Zedler:Teutsche Schlacht-Ordnung


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Band: 43 (1745), Spalte: 140–143. (Scan)

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Teutsche Schlacht-Ordnung.

Wenn die alten Teutschen in das Feld rückten, so war das ihre erste Sorge, daß sie einen bequemen Ort zum Lager aussuchten, das Lager aber hiessen sie Heerstatt. Dieses umgaben sie mit einem Graben, oder führten eine grosse Menge Wagen und Karren rings herum, daß sie darhinter sicher seyn konnten, wie hinter einem Wall, und das hiesse eine Wagenburg. Ihre Schlacht-Ordnung bestand aus Fußvölckern und Reutern. Die Schlacht-Ordnung der Fußvölcker war im Anfange eingerichtet, wie ein Keil, daß sie fornen spitzig und hinten breit war. Dergleichen Schlachtordnungen sollen die Francken gehabt haben, da sie in Italien mit dem Narsete stritten. Doch haben sie diese Art nicht stets behalten, sondern eine Veränderung damit vorgenommen. Sie haben auch [141] die gantze Armee nicht nur in einem solchen Keil gestellt, sondern auch mehr dergleichen gemacht. Die Fuß-Völcker wurden unter die Reuter vermenget, und die tapfersten und geschwindesten Kerle, die einem Pferde gleich laufen konnten, ausgelesen, aus einem jeglichen Orte huntert, welches in den nachfolgenden Zeiten ein Ehrentitul worden.

Carl, der Große, der erste teutsche Kayser machte eine viereckigte Schlacht-Ordnung, und theilte seine Armee in drey Haufen, da in dem ersten die besten Soldaten, in dem andern die Fußvölcker, und in dem dritten die Reuter waren. Es war auch noch eine andere Art, die sich also verhielt, daß ein jeglicher Reuter sich zu seiner eigenen Wohlfahrt einen Reuter aussuchte. Wenn die Reuter verwundet, und von den Pferden fielen, so retirirten sie sich zu den Fußgängern, die stunden um sie herum und beschützten sie. Oder wenn sie weit marschiren musten, so hingen sie sich an die Mähnen der Pferde, und liefen also mit den Pferden fort. Einige verbunden sich auch selbst von Jugend an, liessen ihre Haare hängen, und den Bart wachsen, bis sie ihre Feinde erleget. Und diese stellten sich allemahl forn an. Wie viel Keile von den Fußvölckern, so viel Thurmae waren von den Reutern; eine jegliche Thurma oder Esquadron Reuter wurde vor einen jeglichen Keil oder Troupp Fußvolck gestellt, daß also die Reuter den Anfang in der Schlacht machten. War nun die Schlacht-Ordnung also nach ihren Thurmis und Cuneis eingerichtet, so wurde hinten eine grosse Menge Wagen und Karren angehängt. Bey Lieferungen der Schlacht warteten sie gerne, wenn sie nicht übereilet wurden, auf den neuen oder vollen Mond. Denn diese Zeit hielten sie vor die glückseligste. Also finden wir bey dem Julio Cäsare Bell. Gall. Libr. c. 50. §. 4. Da Cäsar bey den Gefangenen nachfragte, warum Ariovist nicht schlagen wolte, erfuhr er, daß die Haußmütter aus ihren Weissagungen anzuzeigen pflegten, wenn es Zeit wäre, und daß sie jetzund gesagt hätten, die Teutschen könnten nicht gewinnen, wenn sie die Schlacht vor den neuen Mond anträten. Sie liessen auch einen Gefangenen von dem Volcke, da sie mit stritten, mit einem aus ihrem Volcke, einen jeglichen mit seinen gewöhnlichen Waffen zusammen gehn; wer unter den beyden die Oberhand hatte, dessen Volcke schrieben sie den vorstehenden Sieg zu. Nachdem nun diese Weissagung geschehen, musten sie zur Fahne schwören, alsdenn wurde mit den Schalmeyen ein Zeichen zur Schlacht gegeben. War das Feldzeichen gegeben, so ritte der General herum, und ermahnete einen jeglichen zur Tapferkeit. Sie foderten auch wohl einen von den Feinden heraus, mit dem sie insonderheit stritten, lobeten ihre Vorfahren, und verachteten ihre Feinde. Dergleichen Exempel findet man bey dem Frontin Stratagem. Lib. IV. c. 7. n. 5. Da ein Teutscher den Römer C. Marium heraus fordert. Eben auf die Art, wie der Philister Goliad einen Israeliter zu einem Zweykampfe heraus fordert im 1. Buch Samuel. am XVII.

Vor der Schlacht, wenn ein Zeichen mit der Pfeiffe gegeben war, fiengen sie an zu singen, und [142] mit ihren Versen einander zu ermuntern; damit auch dieses Singen ein desto grösser Geräusche und Murmel gab, hielten sie die Schilder vor den Mund, daß es einen Widerschall gab. So bald die Männer ihren Gesang und Geschrey anfiengen, fiengen die Weiber auf ihren Wagen auch greulich an zu schreyen. Die Officier munterten die Soldaten mit Worten und mit ihrem eigenen Exempel auf. Die Gemeinen durften nicht weichen oder fliehen, oder ihren Schild verlassen, oder sie wurden in den Bann gethan, und durften bey keiner geistlichen oder weltlichen Versammlung erscheinen. Sie stritten entweder zu Fuß, oder auf Wagen, oder zu Pferde. Wie sie auf den Wagen gestritten, davon unterrichtet Cäsar Bell. Gall. Lib. IV. c. 33.

Wenn er den Krieg mit den Brittanniern oder Engelländern beschreibet, die einerley Ursprung mit den Teutschen haben, daß sie erst sind allenthalben herum geritten und haben geschossen, und durch das Geräusche der Pferde und Räder die Glieder der Feinde getrennet. Wenn sie sich zwischen die Reuter eingedrungen, sind sie von dem Wagen herunter gesprungen, und haben zu Fuß gestritten. Die Fuhrleute wiechen indessen ein wenig aus der Schlacht, und stellten sich also daß wenn jene von dem Feinde übermannet wurden, sie wieder auf die Wägen ihre Flucht nehmen könnten. Zu Pferde machten sie es eben so, wie mit den Wägen. Denn sie sprungen offte von den Pferden, und stritten zu Fuß. Das Pferd aber muste an den Orte stehen bleiben, daß sie sich geschwinde wieder darauf setzen konnten, wenn es die Noth erforderte. Ihre Pferde waren klein und ungestalt, aber doch dauerhaftig, auch ohne Sattel; an deren Stelle aber halten sie köstliche Decken und Zäume, so die vornehmsten von den angrenzenden Völckern geschenckt bekamen. Wurden sie überwunden und geschlagen, so machten sie sich gemeiniglich zu ihren Wägen, Weibern und Kindern, da sie entweder von den Feinden, oder auch von ihren eigenen Weibern umgebracht, die hernach sich und ihre Kinder auch erwürgten, damit sie nicht in der Feinde Hände, und in die Gefangenschafft geriethen.

Nach erhaltener Schlacht aber, wendeten sie sich zur Beute. Die Beute aber bestund aus Menschen oder andern Sachen, die gefangenen Menschen, und unter denselben die vornehmsten, wurden an einen Altar, so von grünen Rasen aufgerichtet, dem Marti und Mercurio, als den vornehmsten Göttern, der Teutschen, geschlachtet. Die andern an Creutze geschlagen oder ersäuft. Die in der Schlacht erschlagenen Köpfe an Pfähle gesteckt. Die Pferde und andere Dinge, auf einen grossen Holtzhaufen verbrannt. Ehe sie sich zum christlichen Glauben bekehret, haben die Francken auch noch in den folgenden Zeiten dem Jupiter die Männer, und der Venus die Weiber geopfert. Nachdem sie aber zum christlichen Glauben gebracht, haben sie die Menschen geschonet; und das Vieh geschlachtet. Der Gothen König Allarich, da er die Stadt Rom eingenommen, verboth bey Lebensstrafe, daß sich keiner mit Menschen Blut besudeln solte. Carl der Grosse, als er nach langen Kriegen die rebellirenden Teutschen überwunden, [143] nahm er ihnen nichts, als daß sie musten nach seinem Fränckischen Gesetze leben, wie sein Vater Pipin ihm aufgelegt hatte. Wenn sie Triumph halten wolten, so hiengen sie die abgehauenen Köpfe der Feinde den Pferden an die Hälse, und gaben die mit Blut beschmutzte Beute den Dienern in die Hände, daß sie solche, wie in einem Triumph vorher tragen musten, und sungen ein Sieges- und Freuden-Lied. Hernach hiengen sie solche für ihre Thüren, bestrichen der vornehmsten Feinde Köpfe mit Cedernsaft, huben sie in einem Kasten fleißig auf, zeigten sie den Fremden, und rühmten sich, daß sie, oder ihr Vater, Großvater oder Vorfahrer viel Geld vor diesen Kopf hätten kriegen können, sie hätten es aber nicht annehmen wollen. Etliche aber waren so ruhmräthig, daß sie nicht so viel Geld davor annehmen wolten, als er schwer war.