Zedler:Steckrübe, Stickelrübe, Nape
Steckrübe, Stickelrübe, Nape, Lateinisch Napus, Bunias, welches Wort eigentlich griechisch ist, und diesem Gewächse darum gegeben werden, weil es leichtlich in die Höhe schüsset, und zur Grösse einer Rübe wächset. Französisch heißt es Navet, Italienisch Nagoni, Spanisch Nabicas. Es ist ein Gewächse, welches von der andern Rübe sonst nichts unterschieden ist, ohne durch das Ansehen nach weichem es die Gärtner und die Bauersleute zu unterscheiden pflegen; ingleichen durch die Gestalt der Wurtzel, welche männiglich bekannt gnung ist. Es giebt ihrer zweyerley Gattungen, eine, die mit Fleiß gebauet wird, und eine wilde. Die erste heißt: Napus & Napum, Offic. & Matth. Dod. J. B. Raji Hist. Napus sativa, C. B. Pit. Tournefort. Bunias sive Napus, Adv. Lob. Ger. Napus sativus Bunias, Moris. Hist. 2. Rapum sativum alterum & Napus Veterum, Trag. Deren Stängel erhebet sich auf anderthalben bis zwey Schuhe hoch, und theilet sich in Zweige aus. Seine Blätter sind länglicht, tief zerkerbet, rauh und grüne. Die Blüte bestehet aus vier gelben Blättern, über das Creutz gestellt; darauf folget eine Schote ohngefehr des Daumens lang und rund, die theilet sich in zwey Fache, so voller ziemlich dicker, fast gantz runder Saamen stecken, welcher röthlicht oder etwas purpurfarbig sehen, scharf und beißig schmäcken. Die Wurtzel ist länglicht und rund, oben dicke, unten dünne, weiß oder gelb, bisweilen aussen schwärtzlicht, inwendig weiß, schmäcket süsse, beißig und gar angenehm. Sie wird in feuchtem Boden gebauet, und dienet für die Küche. Ihr Bau und Küchengebrauch ist unter dem Artickel, Rübe, im XXXII Bande, p. 1676. ausführlich nachzulesen. Die andere Sorte wird genennet: Napus silvestris, C. B. Pit. Tournef. J. B. Bunias, sive Napus silvestris nostras, J. B. Bunium & Napus silvestris, Adv. Bunias silvestris Lobelii, Ger. Frantzösisch Navet sauvage. Diese ist der mit Fleiß gebaueten gleich, ausser, daß ihre Wurtzel gar viel kleiner ist. Ihre Blüte siehet gelb, bisweilen weiß. Sie wächset unter dem Getreyde. Ihr Saame wird zur Artzney der andern ihrem vorgezogen. Beyde Arten führen viel Phlegma, Oel und wesentliches Saltz. In der Küche braucht man die Wurtzeln, und zwar die kleinesten unter ihnen, weil die grossen mehrentheils bös sind. Die kleinen sind härter und dauerhafter, und sehr lieblich vom Geschmacke, also, daß sie von einigen auch roh mit Saltze gegessen werden. In unserm Lande behalten die leimschen, aus einem Dorffe Leine, eine Viertelstunde von Merseburg gelegen, hernach die teltauschen, von dem Städtlein Teltau, zwey Meilen von Berlin gelegen, und neben ihnen die frisackischen, den Ruhm, deswegen sie auch weit und breit verführet werden. Die Braunschweiger rühmen ihre bortfeldischen Rüben, vrn dem Städtlein Bortfeld, wo sie gezielet werden, zwey Stunden von Braunschweig gelegen. Die Alten haben die amiternischen, welche zu Amitern einer alten Stadt in Campania, gezielet worden, hernach die nursinischen, von der Stadt Nursia, im anconitanischen Gebiete, für die besten gehalten Bes. Plin, Lib. III. c. 5 Lib. XIX. c. 5. und Lib. XX. c. 4. Daher Columella in Hortul. schreibet:
- Quaeque Amiterninis defertur Bunias arvis:
und stimmet mit ihm ein Martialis, Lib. XIII. Epigr. 20.
- Nos Amiternus Ager felicibus educat hortis:
- Nursinas poteris parcius esse pilas.
wie auch Baptist. Fiera:
- Gloria Nursinis sitientes cedite Napi,
- Educet ipse licet vos amiternus ager.
Der Saame wärmet und trocknet, öffnet und verzehret, zertheilet, und macht das dicke schleimige Geblüte dünne, treibet den Gries, Harn und Schweiß, und widerstehet mächtig dem Gifte; daher er auch zum Theriak gebrauchet wird: Er dienet wider die giftigen Fleckfieber, und zu Austreibung der Pocken und Masern, den Kindern in das Geträncke geleget, oder mit ein wenig abgeschälten Mandeln, Melonenkernen, und gekochtem Hirschhornwasser eine Milch daraus gemacht: Mit Zitronensafte vermischt und eingegeben treibet er die Würmer im Leibe mit Gewalt aus. Der Geist, so aus diesem Saamen durch die Gährung entstanden, wird in lange anhaltenden Kranckheiten, Scorbute, Melancholey und Miltzbeschwerungen gebrauchet. Von dem Steckrübenweine, kan Plin, Lib. XIV. c. 6. nachgesehen werden. Die Wurtzel ist gut zum alten, lange anhaltenden Husten, zur Engbrüstigkeit und Schwindsucht, wenn sie abgesotten und warm gebrauchet wird. Ingleichen brauchet man sie geraspelt äusserlich, zum digeriren, zum zeitigen, und zum zertheilen, wie auch die Schmertzen zu stillen: Sie wird als ein Umschlag aufgeleget. Derjenige Saame, welcher auf Frantzösich Navette genennet wird, ist kein Steckrübensaame, wie viele doch vermeinet haben; sondern er ist der Saame einer Gattung Kohl, der in Flandern Colsa, genennet wird: Er wird in der Normandie, in Brie, in Holland und Flandern gebauet. Aus diesem Saamen presset man ein Oel, welches Huile de Navette heisset: Es ist von Farbe gelb, vom Geruche nicht unangenehm, und am Geschmacke süsse. Gemeiniglich wird es zum Brennen verbrauchet; ingleichen brauchen es die Hüter. Aeusserlich genutzet, zertheilet und lindert es; zur innern Artzney aber brauchet man es nicht sonderlich.