Zedler:Theodoricus, ein König der Ost-Gothen in Italien

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Theodoricus, ein Sohn Triarius mit dem Zunahmen Strabo

Band: 43 (1745), Spalte: 761–764. (Scan)

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Theodoricus, ein König der Ost-Gothen in Italien. Er war 455 gebohren und Valamers, oder nach andern Theodemirs, eines Königs von einem Theil des Landes Dacien und Mösien, Sohn, von einer Concubine, Erlieva, oder Eusebia genannt. Einige Scribenten geben ihm den Zunahmen Amalius, weil er von einem alten Könige dieses Nahmens herstammete. Er war zu des Kaysers Leo aus Thracien Zeiten 10 Jahr als Geissel zu Constantinopel gewesen. Als er aber wieder zurück gekommen, crönte man ihn nach seines Vaters Tode zum Könige. Bald hernach stund er dem Kayser Zeno bey, welcher von dem Basiliscus verjaget worden, und schlug die Bediente, welche sich wider denselbigen empöret hatten; worauf Zeno ihn mit einem Triumph, wie auch mit der Würde des Consulats beehrte, auf dem grossen Platze zu Constantinopel ihm eine Statue zu Pferde aufrichtete, auch ihn zu seinem Sohn annahm, und mit einem Theile von Nieder-Mösien, ingleichen mit der Stadt Nori beschenckte, allwo er seine ordentliche Residentz hatte. Desgleichen gab er ihm Erlaubniß, wider [762] den Odoacrus in Italien zu marschiren, welcher den Heruler König Phoebam geschlagen hatte, dessen Sohn Friedrich bey ihm Hülffe suchte. Theodoricus kam in Italien, schlug den Odoacrus, in unterschiedenen Treffen, und belagerte ihn endlich über 2 Jahr in Ravenna. Endlich schloß Theodoricus 493 einen Frieden mit dem Odoacrus da sie denn Italien unter sich theilten. Allein einige Zeit hernach ließ er denselben auf einer Mahlzeit ermorden, unter dem Vorwande, daß er böse Anschläge in dem Sinne gehabt hätte. Als er nun Herr über gantz Italien worden, war er bedacht, sich in seiner neuen Würde durch mächtige Bündnisse zu bestätigen. Zu solchem Ende nahm er des Königs Clodoväus von Franckreich Schwester Audofledem zur Ehe, und vermählte seine eigene beyden Töchter mit Alaricus, dem Könige der West-Gothen, und Siegmunden, Gondebalds des Königs in Burgund Sohn. Nachdem er auch mit dem Kayser Anastasius, und den Vandalen in Africa Friede gemacht, wandte er alle seine Sorge darauf, wie er sein Königreich wieder in guten Stand bringen möchte, als welches durch die vorige Kriege in grosse Unordnung gesetzt worden. Hierzu bediente er sich des Caßiodorus, eines sehr klugen und gelehrten Mannes, welcher sein Staats-Minister war. Ob gleich dieser Herr ein Arianer war, so that er doch den Rechtgläubigen kein Leid, sondern beschützte sie vielmehr. Er hatte keinen Gefallen dran, wenn einer seine Religion veränderte, um bey ihm Gunst zu erhalten. Ja er verdammtee einstens einen seiner Bedienten zum Tode, weil er ein Arianer worden, und redete ihn hierbey mit diesen denckwürdigen Worten an: Wenn du deinem GOtt nicht treu bleibest, wie kanst du mir getreu seyn, der ich nur ein Mensch bin. Er kam auch wegen seiner weisen Regierung in so grosses Ansehen, daß es bey der Pabst-Wahl auf ihn am meisten ankam. Die Stadt Rom hat er mit vielen Gebäuden ausgezieret, und ihre Mauern wieder ausbessern lassen. Er führte nachmahls mit den Bulgariern Krieg, welche er überwand. Und als durch des Alaricus Tod, welcher von dem Clodoveus in einer Schlacht war überwunden und getödtet worden, der West-Gothen Sachen in Gallien übel stunden, wolte Theodoricus den Francken diesen fetten Bissen nicht allein überlassen, sondern griff auch von seiner Seite zu, nahm Proventze und Languedoc ein, schlug die Francken vor Arles weg, und unternahm sich letztlich, des Alarichs minderjährigen Sohns des Amalricus Vormundschafft, und also die Regierung über das Spanische Reich der West-Gothen zu führen, welche er durch seine dahin gesandte vornehme Officiers verwaltete. Endlich wuste er auch ein Stück des Burgundischen Reichs bey dessen Zergliederung an sich zu reissen. In seinen letzten Jahren wurde er gar mißtrauisch, und veranlassete nicht allein des Pabsts Johannis Tod, sondern verurtheilte auch den Boetius und Symmachus, 2 der grösten Männer in Italien, zum Tode, und zwar nur wegen eines gegen sie gefasten ungegründeten Argwohns; allein er lebte nicht lange mehr darnach. Denn als er eines Tages 526. an der Tafel saß, [763] und ihm in einer Schüssel ein grossen Fisch-Kopf aufgetragen ward, dauchte ihm nichts anders, als, daß es des Symmachus Kopf wäre, welcher ihm dräuete, worüber er dergestalt erschrack, daß er sich zu Bette legen muste, und wenig Tage darauf den 30 August starb. Er wird von den Scribenten gerühmt, daß er ein grosser Beförderer der Gerechtigkeit gewesen und seine Richter im Lande mit diesen Worten: Seyd Tempel der Unschuld, Altäre der Gerechtigkeit und last nichts unheiliges oder ungerechtes eure Gedancken einnehmen! unterichtet habe. Sonst war er auch von gutem Verstande, dabey aber so ungelehrig, daß er auch seinen Nahmen innerhalb 10 Jahren nicht können schreiben lernen, sondern ein güldenes Blech, in welchem die Buchstaben seines Nahmens durchbrochen gewesen, gebrauchen, und dieselbe nachmahls abdrucken müssen, wenn er etwas unterschreiben wollen. Uebrigens liebte er auch anfänglich die Künste und Wissenschafften so sehr, daß er nicht nur dem Aloisio, einem sehr erfahrnen Baumeister, die Conduite derjenigen Gebäude gab, welche er in Rom wolte aufrichten lassen, sonderlich aber die Bäder und Wasser-Leitungen, als welche am meisten ruiniret waren; sondern auch einen scharffen Befehl ausgab, daß dasjenige, was noch an alten Gebäuden conserviret worden, unversehret bestehen bleiben solte: Die aber noch zu repariren stunden, ließ er mit allem Fleiß ausbessern, so gar, daß er auch die noch brauchbaren Stücke aus denen alten Ruderibus und Gemauer zusammen sammlen und anderwerts hinbringen ließ, da er sie zur Aufführung gantz neuer Gebäude wieder nützlich anwandte, sonderlich zu Ravenna, da man, wie Caßiodorus schreibet, auf seine Ordre einen prächtigen dem Hercules geweyheten Tempel aufbauete und zu dessen Auszierung die zu allen Seiten zusammen geführte Marmor-Stücken employrte. In besagter Stadt Ravenna muste auch auf des Theodorici Befehl ein anderer Baumeister Nahmens Daniel an Wideraufrichtung unterschiedlicher zerfallener Gebäude arbeiten und darzu die antiquen Marmor-Stücken anwenden. Es ist Theodoricus sonsten unter dem Nahmen Dietrich von Bern in alten Teutschen Helden-Liedern bekannt. Bey den Lateinischen Scribenten heist er auch Dietericus Veranensis. Die Neapolitaner hatten ihm zu ehren eine herrliche Statue aufgerichtet, welche deshalben merckwürdig, weil sie insgemein vorher soll angezeigt haben, was den Gothen begegnen würde. Kurtz vor des Theodoricus Tode fiengen die Steine, weiche den Kopf formirten, an, sich von einander zu thun. Der Bauch zerborste, ehe Athalaricus starb; als Amalesuntha kranck war, fielen die Geburts-Glieder ab, endlich da die Gothen Rom belagerten, fiel das gantze Bild um. Caßiod. Ennodius Panegyr. Journandes de reb. Goth. Procop. de bello Goth. Sigonius. Pontoppidani Gesta & vestigis Danorum extra Daniam T. I. p. 89. u. f. Mascovs Geschichte der Teutschen I Th. B. X, §. 9, 31, 34 und 36. Falckensteins Nordgauische Alterthümer II Th. p. 86. Es hat Johann Peringskiö1d, ein gelehrter Schwede und Archivarius zu [764] Upsal, sein Leben, so Johann Cochläus beschrieben, zu Stockholm 1699 mit Anmerckungen und Zusätzen heraus gegeben.