Zedler:Sinesische Mauer, Sinische Mauer, oder die Mauer in China


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Sinesische Meer

Band: 37 (1743), Spalte: 1614–1615. (Scan)

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Literatur
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Sinesische Mauer, Sinische Mauer, oder die Mauer in China, Lat. Murus Cinnensis, Chines. Zagankrim, ist die Welt bekannte Mauer, welche das Kayserthum China an sich selbst von der grossen Tartarey unterscheidet. Die Chineser nennen sie gemeiniglich auch wegen ihrer Länge Vanliching, das ist, eine Mauer von 1000 Stadien. Sie umgiebt aber bey Norden fast den dritten Theil des Kayserthums und 4 Landschafften Beaotung, Peking, Xansi und Xensi sind an derselben äussersten Theil. Auf der Norder-Breite von 41 Graden, 2 Tage-Reisen von der Haupt-Stadt Peking oder 35 deutsche Meilen streckt sie sich von Osten nach Westen auf 50 Grad, jede zu 15 Meilen gerechnet, eine Länge von 300 deutsche Meilen. Denn sie gehet von dem 152 Grad bey dem Munde des Flusses Jalo an, erstrecket sich von dannen nach Westen, biß an das Gebürge der Stadt Him in der Landschafft Xensi, und endiget sich nahe beym Ufer des Flusses Goang, auf der Länge von 132 Grad, wenn man solches von den Canarischen Inseln anrechnet. Man darf sich also über dasjenige, so die Sineser von der Aufführung dieser Mauer schreiben, nicht verwundern, nehmlich daß man gantze Stein-Berge ausgehauen und dazu verbraucht habe, und daß eine gantz sandigte Wüste den Kalck damit zu bereiten ausgeschöpfft worden. Sie hat die Höhe von 30 Sinesischen Ellen, und an etlichen Orten die Breite von zwölff doch mehrentheils funfzehn Ellen. Sie laufft nicht recht hinaus, sondern ist an einigen Orten eingebogen; doch ist sie nirgends gebrochen oder geschieden, wenn man ein kleines Stück der Landschafft Peking ausnimmt, da an statt der Mauer unbesteigliche Berge liegen, wie auch an dem Ort da der schnelle Strom Goang durchläufft. Unterschiedliche andere kleine Flüsse lauffen von aussen in Sina unter der Mauer durch Bogen oder Gewölbe, welche als ein Schluys in dieselbe gemacht sind. Sonst ist sie überall gleich und fast durchgehends von einer Gestallt, nicht allein auf der Ebene, sondern auch da sie über die Berge hingeht, oben auf stehen sehr hohe und starcke Wacht-Thürme, auch hat sie an bequemen Orten, da es vonnöthen Pforten, welche eines Theils wegen des Kauff-Handels, andern Theils, zum Ausfall, auf die Tartarn gemacht sind. In und ausserhalb der Mauer liegen sehr starcke Vestungen theils zur Beschirmung derselben, theils den Soldaten zur Wohnung. Denn die Sinesischen Kayser unterhielten ehemahls wider den Einfall der Tartarn zur Beschirmung der Mauer in diesen Festungen hier und da wohl 1 Million Soldaten. Der Kayser Xi, welcher ein Stiffter der Familie Sin oder Cin oder vielmehr der andere aus dieser Familie gewesen, hat seinen Nahmen also wo nicht sonsten, doch gewißlich hierdurch sehr denckwürdig gemacht. Er ließ diese Mauer aber in dem 22 Jahr seiner Regierung und 215 vor der Geburt Christi aufführen. Dieser Kayser war anfangs nur ein kleiner König, er brachte aber den Stamm Chro aus gantz Sina unter sich, und [1615] schlug durch den Feldherrn Mungrien die Tartarn, als Erb-Feinde des Sinesischen Reichs, mit einem Heer von 360000 Mann. Damit er nun künfftighin das Reich Sina vor derselben Einfall befreyen möchte; so ließ er diese ungewöhnliche Mauer aufrichten. Sie wurde anfänglich an unterschiedenen Orten des Reichs zugleich angefangen, und innerhalb 15 Jahren durch eine unglaubliche Menge Volcks vollendet. Daß dieses gantz wohl möglich gewesen, kan man sich leichte vorstellen, wenn man weiß, daß allemahl von 10 Mann Dreye dazu aufgeboten, und jeder, der etwas dabey versehen, am Leben gestrafft worden. Man will auch dahero erzehlen, daß bey Aufführung solcher Mauer so viel Menschen aufgerieben worden, daß die Sineser noch heutiges Tages den Kayser deswegen verfluchen sollen. Sonst ist sie so dicht und hart an einander gefügt, daß man keinen Nagel in die Spalten und Fugen schlagen kan. Bey dem Ost-Indianischen Seebusen, da diese Mauer einige Stadien mit ihren Anfang in die See gehet, ruhet sie auf vielen Schiffen, welche allda um einen festen Grund zu haben, nicht mit Steinen, sondern mit rohen Eisen eingesenckt sind. Es schreibet auch Kircher in seinem China illustrata, daß wenn man sich den Raum oder die Weite zwischen Dantzig und Meßina in Sicilien einbilden wolte, so würde man sich kaum die Länge von dieser Mauer vorstellen können. Ob aber gleich diese Mauer so ungewönlich feste und groß war; so wurde sie nichts destoweniger im Jahr 1397 von dem bekannten Temur oder Tamerlan überstiegen, und hierdurch viel Schaden verursacht. Ein gleiches geschahe auch 1600, von welchen unter Sina selbst kan nachgesehen werden. Brands Beschreibung der Chines. Reisen, Pfeffingers Merckwürdigk des 17 Jahrhunderts. Hübners Vollständ Geograph. T. II.