketzer-Historie II Th. Lib.XVI. c.7. §.12. p.69. c.6. §.14. p.60. Deutsche Acta Eruditorum Tom.V. p.255. Unschuldige Nachrichten 1724. p.134. u.ff. Heinsii Kirchen-Historie V Th. p.448. u.ff. Uhsens Kirchen-Historie p.128. Ebendesselben Geographisches Lexicon p.364.